Protocol of the Session on March 5, 2020

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Fresdorf, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Die AfD braucht nur irgendwie „Flüchtlinge“ in ihren Antrag schreiben, und hier geht die Stimmung hoch – das ist der Wahnsinn. Das ist ein Mechanismus, der immer wieder funktioniert, und man tappt da immer wieder in die Falle, sich reizen zu lassen und denen eine Bühne zu geben. Das haben sie gut gemacht. – Frau Schubert! Regen Sie sich da nicht so auf! Das wollen die doch nur! Schonen Sie Ihr Herz; fahren Sie den Blutdruck ein bisschen runter und regen Sie sich nicht darüber auf! Das ist eine Empörungsmaschinerie, die die AfD mit solchen Anträgen auslösen will, und Sie tappen da ein Mal nach dem anderen in die Falle.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Beifall von Ronald Gläser (AfD)]

Das sollten Sie nicht tun, denn das sind Bilder, die die AfD dann gern in sozialen Medien verwendet, um Schwächen aufzuzeigen. Das brauchen wir nicht; das ist, glaube ich, unnötig.

Frau Seibeld hat alles gesagt, was man zu diesem Antrag sagen muss.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Eigentlich könnte die AfD ihn zurückziehen. Er ist einfach rechtlich nicht haltbar. Es wäre eine Sache, wozu wir den Senat auffordern, was uns nicht zusteht. Das sollten wir einfach sein lassen.

Was wir aber besprechen können in diesem Hohen Haus, ist die humanitäre Katastrophe, um die es vor Ort geht an der Grenze zu Griechenland, und wie man helfen kann. Ich denke, Berlin wäre gut beraten, vor Ort Hilfe zu leisten. Wir haben tolle Leute im Landesamt für Flüchtlinge, die die Arbeit mit Flüchtlingen kennen, die wissen, wie man mit ihnen umgeht. Sie könnten die griechischen Kollegen vor Ort unterstützen, könnten sie einarbeiten, könnten ihnen Techniken beibringen, wie man mit dieser Lage umgeht. Wir haben diese Lage seit 2015 in Berlin erlebt. Warum machen wir es nicht so, dass wir Hilfe vor Ort leisten? Warum geht das Technische Hilfswerk nicht dahin, baut vernünftige Lager auf?

Es kann nur funktionieren, wenn es eine gesamteuropäische Lösung gibt, um diese humanitäre Katastrophe zu verhindern. Das können wir von Berlin aus nicht steuern, das wissen Sie alle selbst. Da helfen auch nicht 100, 200, 300, 500 Flüchtlinge, die wir aufnehmen. Das sind dann zwar Einzelschicksale, die gerettet sind, aber wir werden die Gesamtlage nur in einem großen Kontext erledigt bekommen.

Da müssen wir alle an einem Strang ziehen, und das schaffen wir nur vor Ort. Also sollte sich jeder fragen: Wie können wir vor Ort unsere Nachbarn in Griechenland so unterstützen, dass sie der Lage Herr werden und dass wir menschenwürdige Zustände in den Lagern schaffen? – Das sollte unsere Aufgabe sein.

[Beifall bei der FDP]

Und wir sollten uns hier nicht den Kopf über unsinnige Anträge der AfD heißreden. Wir müssen darüber sprechen, wie wir Fluchtursachen bekämpft kriegen – da wird man sicherlich, wenn man ganz ernsthaft darüber nachdenkt, in den sauren Apfel beißen müssen und sich mit einem Menschen an einen Tisch setzen müssen, der eigentlich auf eine Anklagebank gehört. Aber der Krieg in Syrien muss beendet werden. Er muss beendet werden, wenn wir nicht wollen, dass dieses Elend so weitergeht.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Da werden wir als Europäer über unseren Schatten springen müssen und schauen: Wie können wir das machen? – Und ja, wir werden auch mit Assad verhandeln müssen, anders wird es nicht gehen. Wir müssen vor Ort Frieden schaffen und Fluchtursachen abstellen. Und ich glaube, dann können wir wieder zu einer Normalität zurückkommen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des fraktionslosen Abgeordneten Wild?

[Zuruf: Nein!]

Herr Wild, Sie haben das Wort. – Bitte!

Sehr mutig, Herr Kollege! Glauben Sie nicht, dass es mit Assad eine Friedenslösung gibt? – Ich meine, Assad ist ja auf syrischem Gebiet mit syrischer Armee unterwegs, das sieht doch eigentlich ganz gut aus.

[Zuruf von Stefan Förster (FDP) – Weitere Zurufe von der CDU]

Herr Wild! Darauf gehe ich nicht weiter ein. Ich glaube, das hat keinen Sinn.

[Beifall von Christian Gräff (CDU)]

Ich denke, wir müssen am Verhandlungstisch für Frieden sorgen, denn militärisch wird es keine Lösung vor Ort geben, da wird es immer wieder weitergehen. Darum geht es, aber das geht nur im europäischen Kontext.

Darüber hinaus muss man noch einmal darauf hinweisen, dass es im Bund darum geht, die Hausarbeiten zu machen. Wir haben seit 2015 immer noch kein Einwanderungsgesetz, um eine gesteuerte Einwanderung in Deutschland zu ermöglichen – das ist ein Thema, das man parlamentarisch beraten muss, nicht hier in Berlin, aber im Deutschen Bundestag. Es wird Zeit, dass wir ein vernünftiges Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild bekommen, wo wir uns die Leute aussuchen, die zu uns kommen, wo wir Fachkräfte gewinnen können,

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das ist eine Forderung für 2030!]

wo wir darüber sprechen können, wie wir uns ein Zusammenleben mit anderen Menschen vorstellen.

