Protocol of the Session on February 16, 2017

her auch auf anderem Wege als extensiver Flächennutzung wachsen zu lassen.

Städtebaulich ist die Wahrnehmung Berlins, das erlebt jeder von uns im Alltag, auch jeder, der zum ersten Mal nach Berlin kommt, bestimmt, geprägt von einer einheitlichen, einer höhenbegrenzten Bebauung. Das Wachstum der Stadt allerdings und genauso der rasante Rückgang innerstädtischer Flächenpotenziale – das ist uns allen im stadtplanerischen Alltag schmerzhaft bewusst – stellen uns zwingend vor die Frage, in welcher Weise sich insbesondere Gewerbeflächen stärker verdichten lassen, um das Potenzial dieses städtischen Wachstums nicht zu verschenken – und zwar auf Generationen hin nicht zu verschenken.

Soweit es Ihren Antragstext betrifft, könnte er knapper und genügsamer nicht gehalten sein. Das kann man auch effizient nennen. Ich finde bemerkenswert, dass die Beteiligung der Öffentlichkeit, also der partizipative Gedanke, den ich gestern im Stadtplanungsausschuss so prominent vernehmen durfte, der so prägend für Ihr Koalitionsverständnis ist, in diesem Antrag überhaupt keine Rolle spielt. Sie fordern den Senat auf, einfach mal zu machen, sich mit den Bezirken ins Benehmen zu setzen. Ich sage Ihnen sehr offen: Unser Verständnis ist das nicht, wir wünschen uns auch eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit, insbesondere auch der Fachöffentlichkeit, bei der Entwicklung eines solchen Hochhausrahmenplans. Und ich bin mir sicher, Sie sind sehr offen für unsere entsprechenden Ergänzungsvorschläge in der weiteren parlamentarischen Debatte.

Ich sage Ihnen aber auch, dass es mich mit einer gewissen Sorge erfüllt, was ich bisher von der Stadtentwicklungssenatorin gehört habe, auch von ihrem Vorgänger, zum Thema Hochhausentwicklungsplan im Allgemeinen. Ich erinnere mich noch an die Haltung der Senatsbaudirektorin dazu, die geblieben ist, aber auch an die Worte, die z. B. zum Hochhausprojekt in Neukölln ja auch nicht unbegrenzt zuversichtlich stimmen konnten, sondern eher von Skepsis und Zurückhaltung geprägt waren. Wir sagen ausdrücklich: Wer den Hochhausbau fördern will, der sollte auch mutig sein, der sollte auch ambitioniert sein. Ich kann nur davor warnen, einen Hochhausverhinderungsplan zu schaffen. Das darf ausdrücklich nicht passieren. Verdichtung ist das Gebot der Stunde, und wir wollen dem mit Offenheit und Mut begegnen. Denn ein Hochhausrahmenplan darf auch Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins sein. Er muss neue Möglichkeiten und Perspektiven nutzen, die Berlin sich gerade während unserer Regierungszeit erarbeitet hat.

Ich warne davor, den Taschenrechner dabei außen vor zu lassen. Man darf nicht so tun, als sei die architektonische und städtebaulich anspruchsvolle Form, die Sie sich wünschen, machbar und gleichzeitig z. B. unter dem Gesichtspunkt „Wohnen im Hochhaus“ ein sozialpolitisches

(Daniel Buchholz)

Programm zu verwirklichen. Das wird nicht funktionieren, darüber muss man sich klar sein. Mit umso größerer Sorgfalt muss man die Standort- und Entwicklungsdebatte führen.

Berlin hat beim Hochhausbau erhebliche Potenziale, das ist meine Überzeugung. Sie sind auch nach wie vor nicht im Mindesten ausgenutzt. Vor allem in der City-West, die mir naturgemäß besonders naheliegt, haben wir durch Lagegunst einerseits und die zunehmende Flächennachfrage andererseits die einmalige Chance, Projekte nicht nur über Jahre hinaus zu fantasieren, sondern sehr zeitnah in die Umsetzung, in die Realisierung zu kommen. Dazu werden wir Sie treiben, da brauchen Sie nicht bange zu sein. Wenn Sie selbst die Gelegenheit nicht nutzen, dann werden wir Sie daran erinnern. Nutzen Sie die Chance, lassen Sie sich von der Dynamik Berlins und von der unseren antreiben und inspirieren! Ich freue mich auf die Debatte und die parlamentarische Diskussion. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat die Frau Kollegin Gennburg das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Von Siegfried Kracauer stammt das Zitat:

Die weltstädtischen Zentren, die auch Orte des Glanzes sind, gleichen sich mehr und mehr einander an. Ihre Unterschiede vergehen.

