Protocol of the Session on June 6, 2019

Es müssen stattdessen die Planungsprozesse beschleunigt werden. Sie müssen, wenn Sie es nicht mit der Verwaltung hinbekommen, mehr Externe einbinden, um schneller zu werden. Sie müssen sich Kapazitäten in der Bauwirtschaft dauerhaft sichern. Sie müssen Anreize schaffen zum schnellen Bauen. Sie müssen Anreize schaffen, dass rund um die Uhr gebaut wird. Frau Senatorin Günther, sorgen Sie dafür, dass endlich die Voraussetzungen geschaffen werden, dass die dringend notwendigen Projekte schneller gebaut werden. Schaffen Sie endlich die dafür nötigen Strukturen und Prozesse!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Nicht nur beim Straßenbau und den Brücken tut sich zu wenig. Das könnte man ja noch als Ausfluss der ideologischen Autofeindlichkeit des Senats werten, der den Autoverkehr natürlich behindern möchte. Aber auch bei der Schiene, die ihm so am Herzen liegt, passiert nicht genug. i2030, die gemeinsame Planung von Brandenburg und Berlin für neue Schienenstrecken ins Umland, ist eine gute Zielstellung. Aber auch hier wird sie bei Weitem nicht schnell genug umgesetzt. Es ist unklar, was genau wann gebaut wird. Und die rasanten Entwicklungen der Bevölkerung im Umland überholen inzwischen sogar die Planungen. Die Lage wird immer angespannter. Die Menschen ziehen zunehmend ins Umland, vor allem

auch, weil der Senat das Bauen in der Stadt nicht auf die Reihe bekommt. Ja, auch der mangelnde Wohnungsbau ist ein schwerwiegendes Versäumnis dieses Senats.

[Beifall bei der FDP]

Und als Resultat haben wir eine Explosion der Fahrgastzahlen im Umland. Aber selbst die ganz kurzfristig schließbaren Lücken, zum Beispiel die eingleisigen Strecken nach Griebnitzsee, nach Oranienburg, nach Teltow werden nicht geschlossen. Wo bleibt denn dort das zweite Gleis? Frau Günther, warum bestellen Sie nicht endlich das zweite Gleis?

[Paul Fresdorf (FDP): Kann sie nicht beantworten, sie ist nicht da!]

So schnell, wie dort ein Gleis zu legen, kann man doch an keiner anderen Stelle der Stadt den Schienenverkehr verbessern!

[Beifall bei der FDP]

Der Senat hat auch lange U-Bahn-Planungen verzögert, obwohl der Druck immer stärker wird. Sie wollten bisher U-Bahn-Planungen nicht mal beginnen. Aber je dichter die Stadt wird, desto mehr muss die Infrastruktur unter die Erde. Wer eine wachsende Stadt will, in der nicht alles zugebaut wird, in der es noch Freiflächen gibt, Biotope, Sportflächen, in der die Lebensqualität erhalten bleiben soll, der muss unter die Erde gehen, der muss U-Bahnen bauen, der muss Parkplätze in Tiefgaragen verlagern. Denn nur so kann man über der Erde mehr Lebensqualität schaffen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Aber stattdessen verfolgt der Senat unbeirrt seinen Straßenbahnfimmel und baut in der verdichteten Innenstadt eine Infrastruktur auf, mit der die Zukunft dort sicher nicht bewältigt werden kann. Deshalb, Frau Günther, geben Sie sich einen Ruck, denken Sie groß, denken Sie an ein Berlin mit 5 Millionen Einwohnern. Gewähren Sie endlich Denkfreiheit für den U-Bahnbau und bleiben Sie nicht im Klein-Klein Ihres Tram-Geraffels stecken.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Infrastruktur und Verkehr müssen aber auch betrieben werden. Es werden ja jetzt viele S- und U-Bahnwagen angeschafft. Das werden Sie sicherlich auch nachher erwähnen. Das ist klasse so, das ist viel zu lange verzögert worden. Es gibt aber auch einen bedrohlichen Mangel an Straßenbahn-, U-Bahn- und Busfahrern. Es kann doch nicht sein, dass es neue Schienen und Züge gibt, aber keinen, der dann die Züge fährt. Warum macht der Senat seiner eigenen Gesellschaft BVG nicht mehr Druck? Was tut eigentlich Frau Senatorin Pop im Aufsichtsrat der BVG, um mehr Personal zu gewinnen?

Auch mit dem Gezerre um das Modell der S-Bahnvergabe haben Sie den Betrieb gebremst. Weil sich Grüne, SPD und Linke nicht einig sind, werden die Mitarbeiter verunsichert und Lösungen verzögert. Deshalb, Frau Senatorin Pop, Frau Senatorin Günther, denken Sie bei der Infrastruktur nicht nur an Investitionen, denken Sie auch an die Menschen, die unsere Infrastruktur am Laufen halten! Stärken Sie den Personalbestand, stärken Sie die Qualifikation! Wir brauchen die Menschen, die diese Infrastruktur betreiben.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Unsere Stadt muss für die Zukunft entwickelt werden, und die Zukunft ist nun mal digital. Wir Freien Demokraten haben als Digitalpartei diese Sache verinnerlicht. Wir haben aber in Berlin noch nicht einmal LTE und WLAN in der U-Bahn, geschweige denn allgemein zugängliches WLAN im öffentlichen Bereich.

[Oliver Friederici (CDU): Noch nicht mal in der U-Bahn!]

Glasfaser- und Breitbandanschlüsse sind in weiten Bereichen der Stadt immer noch nicht vorhanden. Wir treiben den Aufbau des 5G-Netzes nicht voran, wir brauchen aber z. B. 5G für das autonome Fahren. Jetzt bekommen wir eine klitzekleine Teststrecke für autonomes Fahren. Kein Wunder, wenn es kein ausreichendes 5G-Netz gibt. Wir haben keine Pläne für autonom fahrende U- und SBahnen. Der autonome Kleinbus auf dem EUREFGelände wird daran gehindert, zum Südkreuz zu fahren. Das ist doch wirklich eine Dorfposse, die sich hier abspielt.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Wir haben noch keinen Ausbau von Sensoren in der Straße, die Voraussetzung sind für eine elektronische Verkehrssteuerung. Nein, statt eine elektronische Verkehrssteuerung aufzubauen, wurde viel zu lange organisatorisch an der Verkehrslenkung Berlin herumgebastelt und die eigentliche Aufgabe der Verkehrslenkung vernachlässigt. Frau Günther, treiben Sie auch endlich die Digitalisierung des Verkehrs voran, denn das erhöht die Lebensqualität und entlastet die Umwelt in unserer Stadt!

[Beifall bei der FDP]

Dieser Senat tut nicht genug, um den Verfall der Infrastruktur zu verhindern. Er tut nicht genug, um die Infrastruktur auf das Wachstum der Stadt auszurichten. Er tut nicht genug für eine smarte, digitale Zukunft der Infrastruktur in unserer Stadt. Wir erwarten von Ihnen, meine Damen und Herren Senatorinnen und Senatoren, mehr Mut für große Pläne, mehr Mut für große Würfe. Wir erwarten von Ihnen mehr Energie für eine schnelle und zielgerichtete Umsetzung einer besseren Infrastruktur. Denn nur so kann unsere Stadt zukunftsfähig werden. Nur so kann unsere Stadt für die Bürgerinnen und Bürger optimal funktionieren, und nur so kann unsere Stadt le

benswert bleiben. Packen Sie es doch endlich einfach mal mutiger an! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) und Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Heinemann das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Reden wir heute über Infrastruktur. Berlin verfügt über eine gute Infrastruktur, besonders im ÖPNV.

[Heiko Melzer (CDU): Wo leben Sie denn?]

Wir feiern dieses Jahr 90 Jahre BVG. Wir haben ein sehr gutes S-Bahn-Netz, und – das gestatten Sie mir an dieser Stelle – das ist vor allem auch dem Sozialdemokraten Reuter zu verdanken, der damals, in den Zwanzigerjahren, diese visionären Entscheidungen getroffen hat.

[Beifall bei der SPD– Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der CDU und der FDP – Zurufe von der CDU und der FDP]

Genauso einen Boom wie vor 100 Jahren erleben wir jetzt auch wieder, und deswegen handelt Rot-Rot-Grün.

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Heiko Melzer (CDU): Da muss er selber lachen! Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Wir sind froh, dass wir diesen Boom in der Stadt haben, und handeln auch entsprechend.

Und an die FDP: Wenn Sie hier regiert hätten, das wissen wir ja, wäre die BVG gar nicht mehr in unserem Besitz – da könnten wir gar nicht steuern, die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften auch nicht.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zurufe von der FDP]

Ich erinnere mich auch noch, wie Sie genau die Infrastruktur, über die wir heute reden, auf der Bundesebene mit der CDU zusammengespart haben.

[Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Auch das darf nicht unerwähnt bleiben. Deswegen brauchen Sie sich hier nicht als Retter der Infrastruktur aufspielen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

(Henner Schmidt)

Herr Kollege! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Freymark zulassen. – Grundsätzlich keine?

Grundsätzlich nicht!

[Danny Freymark (CDU): Schade! – Mario Czaja (CDU): Feigling! – Weitere Zurufe von der CDU]

i2030 ist das Ausbauprogramm, das wir für den Regionalverkehr und für den S-Bahnverkehr gestartet haben. Wir bereiten vor, die Strecken Berlin-Spandau-Nauen auszubauen, die Potsdamer Stammbahn zu reaktivieren, den Prignitz-Express, die Nordbahn, die Heidekrautbahn, die Kapazität des RE 1 zu steigern,

[Holger Krestel (FDP): Reden Sie mal über Termine!]

Berlin-Dresden-Rangsdorf auszubauen und Berlin-Cottbus über Königs Wusterhausen und genauso auch das S-Bahnnetz, die Zweigleisigkeit nach Tegel oder das dritte Gleis in Westend.

[Heiko Melzer (CDU): In welchem Jahrzehnt?]

Ich bin sehr dankbar, dass hier Berlin und Brandenburg an einem Strang ziehen

[Mario Czaja (CDU): Aber nicht in die gleiche Richtung!]

und dass auch die Deutsche Bahn mit Herrn Pofalla an der Konzernspitze uns hier unterstützt und wir die Planung vorantreiben und dann hoffentlich gemeinsam auch die Finanzierung stemmen werden. Das sind richtige Entscheidungen, die Mitte der Neunzigerjahre teilweise abgebrochen worden sind, sowohl vom Bund als auch vom Land, und jetzt, wo die Stadt wächst, dringend benötigt werden.

Genauso ist es bei anderen Projekten des ÖPNV. Diese Koalition geht mutig voran, wenn es um den Ausbau von Straßenbahnverbindungen geht.