Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zu den Überweisungen. Die Gesetzesvorlage auf Drucksache 18/2609 mit dem Nachtragshaushaltsgesetz habe ich vorab an den Hauptausschuss überwiesen – und darf hierzu Ihre nachträgliche Zustimmung feststellen.
Zu dem Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 18/2618 – Förderlücke für kleine und mittlere Unternehmen schließen – wird die Überweisung federführend an den Hauptausschuss sowie mitberatend an den Ausschuss
für Wirtschaft, Energie und Betriebe empfohlen. – Widerspruch höre ich hierzu nicht, dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die erste Lesung des Gesetzesantrags. In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU und hier der Kollege Zeelen. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Beginn meiner Rede an dieser Stelle einmal ganz ausdrücklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Senatsgesundheitsverwaltung, insbesondere dem Krisenstab, dafür danken, dass sie seit Wochen zur Bewältigung dieser Krise hart arbeiten. Auch das geht manchmal im Streit zwischen Koalition und Opposition ein bisschen unter. Insofern ist auch diesen Menschen der Dank dieses Hauses sicher.
Danken möchte ich auch vor allem den bezirklichen Gesundheitsämtern und unseren zwölf Berliner Gesundheitsstadträten, denn durch den massiven Personaleinsatz in den Bezirken war es bislang überhaupt erst möglich, die personalintensive Kontaktnachverfolgung möglich zu machen. Eine nennenswerte Beteiligung anderer Senatsverwaltungen gab es leider bis heute nicht. Vor allem danken möchte ich den Mitarbeitern in den Berliner Krankenhäusern, den Arztpraxen, den Pflegediensten und allen weiteren, die an vorderster Front alles dafür tun, die Gesundheit der Berliner zu schützen und zwar nicht nur bei Vivantes und bei Charité, so wie es Herr Müller damals ausgedrückt hat, sondern bei allen, die für die Versorgung da sind. Ihnen allen gilt der Dank unserer Fraktion.
Wir als CDU-Fraktion erinnern uns noch sehr gut daran, wie schwer sich insbesondere der Regierende Bürgermeister zu Beginn bei der Absage etwa von Großveranstaltungen, der Schließung von Geschäften, von Schulen, auch von Spielplätzen getan hat. Gott sei Dank hat der Regierende Bürgermeister dem Druck von Bundesebene und auch aus den Reihen der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus und vor allem der Berliner Öffentlich
keit nachgegeben. Dadurch ist es gelungen, bislang unseren zeitlichen Vorsprung gegenüber Bayern und BadenWürttemberg zu nutzen. Die Berlinerinnen und Berliner haben durch großen Verzicht und auch durch persönlichen Verlust den jetzigen Zustand erreicht. Das ist ein schönes Zwischenergebnis am heutigen Tag, über das wir uns auch gemeinsam einmal freuen dürfen.
Aber, liebe Kollegen und Kolleginnen, um es auch einmal mit den Worten der Gesundheitssenatorin zu sagen: Es gibt absolut keinen Grund zur Entwarnung. Wir befinden uns nach wie vor in einer fragilen Situation, die uns durch das Nichteinhalten von Abstandsregelungen und von Hygienemaßnahmen sehr schnell wieder zurückwerfen kann. Das müssen wir auch gemeinsam mit allen Mitteln verhindern. Was wir heute sehr genau wissen, ist, dass dieser Senat, anders als am 20. Februar hier an dieser Stelle behauptet, nicht gut auf Corona vorbereitet war. Der Mangel von Schutzmaterial ist bis heute ein großes Problem. Auch wenn mittlerweile Lieferungen Gott sei Dank ankommen, ist die Not in vielen Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen und Krankenhäusern auch heute groß. Besonders dramatisch ist die Lage in den Pflegeeinrichtungen und Seniorenwohnanlagen. Ich erwarte genauso wie meine Fraktion viel mehr Engagement vom Senat, was den Schutz insbesondere dieser Anwohner angeht.
