Protocol of the Session on September 12, 2019

Der Senat möchte den ersten Teil der Siemensbahn, also nur den ersten Teil bis Gartenfeld, 2025 in Betrieb nehmen; die Deutsche Bahn hat das schon sehr ambitioniert genannt. Nur mal zum Vergleich: Die Original-Siemensbahn wurde innerhalb von zwei Jahren gebaut. Also etwas mehr Ambitionen kann man sich bei diesem wichtigen Infrastrukturprojekt schon wünschen. Genau diese Ambitionen wünsche ich mir vom Senat, die wünsche ich mir auch von der Deutschen Bahn. Und deshalb werden wir an dem Thema Siemensbahn auch weiterhin dranbleiben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Oliver Friederici (CDU)]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Buchholz das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! – Herr Kollege Schmidt! Dies dürfte eine der kuriosesten Rederunden überhaupt sein.

[Harald Moritz (GRÜNE): Ja!]

Ich kann mich nicht entsinnen, dass zu einem Antrag, von dem alle Fraktionen erklärt haben, dass er erledigt ist, noch eine Rederunde im Parlament stattgefunden hätte. Das ist mal ganz etwas Besonderes, wahrscheinlich als belebendes Instrument der FDP gedacht. Dafür erst einmal vielen Dank – das ist jedenfalls sehr kurios!

Ich möchte das gar nicht weiter kommentieren; ich komme jetzt trotzdem zum Inhalt. Man muss auch mal einen Lob aussprechen, wenn es Herrn Schmidt und der FDPFraktion gebührt: Sie haben sich sehr früh – das muss man wirklich mal positiv herausstellen – mit einem Antrag 2017 bemüht, darauf hinzuweisen, dass wir Konzepte für die Wiederbelebung der Siemensbahn brauchen, für die Siemens-S-Bahn als Verbindung, die nicht bloß für das jetzt in Rede stehende Großprojekt Siemens-Campus extrem wichtig ist, sondern, genau wie Herr Schmidt gesagt hat, immens wichtig ist, weil wir über neue Stadtentwicklungsgebiete reden.

Wir reden über die Insel Gartenfeld mit 3 700 neuen Wohnungen. Wir reden über die Wasserstadt Spandau mit mindestens 5 000 zusätzlichen Wohnungen, wahrscheinlich in Summe – alles, was dort im Nordwestraum entsteht – 15 000 Wohnungen mit 25 000, 30 000 neuen

(Henner Schmidt)

Einwohnern. Da sollte man spätestens sagen: Ja, wir brauchen eine Reaktivierung einer ehemaligen S-Bahnstrecke in Berlin!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Carsten Schatz (LINKE) und Harald Moritz (GRÜNE)]

Ich habe das auch schon seit vielen Jahren propagiert, von daher unterstütze ich das sehr.

Es sind drei wichtige Stationen, vom S-Bahnhof Jungfernheide bis nach Siemensstadt rein und dann bis an die Grenze zum Stadtteil Haselhorst, und das ist natürlich eine unglaubliche Chance. Übrigens wollte die Deutsche Bahn vor einigen Jahren – das ist jetzt auch schon fast zehn Jahre her – diese Siemensbahn komplett beerdigen, wollte die Planfeststellung aufheben lassen, dass es nämlich keine Bahnverbindung mehr ist. Wir haben damals als Land Berlin vorsorglich gesagt, wir müssen das als Reservefläche vorhalten. Und Herr Schmidt hat zu Recht darauf hingewiesen: Bis vor zwei Jahren haben viele Leute sich alternative Gedanken gemacht, vom Radschnellweg bis hin zu vielen anderen Dingen. Das ist glücklicherweise beendet. Der Senat ist sehr aktiv, an dieser Reaktivierung zu arbeiten.

