Protocol of the Session on January 16, 2020

Die Forderungen dieser beiden Anträge sind sicher ambitioniert und erfordern auch erhöhten Aufwand bei der BVG. Sie sind aber für eine konsequente Lärmreduzierung notwendig. Beim Antrag zum Kurvenquietschen geht es darum, dass nicht nur einige, sondern alle Straßenbahnfahrzeuge mit sogenannten Laufflächenkonditionierungsanlagen ausgestattet werden. Diese Anlagen schmieren zwischen Rad und Gleisboden bei Trockenheit, denn nur so lässt sich das Kurvenquietschen dauerhaft vermindern. Die neuen Straßenbahnen werden von Hause aus mit diesen Anlagen ausgerüstet. Ein Teil der Bestandsflotte hat diese Anlagen auch, allerdings hat sich herausgestellt, dass diese Fahrzeuge nicht ständig im gesamten Netz unterwegs sind und somit die Wirkung nicht ausreicht. Deshalb sollen alle Fahrzeuge, die langfristig der Flotte angehören, nachgerüstet werden.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Ja, da kann man klatschen. – Im Antrag zu den leisen Gleisen geht es darum, dass bei Gleissanierungen in größerem Maßstab in der Nähe von Wohnungen vor dem Austausch der Gleise geprüft werden soll, ob die Zielwerte der Lärmminderung eingehalten werden. Werden diese überschritten, soll auch wie beim Neubau immer der neueste Stand der lärm- und erschütterungsarmen Gleistechnik eingesetzt werden. Dadurch werden wir die Straßenbahnen im heutigen Bestandsnetz schrittweise genauso leise hinbekommen wie bei modernen Neubaustrecken. Das hilft zum einen, den Zielwert der Lärmminderung einzuhalten und damit die Gesundheitsrisiken der Anwohnerinnen und Anwohner zu verringern. Andererseits stärken wir dadurch die Akzeptanz für dieses Verkehrsmittel Straßenbahn insgesamt, was uns bei unseren aktuellen Ausbaumaßnahmen des Straßenbahnnetzes nutzen wird, denn wir wollen nicht bei den aktuell zehn Ausbaustrecken, die sich in Planung befinden, stehen bleiben – nein, wir wollen langfristig überall dort, wo Buslinien überlastet sind und in Gebieten, in denen die Stadt verdichtet wird und straßenbahnwürdige Verkehrsnachfrage besteht, die Straßenbahn als leistungsfähiges, schnelles und eben auch leises Verkehrsmittel einsetzen. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung für die beiden Anträge. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Friederici. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eine Freude, ich nehme es dankbar entgegen, lieber Herr Moritz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, nun einmal auch direkt auf Sie entgegnen zu können.

(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)

Ich sehe in die dankbaren Augen des Abgeordneten Schopf von der SPD-Fraktion, der hier einmal nicht als erster den Ausputzer für Ihre komischen verkehrspolitischen Anträge machen muss.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Kurz und schmerzlos!]

Herr Moritz! Sie hören es vielleicht nicht gerne und auch Ihre Fraktion nicht, denn ich weiß, in der Koalition wird das vielleicht schon etwas anders gesehen, aber damit muss ich leider anfangen: Wir leben in einer wachsenden Stadt, wir leben in einer wachsenden Zeit in Berlin und trotz dieser rot-rot-grünen Verhinderungen und Umerziehung, die Sie in dieser Stadt vorhaben, wachsen die Bevölkerung, die Arbeitskraft und der Wohlstand. Wir werden vielleicht am 31. Oktober 2020 einen neuen Großflughafen eröffnen – na ja, so groß wird er nicht, er wird eher ein mittelgroßer Flughafen. Sie schließen Tegel, das wollten sie auch.

[Harald Moritz (GRÜNE): Genau! Lärmminderung!]

