Protocol of the Session on September 12, 2019

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Das ist Ihr Problem!]

Nein, das ist jetzt unser Vorteil! Das werden Sie merken. – Linke, Grüne haben das unter sich ausgekungelt, weil sie wussten, dass wir das nicht mitmachen, und weil sie zu feige waren, sich mit uns als Spielverderber auseinanderzusetzen.

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Jetzt müssen Sie es aber trotzdem. Sie erhöhen die Diäten, weil Sie aufgrund erwartbar schlechter Wahlergebnisse Abfindungsfälle in Ihren Abgeordnetenreihen bekommen werden, die jetzt noch mal einen kräftigen Schluck aus der Pulle bekommen. Ja, so sorgt man für seine Truppen.

Zweitens: Sie erhöhen die Diäten, um den Mandatsträgern die Möglichkeit zu geben, mehr an ihre jeweiligen Parteien zu spenden und so die massiven Verluste, die Sie bei der staatlichen Wahlkampfkostenerstattung erleiden, ausgleichen zu können. Das ist nämlich auch ein Teil der Wahrheit.

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Stefan Förster (FDP)]

Wir nehmen gar nicht so viel ein, weil wir nicht so viele Großsponsoren haben wie die ganzen linken Truppen hier im Haus.

[Beifall bei der AfD – Zurufe von der SPD, der LINKEN und der FDP]

Sie verweigern sich der parlamentarischen Kontrolle. Ich sage nur, unseren Vorschlag, in dieser Legislaturperiode in einer Enquete-Kommission zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen, haben Sie abgelehnt. Stattdessen haben Sie im stillen Kämmerlein zusammengesessen und diesen Coup ausgehandelt.

[Georg Pazderski (AfD): Für sich selbst ausgehandelt!]

Mit diesem Verfahren zeigen Sie, wie kaltschnäuzig Sie auf die öffentliche Meinung pfeifen,

[Regina Kittler (LINKE): Wer ist denn die öffentliche Meinung? Etwa Sie?]

wie tief Sie der Arroganz der Macht verfallen sind und keinerlei Gespür für das haben, was man Anstand nennt. – Danke sehr! Schämen Sie sich!

[Beifall bei der AfD]

Jetzt hat der Kollege Kohlmeier die Gelegenheit zu einer Zwischenbemerkung. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Rede des Kollegen Hansel möchte ich eine Sache hier ganz klar und deutlich festhalten: Ich bin nicht Ihr Freund, sehr geehrter Herr Kollege Hansel! Ich war nie Ihr Freund. Ich werde auch in Zukunft nicht Ihr Freund sein.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Oh, das war eine starke Bemerkung, ganz toll!]

Und die Bemerkung, weil Sie gerade so rumschreien, Herr Kollege Pazderski, Sie kennen doch von der Bundeswehr, dass Sie auch mal zuhören dürfen, ist mir heute deshalb so wichtig, weil solche widerlichen Typen, solche rechten Typen nicht zu meinen Freunden gehören,

[Georg Pazderski (AfD): Sie Dummschwätzer!]

die sich so verhalten, wie Sie sich heute im Parlament verhalten.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Sie kassieren diese Diätenerhöhung wie alle anderen im Haus ebenfalls.

[Georg Pazderski (AfD): Sie haben Torschlusspanik!]

Und Sie stellen sich hier vorne hin und reden von Kaltschnäuzigkeit. Sie sind bigott. Sie sind widerlich. Und Sie sind tatsächlich diejenigen, die hier dem Parlament schaden. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Sie haben gar keine Freunde!]

Vielen Dank! – Dann hat der Abgeordnete Hansel die Gelegenheit zur Erwiderung.

[Der Abgeordnete imitiert die Stimme von Willy Brandt.]

Liebe Genossinnen und Genossen! Ich muss mal Folgendes sagen:

[Heiterkeit bei der AfD]

Wenn ich mir das als alter Genosse von oben so angucke,

[Zurufe von der LINKEN]

dann muss ich sagen, dieser Tiefpunkt, Genosse Kohlmeier, den du hier in diesem Hause gerade abgelassen hast,

[Heiterkeit und Beifall bei der AfD]

das ist nun wirklich das, wofür ich mich da oben aber ganz doll schämen würde, Genosse!

[Beifall bei der AfD – Zurufe von der LINKEN]

Lieber Herr Hansel! Jetzt reicht es mir. Sie müssen dieses Parlament nicht achten, Sie können es für sich im stillen Kämmerlein gerne missachten. Ihre Kollegen, die nonverbal parlamentarische Äußerungen tun, die nicht hier hingehören, und Sie, die dieses Haus – – Auch dazu fiele mir was ein, was ich an dieser Stelle nicht sagen werde. Entweder Sie mäßigen sich jetzt in Ihrem Verhalten oder wir müssen überlegen, wie wir damit umgehen.

