Wir stehen in der Pflicht zu handeln, und das tun wir heute auch. Wir steuern seit drei Jahren mit allen möglichen landespolitischen Instrumenten gegen und schöpfen sie mit voller Kraft aus; ob ZweckentfremdungsverbotGesetz, Wohnungsaufsichtsgesetz, Neubauprogramm, das Vorkaufsrecht, Milieuschutzgebiete und vieles mehr.
Aber wir rennen doch immer noch fatalen Fehlentscheidungen hinterher, fast 30 Jahre falsche Politik sind nicht in drei Jahren zu beseitigen. Immer noch fallen mehr Wohnungen aus der Sozialbindung als neue entstehen. Wir haben da zwar, im Vergleich zu Rot-Schwarz davor, ordentlich nachgezogen, aber wir hängen immer noch hinterher.
Wir wollen den Wohnungsmarkt umbauen und zwar in Richtung Wien, das ist weder verwerflich noch schlecht, das ist sozial. Übrigens in Wien würde auch keiner schreien, dass die Wohnungspolitik doch Sozialismus ist, nicht einmal die FPÖ würde das tun.
Nein, vielen Dank! – An dieser Stelle noch einmal, für alle, die das scheinbar immer noch nicht verstanden haben, lieber Herr Dregger, der Mietendeckel ist dafür da, den Bestand zu schützen. Der Neubau ist ausdrücklich ausgenommen und davon nicht betroffen. Hören Sie endlich mit diesem Märchen auf, der Neubau würde unter dem Mietendeckel komplett abgeschöpft. Nein! Nur bei den Genossenschaften lasse ich dieses Argument gelten, die wirtschaften nämlich nicht renditeorientiert, die brauchen Rücklagen, da gebe ich Ihnen recht.
Aber wir brauchen doch Neubau, der richtig ist, nicht irgendwie nur Masse. Wir brauchen Neubau, der ökologisch und bezahlbar ist, vor allem auch für Menschen mit niedrigem Einkommen.
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Heiko Melzer (CDU): Die haben genug Probleme! – Paul Fresdorf (FDP): Warum haben Sie die Genossenschaften nicht rausgenommen? – Zuruf von Andreas Wild (fraktionslos)]
Die „Nur-Neubau-und-sonst-nix-Fetischisten“ hier im Raum, müssen sich ja auch einmal die Frage gefallen lassen, warum denn der Neubau seit Jahren größtenteils am Bedarf der Berlinerinnen und Berliner vorbeigeht.
Nach Ihrer Theorie: Der Markt regelt Angebot und Nachfrage, wenn man ihn denn nur lässt –, müsste doch der Neubau in den letzten Jahren hier super geklappt haben, das Gegenteil ist doch der Fall. Wo bitte ist die Mustermarktstadt, in der Angebot und Nachfrage so prima klappen, weil die doofe Politik sich nicht einmischt? Wo bitte soll das sein, liebe Opposition?
Ich finde, Sie sollten lieber einmal den betroffenen Menschen zuhören. Eine Frau meinte neulich zu mir an der Supermarktkasse: Sie hatte total Angst, dass sie sich direkt nach der nächsten Mieterhöhung ihre Wohnung nicht mehr leisten kann. Sie hatte direkt beim Mietspiegel 2019 eine Mieterhöhung bekommen, die wirklich schon über 50 Prozent ihres Einkommens aufgefressen hat.
Wissen Sie, was sie mir gesagt hat? Sie hat gesagt, seit es den Mietendeckel gibt, hat sie wieder Hoffnung, Hoffnung darauf, dass sie bald einmal wieder in Ruhe schlafen kann. Das ist doch ein wichtiges Signal für die Berlinerinnen und Berliner.
Dass es Vermieter und Wohnungsunternehmen gibt, die hier jahrelang alles an Rendite herausholen was geht,
ohne Rücksicht auf die Menschen, und jedes Schlupfloch bis zum Äußersten nutzen, um Mieter aus Wohnungen zu klagen, das ist nicht erst Thema seit dem Mietendeckel, oder gar eine Gefahr durch den Mietendeckel, wie Sie das hier immer suggerieren. Nein! Diese Probleme skandalisieren die „BZ“ und andere Zeitungen doch schon sehr lange, und zwar zu Recht.
Wie oft stand da: Kranke, alte Frau wird zwangsgeräumt – oder: Mieter verliert Wohnung, trotz fehlendem Eigenbedarf – oder: Miete verdoppelt sich nach Luxusmodernisierung – oder: Alleinerziehende mit zwei Kindern sucht seit drei Jahren eine Wohnung und ist obdachlos? Entschuldigung! Und dann kommen immer die Fragen: Wann handelt die Politik, was macht der Senat? Und diese Frage an die Politik ist auch berechtigt, verstehen Sie mich nicht falsch.