Die Menschen fahren hier morgens entweder auf kaputten oder maroden Straßen, schlaglochübersäten Straßen, übrigens auch Radspuren, denen die Farbe verloren geht, weil Sie komischerweise die falsche Farbe genommen haben. Die Menschen laufen auf Gehwegen, die kaputt sind. Sie laufen an abgesägten Bäumen vorbei, die nicht stehen, und irgendwie sieht das manchmal in der Stadt schlimm aus. Sie laufen durch die Straßen, wo überall EScooter herumstehen, Elektrobikes, die nicht genutzt werden, aber irgendwo auf dem Gehweg stehen. Alles steht herum, alles ist chaotisch. Wenn sie dann in die UBahn einsteigen, in den Bus, in die Straßenbahn, in die SBahn, stellen sie fest, diese Verkehrsmittel sind voll. Das liegt vor allen Dingen auch daran, dass wir in Berlin einfach zu wenige Fahrzeuge haben. BVG und S-Bahn tun alles: Sie stellen Personal ein, in den Werkstätten, für die Fahrzeuge, um diese Zustände zu beheben. Sie haben sich aber fast drei Jahre Zeit gelassen, das zweite und dritte Teilnetz der Berliner S-Bahn für mehr Fahrzeuge auszuschreiben. Bei der U-Bahn ist es ähnlich: Die BVG steht völlig allein da, weil sie von Firmen beklagt wird, weil sie sich für ein anderes Modell für die neue U-BahnFlotte ausgesprochen hat und dieses nehmen möchte, aber dem Senat ist das egal.

Sie lehnen Geld des Bundes ab – 400 Millionen Euro – für den Weiterbau der A 100. Sie boykottieren und demontieren jegliche Maßnahme, die TVO in Berlin und damit endlich diese Radialstraße weiterzubauen.

[Harald Moritz (GRÜNE): Das ist übrigens eine Tangentialstraße!]

Sie haben Glück, dass das Wetter momentan so gut ist und der ein oder andere immer noch Fahrrad fährt. Berlin ist zwar im Sommer eine Fahrradstadt, im Winter eher nicht. Eine gesamtheitliche Verkehrspolitik setzt überall an und baut alle Verkehrsmittel aus in dieser wachsenden Stadt. In dem Moment dieser wachsenden Stadt, den ich Ihnen skizziert habe – wie der Verkehr in Berlin läuft, der

öffentliche Nahverkehr, der private Verkehr und vielleicht, ich will es nicht hoffen, wir erleben hoffentlich kein Desaster im Luftverkehr –, kommt die Koalition mit zwei Anträgen an, dass sie künftig nicht mehr möchte – und vor allen Dingen die Grünen nicht, denn es ist ihr Antrag –, dass die Schienen quietschen bei der Straßenbahn.

[Heiterkeit bei der CDU]

Und Sie wollen, dass bei der Straßenbahn leise Gleise eingebaut werden. Die Geister, die Sie gerade bei Ihren Wählern riefen, denen Sie ursprünglich erklärten, wie viele Straßenbahnen Sie bauen wollen, werden Sie nun nicht mehr los. – Ich habe eben übrigens ganz vergessen zu erwähnen: Sie haben noch keinen einzigen Kilometer Straßenbahn eröffnet, keinen Bustakt verdichtet und seit drei Jahren keine neue Buslinie eingerichtet. – Und in dem Moment kommen Sie mit dem Schmieren von Schienen und dem Einbau leiser Gleise. Das ist die verkehrspolitische Kompetenz dieser rot-rot-grünen Koalition. Ich kann Ihnen sagen: Wenn Sie diese Probleme als große Probleme in der Verkehrspolitik erkennen, dann weiß ich, dass Sie nicht verstanden haben, wie man eine Metropole mit 4 Millionen Menschen und einem Verflechtungsraum von einer weiteren Million Menschen regieren kann. Das ist hier eine der größten Städte der Welt, und Sie kümmern sich um leise Schienen und Gleise. Das ist zwar wichtig, aber wenn Sie Ihren Wählern und den Menschen, die sie unterstützen, immer wieder erklären, wie toll Straßenbahnen sind, dann müssen Sie denen auch erklären, dass die laut sind und ein bisschen Lärm machen.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas ins Stammbuch dieser Koalition, vor allem den Grünen: Frau Kittler, seien Sie ruhig. Sie sind eine der passioniertesten Autofahrerinnen Ihrer Fraktion.

