Das ist eine erstaunliche Rederunde, weil wir offenbar in aller Einigkeit zu dem Thema sprechen. Das entspricht aber auch der Notlage, in der wir sind, und dem Anspruch, den die CDU auch demonstriert, in diesem Punkt Pragmatismus darzulegen.
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Gesetzesänderung ist das Ergebnis eines schwierigen Prozesses, den wir verursacht durch Corona hinter uns haben. Wir haben zunächst einmal einen schwierigen Prozess zur Durchführung des Abiturs hinter uns gebracht und danach zum MSA, mit unterschiedlichen Ergebnissen. Ich kann für meine Fraktion sagen, dass wir uns schon beim Abitur andere Regelungen hätten vorstellen können. Eines stand aber für uns fest: Das bundesweit koordinierte Vorgehen hat Priorität. Hier muss man sich über die Grenzen aller Parteien hinweg ehrlich machen. Egal ob das grün geführte BadenWürttemberg oder das links geführte Thüringen sowie alle Farben dazwischen – alle Farben haben sich am Ende dazu bekannt, das Abitur durchzuführen. Ein Ausscheren wäre für Berlin nicht denkbar gewesen, und deshalb führen wir das Abitur auch durch.
Anders verhält es sich beim MSA. Wir haben hier die Entscheidungshoheit und haben davon Gebrauch gemacht. Wir sagen dort, wo wir es alleine entscheiden können, bewusst: Unsere personellen und räumlichen Kapazitäten sind begrenzt. Notbetreuung muss sein. Präsenzunterricht wollen wir für alle Kinder, und die, die es besonders brauchen, sollen mehr davon bekommen. Prüfungen machen wir da, wo es sein muss, aber auch nicht mehr. Deshalb machen wir die Abiturprüfungen, weil es sein muss, und beim MSA machen wir nur die Präsentationsprüfung, denn es wäre aufgrund der besonderen Bedeutung für Schülerinnen und Schüler falsch, darauf zu verzichten. – Wir können priorisieren, das haben wir hier bewiesen. Wir geben aber acht darauf, dass die Abweichungen wegen Corona keine langfristigen Folgen für die
Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler haben. Deshalb ist die gesetzliche Änderung notwendig, weil wir eine Unterscheidung machen zwischen den MSAPrüfungen an Regelschulen versus Berufsschulen bzw. Nichtschülerprüfungen. Dort, wo MSA zwingend notwendig ist, machen wir es auch in diesem Jahr, trotz Corona.
Derselben Logik folgend kann ich für die SPD sagen, dass es richtig ist, das Probejahr an Gymnasien aufrechtzuerhalten. Die geltende Regelung gibt den Gymnasien ausreichend Spielraum, überall dort, wo aufgrund von Corona keine klare Entscheidung getroffen werden kann, die Spielräume auszunutzen und das Probejahr zu verlängern. Damit ist ein weiterer Eingriff in die Regelung zum Probejahr aus Sicht unserer Fraktion nicht notwendig. Die Gymnasien haben die Möglichkeit, den Spielraum großzügig auszunutzen und alle durch Corona entstandenen Härten auszugleichen. – Es wird deutlich: Es ist ein Drahtseilakt zu versuchen, möglichst stark an den bestehenden Regelungen festzuhalten, weil sie nun einmal richtig sind. Überall dort, wo die Regelungen eine nicht zumutbare Härte darstellen und uns die Freiheit dafür zusteht, nutzen wir diese aber auch aus. Das Aussetzen des MSA ist ein Beispiel dafür, dass die Koalition diesen Drahtseilakt sehr wohl beherrscht. Die Rückmeldungen der Eltern, Pädagoginnen, Pädagogen und Schulleitungen geben uns recht. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Verehrte Berliner! Vor allem in Zeiten von Covid-19 wünschen sich die Bürger von der Politik Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit. Bei der Entscheidung über die Abschlussprüfungen an den Schulen vermissen wir leider beides. Wer sich mit Pädagogik oder in der Praxis direkt mit Kindern und Jugendlichen auseinandergesetzt hat, weiß: Kinder und Jugendliche brauchen ein sicheres Geleit, Beständigkeit und den Sicherheitsfaktor konsequentes Handeln.
