Protocol of the Session on May 14, 2020

Insofern war das auch nichts Neues.

Ich würde am Anfang gern einmal ein paar Erkenntnisse sammeln. Ich glaube, der ehemalige Hamburger Bürgermeister Ole von Beust hat gerade ziemlich viele Tränen vergossen, als er Ihre Rede gehört hat. Dieses Unterfangen, ihn zu holen seitens der Berliner CDU, um sie zu einer modernen Großstadtpartei zu machen, ist bei der Rhetorik, die Sie hier an den Tag legen, ein völlig sinnloses Unterfangen. Ihrer Showreden sind immer wieder ein

(Oliver Friederici)

Beweis dafür, dass es sicherlich keine Zukunftsoption für die Berliner CDU ist, solange es eben Abgeordnete wie Sie gibt, die diese Rhetorik hier so an den Tag legen in diesem Hause.

Dann habe ich aber noch ein paar andere spannende Erkenntnisse mitgenommen. Zum Beispiel tut Herr Friederici so, als ob er die Straßenbahn total gut fände, und beschwert sich darüber, dass wir nicht vorankommen würden. Dann sieht er es wieder als Kampfinstrument. Es ist immer alles sehr beliebig. Er versucht, es sich zurechtzurücken. Ich kann Sie beruhigen. Nächste Woche Montag haben wir einen Spatenstich für Adlershof II. Da sind Sie bestimmt auch eingeladen, Herr Friederici, als Vorsitzender des Verkehrsausschusses. Da schauen wir uns doch einmal an, wie die Straßenbahnpläne so vorangetrieben werden durch Rot-Rot-Grün.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Außerdem möchte ich auch noch einmal sagen: Ich habe auch sehr wohl Ihre Sätze zur S-Bahn verfolgt. Ja, auch wir haben unsere Probleme und Bauchschmerzen bei der Ausschreibung. Ich habe Ihre Rede eigentlich so verstanden, wir beide könnten sofort mit der Bahn losfahren zu Herrn Lutz und zu Herrn Kaczmarek und beide anfangen, mit ihnen darüber zu verhandeln, dass das Land Berlin die S-Bahn erwirbt, denn damit könnten wir uns auch eine Ausschreibung sparen und eine Inhousevergabe machen. Herr Friederici, ich nehme Sie beim Wort.

Wenn wir all das verhindern wollen, diese ganzen Probleme, die sich hier gerade stellen, dann brauchen wir die S-Bahn in Landeshand, und da nehme ich Sie beim Wort.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Auch in Ihrer Rede – das macht Sie eben so unglaubwürdig in der Verkehrspolitik – sagen Sie den Leuten wirklich: Wir wollen alles ausbauen. – Es ist nun mal einfach so, dass der Platz in Berlin begrenzt ist, und wir werden nicht vorankommen, wenn Sie so tun, als könnten wir überall Straßen bauen, auch den ÖPNV beliebig ausbauen, denn das ist tatsächlich ein Trugschluss, Herr Friederici. Und wir tun den Berlinerinnen und Berlinern keinen Gefallen, wenn Sie als Sprecher Ihrer Fraktion persönlich versuchen, allen zu erzählen, die CDU würde alles machen. Das wirkt wirklich unglaubwürdig, Herr Friederici, da sollten Sie Ihre Politik noch mal überdenken.

Herr Kollege, ich darf Sie fragen, ob Sie von Herrn Friederici eine Zwischenfrage zulassen.

Nein, ich habe zu dem Antrag noch einige Bemerkungen, und dann möchte ich auch zum Ende kommen. – Ich möchte noch mal feststellen: Die Durchfahrverbote für Diesel sind gerichtlich verfügt, sie können erst aufgehoben werden, wenn die Grenzwerte nachhaltig, also bereinigt von Sondereffekten, eingehalten werden. Tempo 30 war eines der Mittel zur Vermeidung weiterer Fahrverbote mit der vom Gericht akzeptierten Annahme, dass durch die dadurch herbeigeführte Verstetigung des Verkehrs die Luftbelastung verringert werden könnte.

[Franz Kerker (AfD): Das ist reine Schikane!]

