wollen wir Standardleistungsverzeichnisse einführen. Natürlich wollen wir, dass wir endlich einmal zu Vereinfachungen kommen im Land Berlin. Wenn ein Handwerker sich in Steglitz und in Kreuzberg und in Reinickendorf bewirbt, dann wird dreimal dieser Lieferant im Lieferantenverzeichnis angelegt. Wenn er eine neue Kontoverbindung hat, muss er sie bei jedem Bezirksamt einzeln anmelden, und jeder Bezirk muss es einzeln eintragen, weil wir nicht einmal ein einheitliches Lieferantenstammdatenverzeichnis haben. Nicht einmal das schaffen wir. Wir haben vieles zu bewegen. Wir wollen gerne auch ein Unternehmer- und Lieferantenverzeichnis mit dem Korruptionsregister automatisiert abfragen und koordinieren. Die ILO Kernarbeitsnormen und der Umweltschutz sind ausreichend innerhalb der bundesgesetzlichen Regelung vorgesehen.
Wir haben eine Fülle an umweltpolitischen, sozialen und entwicklungspolitischen Zielen. Lassen Sie uns alle an der administrativen Verschlankung arbeiten, um den Einkäufern Zeit zu geben, sich mit der eigentlich wertschöpfenden Tätigkeit zu beschäftigen. Wir brauchen kein Mehr an Berichten, kein Mehr an Anforderungen, kein Mehr an Administration. Wir brauchen eine Entlastung der Einkäufer, ein Weniger an Administration, an pseudointellektueller Berichtsflut und Zusatzanforderungen, wie sie von Rot-Rot-Grün vorgesehen sind. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. – Vielen herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei Ihrer Rede, Herr Schultze-Berndt, habe ich mich gefragt, was Sie vorhin eingeworfen haben. Aber trotzdem: War gut!
Die FDP poliert mit diesem Antrag ihren Ruf als Partei der sozialen Kälte auf. So etwas hat sich noch nicht einmal die CDU in der Vorgängerkoalition getraut, weil da das Gesetz fortgeführt wurde. Die FDP möchte nichts weniger, als dass das Land Berlin seine eigenen Bemühungen aufgeben soll, mit seinen Aufträgen ein Volumen von rund 5 bis 6 Milliarden Euro im Jahr den eigenen politischen Leitlinien zu folgen. Diese Koalition will gute Arbeit in Berlin stärken, und das ist auch dringend notwendig. Warum sollten wir uns davon abbringen lassen.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung stellt aber gleichzeitig fest, dass die Einkommensschere zwischen niedrigen und hohen Einkommensgruppen weiter auseinandergeht. Aufgepasst, Herr Förster! Das ist die Erklärung, warum es im Durchschnitt nach oben gehen kann und trotzdem ein ganzer Haufen Leute nichts davon hat, wenn der Durchschnitt nach oben geht. Die Kuh war auch tot in der Mitte des Flusses, obwohl er im Durchschnitt nur einen Meter tief war. Nicht einmal 50 Prozent der Beschäftigten arbeiten in tarifgebundenen Unternehmen. So differenzieren sich auch die Lohnsteigerungen, weil diese stärker in solchen Betrieben bei den Beschäftigten ankommen, wo Tarife gelten. Wir haben einen hohen Befristungsanteil mit 13 Prozent, währen der Bund 8 Prozent hat. 11 Prozent Soloselbstständige, bundesweit 6 Prozent, meist auch mit niedrigen Einkommen z. B. als Paketbote, oder 8 000 Soloselbstständige auf dem Bau. Das Schlimme an Ihrem Vorstoß ist, liebe FDP, auf Bundesebene polemisieren Sie am heftigsten gegen Schutzrechte für Lohnabhängige. Bei jeder Flexibilisierung des Arbeitsmarkts sind sie vorne mit dabei und sorgen damit dafür, dass in den letzten Jahrzehnten über Bundesgesetze der Bereich des Niedriglohns und prekäre Arbeitsverhältnisse weiter ausgedehnt wurde.
Da ich ein großer Anhänger der Versprechungen der sozialen Marktwirtschaft bin, also des Vorreiters Erhard, Wohlstand für alle, bin ich dafür, dass wir in Berlin dafür Instrumente schaffen, und das ist unter anderem das Ausschreibungs- und Vergabegesetz.
Sie zündeln am sozialen Frieden, wenn Sie sich gegen Mietregulierungen in Berlin einsetzen und gleichzeitig fordern, dass Berlin bei seinen Beschaffungen, also mit Steuergeldern, sich daran beteiligen soll, von Lohndumping und schlechten Arbeitsbedingungen zu profitieren. Wie widersprüchlich wäre das, wenn wir in Sonntagsreden vor uns hertragen würden, dass wir als Koalition für auskömmliche Einkommen, sichere sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, für den Ausbau von qualifizierter betrieblicher Ausbildung und für Frauenförderung eintreten und weitere andere Ziele, die bereits von Herrn Schultze-Berndt genannt wurden, und das dann nicht in unseren eigenen Aufträgen als Anreize an die Wirtschaft weitergeben, uns dabei zu unterstützen, diese Ziele zu erreichen?
