klausur im ersten Halbjahr schreiben, und dann kriegen die Schülerinnen und Schüler den MSA mit Halbjahresabschluss verliehen – wenn es die Halbjahresnoten hergeben. Und wenn nicht, dann sollen diese Schülerinnen und Schüler in einer ISS extern wieder den MSA ablegen.
Und dann sollen wahrscheinlich die Kolleginnen und Kollegen an den ISS auch gleich die Prüfungsarbeiten korrigieren und eventuelle Nachprüfungen durchführen, oder wie? Reicht es Ihnen denn immer noch nicht, dass sie schon genügend Kraft und Mühe in den Aufbau der als „Versager“ nach dem Probejahr Kommenden stecken müssen?
Die Kolleginnen und Kollegen an den ISS werden sich herzlich bei Ihnen für diesen Vorschlag bedanken, da bin ich mir ganz sicher.
Ich habe ja eher das Gefühl, dass Sie die 10. Klasse im Gymnasium als zweites Probejahr einführen wollen.
Herr Fresdorf ist es. – Aber Sie sitzen auf dem Platz von Herrn Krestel. Ist nicht immer zu übersehen. – Also, Herr Fresdorf, bitte, Sie haben das Wort!
Vielen Dank, Frau Kollegin! – Haben Sie eben tatsächlich zweimal hintereinander Schüler, die Prüfungen nicht bestehen, Versager genannt? Ist das Ihr Ernst und Ihr Bild von Schülern, die Prüfungen nicht bestehen?
Natürlich habe ich sie nicht so genannt, sondern als solche fühlen sich diese Schülerinnen und Schüler. Gehen Sie mal an eine ISS, wo manchmal eine ganze Klasse von denen, die das Probejahr am Gymnasium nicht bestehen, zusammengestellt wird.
Und dann unterhalten Sie sich mal mit der Schulleitung oder unterhalten Sie sich mal mit den Kolleginnen und Kollegen, die bis zu einem Jahr brauchen, um sie wieder aufzubauen und ihnen wieder Mut zu machen, sich nicht als Versagerin oder Versager zu fühlen. Genau das ist es. Und wenn Sie mir nicht glauben, dann gehen Sie bitte mal in die Schulen. Ich habe da über 30 Jahre Arbeit hinter mir. Ich weiß, wovon ich rede, das können Sie mir glauben.
Frau Kittler! Sie haben sich auf ihre Vorrednerin bezogen und auch die Durchlässigkeit hochgehalten. Wie können Sie denn jetzt davon sprechen, dass jemand, der nach dem Probejahr in die 8. Klasse der Sekundarschule wechselt – – Das ist doch ein Paradebeispiel von Durchlässigkeit und nicht von Versagen.
Jetzt komme ich mal zu dem Dringlichkeitsantrag, wo ich die Dringlichkeit auch nicht nachvollziehen kann. Was wir hier erleben, ist das Wehklagen über den vermeintlichen Niveauverlust des Abiturs, weil der Notendurchschnitt vielleicht um 0,1 oder 0,2 verbessert wurde. Das könnte ja möglicherweise auch an verbesserten Lernmethoden liegen, an besserer Arbeit von Pädagoginnen und Pädagogen, an Reformpädagogik.
Ich glaube, dass die CDU auch hier ihr Elitedenken mit dem Mief voriger Jahrhunderte transportiert: Wenn mehr als ein Viertel der Schülerinnen und Schüler das Abitur ablegt – oh, dann ist das Abitur bestimmt viel zu leicht, denn alle können das ja gar nicht schaffen, das können ja eigentlich nur die Eliten.
Die Dringlichkeit ist auch deshalb nicht nachzuvollziehen, weil die Aufgaben längst fertig sind. Falls Sie das nicht wissen, sage ich es Ihnen: Mitte Januar mussten sie abgegeben werden. Sie sind jetzt in der Prüfung. Das ist auch ganz normal so. Die erste Deutschprüfung für das schriftliche Abitur wird am 25. April stattfinden. Insofern wollen Sie, die sonst immer den Schulfrieden wollen, jetzt das Chaos ins System bringen. Ich habe ganz viele Fragen zu diesen Anträgen, vor allem zu dem zweiten. Mal gucken, was wir dazu im Ausschuss machen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 20 Jahre SPD in der Verantwortung im Bildungsressort, 20 Jahre Verantwortung der SPD, die dazu geführt haben, dass wir sowohl bröckelnde Schulen als auch ein bröckelndes Bildungsniveau vorfinden. So kann es in Berlin nicht weitergehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Ja, Sie haben recht, der erste Bildungsantrag in dieser Wahlperiode kommt von Ihnen. Er ist auch ganz ordentlich gelungen, weil er auch auf unserer Beschlusslage fußt, die wir schon im Jahr 2014 auf unserem Parteitag beschlossen haben. Deswegen haben wir inhaltlich da auch gar keinen Dissens. Das Thema MSA haben Sie sehr gut abgearbeitet. Auch Ihr zweiter Antrag ist ganz ordentlich gelungen.
