Protocol of the Session on August 15, 2019

[Beifall bei der CDU]

Damit wird auch deutlich, dass der haushaltspolitische Kurs von Rot-Rot-Grün zunehmend unklarer wird. Sie versuchen alle, sich der gleichen Klientel anzudienen, keiner gönnt dem anderen etwas, und die Rempeleien werden größer. Der Abschied von einer soliden Haushaltspolitik wird damit umso deutlicher. Nehmen wir zum Beispiel das Thema Schuldenbremse: Sie haben sich jetzt zu einer einfachgesetzlichen Regelung durchgerungen. Neun Bundesländer verankern die Schuldenbremse voraussichtlich zumindest in der Verfassung, vielleicht sogar noch mehr,

[Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

und wir glauben, dass das der richtige Weg wäre. Sie wollen das nicht. Bei Ihnen ist sogar unklar, wie weit Sie sich überhaupt an dieses Thema halten wollen. Dabei gilt

beim Thema Schuldenbremse das Gleiche wie beim Thema Umwelt: Wir können nicht zulasten der nachfolgenden Generationen leben. Deswegen ist es richtig, dass wir den Euro nur einmal ausgeben können, und wir bekennen uns ausdrücklich zu einer klaren Regelung. Unsere Forderung ist, das auch in die Landesverfassung zu nehmen.

[Beifall bei der CDU]

Zum Thema Schuldentilgung: Auch hier gibt es offensichtlich unterschiedliche Lesarten in der Koalition. Bisher hat sich im Wesentlichen immer noch die Position des Finanzsenators durchgesetzt. Das ist eine Position, die wir auch schon in der letzten Wahlperiode gemeinsam verabredet haben. Zu der stehen wir weiter. Wir finden es richtig, dass wir versuchen, die Schulden im größtmöglichen Umfang zu tilgen, weil das auch Spielräume schafft. Das ist eben schon angeklungen, aber ich will es noch mal sagen: 2012 hatten wir ein Haushaltsvolumen von 23 Milliarden Euro und haben 2,3 Milliarden Euro Zinsen gezahlt. Da waren also schon mal 10 Prozent weg und man musste sich über die Ausgaben gar keine Gedanken machen. Heute, bei über 30 Milliarden Euro, haben wir noch 1,2 Milliarden Euro. Das heißt, wir haben jedes Jahr 1 Milliarde Euro mehr zur Verfügung, die wir verwenden können. Das ist nicht alles Schuldentilgung, das sind auch niedrige Zinsen, der Senator hat darauf hingewiesen, aber es ist ein Unterschied, ob wir 5 Milliarden Euro Schulden mehr oder weniger haben, und deswegen stehen wir weiter dazu, dass das Thema Schuldentilgung etwas ist, was auch weiterhin hohe Bedeutung in der Haushaltspolitik im Land Berlin haben muss.

[Beifall bei der CDU]

Zum Thema Investitionen: Das ist das Jahrzehnt der Investitionen. Wenn man sich die Investitions- und Finanzplanung anguckt, dann ist das auf jeden Fall zutreffend, jedenfalls, was die Planung anbetrifft. Da ist es in der Tat so, dass wir feststellen müssen, dass ein Großteil der Investitionen nicht abläuft. Sie erhöhen die Haushaltsansätze, aber es bleibt sehr viel übrig. Das können Sie dann zweimal feiern, einmal, weil Sie sagen: Wir haben die Investitionen erhöht – und einmal, weil das nicht ausgegebene Geld hinterher wieder in Ihren Jahresüberschuss fließt und Sie sagen: Sind wir nicht toll? Wir haben einen so hohen Jahresüberschuss. – Beides ist aus unserer Sicht keine gute und seriöse Haushaltspolitik.

Die Probleme, die wir hier haben, das Thema: Wie gehen wir nach wie vor mit Kostenschätzungen um? Wie kalkulieren wir Projekte? Wie gehen wir mit dem Markt um, mit Angeboten? Was machen wir beim Vergaberecht? – Es ist eine merkwürdige Diskussion, dass Sie auf der einen Seite das Vergaberecht immer weiter verschärfen, immer mehr Ballast reinpacken, auf der anderen Seite sich aber wundern, dass Ausgaben nicht abfließen. Auch das ist etwas, was nicht zueinander passt, und Entbürokratisierung, Bürokratisierungsabbau, wäre hier eine richtige Antwort, um die zahlreichen Baumaßnahmen mit

(Sven Heinemann)

auf den Weg zu bringen, übrigens zusammen mit dem Thema Personal.

