Protocol of the Session on May 14, 2020

Zweiter Teil: Was wir davor schon von Herrn Scholtysek gehört haben, war die Krönung schlechthin. Herr Hansel hat es eben im RBB noch anders dargestellt. Da gab es noch ein bisschen Realismus, Herr Hansel, das muss ich sagen. Jetzt hat Herr Scholtysek eben gesagt – Sie haben sich dem angeschlossen, Herr Friederici –, dass es überhaupt keinen Zusammenhang zwischen Autoverkehr in der Stadt und Schadstoffen gibt, O-Ton. Herr Scholtysek, das steht auch in der Überschrift Ihres Antrages. Alles, was es bisher gibt, ist ohne Wirkung. Das heißt im Extremfall, dass die Schadstoffe trotzdem noch da sind, wenn überhaupt kein Auto mehr fährt. Da müssen Sie sich doch erst einmal überlegen, was ist überhaupt gedankenlogisch halbwegs nachvollziehbar.

[Zurufe von der AfD]

Es ist übrigens absoluter Fakt, es hat nichts mit FakeNews, auch nichts mit Aluhüten zu tun, dass die Stickoxide wirklich zu dreiviertel durch lokalen Verkehr verursacht werden. Das sind die Autos, das sind die Busse und sind die Lkws hier in Berlin. Das ist so. Daran gibt es gar nichts herumzudeuteln. Wir können uns übrigens gern über Feinstaub und andere Dinge bei der Umweltzone unterhalten. Da ist es ein bisschen anders. Feinstaub kann im Extremfall aus der Sahara nach Berlin geweht werden. Ja, das wissen wir. Aber es gibt ein Phänomen, das kennen Sie leider nicht. Das heißt Wetter, verdammt noch mal.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Wir haben die Wetterlage!]

Ja, es können über lange Distanzen Sachen in die Stadt geweht werden.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Das hat überhaupt keiner bestritten. Das kann nicht bestritten werden. Herr Friederici, Sie machen sich gemein mit Leuten, wenn es darum geht, wirklich einmal anzuerkennen, was in dieser Stadt auf den Straßen, auf den Gehwegen und sonst irgendwo passiert.

[Carsten Ubbelohde (AfD): Genau wie das Klima!]

Ja, sagen Sie es doch. Die CDU hat ein Problem damit, dass es hier schnell entstehende Radwege gibt. Sie haben ein Problem damit, dass in den Kiezen Kinder auf Straßen spielen können, die man absperrt für vorübergehende Spielstraßen, weil es eben nicht genug Platz in den Wohnung gibt. Damit haben Sie ein Problem. Wir haben damit kein Problem.

Dann bleibt die Grundfrage: Wer verfolgt hier eine ideologische Verkehrspolitik?

[Zurufe von der AfD: Sie!]

Ja, ich weiß, was Sie sagen. Wir, indem wir sagen, wir müssen jetzt tatsächlich auch die Verkehrswende gestalten. Mobilität ist etwas anderes als mit dem Auto fahren. Viele Leute, die meisten Haushalte, haben in Berlin gar kein Auto. Ist Ihnen das bekannt? Man kann auch alle Wege tatsächlich zu Fuß gehen, mit dem Fahrrad, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen.

[Paul Fresdorf (FDP): Verrückt!]

Ja, auch mit dem Auto. Das bestreitet gar keiner. Wir können nicht wie in den Siebzigerjahren machen, als alle die Atomkraftwerke toll fanden. Das ist vorbei. In den Siebzigerjahren fanden alle die Autobahnen und die Autostraßen toll.

[Frank Scholtysek (AfD): Das kommt auch noch!]

Wir leben im Jahr 2020.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Bitte kommen Sie da endlich an und legen Sie, auch Sie Herr Friederici, den Aluhut endlich wieder ab. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Franz Kerker (AfD): Kommen Sie wieder zur Vernunft!]

Zur Erwiderung hat Herr Friederici noch einmal das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie schon den Saharastaub und die Atomkraftwerke – es fehlte nur noch der NATO- Doppelbeschluss – anführen müssen, verehrter Herr Buchholz,

[Lachen bei der AfD – Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

um sich hier Gehör zu verschaffen und die Koalition der Linken und der SPD und der Grünen auf Linie zu halten, dann ist das armselig. Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Die Hälfte Ihrer eigenen Fraktion fährt täglich mit dem Auto. Bei den Grünen ist es ein Drittel, bei der Linken ist es auch ungefähr die Hälfte. Worüber regen Sie sich auf?