Das klingt heute wie ein Allgemeinplatz. Im Konkurrenzkampf der Städte, im Sinne der unternehmerischen Stadtpolitik wird vielerorts ein Verlust an städtischer Identität beklagt. Sagen wir es einfach so: Kapitalfraktionen machen sich breit, wo sie nur können, egal ob Bekleidungsmarken, steuervermeidende Kaffeeketten oder letztendlich Kapitalrendite durch und im gebauten Raum. Es ist nicht nur der dritte Kapitalkreislauf, worin, wie Karl Marx bereits darlegte, marodierendes, zinstragendes und fixes Kapital nach Verwertungsräumen sucht und Klein- und Großanleger je nach Möglichkeiten dafür sorgen, dass gebaut wird: schnell, hoch und irgendwie innovativ am besten. Durch steigende Bodenpreise wird das Bauen in die Höhe, das seinerseits die Baukosten steigen lässt, massiv befeuert, sodass es zu Nutzungskonkurrenzen kommt, die zu einer Verdrängung von nicht maximal profitablen Nutzungsarten führt. Am Ende bleiben nur Hotels und Büros in verödeten Innenstädten übrig. Schauen Sie auf die Verdrängung der KudammBühnen! Hochhäuser sind sowohl Produkt als auch Triebfeder kapitalistischer Stadtentwicklung notwendigerweise innewohnender Bodenspekulation und haben mit einer

sozialen und ökologisch sensiblen Stadtentwicklung zunächst wenig zu tun.

Nicht dass Sie mich falsch verstehen, Herr Czaja, ich mag beispielsweise die Punkthochhäuser in Ost- und Westberlin. Aber gestern erst lasen wir in einer Tageszeitung, dass die Party auf dem Berliner Wohnungsmarkt vorbei sei. – So, so! War das die Aufforderung, neue Anlagestrategien zu bedienen? Ist damit das Bau-Mantra beerdigt? – Sicher nicht! Seit Jahrzehnten erleben wir eine Diskursverschiebung im Sprechen über Berlin, über die Hauptstadtarchitektur und die Metropole. Die Macht architektonischer Diskurse ist eben eine wichtige stadtentwicklungspolitische Frage, denn – und das wissen Sie auch –: Wer baut, der bleibt. Und das wissen auch alle andern. Die Art und Weise, wie Bilder, Vorstellungen und Wörter sich zwischen die Stadt und ihre Bewohner schieben, zeigt sich im Hochhausdiskurs der letzten Jahre beispielhaft. So wie London solle Berlin sein, sagt man. Bulwiengesa erstellt zweifelhafte Gutachten und belegt damit: Berlin braucht mehr Hochhäuser. Herr Evers möchte, dass wir mehr Selbstbewusstsein zeigen. Will sagen: Hochhausbedarfe und -wünsche fallen eben nicht vom Himmel und wachsen in selbigen, wenn man sie nicht planerisch reguliert.

[Beifall bei der LINKEN Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Das alles ist eine unheilige Melange, die landauf, landab die Politik dazu bringt, zu sagen: Na gut, machen wir das jetzt mal irgendwie. Das Irgendwie sehen wir dann in „formschönen“ Architekturentwürfen, die nichts, aber auch rein gar nichts mit Stadtstruktur, Quartiersentwicklung, Stadtbaugeschichte und schon gar nichts mit Sozialpolitik zu tun haben wie Neuentwürfe für den Alexanderplatz.

[Mario Czaja (CDU): Das ist aber das, was die SPD will! Die SPD rutscht immer mehr nach links.]

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Evers?

Na, klar! Probieren wir es doch mal, Herr Evers.

Das freut mich sehr! – Eigentlich sind es zwei Fragen, die mich bewegen, nämlich erstens, ob Herr Buchholz und Sie über den gleichen Antrag reden,

[Beifall bei der CDU und der FDP]

und zweitens, ob Sie nicht auch der Meinung sind, dass Ihr Redebeitrag die Skepsis, die ich geäußert habe, dass

es der Sache nach doch eher um einen Hochhausverhinderungsplan gehen soll, eher bestätigt, als sie mir zu nehmen.

[Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Wissen Sie: Planerische Regulierung ist vor allem dazu da, sich einen Plan zu machen und dann im eigenen Sinn zu regulieren. Den Plan, den wir aufstellen, verhandeln wir gemeinsam. Wir sind drei Fraktionen und werden in diesem Sinn mit der Senatorin sicherlich eine Lösung finden.

[Mario Czaja (CDU): Wie in den letzten Wochen so üblich!]

Ich weiß jetzt nicht, was Ihr Problem ist. – Wir haben nie angegeben, dass wir alle die gleichen Vorstellungen von einer Stadtentwicklungspolitik haben, aber wir haben nennenswerte Schnittpunkte, und das ist die Gestaltung der Stadt im Sinne der Menschen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Schauen wir nach Frankfurt am Main. Dort wurden lange keine verbindlichen Richtlinien für die Hochhausplanung entwickelt, und stattdessen wurden immer wieder Ausnahmetatbestände geschaffen. Damit – das kann man am Beispiel Frankfurt am Main studieren – wurde die Nachfrage nach der höheren Ausnutzung des Bodens immer größer, und schließlich entschloss man sich zu einem Hochhausplan. – Das war 1953.