Wie verlogen wäre das im Grunde? Deshalb werden wir das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz nicht aufgeben für völlig unzureichende bundesgesetzliche Regelungen. Der Mindestlohn 2019 9,19 Euro die Stunde, 2020 9,35 Euro, ist weit weg von auskömmlicher eigener Lebensführung und schützt nicht vor Altersarmut. Deswegen müssen ja so viele Leute noch aufstocken. Wir
werden ihn, im Gegenteil, mit der Novelle des Vergabemindestlohns 2020 auf 12,50 Euro, was etwa der niedrigsten Tarifstufe im öffentlichen Dienst entspricht, anheben und dabei in guter Gesellschaft sein. Schauen Sie doch einmal, Herr Schultze-Berndt, in den Koalitionsvertrag von Brandenburg. Als Ziel sind da 13 Euro Vergabemindestlohn festgeschrieben. Da werden wir wahrscheinlich in etwa auch hinkommen, weil es nicht gleich im nächsten Jahre erfolgen wird.
Orientieren Sie sich doch an Ihren Brandenburger Kollegen, die das gerade erst unterschrieben haben. Da geht es überhaupt nicht um Beseitigung deren Gesetzes. Wir werden eine erweiterte Tariftreueregelung einführen, und wir werden mit der elektronischen Vergabe, Zentralisierung der Vergaben und vereinfachten Angebotsabgaben, da nur erfolgreiche Bieter dann Nachweise liefern müssen, ein schlankeres und starkes sozialökologisches Ziel verfolgen und das Vergaberecht reformieren und auch für eine bessere Kontrolle sorgen, denn es soll immer noch Aufträge geben wie kürzlich erst in Reinickendorf, wo nicht nach den Anforderungen gearbeitet wurde. Ich hoffe, dass die Opposition trotzdem mitwirkt an einem guten Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz. Es wird dann auch wieder eine längere Debatte in Ausschüssen usw. erfolgen. – Danke!
Die Fraktion der FDP hat eine Zwischenmeldung angemeldet. – Herr Swyter, Sie haben das Wort! – Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Eigentlich wäre die Zwischenbemerkung gar nicht nötig, wenn Herr Gindra meine Frage zugelassen hätte. Jetzt muss ich sie halt auf diesem Wege loswerden und kann dabei gleichzeitig auch erst einmal sagen, dass das natürlich grober Unfug ist, dass wir Arbeitnehmerrechte schleifen oder eine Partei der sozialen Kälte sind.
Das Gegenteil ist richtig. All die Prozesse, die wir mit der Abschaffung des Vergaberechts beschleunigen, kommen jedem hier zugute, der auf Schulen wartet, auf Kitas wartet, auf Sportplätze oder Spielstätten wartet.
Da sind die Profiteure hier, und das ist auch eine soziale Frage, wenn dieser Staat schneller handlungsfähig ist. Das ist offenbar noch nicht bei Ihnen angekommen.
Zweite Bemerkung, und das ist auch meine Frage: Sie glauben – ich habe das schon einmal gesagt –, mit dem Vergaberecht die Welt retten zu können.
Herr Albers! Ich habe Sie doch gar nicht gefragt. Wenn Sie Unfug erzählen wollen, dann müssen Sie das lauter erzählen, sonst verstehe ich Sie doch gar nicht.
Jetzt möchte ich erst einmal nur Herrn Gindra fragen. Herr Gindra! Wo hat das Vergaberecht, wir haben es jetzt seit 2010, die Situation für Frauen oder beim Mindestlohn verbessert? – Da hat es nichts verbessert,
sondern da werden die entscheidenden Weichen bei Tarifverträgen gestellt und auch sogar beim gesetzlichen Mindestlohn, den Sie zu niedrig finden. Anmaßend ist natürlich, dass allein immer auf der linken Seite geglaubt wird zu wissen, wie hoch der richtige und gerechte Lohn ist. Überlassen Sie es den Tarifvertragsparteien. Der gesetzliche Mindestlohn ist ein Ausfluss der Verhandlungen der Tarifvertragsparteien. Nehmen Sie das zur Kenntnis. Meine Frage, wie gesagt, bleibt, und jetzt freue ich mich auf die Erwiderung, wenn Sie mir einmal belegen könnten, in welcher Weise dieses Vergaberecht nicht nur Prozesse verzögert, sondern den Leuten tatsächlich geholfen hat, die Sie adressiert haben.
Danke, Frau Präsidentin! – Herr Swyter! Ich helfe Ihnen gerne. Sie fordern, so verstehe ich Ihre Aufforderung, dass wir Steuergelder ausgeben, um günstige Angebote zu bekommen.
Wir sagen, ja, wir wollen die günstigsten Angebote zu bestimmten Qualitäten, die auch die Erstellung betreffen, wie diese Leistungen erbracht werden.
Wir können doch nicht sonntags das reden und montags das günstigste Angebot auf Lohndumping oder sonstigen Bedingungen entgegennehmen. Was verlangen Sie denn von uns?
[Bernd Schlömer (FDP): Wirtschaftliche! – Christian Gräff (CDU): Steht in der Landeshaushaltsordnung!]
Bei dem, was Sie jetzt sagen von der durch dieses Vergabegesetz notleidenden Wirtschaft und dass wir keine Angebote bekommen, müssen Sie sich entscheiden, wie Sie argumentieren. Sie malen die größte Panik an die Wand, dass alle Mittelständler im Bau pleitegehen durch den Mietspiegel und die Stornierung von Aufträgen, und gleichzeitig sagen Sie, die kommen aber überhaupt nicht auf die Idee, irgendwelche Angebote für den Staat abzugeben.