Wir unterhalten uns hier wirklich nicht über irgendwelche einfachen Verwaltungsentscheidungen, sondern hier sind Gerichtsurteile maßgeblich. Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wenn sich in diesem Hause sogenannte Rechtsstaatsparteien – in dem Falle die CDU und die AfD – so aus dem Fenster lehnen und meinen, dass man das einfach wegwischen könnte, oder wie Herr Friederici, der die steile These vertritt, man hätte gerichtlich dagegen vorgehen können. – Wer gibt Ihnen die Garantie darauf, dass es nicht am Ende noch viel schlimmer hätte werden können, wenn das Land Berlin dagegen vorgegangen wäre?

Insofern sind das alles Behauptungen, die Sie hier anstellen, aber sie ändern erst mal nichts an den Tatsachen, dass wir erst mal mit diesen Verboten leben müssen, dass wir, denke ich, mit dem Senat in Auswertung des Gerichtsurteils eine ausgewogene Entscheidung getroffen haben.

Ich kann zu dem AfD-Antrag nur in Kürze sagen: Das ist wieder mal ein politisch motivierter Kurzschluss, denn Sie versuchen, die Debatte weg von den Ursachen zu führen, nach dem Motto: Solche Schadstoffwerte durch Diesel gibt es gar nicht. – So ist im Grunde der Tenor, den Sie heute hier vertreten haben. Sie versuchen, den Leuten Sand in die Augen zu streuen, und vor allem – was ich ehrlich gesagt ziemlich verwerflich finde – müssen Sie sich den Vorwurf gefallen lassen: Die Auswirkungen einer globalen Gesundheitskrise nehmen Sie zum Anlass, eine weitere Gesundheitskrise, die in unserer Stadt schon längst existiert und auf die die Politik Antworten finden muss, aus politischen Motiven anzuheizen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Das geht gar nicht. Insofern können wir diesen Antrag guten Gewissens ablehnen, und wir sehen der Ausschussberatung entgegen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und der SPD]

Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Henner Schmidt das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte von der verkehrspolitischen Generaldebatte zurück zu dem Antrag. Der ist nicht nur verkehrspolitisch fragwürdig – ich stehe hier auch als Umweltpolitiker, und als solcher kann ich Ihnen sagen: Der Antrag geht schon in seinem Titel fehl. Dieselverbote seien ohne jede Wirkung für die Luftgüte, sagt der Antrag, und Sie begründen das damit, dass es keinerlei Evidenz gäbe für einen Zusammenhang zwischen Dieselfahrzeugen und NOx- und Feinstaubemissionen. Das stimmt in dieser Art in vielerlei Hinsicht nicht.

[Zuruf von der AfD: Beweise!]

Als Erstes: Stickoxide und Feinstaub gehören hier überhaupt nicht zusammen. Die aktuellen Dieselfahrverbote wurden nicht wegen des Feinstaubs erlassen, sondern wegen der Stickoxide. Die Fahrverbote wegen Feinstaubs heißen Umweltzone, die gibt es seit über zehn Jahren. Tatsächlich ist es da auch so, dass der Feinstaub zum weitaus größten Teil nicht aus dem Verkehr kommt, und der Teil, der aus dem Verkehr kommt, kommt nicht aus den Auspuffen der Autos. Das Thema Feinstaub hat sich weitgehend erledigt und gehört hier eigentlich gar nicht rein.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Stickoxide sind ein anderes Thema. Da sagen Sie, es gäbe überhaupt keine Evidenz. – Erst mal finde ich es gut, Herr Scholtysek, dass Sie sich die Messwerte angeguckt haben; das habe ich auch getan. Ich interpretiere die aber anders. Mir ist nämlich zum Beispiel aufgefallen, dass die Stickoxidwerte sehr stark mit den Rushhours korrelieren, sowohl morgens als auch nachmittags. Das heißt, es gibt da einen ganz klaren Zusammenhang mit dem Verkehr und dem Fahrzeugaufkommen. Es ist also nicht so, dass es da keine Evidenz gibt; die Evidenz steht in diesen Zahlen drin.