Als CDU-Fraktion haben wir uns von Beginn an konstruktiv mit einer Vielzahl von Sachanträgen eingebracht. In dieser Tradition bringen wir auch heute das Gesetz über den Gesundheitsnotstand in Berlin hier ein. Wir müssen zur Bewältigung der Krise endlich vor der Lage sein, um schnell und effektiv reagieren zu können.
Es ist auch Aufgabe des Parlaments, der Exekutive die Rahmenbedingungen zu ermöglichen, wenn weitere Befugnisse nötig sind. Hier sehen wir akuten Handlungsbedarf. Es geht um die Versorgung mit geeignetem Schutzmaterial und das Lenken von Personal an die richtige Stelle. Wir wollen bestmöglich vorbereitet sein heute, aber auch dann, wenn wir es in Zukunft wieder sein müssen.
Das Abgeordnetenhaus kann den Gesundheitsnotstand feststellen, wenn eine übertragbare Krankheit in der Berliner Bevölkerung so zahlreich auftritt, dass dadurch die Versorgungssicherheit durch das öffentliche Gesundheitswesen gefährdet ist. Während dieses Notstandes können die Behörden medizinisches, pflegerisches und sanitäres Material beschlagnahmen, soweit das zur Aufrechterhaltung der notwendigen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung erforderlich erscheint. Betriebe, die zur Herstellung des Materials in der Lage sind, können von den zuständigen Behörden angewiesen werden, vorrangig und umgehend bestimmte Mengen des Materials auch zu produzieren.
Auch wenn die Meldung freiwilliger Helfer Gott sei Dank, über die Ärztekammer beispielsweise, aktuell positiv ist, so wollen und so können wir nicht dringend benötigtes Personal zur Bewältigung des Gesundheitsnotstandes dem Zufall überlassen. Mit dem Gesetz wollen wir personelle Kapazitäten sichern und regeln und auch die Inanspruchnahme Dritter ermöglichen, wenn es der Gesundheitsnotstand erforderlich macht.
Die Coronapandemie zeigt uns, wie verletzlich unsere Gesellschaft, unser Familienleben und unsere Wirtschaft sind, wenn wir gesundheitlich bedroht sind. Umso erforderlicher ist es aus unserer Sicht, dass wir uns auf solche Situationen besser einstellen als wir es in der Vergangenheit getan haben. Dazu ist dieser Antrag eine weitere Chance. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion legt einen Antrag vor, mit dem sie Regelungen einführen möchte, die bundesweit im Infektionsschutzgesetz geregelt sind. Das ist ein Bundesgesetz. Es ist gerade novelliert worden. Insofern gibt es verfassungsmäßige Vorbehalte massiver Art, ob hier aufgrund der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes das Land diese Regelungen überhaupt einführen kann.
Herr Zeelen! Sie haben gerade dargelegt, dass Sie mit dem Gesetzentwurf, den Sie vorlegen, die Angst der gegenwärtigen Situation nutzen wollen, um noch fundamentaler in Grundrechte einzugreifen. Ich finde, Angst ist ein schlechter Berater, um solche präventiven Normen durchzusetzen. Wir haben zum Glück, das haben wir eben gehört, die Situation, dass wir momentan nicht die Horrorszenarien haben, die ich vorhin am Anfang meiner ersten Rede benannte. Im Moment sind wir sehr gut dabei, die Krise in den Griff zu bekommen. Insofern möchte ich betonen, dass es auch seinen Grund hatte, dass die Elemente im Wesentlichen, die Sie vorgeschlagen haben, im Bundestag abgelehnt worden sind. Sie waren nicht mehrheitsfähig.
Es gab die letzte Novelle des Infektionsschutzgesetzes, anlässlich derer der Bundesgesundheitsminister schon gefordert hatte, dass beispielsweise medizinisches Personal zwangsrekrutiert werden kann – das legen Sie vor –.