[Heiterkeit bei der CDU, der AfD und der FDP]

Sie reden besser nicht über den öffentlichen Nahverkehr.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und von Andreas Wild (fraktionslos)]

Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Sie können Straßenbahnen haben, auch wenn Sie das Ihren Wählern anders versprochen haben, auch leise Gleise. Aber kümmern Sie sich um die wahren Notstände von BVG, S-Bahn und Deutscher Bahn. Kümmern Sie sich um die Dauerbaustellen. Kümmern Sie sich darum, dass der Flughafen fertig wird. Kümmern Sie sich darum, dass die VLB endlich ordentliche Arbeit leistet und dass wir keine Staus in dieser Stadt haben. Das sind die wesentlichen Themen der Verkehrspolitik und nicht, ob eine Straßenbahn leise oder laut ist.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Die wird leiser, und die BVG weiß das. Sie brauchen es ihr nicht zu erklären. Neue Gleise werden grundsätzlich

leiser gebaut. Überlegen Sie sich mal, wie Sie in den nächsten zwei Jahren hier Verkehrspolitik bestreiten! Sie haben in dieser Legislaturperiode noch nicht einen Kilometer Busspur mehr geschafft. Und Sie kommen mit leisen Gleisen und dem Schmieren von Schienen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Für die Fraktion der SPD hat das Wort der Abgeordnete Schopf.

Wo ist eigentlich Frau Kittler?

[Frank-Christian Hansel (AfD): Weggefahren mit dem Auto!]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Oliver Friederici! Bei aller Wertschätzung, bei allem Respekt, das war jetzt eben kein glanzvoller Auftritt.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Doch, wunderbar!]

Ihr Redebeitrag war weder dem Thema angemessen noch der Sache dienlich. Wenn Ihnen der Gesundheitsschutz der Berlinerinnen und Berliner am Arsch vorbeigeht – bitte schön! Das ist dann Ihre Entscheidung. Das haben Sie dann gegenüber Ihren Wählerinnen und Wählern zu verantworten.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das ist doch albern!]

Gleichzeitig bin ich der Meinung, konterkarieren Sie eigentlich Ihre Arbeit und die Ihrer Fraktion in der vorherigen Legislaturperiode. Wir haben einen Lärmaktionsplan 2013 bis 2018. Der trägt unter anderem auch die Handschrift Ihrer Fraktion, und dass jetzt ins Lächerliche zu ziehen, ist blamabel. Das ist ein Skandal. Das will ich Ihnen an dieser Stelle einmal so sagen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Zurück zum Thema: Mit unseren beiden Anträgen, die wir bereits im August hier auf der Tagesordnung hatten, wollen wir langfristig auf eine deutliche Lärmminderung beim Betrieb der Straßenbahn hinwirken. Ziel ist es, das sogenannte Kurvenquietschen zu verhindern und die Gleise möglichst leise zu gestalten. Dass Straßenbahnen, aber auch S- oder U-Bahnen unangenehme Geräusche erzeugen, ist ein altbekanntes Problem, rollen die Fahrzeuge doch auf Stahlrädern über gleichfalls stählerne Schienen. Vor allem in Kurven kommt es zu diesen charakteristischen Geräuschen, die immer dann entstehen, wenn Metall über Metall schleift.

[Georg Pazderski (AfD): Der denkt ja genauso kleinteilig!]

Eine geeignete Möglichkeit, um diese Geräusche zu verhindern, sehen wir daher in der Ausstattung aller Straßenbahnfahrzeuge mit Anlagen zur Laufflächenkonditionierung. Mit einem Sensor versehen erkennt dieses System, wenn der Zug in eine Kurve fährt. Dann wird automatisch ein spezielles Schmiermittel auf die Radlaufflächen gesprüht, von dort wird es auf die Schiene übertragen, und somit entsteht eine Schutzschicht zwischen Rad und Schiene. Fahrzeuge, das ist unser Ziel, sollen bereits ab Werk mit der Laufflächenkonditionierung ausgestattet und die vorhandenen Fahrzeuge – bis auf die Tatras – nachgerüstet werden. Ziel ist, dass die Wirksamkeit der Laufflächenkonditionierung über das gesamte Straßenbahnnetz und die gesamte Betriebszeit anhält.

