Protocol of the Session on February 16, 2017

[Zurufe von den GRÜNEN: Na?]

Mumpitz – als positive Formulierung.

Es ist ein erklärtes Ziel dieser Regierungskoalition, die Stadt in die erneuerbaren Energien hineinzuführen, mehr mit Repression und Bevormundung als mit Innovation und Wegweisen. Wir werden uns in den kommenden Jahren wahrscheinlich deutlich weniger um dieses Ziel der Energiewende streiten als vielmehr um den konkreten Weg dahin. Die Diskussion vorhin im Rahmen der Aktuellen Stunde hat es ja gezeigt.

Ein Ausstieg aus der Kohle ist nur eine Frage der Zeit, so wie der Ausstieg aus der Atomkraft auch nur eine Frage der Zeit war. Wenn bestimmte Technikformen ihren Zenit überschritten haben und ihre Nützlichkeit verlieren, dann werden sie von geeigneten technischen Lösungen ersetzt werden. Eine bestimmte Technik ist nie das Ziel, und sie darf auch nicht nur zur Ideologie werden, weder die Atomkraft noch die Windkraft, sondern sie war und ist stets nur ein Werkzeug zur Lösung bestimmter Aufgaben.

Ziel des hier vorliegenden Antrags von Rot-Rot-Grün ist das Ende der Kohleverstromung und damit einhergehend die Beeinträchtigung des Energiegeschäftes von Vattenfall durch die Verteuerung der Stromproduktion aus Kohle, aber eben nur in Berlin. Produzenten und Vertreiber erneuerbarer Energien sollen in ihrem Geschäftsmodell bevorzugt werden. Es fehlt allerdings die Aussage, wer für eventuelle Mehrkosten in der Stromproduktion und

im Aufkommen zahlen soll, Verbraucher oder Steuerzahler.

Wir brauchen – wenn Ihnen der Ausstieg aus der Kohle am Herzen liegt – zeitnah ein stabiles Verhältnis zu den Akteuren im Bereich der Energie und Wärme in Berlin. Dazu gehört aber auch, dass der Senat endlich hinsichtlich der Ausschreibung für das Gas- oder das Stromnetz die Ausschreibung abbricht oder entscheidet, damit das Taktieren der Vertragsparteien aufhören kann. Wie will man partnerschaftlich langfristig Ziele vereinbaren, so wie Sie es gerne hier fordern, wenn man sich nachmittags vor Gericht trifft und gegenseitig den Kopf einhaut?

Die Konzessionsabgabe in Berlin sollte fair, transparent und diskriminierungsfrei sein, ohne ideologische Scheuklappen. Dieser Antrag zeigt: Die Scheuklappen haben bei Ihnen sozusagen den zweiten Vornamen. Erst wenn man an dieser Front mit den regionalen Anbietern Ruhe haben kann, kann man auch eine Partnerschaft gedeihen lassen und zu konstruktiven Zielen kommen, mit dem gemeinsamen Ziel, Gutes für die Stadt zu erreichen. Das ist bei Ihnen noch weit weg.

Konservativ bedeutet: Nicht die Asche bewahren, sondern die Flamme weitergeben. Dies muss aber zum richtigen Zeitpunkt erfolgen. Ich kann nicht ohne Not – –

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Der war gut, nicht?

[Heiterkeit]

Nicht die Asche bewahren, sondern die Flamme weitergeben! In uns brennt das Feuer für die Energiewende. – Wir lehnen den Antrag ab. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD und der FDP – Heiterkeit – Zuruf von den GRÜNEN: Warum denn?]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege Daniel Buchholz.

Vielen Dank! – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine Damen, meine Herren! Mit Feuer für eine neue Energiepolitik stehen – das haben Sie eben gesagt, Herr Schultze-Berndt. Aber was ich bei Ihnen entdecke, ist: Nachdem Sie sich in den letzten fünf Jahren noch halbwegs bemüht haben, in Richtung von ein bisschen Klimawandel aufmerksam zu sein, und in der Enquete-Kommission übrigens größtenteils mit uns zusammen im Konsens recht vernünftige Sachen beschlossen haben, zeigt sich jetzt in der neuen Legislaturperiode in der Berliner CDU eines: rückwärtsgewandte Energiepo

litik, schwarz vom Ruß der Kohle, die alles vernebelt und offensichtlich noch rückwärtsgewandt ist und nicht nach vorne schaut.