Natürlich gibt da es auch noch andere Dinge, und ich bin dafür, dass man die stärker untersucht. Da gibt es einen Wettereffekt; ich finde es sehr interessant, dass das auch von den Koalitionsrednern gesagt wurde, denn das wurde ja immer geleugnet. Es gibt eine Grundschwingung vom Wetter, und die müssen wir uns näher angucken, aber natürlich gibt es auch einen Effekt aus dem Verkehr. – Ich sehe eine Zwischenfrage?

Eine Zwischenfrage des Kollegen Scholtysek. – Bitte schön, Herr Abgeordneter!

Vielen Dank, Herr Schmidt! Sie haben gerade gesagt, die Höhe der Messwerte sehen Sie im Zusammenhang mit der Rushhour, in der ein hohes Fahrzeugaufkommen herrscht. Wie erklärt sich dann, dass beispielsweise – ich hatte ja die Werte rausgezogen – im April, als relativ wenige Autos unterwegs waren, der Wert auf der Frankfurter Allee morgens um 8 Uhr fünfmal so hoch war wie an der gleichen Messstation im Februar an einem Dienstagmorgen um 8 Uhr, als das Verkehrsaufkommen wesentlich höher war, weil es noch vor der Coronazeit war?

[Torsten Schneider (SPD): Wie wollen Sie denn Evidenz aus einer Stichprobe ableiten?]

Das widerspricht sich nicht. Ich habe ja gesagt: Es gibt offensichtlich noch eine andere Grundschwingung darunter, aber wenn Sie über den Tag sehen, sehen Sie, dass es weiterhin – vor Corona und nach Corona und bei Corona – zu den Rushhours einen Peak gibt. Das heißt, dass zumindest die Kernaussage, die Sie getroffen haben, es gäbe überhaupt keinen Zusammenhang, so nicht stimmen kann.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Es ist auch nicht so, dass der Senat jetzt einfach mal so Fahrverbote aufheben könnte; die sind von Gerichten vorgegeben worden. Der Senat könnte diesem Antrag also gar nicht Folge leisten, selbst wenn er zu völlig neuen Erkenntnissen käme.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Die Senatorin hat etwas anderes gesagt!]

Allerdings möchte ich zu der Antwort von Frau Günther heute auch anmerken: So, wie der Senat das macht, dass Sie erst fünf Jahre, nachdem Sie gemessen haben, Ihre Modelle ändern, müssten wir, selbst wenn sich das auf null stellen würde, fünf Jahre warten, bevor es irgendeinen Effekt gäbe. Das geht natürlich auch nicht.

[Beifall bei der FDP]

Wir sind weiterhin dafür, dass nicht nur gerechnet, sondern endlich auch mal gemessen wird, wenn man Fahrverbote verhängen möchte.

Es reicht aber nicht aus, den Senat einfach aufzufordern, kurz mal die Messwerte und die Gerichtsentscheidungen zu missachten. Es gilt, vor Gericht deutlich zu machen, dass man ganz konkrete, umsetzbare Maßnahmen hat, mit denen man die Stickoxide senken kann, und dass man die im Luftreinhalteplan auch verankert. Dazu gehören aus Sicht meiner Fraktion eine bessere Verkehrssteuerung, eine zeitliche Verkehrsentzerrung, bessere Angebote für Pendler, damit die auf den ÖPNV umsteigen, und natürlich gehört auch dazu – das möchte ich noch mal wiederholen –, dass wir mehr Messstellen haben, denn nur dann

können wir überhaupt beurteilen, was wirklich los ist. Wir haben zurzeit so wenige Messstellen, dass wir für mehrere Quadratkilometer nur eine Stelle haben. Damit kann man natürlich keine echten Konsequenzen ziehen.

[Beifall bei der FDP]

Aber es geht darum, jetzt konstruktive Maßnahmen zu finden, mit denen man die Gerichte auch überzeugen kann. Und der vorliegende Antrag trägt dazu nichts bei. Er ist unbegründet, er zeigt keine Lösung auf. Ich sage ganz klar: Wir als FDP-Fraktion wollen Dieselfahrverbote verhindern, wo es nur immer geht. Wir werden auch konsequent weiter dafür arbeiten, aber dazu braucht es eben gute, konstruktive Anträge, die wir weiterhin vorlegen werden – aber solche platte Anträge, wie sie jetzt hier vorliegen, lehnen wir klar ab. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Abgeordneter Moritz das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag der AfD-Fraktion ist einfach peinlich.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Nebenbei gesagt: Bei der Friederici-Show ist es ähnlich. Aber die AfD stellt hier allen Ernstes den Zusammenhang zwischen Verbrennungsmotoren, insbesondere den Dieselfahrzeugen, und der Luftverschmutzung infrage. – Herr Scholtysek, es gibt Kfz-Technikhandbücher; nehmen Sie sich doch mal welche vor und gucken da nach.