Vor allem wäre ich als Berliner und Vater froh, wenn meine Kinder nicht mehr ausgelacht würden, wenn sie mit einem Berliner Abitur vielleicht einmal in einem anderen Bundesland studieren möchten.
Da gehen wir in die richtige Richtung, wenn wir daran arbeiten, den Wert und die Werthaltigkeit des Berliner Abiturs anzuheben, und hier noch etwas drauflegen. Darüber werden wir im Bildungsausschuss auch weiter beraten.
[Regina Kittler (LINKE): Oh! Bin ich aber traurig! – Steffen Zillich (LINKE): Können wir nicht vorher Absprachen treffen, damit das auch gegenseitig funktioniert?]
Ja, dann machen wir das gleich! – Liebe Kollegen von der CDU! Messen Sie die Bildungserfolge nun an Noten und Prüfungen, so wie Ihre politische Arbeit anscheinend daran gemessen wird, wie viele Wortmeldungen jemand im Ausschuss hat? Ich erinnere nur an den Tweet von Frau Bentele nach der letzten Bildungsausschusssitzung. Es kommt auf die Inhalte an, nicht auf die Anzahl der Wortmeldungen, Frau Bentele! Es kommt auch auf die Inhalte an, die jemand aus der Schule fürs Leben mitnimmt, und nicht unbedingt, ob eine eins oder eine zwei vor dem Komma steht.
Mit Ihrem Antrag drehen Sie ein paar kleine Schräubchen. Nun wird das mitnichten ausreichen, diese Bildungsmisere, in der sich das Land Berlin befindet, zu lösen. Wir brauchen dafür ein Umdenken in Berlin beim Thema Bildung. Wenn wir Politiker die Worte „individuelle Förderung“ und „Chancengleichheit“ wirklich ernst meinen, dann gibt es nur einen Weg zu einer passenden Bildungspolitik, nämlich den zur eigenverantwortlichen Schule. Einige kleine Weichenstellungen gibt es ja schon mit kleinen Budgets, über die die Schulen verfügen können. Aber wir brauchen hier quasi einen CapabilityApproach. Gerne übersetze ich das für diejenigen, die diesen Begriff nicht kennen. Ins Deutsche übersetzt heißt das: einen Fähigkeiten-Ansatz. Unser Job ist es, die Schulen zu befähigen, die Lehrer zu befähigen, die Schülerinnen und Schüler befähigen zu können, fähig zu sein mithilfe ihrer Talente, ihren eigenen Lebensentwurf zu finden und damit fähig zu sein, ihren eigenen Weg selbstständig und erfolgreich zu gehen – eigentlich ganz einfach.
Liebe Frau Scheeres! Das Stichwort ist Schulfreiheit und nicht schulfrei aufgrund von Unterrichtsausfall.
Festzustellen ist, dass die derzeitige Finanzierung deutscher Schulen nicht nur unzureichend, sondern auch ineffektiv ist. Von Transparenz und Flexibilität sind staatliche Schulen weit entfernt, immer noch werden Schulen mehrheitlich inputfinanziert und erhalten äußerst geringe Freiräume über ihre Budgets, über die sie eigenverantwortlich entscheiden können. Eine wettbewerbliche Finanzierung, die sich an den erzielten Leistungen und dem Zuspruch der Schülerinnen und Schüler und Eltern orientiert, findet nicht statt. Dazu brauchten wir bloß Folgendes zu tun, nachdem wir einige ideologische Muster durchbrochen haben. Aber Letzteres scheint mir gerade
im Bereich der Bildung doch etwas schwieriger zu werden. Aber gemeinsam könnten wir über eine SmartSchool nachdenken: Freiräume und Eigenverantwortung für alle Schulen bei der Organisation, der Budgetierung, der Aufwandbeschäftigung der Lehrer, bei den Unterrichtsmaterialien und der Auswahl der Schüler, eine auskömmliche und verlässliche Finanzierung durch eine ProKopf-Zuweisung und durch Bildungsgutscheine. Der Anspruch des Schulwesens ist und bleibt Bildung für alle, die Schwachen werden gefördert, die Starken gefordert. Eine solche Schule schafft Freiräume für einen binnendifferenzierten Unterricht. Mehr Freiheit in den Schulen bildet Raum für Kreativität, schöpferisches Handeln und Experimentieren oder für Projekte und Unternehmen und ein Erlernen unternehmerischer Selbstständigkeit.
Also, liebe Bildungsexpertinnen und Bildungsexperten in diesem Hohen Haus: Das ist moderne Schulpolitik, das passt in eine moderne wachsende und vor allem in eine funktionierende Hauptstadt. Darum geht es uns. Seien Sie sich gewiss, auf die Inkompetenzkompensationskompetenz der Freien Demokraten können Sie jederzeit zählen! – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Abgeordnete Burkert-Eulitz das Wort. – Bitte schön!