Auch hier haben wir ein strukturelles Problem. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, zum Ende der Wahlperiode den Schnitt der Landesbesoldung der Bundesländer zu erreichen. Wir halten das für unzureichend.

[Senator Dr. Matthias Kollatz: Tun wir auch!]

Ich bestreite nicht, dass Sie das hinkriegen. Ich bin gespannt auf den Rechenweg, aber irgendetwas werden Sie uns da schon vorlegen.

Nichtsdestotrotz wird die Folge sein, dass Berlin weiterhin weniger bezahlt als der Bund und dass auch Brandenburg sich zum Ziel gesetzt hat, besser als Berlin zu bezahlen. Das heißt, in unserer unmittelbaren Umgebung, in unserer Konkurrenzsituation, bleiben wir weiter dritter Sieger. Wir zahlen schlechter als der Bund und schlechter als Brandenburg. Wie Sie so mehr Personal gewinnen oder Personalabwanderung verhindern wollen, ist aus meiner Sicht ein Rätsel. Der Justizsenator hat heute gerade lautstark in den Medien beklagt, was die Folge davon ist. Wir haben Ihnen schon zum letzten Doppelhaushalt einen Entwurf vorgelegt über die Anpassung der Landesbesoldung in vier Schritten auf Bundesniveau bis zum Ende dieser Wahlperiode. Das haben Sie damals abgelehnt. Wir halten diesen Weg trotzdem für richtig.

Wir finden es übrigens auch richtig, dass die Besoldungsanpassung zeitgleich zur Tarifanhebung bei den Tarifbeschäftigten im Land Berlin stattfindet, also zum Januar und nicht zu einem willkürlich gewählten späteren Zeitpunkt, den Sie hier nennen, weil auch das – da haben die Gewerkschaften völlig recht – dazu führt, dass wir hier eine Benachteiligung des Personals haben.

Beim Thema Umgang mit dem Personal gibt es auch weiche Faktoren, und das will ich an dieser Stelle aber auch einmal sagen: Es kommt darauf an, und da vermissen wir auch entsprechende Maßnahmen, wie man mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgeht – das Thema Qualifikation, Fortbildung und auch ganz einfach mal Wertschätzung. Ich glaube, das tut not, und das kann aus unserer Sicht auch zur Leistungsfähigkeit der Berliner Verwaltung beitragen.

Bei der Liegenschaftspolitik bleiben Sie nach wie vor hinter den Möglichkeiten, die die von uns damals mit umgesetzte neue Liegenschaftspolitik Ihnen gibt. Auch in der Frage, wie wir die Immobilien nutzen, wie wir sie sortieren und wie wir mit spannenden Immobilien interessante Projekte verwirklichen, ist viel zu wenig Ideenreichtum und mehr Behinderung und Bürokratisierung bei Ihnen vorzufinden.

Bei den Finanzämtern – wir haben das auch diskutiert, ich will das noch mal sagen, weil das ein wichtiger Teil ist, wie wir unsere Einnahmen generieren – gibt es unkla

re Vertragslagen in der Zusammenarbeit mit Brandenburg, was die Einrichtung und Ausbildung in Königs Wusterhausen anbetrifft. Die Struktur der Ausbildung ist unklar. Die Fragen, die wir da hatten, sind eigentlich aus unserer Sicht nicht richtig beantwortet. Die Regelungen für die Berliner Auszubildenden in dem Bereich sind eine Benachteiligung gegenüber den Auszubildenden aus den anderen Bundesländern, und am Ende fehlt es auch an den nötigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, weil einfach zu wenig eingestellt werden.

Apropos Einstellungen – eine Randbemerkung: Ich finde es spannend, Herr Finanzsenator, dass wir jetzt in einem Jahr, in dem wir Haushaltsberatungen haben, offensichtlich über mehrere Monate mit nur einem Staatssekretär in Ihrer Verwaltung auskommen. Soll das jetzt ein Vorbild für andere Verwaltungen sein? Ich finde das durchaus interessant.