[Zuruf von Carsten Schatz (LINKE)]

Ich sage es Ihnen mal ganz deutlich: Sie machen eine Verkehrspolitik für 18, vielleicht 20 Prozent Radfahrer in Berlin, bei gutem Wetter, im Sommer. Wir haben aber fünf Monate schlechtes Wetter. Sie machen vielleicht noch ein bisschen etwas beim öffentlichen Nahverkehr,

(Daniel Buchholz)

wenn Sie planen, die Straßenbahn zu erweitern, in der Berliner Innenstadt, um sie vor allem als Kampfinstrument zu sehen, um den restlichen Verkehr, den Liefer- und Autoverkehr, zu behindern.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Paul Fresdorf (FDP)]

Ein beredtes Beispiel ist in Ihren Straßenbahnplanungen, die völlig schwachsinnig sind, durch die Leipziger Straße, Potsdamer Straße und dann runterzugehen bis zum Innsbrucker Platz bis nach Steglitz; parallel dazu verläuft die S-Bahn. Die Straßenbahn, die Sie dort planen, ist ein völliger Nonsens.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Frank-Christian Hansel (AfD): Bravo!]

Das sind Ihre Paradigmen in der Verkehrspolitik.

Jetzt sage ich es Ihnen einmal ganz deutlich: Die Unionsfraktion will alles ausbauen. Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Wir wollen auch die Straßenbahn. Wir wollen sie dort, wo sie sinnvoll ist, zum Beispiel in Adlershof zur Erweiterung der Siedlungsgebiete. Wir wollen sie auch im alten Westberlin.

[Daniel Buchholz (SPD): Alles übereinander! – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Das sage ich Ihnen ganz deutlich, aber ich will sie nicht als Kampfinstrument.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Ich will auch den Fahrradverkehr. Ich möchte Mobilitäthubs, sichere Fahrradparkhäuser, Fahrradhighways. Alle diese Anträge, die ich Ihnen eben vorgestellt habe, hat diese Koalition von Linken, SPD und Grünen in den letzten dreieinhalb Jahren abgelehnt.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Wir wollen den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Wir wollen den Bau der U 6, der U 8, der U 9 in der Verlängerung von der Warschauer Brücke zum Ostkreuz. Wir wollen ins Märkische Viertel. Alles das haben Sie, die SPD und die Grünen und die Linkspartei, abgelehnt in dieser Koalition in den letzten dreieinhalb Jahren. Das ist Ihre Bilanz. Ich sage Ihnen, dass wir alles ausbauen wollen. Wir wollen natürlich auch die Stadt entlasten. Wir wollen die A 100 weiterbauen, den 17. Bauabschnitt. Das ist doch selbstverständlich.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Zuruf von der AfD: Bravo! – Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Das unterscheidet uns wesentlich von Ihrer linksideologischen Verkehrspolitik in dieser Stadt, in der das Grundparadigma gegeneinander und nicht miteinander heißt. Wir wollen alles ausgebaut wissen in einer wachsenden Stadt und nicht nur für Ihre Klientel, die innerhalb des Berliner

S-Bahnringes wohnt, dort die SPD sowieso nicht gewählt hat, aber Grüne und Linke.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig! Bravo!]

Merken Sie das jetzt endlich einmal bei der SPD? Sie wachen wenigstens beim U-Bahnbau langsam auf. Deswegen bin ich halbwegs froh, dass der eine oder andere bei Ihnen endlich auch einmal richtig nachdenkt. Ich sage es noch einmal: miteinander im Verkehr und nicht gegeneinander. Das bedeutet den Ausbau aller Verkehrsarten und nicht nur für Fahrradfahrer. Das wollen wir auch. Aber wozu wollen Sie diese Pop-up-Radwege, wenn nur 18 Prozent der Berliner überhaupt täglich mit dem Fahrrad fährt? 82 Prozent der Menschen bewegen sich zu Fuß, mit dem Auto, mit der BVG oder mit dem Dreirad oder mit was auch immer durch die Stadt, aber eben nicht mit dem Fahrrad.

[Beifall bei der AfD und der FDP – Lachen bei der LINKEN]

Und die wollen Sie bestrafen mit diesen Pop-upRadwegen? Die werden nie temporär sein. Sie planen langfristig, die Stadt lahmzulegen.

Das unterscheidet uns in der Opposition wesentlich von Ihnen, den Personen in der Regierung. Nehmen Sie das zur Kenntnis.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Zurufe bei der CDU und bei der AfD: Bravo! – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Der redet nur so, damit die so klatschen!]

Jetzt hat von der Fraktion Die Linke Herr Ronneburg das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe AfD-Fraktion! Herr Friederici hat Ihnen wieder einmal die Show gestohlen. Das muss man ihm lassen. Es war eine richtig gute Popcorn-Rede, die Sie hier immer wieder halten, die ich auch schon kenne, die wir alle kennen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Insofern war das auch nichts Neues.