[Beifall bei der FDP – Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig!]

Das wären die wichtigen Fragen, und lassen Sie uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht über jedes Stöckchen springen, das die AfD uns hinhält, das muss nicht sein, und lassen Sie uns nicht immer gemeinsam so darüber aufregen. Lassen Sie uns sachlich Politik machen, die

Anlagen haben wir alle dafür. Viel Spaß dabei, und gemeinsam können wir einiges bewegen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Frau Abgeordnete Jarasch.

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nein, wir werden nicht von Berlin aus die Welt retten; wir werden von Berlin aus nicht alle Menschen, über die wir gerade sprechen, retten können, und wir werden auch leider von Berlin aus nicht Europa retten können.

[Zuruf von der AfD: Aber das Klima!]

Dass es aber um all das geht und dass all das auf dem Spiel steht – das möchte ich hier schon in aller Deutlichkeit noch mal sagen. Denn angesichts der humanitären Katastrophe, die sich gerade dort abspielt, angesichts der Art, wie dort mit den Menschen, die zum Spielball politischer Interessen gemacht worden sind, umgegangen wird, setzt die EU ihr eigenes Wertefundament aufs Spiel. Das ist die eigentliche Katastrophe, die sich da abspielt.

Noch ist es rechtlich so, dass Menschen, die europäischen Boden betreten und um Asyl bitten, ein Recht auf ein geordnetes Verfahren haben. Sie gewaltsam daran zu hindern und ihnen das nicht mehr zuzusprechen, geschweige denn, es noch organisiert zu kriegen – das ist etwas, das Europa sich nicht leisten kann, wenn es noch zusammenhalten will.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Florian Dörstelmann (SPD)]

Da wird Berlin nur etwas bewirken können, indem es über seine Städtenetzwerke, über die Stimme im Bundesrat, über prominente Menschen aus Berlin versucht, Einfluss zu nehmen; über alle unsere Bundestagsabgeordneten, die wir haben, versucht, Einfluss zu nehmen, auch auf die Bundesregierung – denn dafür braucht es tatsächlich eine solidarische europäische Lösung.

Was aber auch klar ist – und hier liegt das große, wahrscheinlich nicht ganz unschuldige Missverständnis der AfD –: Wenn es tatsächlich zu einer solidarischen europäischen Lösung kommt, dann wird das bedeuten, dass die Bundesrepublik Deutschland entscheidet, dass sie einen Teil dieser Menschen hierherholt und ihre Asylverfahren nach Dublin-Verordnung – da ist das nämlich vorgesehen, es gibt ein Selbsteintrittsrecht der Länder, die Mitglied bei der Dublin-Verordnung sind – durchführt. Dann werden die ihre Asylverfahren in Deutschland durchführen können, genauso, wie es bisher auch immer

schon war. Und wenn das der Fall ist, dann werden diese Menschen – nicht, weil Berlin das so will, sondern, weil es dafür einen Verteilschlüssel gibt, den Königsteiner Schlüssel – nach Berlin kommen, und dann hat eine Berliner Regierung die Pflicht und Schuldigkeit, darauf gut vorbereitet zu sein.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Nichts anderes hat dieser Senat getan, indem er auf Wunsch der Grünen Wirtschaftssenatorin – und darüber bin ich ausdrücklich froh – am Dienstag beraten hat, wie es denn aussieht, wie gut vorbereitet wir denn sind, welche Kapazitäten wir haben und was wir gegebenenfalls noch weiter verstärken müssen, damit dann tatsächlich, wenn Geflüchtete kommen – und ich kann für die Menschen und auch für die EU nur hoffen, dass das der Fall sein wird –, alles in geordneten Strukturen gut ablaufen kann.

Die humanitäre Geste – und das ist eine völlig andere Sache, das sollte man hier auch nicht vermischen –, die wir trotzdem als wenigstens einen kleinen Beitrag zur Linderung des Leids leisten können, wenn wir als Bundesland darüber hinaus noch Menschen aufnehmen, hat mit alldem, was hier gerade verhandelt wird, gar nichts zu tun. Da kann ich nur sagen: Auch da werden wir leider nicht das gesamte Leid lindern können. Aber in dem Fall gilt einfach: Über jedes einzelne Kind, das wir aus dieser Situation rausholen, bin ich heilfroh. Ich bin über jedes dieser Kinder froh – das hat aber nichts mit der Debatte zu tun, und es wird der AfD dieses Mal nicht gelingen, die Krise, die gerade ganz woanders stattfindet, hierherzureden. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Vorgesehen ist eine sofortige Abstimmung. Wer dem Antrag der AfDFraktion auf Drucksache 18/2535 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die AfDFraktion und der fraktionslose Abgeordnete. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das sind alle anderen. Damit ist der Antrag deutlich abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Dies war unsere heutige Tagesordnung. Die nächste Sitzung findet am Donnerstag, dem 18. März um 10 Uhr statt. Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen allen einen guten Heimweg!

[Schluss der Sitzung: 20.37 Uhr]

(Bettina Jarasch)

Anlage 1

Konsensliste

Vorbehaltlich von sich im Laufe der Plenarsitzung ergebenden Änderungen haben Ältestenrat und Geschäftsführer der Fraktionen vor der Sitzung empfohlen, nachstehende Tagesordnungspunkte ohne Aussprache wie folgt zu behandeln: