Protocol of the Session on May 23, 2019

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/1638

Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsantrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/1638-1

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1638-2

Änderungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1638-3

Der Dringlichkeit haben Sie bereits eingangs zugestimmt. Ich öffne die zweite Lesung der Gesetzesvorlage Drucksache 18/1638. Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel 1 bis 4 der Gesetzesvorlage und schlage vor, die Beratung der Einzelbestimmungen miteinander zu verbinden. – Dazu höre ich keinen Widerspruch.

In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. – Herr Kollege Schrader hat das Wort, bitte schön!

(Bernd Schlömer)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Berlin holt auf bei der Bezahlung des öffentlichen Diensts. Berlin holt einerseits auf, weil diese Koalition die Angleichung der Besoldung an den Durchschnitt der Bundesländer auf den Weg gebracht hat; das soll bis 2021 passieren. Wenn wir heute dieses vorliegende Paket mit Erhöhungen der Erschwerniszulagen beschließen, dann ist das ein weiterer großer Schritt auf dem Weg zu einer besseren Bezahlung und zu einer besseren Konkurrenzfähigkeit, die wir im Bereich der inneren Sicherheit ganz besonders dringend brauchen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Frank Zimmermann (SPD)]

Natürlich ist es auch eine höhere Wertschätzung, die wir diesen Berufen mit diesen Zulagen beimessen. Die Zulagen nach diesem Gesetz sind ja eine besondere Entschädigung für Tätigkeiten, die mit besonderen Gefahren oder besonderem Aufwand oder besonderer Erschwernis verbunden sind. Ich finde, wer sich zum Schutz anderer Menschen, zum Wohl der Allgemeinheit in besondere Gefahren begibt oder besonders schwere, komplizierte oder gefährliche Tätigkeiten ausübt, der muss vom Staat, von der Allgemeinheit dafür eine besondere Wertschätzung bekommen. Da muss man auch ganz ehrlich und selbstkritisch sagen, dass es ziemlich lange gedauert hat, bis wir als Politik neben der allgemeinen Besoldung auch die Zulagen anpassen. Aber umso besser, dass wir es jetzt machen!

Es ist eine lange Liste von Personenkreisen, die wir da jetzt mit drin haben: Es profitieren Feuerwehrleute, Taucher, Höhenretter, Sprengstoffermittler, die Bereitschaftspolizei, das SEK und viele andere. Dieses Gesetz ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass wir als Parlament nicht nur dazu da sind, Vorlagen des Senats durchzuwinken, sondern wir haben im Kontakt mit Betroffenen und Fachleuten dieses Gesetz verbessert. Wir haben über verschiedene Änderungsanträge u. a. noch den Kreis der Feuerwehrleute vergrößert, der von dem Gesetz profitiert. Wir haben die Zulagen für Leichenbesichtigungen mit hineingekommen und ja, wir haben jetzt auch die Zielfahnder vom LKA 73 mit aufgenommen, die zum Schluss noch aufgetaucht sind. Das ist eine komplizierte Materie, aber wir haben das jetzt sozusagen über das parlamentarische Verfahren noch verbessert. Ich möchte mich bedanken bei den Kollegen Zimmermann von der SPDFraktion und Herrn Lux von den Grünen, auch bei den Kolleginnen und Kollegen aus dem Hauptausschuss, dass wir das am Ende dieser nicht ganz unkomplizierten und etwas kurzfristigeren Abstimmung noch so gut hinbekommen haben. Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Frank Zimmermann (SPD)]

Jetzt werden sich wahrscheinlich hier noch einige hinstellen und sagen: Das ist alles nicht genug! – Na klar, natür

lich ist es nicht genug. Es könnte immer mehr sein. Aber am lautesten werden es wahrscheinlich die fordern, die es in der letzten Wahlperiode selbst verschlafen haben. Das kann die CDU-Fraktion gern machen; Sie haben hier ja auch Ihren Änderungsantrag vorgelegt und werden das wahrscheinlich sagen. Das ist Ihr gutes Recht. Aber es weiß natürlich jeder, dass wir das jetzt nachholen, was Sie in Ihrer Regierungszeit versäumt haben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Goiny das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nein, solche platten Büttenreden wie Sie, Herr Kollege, halten wir hier nicht, sondern wir beschäftigen uns ernsthaft mit dem Thema. Um auf das noch einmal einzugehen: Wir hatten ja über viele Jahre eine haushälterische Situation, in der der öffentliche Dienst ein Sonderopfer erbracht hat. Das war auch Politik des Senats unter RotRot – das kann man ja schnell mal vergessen –, einen entsprechenden Weg zu gehen, den damals übrigens auch die Gewerkschaften mitgegangen sind.

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Ab 2012 – wenn Sie sich vielleicht daran erinnern – gab es das erste Mal wieder nennenswerte Haushaltsüberschüsse und damit auch erst den Spielraum, etwas zu schaffen. In unserer Regierungszeit gemeinsam mit der SPD ist die Besoldung des öffentlichen Diensts um über 12 Prozent angehoben worden, nachdem es zehn Jahre unter Rot-Rot gar keine Anpassung gab, Herr Kollege – wenn ich Ihnen das in Erinnerung rufen darf.

Wir machen Ihnen das nicht zum Vorwurf, weil, wie ich eben gesagt habe, die finanzielle Situation des Landes Berlin eben so war. Aber dass Sie hier den banalen Versuch unternehmen zu behaupten, wir hätten das in fünf Jahren alles aufholen können, ist natürlich lächerlich.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Niklas Schrader (LINKE)]

Wir haben in dieser Zeit angefangen, die Dinge zu reformieren, und wir haben es übrigens gemeinsam mit der SPD, unserem damaligen Koalitionspartner, gemacht. Aber wir wussten, dass wir da noch einige Zeit brauchen. Wir fangen doch schon an, darüber zu diskutieren, was denn das Ziel ist – Sie haben es eben auch gesagt: Wir wollen bis zum Ende der Wahlperiode den Durchschnitt der Landesbesoldungen erreichen. Auch das wird noch einmal eine sportliche Aufgabe, Herr Kollege. Da freue ich mich auf die weitere Diskussion auch im Rahmen der Haushaltsberatung, wann und wie Sie das mit welchen

Schritten in den nächsten zwei Jahren schaffen wollen. Da bin ich sehr gespannt!

Im Übrigen wird Ihr Weg am Ende bedeuten: Auch wenn wir das erreicht haben, werden die Berliner Landesbeamtinnen und Landesbeamten schlechter bezahlt als die in Brandenburg und im Bund. Das heißt, die strategische Nachteilssituation, die wir beseitigen wollen, werden wir auch mit Ihrer Politik zum Ende der Wahlperiode nicht beseitigt haben.

[Beifall bei der CDU]

Wir haben bereits in den letzten Haushaltsberatungen einen anderen Anpassungspfad an der Stelle vorgelegt, den Sie abgelehnt haben. Insofern ist die Diskussion hier nicht neu, aber es immer ein bisschen albern, wenn man sozusagen solche ollen Kamellen, die nicht einmal bis zur Tür des Wahrheitsgehalts kommen, von Ihnen hier hören muss.

Wir begrüßen diese Gesetzesinitiative, die Sie auf den Weg gebracht haben, weil sie eine wichtige Ergänzung in der Besoldungsstruktur des öffentlichen Dienstes darstellt. Insofern haben wir das auch in den Beratungen im Fachausschuss deutlich gemacht. Warum wir uns am Ende enthalten haben, ist dem Umstand geschuldet, dass offensichtlich die Berliner Verwaltung, die Senatsverwaltung, die politische Führung des Hauses nicht richtig in der Lage ist, vollständig zu erfassen, über welche Dienstbereiche wir hier reden. Es ist ja augenfällig, dass das noch ergänzt werden muss und dass der Senat selber vorne in seine Gesetzesvorlage schreibt – ich sage es einmal sinngemäß: Wir haben schon mitbekommen, dass das nicht vollständig ist. Aber wir wollten einmal anfangen. Den Rest werden wir irgendwann nachliefern, wenn wir das alles verstanden haben. – Wie man so eine Gesetzesvorlage hier ins Parlament einbringen kann, das ist ein bisschen dünn.

Wir haben Ihnen mit unserem Änderungsantrag zwei Bereiche dargestellt, von denen wir der Auffassung sind, dass sie dringend hier hineingehören – Sie haben in Ihrem Redebeitrag übrigens nicht dargestellt, warum sie nicht hier hineingehören. Sie berufen sich offensichtlich auf diese ulkige Klausel am Eingang dieser Gesetzesvorlage nach dem Motto: Wir sind noch nicht fertig, und andere bekommen später noch etwas. Die sollen mal nicht meckern! – Also ich finde, so kann man mit dem öffentlichen Dienst in Berlin nicht umgehen. So kann man schon gar nicht mit den Beamtinnen und Beamten im Land Berlin umgehen, die für unser aller Sicherheit sorgen und dafür mit ihrem Leben und ihrer Gesundheit einstehen.

[Beifall bei der CDU]

Herr Goiny! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lux?

Ja, bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank, Herr Kollege Goiny! Ist Ihnen bekannt, dass der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen die eine Gruppe, von der Sie gerade gesagt haben, dass sie vergessen worden sei – nämlich die Zielfahnderinnen und Zielfahnder beim LKA – berücksichtigt – , und dass § 22a, Abs. 3, Nr. 3 der Zulagenverordnung, wie sie uns vorliegt, möglicherweise auch die zweite Gruppe, von der Sie gesprochen haben, umfasst, wenn man sie großzügig auslegt, und insofern Ihr Änderungsantrag hinfällig ist? Oder können Sie mir eine Begründung nennen, weshalb die beiden von Ihnen benannten Gruppen in unserer Reform nicht umfasst worden seien?

Ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar für diese Nachfrage, Herr Kollege, weil sie mir noch einmal Gelegenheit gibt, deutlich zu machen, wie Sie hier arbeiten: Im Hauptausschuss war das auffällig geworden, und da war es trotz Versuchen mit Ihrer Koalition nicht möglich, eine entsprechende Ergänzung der Gesetzesvorlage zu finden. Deswegen haben wir es für richtig gehalten, einen eigenen Weg mit einem Änderungsantrag zu gehen. Sie sind dann im Nachklapp auch auf die Idee gekommen und haben gesagt: Das müssen wir vielleicht doch machen!

Bei der anderen Regelung ist es ja lustig: Also bei möglicherweise großzügiger Auslegung könnten die unter Umständen schon drin sein. – Also so machen wir jedenfalls nicht Politik, Herr Kollege Lux; das halten wir nicht für den richtigen Weg!

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Das hat dann auch nichts mehr mit Wertschätzung zu tun und schon gar nicht etwas mit dem Stichwort „Besser regieren“ – das benutzen Sie ja selber schon gar nicht mehr. Im Übrigen brauchen manche Polizistinnen und Polizisten auch eine Erschwerniszulage, weil sie sich manchmal mit merkwürdigem Verhalten von Abgeordneten aus den Regierungsfraktionen bei Demonstrationen auseinandersetzen müssen, und allein dafür verdienen sie diese Zulage.

[Beifall bei der CDU – Heiterkeit von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Zimmermann das Wort.

(Christian Goiny)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Herr Kollege Goiny! In einem gebe ich Ihnen natürlich recht: Das Verfahren zur Erstellung dieser Beschlussempfehlungen und der Beschlussempfehlung, wie sie heute vorliegt, hat keinen Schönheitspreis verdient; das ist wahr. Dafür haben wir aber inhaltlich das hineingeschrieben, was State of the Art ist, was nötig ist, was wir machen müssen, um die Kolleginnen und Kollegen zu honorieren. Ich bin sehr zufrieden über das Ergebnis, das wir gemeinsam erarbeitet haben, um in diesem Bereich Stellenzulagen und Erschwerniszulagen wirklich besser zu werden.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Denn neben dem Grundgehalt sind Stellen- und Erschwerniszulagen ein wichtiger Bestandteil der Besoldung der Beamtinnen und Beamten im Vollzugs- und Sicherheitsdienst des Landes.

Wir haben jetzt eine ganze Reihe von Verbesserungen vorgelegt, die hat Kollege Schrager, Schrader

[Niklas Schrader (LINKE): Schlager!]

Sorry! – im Wesentlichen vorgestellt, das will ich nicht wiederholen, die die Attraktivität dieser schwierigen und verantwortungsvollen Tätigkeiten erhöhen werden. Es geht nicht nur um die Attraktivität und Konkurrenzfähigkeit, sondern es geht auch darum, die Erledigung anspruchsvoller Tätigkeiten auch angemessen zu honorieren. Es geht tatsächlich auch um die Wertschätzung dieser schwierigen Aufgaben – und das tun wir hiermit.

Um es einzuordnen, bin ich sehr froh, dass ich nach den Kollegen Schrader und Goiny hier reden kann. Denn es geht wirklich darum, die Historie, Herr Kollege, richtig einzuordnen. Es war nach den Jahren 2000 und 2001, als das Land finanziell ziemlich am Boden lag, unabweisbar, dass wir zehn Jahre lang konsolidieren, was wir mit RotRot gemacht haben. Es war Konsens, dass in allen Vollzugsbereichen und der Verwaltung insgesamt Einsparungen und Konsolidierung vorgenommen werden mussten. – Das hinterher zu brandmarken, ist ein bisschen unredlich, denn wir mussten auf die Neunzigerjahre und die Fehler von damals reagieren. Danach gab es andere Entwicklungen, auf die wir dann unter Rot-Schwarz reagieren mussten und reagiert haben. Diesen Trend des Wiederaufbaus des öffentlichen Dienstes setzen wir fort, und zwar mit Vehemenz. Das hat auch Kollege Schrader schon erläutert; deswegen will ich das nicht wiederholen.

Es ist wichtig, die Kontinuität zu betrachten. Wir werden auf diesem Pfad weitergehen: bei der Besoldungsanpassung auf das Durchschnittsniveau der Länder, bei der Frage der Stellenzuwächse, bei der Ausstattung, bei der Qualifikation und Ähnlichem. Wir werden den öffentlichen Dienst weiter attraktiv gestalten und auf diesem Pfad weitergehen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Herr Kollege! Wenn Sie dieser Vorlage jetzt zustimmen könnten, würden Sie tatsächlich dazu beitragen, dass wir einen Riesenschritt vorankommen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]