[Beifall bei der SPD, der CDU, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP – Zurufe von der AfD]

Jetzt hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Wesener das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich bedanke mich, Frau Präsidentin, für Ihre letzte Anmerkung! Das macht es mir möglich, zurück zur Sache zu kommen. Die Debatte über eine Reform von Parlamenten und des jeweiligen Parlamentsbetriebes ist so alt wie der Parlamentarismus selbst. Dabei geht es um so zentrale Fragen wie die Repräsentativität und Funktionalität einer Volksvertretung, aber letztlich auch um ihre Rechte, Aufgaben und das eigene Selbstverständnis im Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen und politischer Erwartungen.

Wer das Berliner Abgeordnetenhaus kennt, weiß um die Spezifika der Berliner Diskussionen über die eine große Parlamentsreform. Im Fokus steht seit jeher die Kontroverse darüber, ob eine Millionenmetropole, die Bundesland und Einheitskommune zugleich ist, durch ein Teilzeitparlament angemessen repräsentiert wird. Die einen finden Ja und betonen den Mehrwert für eine demokratische Vertretung, wenn die auch Menschen einschließt, die trotz ihrer Abgeordnetentätigkeit einem ganz normalen Berufsalltag verhaftet bleiben. Die anderen sagen

(Frank-Christian Hansel)

Nein und verweisen darauf, dass Landespolitik kein Nebenjob sein darf, wenn sie ihrer Verantwortung wirklich gerecht werden will. Ob Vorbild oder Lebenslüge, Fakt ist, dass in den vergangenen Jahrzehnten so gut wie nie parlamentarische Mehrheiten in diesem Hause zustande gekommen sind, um an dem Berliner Status quo etwas Grundlegendes zu ändern. Insofern ist die heutige Debatte über die vorliegenden Anträge zwar alles andere als neu in der Sache, aber ein Novum hinsichtlich der realen Chancen auf eine substanzielle Veränderung.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Beifall von Sibylle Meister (FDP)]

Wenn wir Grünen eine Berliner Parlamentsreform, wie wir sie mit den beiden eingereichten Drucksachen vorschlagen, mittragen, dann tun wir das, weil wir damit unserem langjährigen Ziel in der ganzen Debatte einen großen Schritt näherkommen, und zwar der Professionalisierung und Weiterentwicklung des Berliner Abgeordnetenhauses zu einem ganz normalen Landesparlament. Teilzeit-, Vollzeit- oder Hauptzeitparlament, das alles sind keine rechtlich normierten Begriffe. Letztlich ist es eine Frage von Selbstverständnis, Betrieb und Ausstattung eines Parlaments, welcher Kategorie es sich zugehörig fühlt. Wer hier etwas verändern will, muss also zuallererst die konkreten parlamentarischen Abläufe und Arbeitsweisen verändern und mit diesem Arbeitsalltag auch das Selbstbild der Parlamentarier und Parlamentarierinnen.

Für uns Grüne war das Berliner Abgeordnetenhaus schon immer ein Vollzeitparlament, und das nicht nur in der Lebensrealität der Mitglieder meiner Fraktion und der meisten anderen Abgeordneten,

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

sondern auch hinsichtlich unseres Anspruchs an dieses Haus bzw. die Art und Weise, wie es seine parlamentarischen Rechte und Aufgaben wahrnimmt.

[Andreas Wild (fraktionslos): Ihr habt ja auch keinen Beruf!]

Gleichzeitig wissen auch wir, dass man keinem Abgeordneten in der Bundesrepublik berufliche Nebentätigkeiten oder Einkünfte per se untersagen kann. Das kann man bedauern, ich persönlich tue das, ist aber eine Tatsache, wie sich am Deutschen Bundestag zeigt, und das, obwohl es sich beim Bundestag um ein nahezu idealtypisches Vollzeitparlament handelt.

Gleichwohl hat sich in Berlin bislang stets die Frage gestellt, welche der Tätigkeiten, die Mandats- oder die berufliche Tätigkeit, im Mittelpunkt des Arbeitsalltags steht, verbunden mit der Frage, wie effektiv dieses Parlament seine Aufgaben vollumfänglich wahrnimmt oder eben nicht wahrnimmt. Unsere Antwort ist bekannt: Der Berliner Parlamentarismus funktioniert, aber er könnte und müsste besser funktionieren, gerade in einer Stadt,

die in den letzten zehn Jahren um 300 000 Menschen gewachsen ist und weiter wächst.