Der Regierende Bürgermeister hat vor Kurzem eine Vereinbarung mit der Deutschen Bahn unterschrieben, dass 2,3 Millionen Euro sofort für die ersten Voruntersuchungen, für die Vorfinanzierung zur Verfügung stehen. Das ist mehr als notwendig. Denn es bleibt dabei: Wir sollten als Land Berlin tatsächlich schneller werden und besser werden – das sage ich auch als Wahlkreisabgeordneter, der die Gegebenheiten vor Ort sehr lange kennt –, dass wir nicht erst die großen Stadtentwicklungsgebiete planen und dann zum Schluss, wenn die Häuser fast alle fertig geplant sind, fragen: Machen wir es nur als Erschließung Straßenbahn, U-Bahn, S-Bahn? Ich sage immer: Bei so großen Gebieten am besten mindestens zwei davon, auch eine U-Bahn. – Kollege Moritz! Da treffen wir uns vielleicht doch irgendwann wieder.

Hier ist der Wiederaufbau der Siemensbahn mehr als notwendig, und ich kann nur dazu animieren – unabhängig von dem FDP-Antrag, den wir jetzt für erledigt erklären: Lassen Sie uns alle dafür kämpfen, und lassen Sie uns diese Siemensbahn wieder aufbauen! – Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Friederici das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Worten des ehrenwerten Abgeordneten der FDP-Fraktion Henner Schmidt ist wenig hinzuzufügen, nur so viel: Die CDU-Fraktion würde diesen Antrag natürlich unterstützen – ich weiß gar nicht, ob er überhaupt noch zur Abstimmung steht, denn Sie hatten ja erklärt, er sei erledigt.

Der inhaltliche Konsens ist hier hundertprozentig. Auch wir wünschen uns eher die maximale Trasse, das heißt, eine deutliche Verlängerung, und am liebsten auch in der östlichen Verlängerung die Führung der Trasse der S-Bahn bis zum Hauptbahnhof. Denn es bringt nichts, den Campus von Siemens, das Unternehmen Siemens anzubinden, und die Leute müssen dann irgendwo wieder umsteigen. Siemens ist, wenn nicht der größte, so mindestens der zweit- oder drittgrößte Arbeitgeber in Berlin, mindestens jedoch der größte Industriearbeitgeber in Berlin: Siemens braucht diesen Anschluss. Spandau braucht diesen Anschluss, und deswegen sagt die CDUFraktion auch Ja zu diesem Antrag.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Paul Fresdorf (FDP)]

Ich möchte – nach den Worten von Daniel Buchholz aus der SPD-Fraktion – Sie als Sozialdemokraten an ihren Taten messen. Sie haben jetzt noch zwei Jahre Zeit, sollte diese Koalition bestehen bleiben, bis zum Jahr 2021 die notwendigen planerischen Voraussetzungen zu schaffen, damit im Jahr 2021 mit den ersten Bauvorbereitungen begonnen werden kann. Sie haben das ambitionierte Ziel ausgerufen, im Jahr 2025 den ersten Bauabschnitt der Siemensbahn fertigzustellen. Wir erhoffen dies auch, glauben aber bei den bisherigen Erfahrungen, die wir mit der Planungsbehörde dieses Senats haben, nicht, dass das Realität werden wir.

[Harald Moritz (GRÜNE): Erst mal ein Bundesamt!]

Wir hoffen dies sehr, und da Herr Moritz schon wieder dazwischenruft, ist das auch jetzt die Frage an den nächsten Redner – ich glaube, es ist sogar Herr Moritz: Werden Sie von diesem Tisch aus garantieren können, dass 2025, am besten im Frühjahr, die erste Bahn fährt, oder nicht? Was sind Ihre Schritte bis dahin? Sie als Grüne stellen die Verkehrssenatorin. Ich gehe davon aus, dass Sie jetzt diesen klaren Fragen glasklar beantworten können. Und dann freuen wir uns hoffentlich gemeinsam – zumindest CDU- und FDP-Fraktion, und ich hörte, auch die Sozialdemokraten sind dafür –, dass diese Siemensbahn allerspätestens im Jahre 2025 fährt. – Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank! – Allerdings hat jetzt der Kollege Ronneburg von der Linken zunächst das Wort. – Bitte schön!

(Daniel Buchholz)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frage richtet sich an Herrn Moritz, der muss das Fertigstellungsdatum dann nachher liefern.