Es wurde in der Novelle schon vorgesehen, dass man medizinischem Hilfspersonal oder anderen Fachkräften die Ausübung zur staatlichen Approbation zur Heilkunde eigentlich geben dürfte, will heißen, eine Pflegekraft, die schon mal gesehen hat, wie intubiert wird, kann angelernt werden und man denkt: Du machst das jetzt, weil wir keinen anderen haben, der das tun kann – oder jemand, der Physiotherapeut ist, für ganz fachfremde, aber gesundheitsnahe Tätigkeiten rekrutiert werden kann, um den personellen Engpass, den man im quasi überlaufenen Lazarett hätte, zu bedienen.
In dem gleichen Geist waren auch entsprechende Zwangsrekrutierungen, darf ich sagen, von medizinischem Personal und anderen, die dafür geeignet wären, vorgesehen. Das ist in einer Kriegssituation nachvollziehbar. Es wäre vielleicht nachvollziehbar in einer Krisensituation, die medizinisch wesentlich größer wäre als das, was wir jetzt zum Glück gerade haben.
Insofern legen Sie genau die Punkte jetzt vor, auf Landesebene, nicht nur in Berlin, auch in anderen Bundesländern, die bewusst nicht auf Bundesebene verabschiedet worden sind, weil Sie hier sehr weitgehende Eingriffsrechte haben, unabhängig vom Ausrufen des Katastrophenfalls, ausschließlich aufgrund des Infektionsschutzgesetzes. Ich sage ganz klar, das wird mit uns so nicht gehen in den nächsten Wochen. Aber vielen Dank für den Disput.
Ich möchte auch benennen, wo Sie zu kurz springen, gedanklich, in diesem Gesetzentwurf. Sie reduzieren Ihren Gegenstandsbereich, wenn Sie sich hier ernst nehmen würden, ausschließlich auf die Produktion von medizinischen Masken und anderen Gütern und die Frage der Verfügung über selbige. Das sind wichtige Fragestellungen. Akut in dieser Coronakrisenbewältigung ist etwas anderes relevant. Das ist nämlich die Situation, die eintritt, wenn wir irgendwann einmal hoffnungsvollerweise deutschland-, europa- oder weltweit einen Impfstoff haben gegen das Coronavirus. Dann wird sich die Frage ziemlich schnell stellen, nicht nur, welche Länder und Regionen ihn produzieren dürfen, wer die Rechte am geistigen Eigentum des neuen Patents auf diese notwendige Medikation hat, wer diese Rechte hat und mit welchen Bedingungen ein Land oder eine Firma Lizenzen bekommen darf, um die notwendigen Medikamente zu produzieren. Da müssten Sie eingreifen, um uns konkret helfen zu wollen, in dem, was in absehbarer Zeit das Thema hier sein wird.
Das ist nämlich die Frage, wie dann die Industrie bezahlt wird. Sind es Mondpreise, sind es staatliche Gewinnmargenfestsetzungen? Sind es Zwangslizensierungen in der Dritten Welt, aber auch in Industrienationen, was nach dem internationalen Patentrecht in einer öffentlichen Krise geht? Also ganz konkret, wie kann unabhängig von
den Aktionärs- und Anteilseignerinteressen dieses zukünftigen Wirkstoffes, der in absehbarer Zeit, selbst wenn es ein oder zwei Jahre sein würden, auf den Markt kommt, wie kann dieser der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden, ohne Eigengewinninteressen desjenigen unverhältnismäßig zu bedienen, der das Patent zufälligerweise gefunden hat.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Zuvorderst möchte ich an dieser Stelle auch die Gelegenheit nutzen, um allen Berlinern zu danken, die mit der Coronakrise derzeit sehr verantwortungsvoll und verständnisvoll umgehen.
Aber über das Bild, das die CDU-Fraktion derzeit hier im Abgeordnetenhaus abgibt, kann man sich eigentlich nur noch wundern. Die Oppositionsführerschaft insbesondere, was die Bewältigung der Coronakrise betrifft, haben Sie jedenfalls schon lange an die AfD-Fraktion abgegeben.
[Beifall bei der AfD – Lachen bei der CDU – Heiko Melzer (CDU): Die Berliner scheinen das anders zu sehen!]