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Kurt Wansner (CDU)]

Auch die CDU war im Land Berlin wirklich schon weiter. Meine erste Bitte ist, Herr Schultze Berndt – der Kollege Stroedter hat heute Morgen schon ein paar Worte dazu gesagt –: Lesen Sie doch bitte unseren gemeinsamen Enquete-Bericht „Neue Energie für Berlin“! Da war noch Ihr Exkollege Herr Garmer dabei, auch andere. Kollege Freymark sitzt hier, war auch anwesend, hat das auch mit bearbeitet, mit vorangebracht mit uns. Da sind viele gute Dinge aufgeschrieben. Wenn Sie das mal gelesen haben, können Sie die Rede nicht noch mal halten.

Berlin hat genauso wie alle großen Städte und wie alle auf diesem Planeten eine Verantwortung, den Klimawandel zu stoppen. Wir sind ein großer Verbrauchsherd hier, das ist doch klar. Und wir können nicht sagen: Wir haben mit dem Klimawandel weltweit nichts zu tun. Diese Zeit wird es mit Rot-Rot-Grün definitiv nicht geben, und deswegen müssen wir auch unsere Verantwortung wahrnehmen, das heißt, aufzeigen, welche technologischen Möglichkeiten als Alternativen bestehen.

Wir waren am Montag in der Runde auch mit den Vattenfall-Vertreterinnen und -Vertretern. Was haben wir denn da gelernt? – Die Firma Vattenfall ist aktiv dabei, in diesem Jahr die Braunkohleverfeuerung zu beenden und, wenn es auch nach den Plänen der Firma Vattenfall in Berlin geht, bis 2020/2030 aus der Verfeuerung von Steinkohle auszusteigen. Da können Sie mal sehen, dass dieses Industrieunternehmen Vattenfall offensichtlich weiter ist als die Berliner CDU. Ganz schön traurig, kann ich da nur sagen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Uns geht es darum, diesen Kohleausstieg auch verbindlich für Berlin zu definieren, und wir werden – das hat der Kollege Efler schon richtig angemerkt – natürlich auch mit unseren Freundinnen und Freunden in Brandenburg kritische Diskussionen darüber haben. Aber ich darf mal an eines erinnern: Das Bundesland Berlin und das Bundesland Brandenburg haben eine – Achtung! – gemeinsame Landesplanung Berlin-Brandenburg. Sie heißt „Gemeinsame Landesplanung“. Dann heißt das auch, dass man sich miteinander darüber unterhalten muss: Ist es sinnvoll, im Jahre 2017 ff. neue Braunkohletagebaue in Brandenburg zu erschließen? Nicht nur klimapolitisch, gesundheitspolitisch und tatschlich übergreifend ist es der absolute Fehler aus unserer Sicht, das noch neu aufzuschließen. Denken Sie allein an die Sulfatlasten, die in den Berliner Gewässern ankommen! Denken Sie an die Quecksilberbelastungen! Denken Sie an das, was wir

auch allen sagen müssen: Es kann nicht sein, dass wir die erneuerbaren Energien alle miteinander weiter voranbringen wollen, und es werden neue Braunkohletagebaue aufgeschlossen, die noch über viele Jahrzehnte gefördert und geleert werden sollen. Das ist doch Irrsinn! Das ist keine Politik. Das ist nicht mal die Politik der Bundeskanzlerin Frau Angela Merkel.

[Zuruf von Franziska Becker (SPD)]

Sie sagt auch: 2015 wollen wir 85 bis 90 Prozent weniger CO2 ausstoßen. Das ist, Herr Schultze-Berndt, schlichtweg unmöglich, wenn man heute noch neue Tagebaue aufschließt. Das müsste doch auch mal bei der Berliner CDU ankommen!

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Natürlich geht es darum, eine echte Umstiegsperspektive zu definieren. Und das heißt eben nicht, am grünen Tisch zu dekretieren: Wir werden mit der Braunkohleförderung in Berlin aufhören.

Nein, wir müssen zusammen mit Brandenburg daran arbeiten, dass die Lausitz eine echte Innovationsregion dafür wird: Wie kann die zukünftige Energieversorgung in der Bundesrepublik tatsächlich nachhaltig, und das heißt, umweltfreundlich gestaltet werden? – Das heißt, den Menschen vor Ort eine Perspektive aufzuzeigen für die, sagen wir, 10 000 Arbeitsplätze, die daran hängen. Da bin ich voll bei Ihnen, dass das nicht einfach ein Schalter sein darf: Morgen hören wir auf. – Aber wir müssen ihnen heute sagen und ehrlich sagen: Das kann so nicht weitergehen. Ihr müsst mit uns zusammen, mit den Energieforschungsinstituten in Berlin, wo Berlin jede Menge Power und Know-how zu bieten hat, wo wir hier Forschungsstandorte, wo wir Wissenschaftsunternehmen haben, wo wir die Start-ups haben, die in Speichertechnologie investieren, die viele neue Wege aufzeigen – – Das können wir zusammen mit der Lausitz gestalten, und da würden wir Sie bitten, das auch mal mit anderen als nur mit den Arbeitnehmervertretern in der Lausitz zu besprechen. Dann werden Sie merken: Da gibt es Leute, die sehr offen dafür sind, die gemerkt haben: Wir können mit dem bisherigen Energieverbrauch nicht weitermachen. Wir haben unseren Teil der Verantwortung beizutragen, dass wir tatsächlich den Energiewandel durchführen, um den Klimawandel aufzuhalten. Da kann man nicht sagen: Immer nur die anderen! – Wir können ja mal mit den Damen und Herren, mit den Menschen in Bangladesch reden. Die erleben ganz hautnah, was es heißt, wenn der Meeresspiegel um einen Meter ansteigt. Das ist eine Konsequenz von Klimawandel, die wir nicht zulassen können, nicht zulassen dürfen.