[Harald Moritz (GRÜNE): Macht er!]

Entschuldigung! – Ich werde noch mal allgemeiner etwas zu der Siemensbahn sagen.

Wir beschäftigen uns heute in der Plenarsitzung – das wurde bereits eingangs erwähnt – interessanterweise mit einem Antrag, der von der einreichenden Fraktion, der FDP-Fraktion, im Einvernehmen mit den anderen Fraktionen im Fachausschuss bereits für erledigt erklärt wurde. Warum wurde er für erledigt erklärt? – Es geht um die Siemensbahn. Die FDP und Herr Schmidt hatten dazu im Mai 2017 einen Antrag eingebracht, der vorsieht, ein Konzept und einen Zeitplan für die Reaktivierung der Siemensbahn zu erarbeiten. Die Welt hat sich seitdem weitergedreht. Wir hatten im Juni die Debatte im Fachausschuss darüber, also in einer Zeit, in der wir mittendrin in den Vorbereitungen für i2030 waren, als auch die Untersuchungen für die Trassenkorridore stattfanden. Die Linksfraktion, auch die Koalition, hatte seinerzeit mitgeteilt, dass wir der Idee einer Reaktivierung der Siemensbahn sehr positiv gegenüberstehen. Im März 2018 verkündeten dann Berlin und Brandenburg gemeinsam mit dem VBB und der Deutschen Bahn die jeweiligen Korridore für i2030. Damals war die Siemensbahn leider noch nicht dabei.

Bekanntlich kam erst richtig Schwung in die Sache, als klar wurde, dass Siemens 600 Millionen Euro in einen neuen Campus stecken wird. Im Sommer haben dann Bahn und Senat einen Vertrag unterschrieben – das wurde erwähnt –, um das Projekt planerisch voranzutreiben. 2,3 Millionen Euro stellt das Land Berlin für erste Planungen zur Verfügung. Die Machbarkeitsstudie der Deutschen Bahn läuft, und sie wird dann vermutlich auch in einigen Monaten vorliegen, denn es müssen wichtige Fragen im Rahmen der Reaktivierung der Strecke diskutiert, geprüft und beantwortet werden. Das ist – das wurde eingangs erwähnt – heutzutage etwas anderes als zu früheren Zeiten. Das Planwesen hat sich nicht unwesentlich verändert, Herr Schmidt.

Die Anbindung an den Bahnhof Jungfernheide muss geklärt werden, auch der Umgang mit dem Viadukt, der Trassenaufbau, die Verlegung der Gleise, die Reaktivierung von Bahnhöfen und natürlich auch die Frage der Verlängerung über Gartenfeld hinaus. Aus unserer Sicht ist eine Verlängerung der Siemensbahn bis zur Wasserstadt absolut notwendig. Die Wohnungsneubauzahlen sind bereits in der Debatte genannt worden. Es ist wirklich gewaltig, was in Spandau passiert, was dort auch an Planungen läuft. Da muss die Verkehrsinfrastruktur natürlich mitgedacht werden, sie muss mitwachsen. Wir

sind jetzt schon sehr spät dran, und viele Verzögerungen können wir uns hier auch nicht leisten.

Generell muss ich kritisch anmerken, dass diese Entscheidung – ich habe es erwähnt – für die Siemensbahn tatsächlich erst getroffen worden ist, als absehbar war, dass ein Großkonzern um die Ecke kommt. Der massive Wohnungsneubau reichte an dieser Stelle vorerst nicht zur Durchsetzung einer Entscheidung für die Reaktivierung der Bahn aus. Insofern können wir über diese Entscheidung natürlich glücklich sein, es verdeutlicht aber auch die Notwendigkeit – auch aus Sicht der Verkehrspolitiker und -politikerinnen in diesem Haus – in dieser Debatte darauf aufmerksam zu machen, dass es eigentlich anders herum sein müsste.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Wenn wir Wohnungsneubau in Größenordnungen in dieser Stadt wollen, dann müssen wir auch so mutig sein und Entscheidungen für die Verkehrserschließung frühzeitig treffen.

