nein, mehr noch, Sie reihen sich bei denen ein, deren Vorläufer die Weimarer Sozialdemokraten und die Weimarer Demokratie von linksaußen bis aufs Messer bekämpft haben
und damit zu einem entscheidenden Sargnagel für die Weimarer Republik geworden sind. Da reihen Sie sich ein, und dass sollten Sie sich zweimal überlegen, liebe Frau Kitschun!
Ich weiß nicht, vielleicht bin ich jetzt ein bisschen weiter: Sie meinen also, das Problem der SPD ist, dass wir eine Partei sind, in der es Leute gibt, die unterschiedliche Meinungen haben?
Nein, überhaupt nicht. Ich habe doch gerade gesagt, Sie sollten einmal schauen, wo Sie sich einreihen. Ich weiß gar nicht, ist Ihnen das gar nicht bekannt? Die Weimarer Republik ist ja nicht nur von den Nazis angegriffen und zerstört worden, nein, sie ist auch von linksaußen, von der KPD, von Thälmann und von Moskau aus zerstört worden. Die haben ja sogar zusammengearbeitet!
[Beifall bei der AfD – Zurufe von der AfD: Richtig! – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Deshalb saßen die Kommunisten auch im KZ! – Geschichtsklitterung!]
Wenn Frau Helm hier klatscht bei dem Zitat von Herrn Helm, dann weiß ich immer noch, wes Geistes Kind Sie hier sind.
Deswegen sage ich: Halten Sie die Fahne der sozialdemokratischen Partei hoch. Verspielen Sie nicht leichtfertig Ihr historisches Tafelsilber. Halten Sie die Treue zu Walter Momper,
[Regina Kittler (LINKE): Mein Gott, schämen sollten Sie sich! – Frank-Christian Hansel (AfD): Das ist klassisch 19. Jahrhundert! – Weitere Zurufe von der LINKEN und der AfD]
Herr Kollege Langenbrinck! Ich hatte der Kollegin Tomiak das Wort erteilt. Es wäre schön, wenn die Kollegin jetzt hier Ihre Ausführungen machen könnte.
Vielen Dank! – Wir sind heute in der zweiten Lesung unseres Koalitionsantrags zur Aberkennung der Ehrenbürgerwürde Hindenburgs.
Ich muss vor allem voranstellen, dass ich nach der Debatte sowohl hier im Plenum als auch im Kulturausschuss froh bin, dass wir mit diesem Vorgang zum Ende kommen.
Bezeichnend war, wie vehement die gesamte Opposition zu abstrusen, doch auch erwartbaren Argumentationen gelangte. Auf einige davon möchte ich eingehen, denn sie zeigen doch hervorragend, an welchem Punkt der geschichtlichen Aufarbeitung wir derzeit stehen und wie sehr das deutsche Verdrängen, das Umdeuten und Herunterspielen von Verantwortung auch heute noch prägend ist für unseren gesellschaftlichen Diskurs. Ein von allen erhobener Vorwurf: Geschichtsrevisionismus. Von einem „Ausradieren“ der Geschichte war die Rede, von der „Löschtaste“, die wir drücken wollen würden.
Wer der Opposition Glauben schenken mag, der erkennt überall eine linke Verschwörung von Geschichtsumdeutern, von Wahrheitsunterdrückern. Um die Vorreiter eben dieser Verschwörung zu nennen, seien Städte wie Dortmund, Leipzig, Münster, Stuttgart, Konstanz, München, Wuppertal, Karlsruhe und Köln aufzuzählen. Einige Aberkennungen fanden direkt nach Kriegsende statt, einige in den Achtzigerjahren, in den Neunzigerjahren des letzten und in den Zehnerjahren dieses Jahrhunderts. Wer sich also mit den Fakten beschäftigt, der erkennt, dass der Debatte eine lange Kontinuität innewohnt, und eine
Aber was ist es, was angeblich umgeschrieben, umgedeutet werden soll? – Insbesondere die CDU tat sich im Laufe der Debatte damit hervor, die angeblichen Leistungen und Verdienste Hindenburgs als sogenanntem Held von Tannenberg zu betonen. So sagte Herr Juhnke wörtlich: „Er hat damals im Ersten Weltkrieg sein Land verteidigt“
und erklärte eine Popularität Hindenburgs mit seinen „militärischen Erfolgen“. Klar, der Erste Weltkrieg, der große Verteidigungskrieg, in dem die Deutschen in reiner Notwehr nach Frankreich und Russland marschierten
[Georg Pazderski (AfD): Kennen Sie eigentlich die Geschichte? – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Besser als Sie!]
Krieg begonnen, Krieg erklärt bekommen, Krieg verloren, Krieg gewonnen. Es ist ja alles Jacke wie Hose. So ist es eben, Geschichte ist eben vor allem auch, wie sie geschrieben wird.
Umso wichtiger, dass wir lange währendes Unrecht endlich beenden und uns zu einer schonungslosen Analyse bekennen, denn nur so wird ernsthafte Aufarbeitung und Erinnerung möglich.
Auch die FDP hat in der Debatte glänzen können. Nachdem Herr Kluckert erst nicht umhin kam, auf mein Alter zu referenzieren, ein klassischer Move, um junge Frauen zu diskreditieren,
bitter, dass Sie so etwas nötig haben – zeigt sich aber auch hier rechts –, hat er sich in bezeichnender Weise zu folgendem Zitat hinreißen lassen: Unser Vorhaben sei ein „Schlag ins Gesicht derjenigen, die sich damals intensiv damit auseinandergesetzt haben“. Dass die FDP mahnt, dass wir uns an die Einschätzung derjenigen halten sollten, die sich mit der Einordnung von ebensolchen Fragen auseinandergesetzt haben, ist, gelinde gesagt, mutig.
So meint der Kollege sicher auch seine Parteikollegen, die 1949 „Schlussstrich drunter“ „Schluss mit Entnazifizierung“ plakatierten.