In Berlin ist die Situation nun so, dass es mehrere verteilte Höhendominanten der polyzentralen Stadt gibt. Die größte und prominenteste Höhendominante Berlins ist eben kein Hochhaus, sondern der Fernsehturm, der das Maß für Hochhäuser vorgeben sollte. Die Höhe der Kuppel mit Aussichtsplattform und Restaurant von rund 200 Metern sollte deutlich unterschritten werden. Wir müssen also über die Höhen sprechen, und wir haben auch Meinungsverschiedenheiten, Herr Evers.

[Mario Czaja (CDU): Mit einem Hochhaus ist das so eine Sache!]

Also wir brauchen einen Hochhausentwicklungsplan, der erstens die Stadtsilhouette unter Berücksichtigung des Vorhandenen qualifiziert und Neues wagt, und wir brauchen zweitens einen Plan, der angesichts des so immens unter Verwertungsdruck stehenden Berliner Bodenmarkts dafür sorgt, dass Wildwuchs von Hochhäusern jenseits von Städtebauprämissen vermieden wird, und drittens, es gehören auch alte B-Pläne auf den Prüfstand. Und lassen Sie uns über eine Verwertungsbremse verständigen, um die maximale Auslastung von Grund- und Grünflächen zur Schaffung von Bauten im Luxussegment Einhalt zu gebieten.

[Mario Czaja (CDU): Zeit, dass man Sie bremst!]

Vielen Dank, für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Kollege Laatsch das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuschauer! Die SPD will Wildwuchs im Hochhausbau verhindern. Damit verbreitet sie unbegründete Ängste,

[Lachen von Torsten Schneider (SPD) – Torsten Schneider (SPD): Was Sie da sagen!]

weil Sie Gespenster an die Wand malen. – Da sehen Sie mal, wie schnell dieses Argument auf Sie zurückfällt.

[Beifall bei der AfD]

Als könnten Hochhäuser wild aus dem Boden sprießen! Ein Blick in die Bauordnung genügt, um zu erkennen, dass Wildwuchs gar nicht möglich ist.

[Torsten Schneider (SPD): Guck mal ins Grundgesetz!]

Kein Bezirk kann nach Belieben irgendein Hochhaus bauen, ohne, dass der Senat darauf Zugriff hätte bzw. es verhindern könnte, wenn er wollte.

Wenn ich mir jetzt allerdings anhöre, was Herr Buchholz zu seinem Plan zu sagen hat, dann hört sich das ganz positiv an. Die andere Seite ist: Ihre Koalitionspartner scheinen da nicht mit Ihnen einig zu sein.

[Mario Czaja (CDU): Das klingt immer nett bei Buchholz, aber es wird nie Realität! – Zurufe]

Das Planwerk Innenstadt sieht ja schon eine Hochhausbebauung am Alexanderplatz und an anderen Stellen dieser Stadt vor und ist ein schlüssiges Konzept. Wohldurchdacht bringt es auch dort ein großstädtisches Erscheinungsbild, wo sich zuletzt sozialistischer Gestaltungswille seinen Weg bahnte und bis zur Unerträglichkeit verschlimmbesserte. Die Rede ist – Sie wissen es schon – vom Alexanderplatz. Lasst uns anfangen, dort zu bauen und neu zu gestalten! Der Platz hat es bitter nötig.

Ob sich alles, was Stimmann plante, dort verwirklichen lässt, ist sowieso fraglich. Schließlich hat der Investor des Park Inn Hotels bereits Geld in die Hand genommen. Fraglich ist auch, ob der Abriss eines 100 Meter hohen Gebäudes wirtschaftlich ist, wenn an gleicher Stelle ein 150 Meter hohes Gebäude erstellt werden soll. Auch der Riegel dem Park Inn Hotel gegenüber scheint in letzter Zeit einige Aufwertung erfahren zu haben. Will der

(Stefan Evers)

Eigentümer verkaufen oder neu bauen? – Wir wissen das nicht, und es ist auch nicht unsere Aufgabe, diese Frage zu beantworten. Das sollen diejenigen machen, die die Rechnung zu bezahlen haben.

Wir können die Vorgaben machen, wie die Innenstadt künftig aussehen soll und welche Nutzungsdichte gegeben sein soll. Mit einer Geschossflächenzahl jenseits der 40 erreichen wir eine Nutzungsquote sowohl im Wohn- als auch im Gewerbebau für das knappe Bauland im Zentrum. Alles andere wäre eine leichtfertige Platzverschwendung.