Ständige Inkonsequenz dagegen führt zu Verunsicherung. Wichtig in der Erziehung ist es, bei einer Entscheidung, die gefällt wurde, zu bleiben. Ein Paradestück des inkonsequenten Handelns liefert uns dieser Tage wieder einmal Frau Senatorin Scheeres – auf diesem Wege: Gute Besserung an Sie! – Ihr erster Beschluss lautete, alle Abschlussprüfungen sollen an den Schulen stattfinden. Diesem Beschluss wären wir auch gerne gefolgt. Ich kann
mir nicht vorstellen, dass Frau Scheeres früh morgens aufgestanden ist und einfach dachte: Ach, wir schreiben jetzt alle Abschlussprüfungen. – Nein, sie wird natürlich mit ihrem Mitarbeiterstab, den Verbänden, den Lehrern darüber gesprochen haben und zu dem Entschluss gekommen sein: Wir schreiben die Abschlussprüfungen. – Doch was ist dann passiert? Nach Protesten von Eltern und Schülern ist die Senatorin förmlich eingeknickt. In einer praktischen Prüfung im Fach Pädagogik hätte die Senatorin für ihr inkonsequentes Vorgehen eine glatte Sechs bekommen.
Optimistisch gesprochen könnte man sagen, die Senatorin hat sich dialogbereit gezeigt und sich eines Besseren belehren lassen. Das würden wir uns bei vielen Irrwegen der SPD-Bildungspolitik der letzten 23 Jahre durchaus wünschen.
24 Jahre sogar schon. Vielen Dank! – Doch realistisch betrachtet war die Senatorin Scheeres einfach nicht fähig, ihren einmal eingeschlagenen Kurs beizubehalten. Warum ist das so? – Weil sie selbst nicht richtig auf diese Situation vorbereitet war. Wenn sich die Schüler nicht hinreichend auf die Prüfung vorbereitet fühlen, ist das dem sozialdemokratischen Versagen in der Schulpolitik geschuldet. Sie haben es nicht geschafft, rechtzeitig einen umsetzbaren Plan zur Wiederaufnahme des Schulbetriebs vorzulegen, wie bereits seit Wochen von der AfD und den anderen Oppositionsparteien gefordert.
Die Abschlussklassen wurden alleingelassen, die Schulen wurden verunsichert und überrumpelt. Selbst Desinfektionsmittel, die zugesagt wurden, mussten teilweise durch Privatleute vorgestreckt werden.
Andere Bundesländer haben es geschafft. Sie haben festgelegt, dass die Prüfungen geschrieben werden, und sie haben den organisatorischen Rahmen dafür geschaffen. Wenn Senatorin Scheeres nun die Abschlussprüfungen absagt, trägt das einmal mehr nicht zum Renommee der Berliner Bildungspolitik bei.
die IQB-Studien. Das alles zeigt auf, dass Berlin in der Bildungslandschaft nicht gerade toll dasteht.
Mit der Absage der Prüfungen tun Sie den Schülern auch keinen Gefallen. Sie nehmen ihnen die Gelegenheit, sich in einer Prüfungssituation zu bewähren, sich einer Aufgabe, einer Herausforderung zu stellen. Das stärkt den Charakter, egal in welcher Altersklasse. Ein Mensch kann nicht erwarten, dass ihm immer alle Probleme, alle Steine aus dem Weg geräumt werden. Meines Erachtens ist das ein fatales Signal an die Berliner Schülerschaft, auch an die Eltern.
Das war so, das ist so, und das wird auch immer so sein. Den Herausforderungen muss man sich stellen. Die Absage der Abschlussprüfungen steht symptomatisch für eine sozialdemokratische Antipädagogik der Verhätschelung.
Von den Schülern wird immer weniger gefordert, Berliner Schüler werden immer mehr gepampert. Damit werden sie aber nicht aufs Leben vorbereitet. Das ist keine Pädagogik der Liebe, sondern in großen Teilen eine Erziehung in die Hilflosigkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, auf die schwarze Pädagogik der AfD brauche ich jetzt nicht einzugehen.
Nur zur Erläuterung: Abschlussprüfungen zum MSA finden in Berlin statt, die sind nicht abgeschafft worden. – Es ist richtig und wichtig, dass wir die Gesetzesänderung beschließen; die Kolleginnen der Koalition haben das alles bereits erklärt. Woran wir als Koalition noch arbeiten müssen, ist die Aussetzung des Probejahres am Gymnasium für die Klassenstufen 5 und 7.
Wir planen, das Probejahr an Gymnasien ausnahmsweise ins nächste Schuljahr zu verlängern, um den Schülerinnen und Schülern wegen der besonderen Situation im Frühjahr 2020 die Chance zu geben, sich später noch zu verbessern.
Im Schreiben an die Schulleitungen vom 23. April 2020 mit der Überschrift „Leistungsbewertung in der Zeit nach Schulschließungen“ erklärt die Bildungsverwaltung auf Seite 3 – Empfehlung hinsichtlich der Probezeit am Gymnasium sowie der Versetzung:
Die Schülerinnen und Schüler sollen durch die Coronapandemie und die damit verbundenen erschwerten Begleitumstände keine Nachteile in ihrem schulischen Bildungsweg haben. Auch den Lehrkräften soll keine Entscheidung abgefordert werden, die sie ggfs. pädagogisch (noch) nicht verantwortlich treffen können. Folglich empfehle ich