Ich bitte Sie erneut um eine sehr konkrete Prüfung dieses Antrags. Ich glaube, er ist ein sehr wichtiger Beitrag, dass Berlin zeigt: Wir nehmen die Energiewende ernst, und wir werden zum Klimawandel das, was wir als große

Stadt beitragen können, auch tatsächlich beitragen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Dann hat für eine Zwischenbemerkung der Kollege Schultze-Berndt das Wort.

Sehr geehrter Herr Buchholz! Ich stelle fest: Ich habe eine grottenschlechte Rede gehalten.

[Daniel Buchholz (SPD): Wenn Sie das sagen! – Zuruf von Silke Gebel (GRÜNE) – Heiterkeit]

Ziel der Rede war es, Sie zu beschimpfen. Ich wollte Sie dafür beschimpfen, dass Sie den Ausstieg aus der Braunkohle nicht beschleunigen, und Sie werfen mir vor, dass ich die Braunkohleabbaue verlangsamen möchte. Nein, ich habe mich offensichtlich völlig falsch ausgedrückt. Hiermit fühlen Sie sich beschimpft: Bitte steigen Sie so schnell wie möglich aus der Braunkohleverfeuerung und dem Abbau aus. – Ich danke Ihnen.

[Beifall bei der CDU, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Heiterkeit]

Eine Erwiderung hierzu ist nicht gewünscht. Dann hat der Kollege Christian Buchholz für die AfD-Fraktion das Wort – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Regierungsfraktionen stellen den Antrag zum Thema Beendigung der Kohlenutzung. Konkret wird der Senat aufgefordert, im Sinne einer konsequenten Klimaschutzpolitik den Kohleausstieg Berlins voranzutreiben und Maßnahmen zu ergreifen. Da stellt sich mir doch sofort die Frage nach dem Warum. Reicht es denn nicht hin, was bereits auf Bundesebene und EUEbene und auf Landesebene verabschiedet und angerichtet wurde?

[Georg Kössler (GRÜNE): Nein!]

Ich möchte an dieser Stelle, ohne in die Tiefe zu gehen,

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

einfach nur auszugsweise aufzählen, welchem Regelwerk sich die deutsche und europäische Energiewirtschaft ausgesetzt sieht.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Einfach mal reinschauen!]

Da sind das Energiewirtschaftsgesetz, das Kraft-WärmeKopplungsgesetz, das Erneuerbare-Energien-Gesetz sowie das Energieeinspargesetz und das Energiewendegesetz des Landes Berlin. Eben dieses letzte Gesetz, das Energiewendegesetz, wurde am 17. März vergangenen Jahres in diesem Hause verabschiedet

[Daniel Buchholz (SPD): Einstimmig verabschiedet! Einstimmig! Sie waren ja nicht dabei!]

und ist erst seit April 2016 in Kraft, also seit nicht einmal einem Jahr. Unseres Erachtens ist damit bereits ein für die Wirtschaft überaus ambitionierter Rahmen gesetzt, wurde das Gesetz doch mit dem Ziel verabschiedet, einen einheitlichen rechtlichen Rahmen für einen nachhaltigen Klimaschutz zu gewährleisten. Das reicht Ihnen schon nach zehn Monaten nicht mehr aus? Uns schon! Wir sehen keinerlei Notwendigkeit für eine Verschärfung der erst kürzlich beschlossenen Maßnahmen.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Lesen Sie eigentlich nach oder vor?]

Darüber hinaus sehen wir die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen als wenig oder gar nicht zielführend an. Was sollen wir denn hier in Berlin über eine Insellösung mit Kraftwerksbetreibern diskutieren? Berlin ist ohnehin Energieimporteur aus dem Rest Deutschlands. Es wird nach der Merit-Order in Deutschland produziert und ins Stromnetz eingespeist. Wir würden uns selbst an Vorgaben knebeln, bei deren Einhaltung man vom Verhalten Dritter abhängig wäre.

[Beifall bei der AfD]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Efler?