Ich glaube, was wir haben müssen und wofür die CDUFraktion in dieser Stadt auch steht, ist eine funktionierende Metropole. Wir müssen dafür sorgen, dass Verwaltung wieder funktioniert, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorhanden sind, dass Prozesse so laufen, dass man auch in einer vertretbaren Zeit seine Behördengänge erledigen kann, dass Bildung funktioniert, dass Sicherheit funktioniert, dass Mieten bezahlbar bleiben und dass die Verkehrspolitik funktioniert. Auch hier sind Sie in vielen Bereichen nicht auf der Höhe der Zeit. Bei der Bildung wird alles gratis. Die Qualität wird nicht besser. Ihre verfehlte Flüchtlingspolitik setzen Sie ein, um Schulstandorte wie in Lichterfelde am Osteweg zu verhindern. Beim Wohnungsbau reduzieren Sie die Wohnungsbaupotenziale um 2 500 Wohnungen – gerade tagesaktuell –, geben dafür aber Geld für eine dubiose Ankaufspolitik aus, die wir auch noch im Detail untersuchen werden. Bei der Verkehrspolitik richten Sie Tempo-30-Zonen ein, die die Busbeschleunigung zunichtemachen. Fahrverbote führen zu Umwegen. Park-and-Ride-Parkplätze haben Sie abgelehnt.

[Zuruf von Sven Heinemann (SPD)]

Bei den U-Bahnen haben Sie so viel wie schon lange nicht mehr, aber trotzdem funktionieren auch die neuen Züge nicht. Ein Teil fährt nicht, drei sind schon abgebrannt, und die anderen sind nicht wasserfest. Das ist also Ihre neue Verkehrspolitik, Herr Kollege Heinemann!

[Sven Heinemann (SPD): Die neuen S-Bahnen funktionieren!]

Bei den Radwegen sind 50 Prozent der Gelder im letzten Jahr gar nicht abgeflossen. Da ist was abgeflossen,

[Steffen Zillich (LINKE): Ist nicht wasserfest!]

oder haben Sie im Wesentlichen in nicht wasserfeste grüne Farbe investiert, die bei Regen wegläuft, und ansonsten packen Sie noch Steine daneben, wie in Kreuzberg geschehen.

[Heiterkeit von Burkard Dregger (CDU) – Ah! von den GRÜNEN]

Ich glaube, dass hier diese Verkehrspolitik nicht dazu beiträgt, unsere Stadt wirklich voranzubringen und ein Beispiel für verfehlte Haushaltspolitik ist.

[Beifall bei der CDU]

Auch in der Wissenschaftspolitik haben Sie jetzt noch mal die mahnenden Worte von Prof. Einhäupl gehört: Der Aufwuchs gleicht nur aus, was andere in Deutschland auch ihren Hochschulen und universitären Einrichtungen geben. Wirklich Spitze bleiben wir damit nicht. Wichtige Einrichtungen und Investitionen werden nicht gefördert. Investitionsmaßnahmen im Wissenschaftsbereich werden sogar verschoben in diesem Bundesland. Beim Thema Wirtschaft und Investitionen bleiben Sie mit bürokratischen Hemmnissen hinterher.

[Pfui! von der CDU]

Wir glauben, dass eine funktionierende Metropole der Schlüssel dafür ist, dass diese Stadt weiter wachsen kann. – Ich komme zum letzten Satz, Frau Präsidentin. Wir wollen eine Stadt, die Freiheit lebt, die tolerant ist, in der Menschen sich engagieren können, in der sie ihre Träume verwirklichen können, in der Schwache unterstützt werden und in der es nicht schlimm ist, wenn man schlau ist, und in der man sich Tag und Nacht sicher bewegen kann. Ich glaube, Ihr Haushaltsentwurf hat in allen diesen Punkten schwere Defizite, und das werden wir im Laufe der Haushaltsberatungen auch mit eigenen Vorschlägen herausarbeiten und unterstreichen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Zillich. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Haushalt trägt dem Umstand auch Rechnung, dass die Situation ständig überdurchschnittlich steigender Einnahmen nicht ewig weitergehen kann und auch nicht weitergeht. Trotzdem leistet das dieser Haushalt, und das ist das Wichtigste, dass die Finanzierung der politischen Linie und der Schwerpunktentscheidungen, die diese Koalition getroffen hat, gesichert wird.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Mit falscher Schwerpunktsetzung!]