Die Debatten über eine ober- oder unterirdische Weiterführung über Gartenfeld hinaus, halte ich für schwierig. Ich finde, die oberste Priorität sollte sein, eine realistische Variante für die Weiterführung zu finden. Einen unterirdischen Bau unter der Insel Gartenfeld halte ich für unrealistisch. Zum einen wären da die immensen Kosten von mindestens 40 Millionen Euro, die stehen ja im Raum und es wird wahrscheinlich noch deutlich mehr werden, und zum anderen wäre es auch zeitlich gesehen ein schwieriges Unterfangen, wenn wir jetzt schon sehen, welche massiven Probleme auftreten können, sollte die Verkehrsinfrastruktur mit den Wohnungsneubauzahlen nicht mitwachsen. Wir müssen also Wege finden, wie wir die Bebauungspläne in Einklang mit einer anwohnerfreundlichen, oberirdischen Führung der Trasse bringen können. Eigentlich zeigt die Diskussion über die Siemensbahn auch den dringenden Handlungsbedarf im Schienenverkehr, den wir nicht erst seit dem heutigen Tag haben. Wir dürfen dabei aber auch nicht die verschiedenen wichtigen Strecken gegeneinander ausspielen. Trotz ihrer Bedeutung darf das Vorantreiben der Siemensbahn nicht zur Vernachlässigung anderer wichtiger Strecken führen, die wir zur Lösung der Pendlerverkehre dringend benötigen, also zum Beispiel die Verbindung nach Falkensee und Nauen, die Stammbahn oder auch die Nahverkehrstangente im Osten Berlins.

i2030 ist erst einmal ein Meilenstein in der länderübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg, aber es braucht eben auch weitere ambitionierte Schritte. 2030 erwarten wir schon 40 Prozent mehr Fahrgäste, auf den pendlerstarken Achsen werden wir in zehn Jahren eine Verdopplung erfahren. Wir müssen also i2030 schlagkräftiger machen, die Projekte konsequent abarbeiten, wir müssen aber auch Prämissen hinterfragen, Lücken identifizieren und diese möglichst schließen. Das

heißt, wir brauchen auch den Fokus darauf, wo wir Verdichtungen kurz- und mittelfristig möglich machen können, ohne dass Infrastruktur ausgebaut werden muss, wir müssen also auch Entscheidungen als Koalition treffen, wo mehr Züge fahren können, wo es die Infrastruktur eben auch noch zulässt. Das werden die nächsten wichtigen Hausaufgaben sein. Ich freue mich auf die weiteren Debatten und natürlich auch auf die weiteren Debatten in diesem Haus zur Siemensbahn. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Daniel Buchholz (SPD) und Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Lindemann das Wort.

[Joschka Langenbrinck (SPD): Das ist ja ein Feuerwerk heute von Ihnen!]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kollegen! Liebe Berliner! Es ist schon ein Kuriosum: Vorige Woche haben wir im Ausschuss gesessen und die antragstellende Fraktion, die FDP, hat selbst zugestimmt und beantragt, dass ihr eigener Antrag für erledigt erklärt wird, weil ausnahmsweise einmal die grüne Verkehrssenatorin gute Arbeit geleistet hat

[Harald Moritz (GRÜNE): Hört, hört!]

und das Projekt schon längst in Gange ist.

[Paul Fresdorf (FDP): Nach unserem Antrag!]

Jetzt frage ich mich: Sie möchten jetzt einen Antrag besprechen, der schon erledigt ist. Das ist für mich ein Zeichen, dass die FDP keine eigenen Ideen mehr hat.

[Henner Schmidt (FDP): Haben Sie die Debatte nicht mitbekommen?]

Ich habe die Debatte mitbekommen. Aber die Siemensbahn ist in Bearbeitung.

Wir als AfD-Fraktion unterstützen den Bau der Siemensbahn auch. Ich will Ihnen jetzt aber einmal kurz erklären, warum wir uns als einzige Fraktion enthalten haben bei der Erledigterklärung dieses Antrags.

[Torsten Schneider (SPD): Genau!]