Zudem sollen bei den Straßenbahnneubaustrecken und Gleissanierungen insbesondere in Wohngebieten nur noch besonders lärm- und erschütterungsarme Gleise nach dem neuesten Stand der Technik verbaut werden. In Streckenbereichen, in denen Dezibelzielwerte überschritten werden, sollen außerdem entsprechende schwingungs- und schalltechnische Gutachten erstellt werden. Bereits der Lärmaktionsplan 2008 enthielt für zwölf Straßenbahnabschnitte konkrete Empfehlungen zu Lärmminderung, von denen inzwischen einige realisiert wurden. Im Lärmaktionsplan kann man unter anderem auch nachlesen, welche Straßenbahnstrecken bereits mit dieser Gleisbauform ausgestattet wurden. Die übrigen Umsetzungen sollen bis 2022 erfolgen. Darüber hinaus enthält auch der aktuelle Nahverkehrsplan Maßnahmen zu Lärmminderung bei der Neubeschaffung und der Modernisierung von Straßenbahnen sowie zur Lärmminderung in der Infrastruktur.

Kollege Friederici! Gesundheitsgefährdende Lärmemissionen im Tagesmittel und in den Nachtstunden betreffen eine Vielzahl von Berlinerinnen und Berlinern, beispielsweise auch bei mir im Wahlkreis in PankowWeißensee. Sicherlich kennen auch Sie, Herr Kollege, vergleichbare Beispiele aus anderen Berliner Bezirken. Aber sagen Sie den Bürgerinnen und Bürgern gerne vor Ort, dass Sie den Lärmschutz nicht als stetiges Thema erkennen. Wir werden jedenfalls als Koalition beim Thema Lärmschutz nicht nachlassen. Meine Schriftlichen Anfragen dazu haben unter anderem auch ergeben, dass zu diesem Thema noch viel Luft nach oben ist. Von daher: Lassen Sie uns hier gemeinsam tätig werden. Stimmen Sie dem Antrag der Koalition zu. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Schopf! Ich verweise auf Ihre Wortwahl zu Beginn der Rede und bitte Sie, das künftig zu unterlassen. – Für die AfD-Fraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Lindemann.

(Oliver Friederici)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kollegen! Liebe Berliner! Heute beschäftigen wir uns zum wiederholten Mal mit der Straßenbahnnostalgie dieses rot-rot-grünen Senates. Anstatt zukunftsfähige Lösungen für Berlin und die Berliner voranzubringen, flickschustert dieser Senat wie bei so vielen Dingen auch im ÖPNV nur herum. Jetzt sollen die Straßenbahnen, ein Relikt aus dem 19. Jahrhundert, leiser gemacht werden. Die engen, vollen Straßen in der Berliner Innenstadt sind aber gar nicht für den Bau weiterer Straßenbahnen geeignet.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Hier brauchen wir den konsequenten Ausbau der U- und S-Bahn für Berlin.

Herr Schopf von der SPD! Sie hatten ja bei den Haushaltsberatungen bereits einen kleinen Lichtblick beim Thema U-Bahnausbau vorgetragen. Vielleicht schließt sich ja der Rest Ihrer Koalition irgendwann noch einmal an und kriegt auch noch einen Lichtblick.

Im Osten Berlins, an den Stadträndern sind die Straßenbahngleise überwiegend in ausreichendem Abstand zur Wohnbebauung. Hier am Stadtrand ist die Straßenbahn auf eigener Trasse als Zubringer zur U- und S-Bahn durchaus noch eine sinnvolle Ergänzung. Im Übrigen sind moderne Fahrzeuge bereits sehr leise, und nicht hörbare Straßenbahn stellen insbesondere für Fußgänger in der Innenstadt eine massive Gefahr dar.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Stimmt!]

Eine Straßenbahn, die nicht mehr hörbar ist, wird nämlich oftmals nicht mehr wahrgenommen, was zu noch mehr Unfällen führen kann.