Das betrifft, erstens, die Investitionsorientierung. Wir fahren die Investitionen weiter hoch. Das bleibt auch für die nächsten Jahre notwendig. Das wird uns über Jahre begleiten, sowohl was den Ausbau der Infrastruktur für die wachsende Stadt als auch was den Abbau des Investitionsstaus betrifft. Die Themen sind hier vor allen Dingen Schulbauprogramm, aber auch Hochschulen, auch Digita

lisierung, auch öffentlicher Personennahverkehr und Krankenhäuser. Die Investitionen steigen weiterhin, und das ist auch dringend nötig.

Zweitens finanziert dieser Haushalt den Personalaufwuchs in der wachsenden Stadt und die Einkommenssteigerung der Beschäftigten, die damit wieder das Niveau der anderen Länder erreichen. Das Versprechen aus der Zeit der Haushaltsnotlage wird damit endlich eingelöst. – Kollege Goiny! Es ist schon bemerkenswert, wenn man einerseits sagt, das reicht uns alles nicht, und mit keinem Wort erwähnt, dass man zu der Zeit, wo man selber Verantwortung getragen hat, um Meilen hinter den eigenen Zielen zurückgeblieben ist.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Wir gehen darüber hinaus, denn es ist schon angesprochen worden, gerade im Bereich Sozial- und Erziehungsberufe realisieren wir dringend notwendige Einkommensverbesserungen, finanzieren sie auch in diesem Haushalt, und wir werden auch das Notwendige tun, um Fachkräfte gewinnen zu können.

Drittens: Die politischen Entscheidungen von R2G für Teilhabe, für Bildung, für den sozialen Zusammenhalt in dieser Stadt werden finanziell abgesichert. Das betrifft sowohl das kostenlose Schülerticket als auch den kostenfreien Hortbesuch, das Mittagessen. Es betrifft aber auch die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes und die Verbesserung von Arbeitsbedingungen von Künstlerinnen und Künstlern, um nur einige zu nennen.

Es ist in der Tat bemerkenswert, dass diese Haushaltsberatungen einhergehen mit einem Nachtragshaushalt, der das laufende Jahr betrifft. Was passiert dem Grunde nach? – Wir schöpfen mit dem Nachtrag erwartete Überschüsse des laufenden Haushaltsjahres ab, übertragen sie in die ausstehenden Haushalte, um dort Investitionen zu finanzieren. Wir halten es für richtig, so zu verfahren, soweit es Investitionen betrifft. Hier ist der Schulbau adressiert. Insofern ist es dem Grunde nach richtig. Meine Fraktion – Sie werden sich erinnern – hat an der einen oder anderen Stelle schon, als wir hohe Haushaltsüberschüsse hatten, darauf gedrängt, Rücklagen für Investitionen zu bilden, Schulden nicht einfach nur zu tilgen, sondern Rücklagen zu bilden. Die Koalition hat sich in hohem Umfang darauf verständigen können. Stichwort Digitalisierung, Stichwort S-Bahn, Stichwort Stadtwerk. Vielleicht wäre manches jetzt noch einfacher, wenn wir noch mutiger von diesen Mitteln Gebrauch gemacht hätten in den vergangenen Jahren.

[Beifall bei der LINKEN]

Natürlich haben wir in diesen Haushaltsberatungen eine ganze Reihe von Problemen noch zu lösen, und das tut diesem Entwurf erst mal keinen Abbruch, sondern liegt in gewisser Weise in der Natur der Sache. Ein Punkt ist vollkommen zu Recht angesprochen, die große Her

(Christian Goiny)

ausforderung: Wie erreichen wir es, dass wir die Investitionen, für die wir uns entscheiden, die wir finanzieren, tatsächlich auch umgesetzt bekommen? – Da gibt es eine ganze Reihe von Herausforderungen und Schwierigkeiten, auf die wir nur begrenzt Einfluss nehmen können. Also die mangelnden Baukapazitäten zum Teil. Das ist natürlich eine Schwierigkeit, wenn die Bauwirtschaft nicht mit der Kapazität mitzieht, die wir brauchen und sie nicht bereitstellt, um Investitionen umzusetzen.