Das sind Schlagzeilen, die erleben wir hier schon seit 2011. Die betroffenen Menschen, und auch wir Politiker, die versuchen dieses Problem zu lösen, sind es leid, dass wir oft ohnmächtig zuschauen müssen, oder Gesetze solche krassen Lücken aufweisen, dass sie nur symbolisch wirken, oder der Mieter sich nicht wehrt, weil er sonst das Risiko eingeht, seine Wohnung zu verlieren. Wir sind es leid, dass die Menschen das Vertrauen in den Rechtsstaat oder die Demokratie verlieren. Deswegen handeln wir heute entschlossen und radikal, weil das für unsere Stadt gut ist.
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von Paul Fresdorf (FDP), Holger Krestel (FDP), Henner Schmidt (FD) und Kurt Wansner (CDU)]
Wir schützen die Menschen und geben Ihnen endlich eine starke Stellung gegenüber Blackrock und Co. Wir senden heute ein starkes Signal an die Immobilienwirtschaft: Es ist jetzt Schluss mit der Spekulation von Wohnraum, hier in Berlin wird das bald nicht mehr möglich sein.
Ja, ich gebe zu, mit diesem Gesetz gehen für die Mieterinnen und Mieter einige Unsicherheiten einher. Es wäre unredlich, so zu tun, also würden wir jetzt alle unbeschwert ins Mieterparadies schaukeln können. Das hätten wir gerne anders gehabt. Ja, wir betreten juristisches Neuland, das haben wir auch immer wieder betont.
Dieser Verantwortung sind wir uns auch bewusst und haben deshalb lange verschiedene Modelle des Mietendeckels abgewogen.
Aber, wie der Staats- und Verwaltungsrechtler Christian Pestalozza treffend festgestellt hat: Eine ungeklärte Rechtsfrage für das Land Berlin darf kein Grund sein, die Hände in den Schoß zu legen. Im Gegenteil, die Politik ist dazu da, um die Lebenssituation der Menschen zu verteidigen und zu verbessern. Deshalb ist es unsere Pflicht, das Grundrecht auf Wohnen für die Berlinerinnen und Berliner wieder zu erkämpfen. Diese Versprechen lösen wir heute ein.
Die letzten Monate waren nicht einfach für uns als Koalition. Wir haben zwar am Schluss gut zusammengehalten,
aber wir haben auch viel und lang gestritten. Wir haben uns viele Nächte um die Ohren geschlagen und um den richtigen Weg gerungen.
Vor allem in den letzten Wochen haben wir noch eine Reihe an Änderungen in das Gesetz eingearbeitet. Das tat auch an der einen oder anderen Stelle weh, zum Beispiel der Umgang mit den Gemeinwohlorientierten, für sie werden wir Grüne weiterhin kämpfen. Wir wollten und wollen auch die Genossenschaften aus dieser Regelung ausnehmen, denn sie waren, sind und bleiben wichtige Partnerinnen und Partner im Kampf um faire Mieten.
Dafür haben wir auch einen Ansatz entwickelt, der aber sehr komplex ist. Durch den gegebenen Handlungsdruck in den letzten Monaten, war es in der Kürze der Zeit einfach nicht möglich, einen rechtsicheren Weg zu finden.
Es ist auch bedauerlich, dass Änderungen zu Neuvermietungen zulasten der Mieterinnen und Mieter vorgenommen wurden. Aber wir haben die Rechtssicherheit damit insgesamt im Gesetz erhöht, das war zentral. Übrigens, dass es ein Verbotsgesetz ist, macht es nicht mieterunfreundlicher, nein. Bei Vermieterinnen und Vermietern, die keineswegs die Absicht haben, sich gesetzeskonform zu verhalten, wären die Mieterinnen und Mieter zu keiner Phase des Mietendeckels um eine Klage herumgekommen.
Insgesamt haben wir wirklich viele Monate um den besten Weg gerungen. Wir haben jetzt gemeinsam einen atmenden Mietendeckel gestaltet, der sozial, fair und, dank des neuen Doppelhaushalts, auch umsetzbar ist. Jetzt ist es an uns Rot-Rot-Grün gemeinsam diese Atempause der Berlinerinnen und Berliner zu nutzen, als Spielraum zu nutzen, und das Gesetz vor allem jetzt gut umzusetzen.
Wir verabschieden heute das Gesetz, aber ich kann Ihnen allen versprechen, liebe Berlinerinnen und Berliner, wir werden weiter kämpfen. Wir werden kämpfen, um eine gute Umsetzung. Wir werden so viel Personal wie es geht zur Verfügung stellen. Wir werden die Bezirke und die IBB unterstützen, das gut umzusetzen.