[Beifall bei den GRÜNEN – Frank Scholtysek (AfD): Und Sie haben das gelernt?]

Ja, ich habe das gelernt, genau. – Mir wird nun die – ich denke aussichtslose – Aufgabe zuteil, der AfD-Fraktion zu erklären, dass Stickoxide in der Stadtluft durchaus überwiegend durch Dieselfahrzeuge verursacht werden und dass diese Gifte der Umwelt und den Menschen schaden.

Doch lassen Sie mich von vorn beginnen. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus bewirkten einen Rückgang des Straßenverkehrs. Stadtweit sank die Anzahl der Pkws und kleinen Transporter um 20 bis 30 Prozent. Das Aufkommen der Lkws blieb aber hingegen fast gleich. Ihr Anteil am Gesamtverkehr liegt nur bei ca. 5 Prozent, aber der Schadstoffausstoß ist ungefähr zehnmal höher. Ein Rückgang des Straßenverkehrs ist in allen deutschen Städten eingetreten, und so beschäftigte sich auch die Bundespolitik mit den Auswirkungen der Luftqualität. An einigen Messstellen, hier fand besonders Stuttgart/Neckartor Beachtung, war im Vergleich zum

Vormonat kein Rückgang der Werte zu verzeichnen. Eine vorschnelle Schlussfolgerung ist, dass der Verkehr für die Stickoxiden in der Luft nicht verantwortlich sei. Das ist aber schlichtweg falsch. Sehen Sie sich die Tageslinien der Messstationen an – Herr Schmidt hat darauf hingewiesen – oder auch einen Vergleich zwischen Messstellen an Hauptverkehrsstraßen und in Wohngebieten, dann werden Sie auch einen eklatanten Unterschied feststellen. Da sieht man schon einen Zusammenhang mit dem Straßenverkehr.

Eine kürzlich veröffentliche Auswertung der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zeigt noch einmal deutlich, dass 50 Prozent der Belastung in Hauptstraßen durch Stickoxide unmittelbar von den dort fahrenden Fahrzeugen kommt. 25 Prozent kommen von Fahrzeugen im städtischen Hintergrund, und nur die restlichen 25 Prozent stammen aus anderen Quellen wie Industrie oder Heizung. Laut Senatsverwaltung sank der Stickoxidausstoß während der coronabedingten Einschränkungen berlinweit um 15 bis 20 Prozent. An manchen Messstellen wurde jedoch der Rückgang im Vergleich zum Vormonat nicht festgestellt. Das war auch am Neckartor so, aber das ist, denke ich, ganz klar mit meteorologischen und luftchemischen Prozessen zu erklären. Diese Prozesse oder dieses Phänomen ist keinesfalls neu. Das ist in Fachkreisen lange bekannt.

Der Antrag der AfD versucht mal wieder, Tatsachen zu verdrehen, will Fakten schaffen aufgrund falscher oder verfrühter Schlussfolgerungen. Übrigens ist auch Ihre Aussage, in Stuttgart wären die Dieselfahrverbote insgesamt aufgehoben worden, schlichtweg falsch. Doch was fordert die AfD in ihrem Antrag eigentlich für die Berlinerinnen und Berliner? – Freie Fahrt für den Autoverkehr, egal, was aus dem Auspuff herauskommt, und dazu pauschal die Aufhebung aller verkehrsrechtlichen Anordnungen aus Emissionsschutzgründen. Hier ist die Gesundheit der Anwohnerinnen und Anwohner in Berlin vollkommen egal. Noch einmal zur Erinnerung: Stickstoffdioxid erhöht das Risiko, frühzeitig aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben. Es begünstigt außerdem das Auftreten von Diabetes Typ 2, Bluthochdruck, Herzinsolvenz – –