Protocol of the Session on May 9, 2019

Sorgen Sie dafür, dass sich Berlins Radfahrer an Verkehrsregeln halten, und sorgen Sie dafür, dass sich Radfahrer in Berlin so verhalten, wie sie es zum Beispiel in Kopenhagen tun, der Stadt, die Sie uns immer als die Fahrradstadt schlechthin präsentieren. Dort halten Fahrradfahrer an roten Ampeln, und dort halten Radfahrer auch an Bushaltestellen, um Fahrgäste ein- und aussteigen zu lassen. In Berlin drängelt man sich natürlich mitten durch die Menge durch – und dann auch noch laut motzend.

[Anne Helm (LINKE): Ach, Sie wollen den Berlinern das Motzen verbieten?]

Ändern Sie erst einmal etwas an der Grundeinstellung der Berliner Kampfradler. Das wäre ein wirklicher Schritt in die richtige Richtung.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Aber verschonen Sie uns künftig mit solchen vergifteten Anträgen! – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD und Zuruf: Bravo!– Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Moritz das Wort.

[Steffen Zillich (LINKE): Aber Kulturkampf

finden Sie Mist! –

Aber Sie sind in der Mitte der

Gesellschaft? –

Wir sind Opposition! –

Weitere Zurufe von Torsten Schneider (SPD) und Frank

Christian Hansel (AfD)]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! E-Scooter und andere Elektrokleinstfahrzeuge benötigen, ähnlich wie Fahrräder, wenig Platz und können auch sicherlich dem Umweltverbund zugerechnet werden. Als weiterer Verkehrsträger für ein multimodales Verkehrsverhalten können sie die Berlinerinnen und Berliner in Zukunft schnell, komfortabel und klimafreundlich von der Haustür an das Ziel bringen oder eben die Menschen, die partout weder zu Fuß gehen noch mit dem Fahrrad fahren wollen, die letzte Meile von oder zu der U- und S-Bahn an ihr Ziel bewältigen helfen und damit eine Alternative zum Auto bieten. Bisher dürfen diese Fahrzeuge nicht im öffentlichen Straßenverkehr benutzt werden. Allerdings drängen diese trendigen Fahrzeuge bzw. ihre Besitzerinnen und Besitzer oder potentiellen Besitzerinnen und Besitzer darauf, sie endlich zu nutzen.

Unsere Nachbarländer sind da schon etliche Schritte weiter. Die Regelungen sind in den verschiedenen europäischen Ländern, genauso wie die Elektrokleinstfahrzeuge selber, höchst unterschiedlich. In einigen Ländern werden sie durch Höchstgeschwindigkeit oder Leistung unterschieden und als Kraftfahrzeuge eingestuft, deren Nutzung Fahrerlaubnis und Versicherung voraussetzt, in anderen Ländern sind die Regeln laxer, auch ab welchem Alter diese Fahrzeuge benutzt werden dürfen, ist sehr unterschiedlich geregelt – auch dies ist ein Diskussionspunkt in Deutschland. Die Frage, wo ich die Fahrzeuge benutzen darf – auf dem Gehweg, Radweg oder der Fahrbahn –, wird ebenfalls unterschiedlich beantwortet.

Die deutsche Antwort auf die Frage, wo wer und wie E-Fahrzeuge künftig nutzen darf, soll durch die berühmte Verordnung für Elektrokleinstfahrzeuge beantwortet werden, und sicherlich brauchen wir so eine Verordnung. Der Bundesverkehrsminister wollte darin unter anderem

(Frank Scholtysek)

die E-Fahrzeuge, die bis 12 km/h schnell sein dürfen, auf Bürgersteigen zulassen, die schnelleren auf Radwegen und der Fahrbahn. Aber in Ausnahmefällen sollten Fahrzeuge bis 20 km/h auch auf den Gehwegen fahren dürfen. Das ist sicherlich der Hauptkritikpunkt an der ScheuerVerordnung: die Benutzung der Gehwege. Dagegen haben sich inzwischen sehr viele ausgesprochen, ein paar Vereine will ich nennen: Der Fußgängerschutzverein Fuß e. V., Seniorenverbände, der Blinden-und Sehbehindertenverband, aber auch die Unfallforscher haben sich dagegen ausgesprochen.

Und ja, das will ich gar nicht verschweigen, auch wir Grünen und die Verkehrssenatorin haben uns dagegen ausgesprochen. Deswegen ist es uns überhaupt nicht schwergefallen, an diesem Koalitionsantrag mitzuwirken. Die Erfahrungen in anderen europäischen Metropolen zeigen uns, dass wir mit dieser Forderung vollkommen richtig liegen. So sind in Frankreich die E-Scooter gerade wieder von den Bürgersteigen verbannt worden.

Wir wollen den Fußverkehr stärken und erarbeiten gerade den Fußverkehrsteil für das Mobilitätsgesetz. Da ist es vollkommen klar, dass die Gehwege nur für die Fußgängerinnen und Fußgänger vorbehalten bleiben. E-Scooter sind doppelt so schnell wie zu Fuß Gehende. Wir wissen doch alle: Wenn erst mal die ersten von ihnen auf den Gehwegen fahren dürfen, dann bleibt es nicht dabei, dann kommen auch die schnelleren hinterher. Von daher brauchen wir eine ganz klare Regelung, und die klarste Regelung ist, dass diese Elektrokleinstfahrzeuge eben nicht auf Gehwegen fahren dürfen.

Das hat nun auch – dies ist schon mehrfach gesagt worden – der Bundesverkehrsminister begriffen und sein Umdenken zum Ausdruck gebracht. Es gibt aber noch gar keine andere Verordnung, die abgestimmt werden soll. Um das für Berlin klarzumachen, haben wir diesen Antrag eingebracht, damit unsere Vertreter im Bundesrat in der nächsten Woche einen klaren Auftrag bekommen und die Gehwege von den Elektrokleinstfahrzeugen freihalten können. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Schmidt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich hat sich der Antrag erledigt, der Bundesverkehrsminister hat seine Idee zurückgezogen. Dass die SPD Berlin glaubt, dass ihre internen Beschlusslage dazu führt, dass er das getan hat, finde ich ein bisschen übertrieben,

[Zuruf von Frank Scholtysek (AfD)]

aber vielleicht können Sie Ihren Senat genauso gut steuern wie den Bundesverkehrsminister.

[Beifall bei der FDP]

Der Antrag gibt einem aber einen guten Anlass, hier mal über die Chancen dieser neuen kleinen Elektrofahrzeuge zu reden, denn an sich sind die schon eine großartige Sache, um kurze Strecken zu fahren, sie in der Freizeit zu nutzen, sie machen auch Spaß. Wir haben als Ausschuss in Paris gesehen, wie stark Elektroroller angenommen werden, und es gibt auch eine unglaubliche Vielfalt solcher Geräte – E-Boards, Elektroscooter, Hoverboards, Hovershoes, Monowheels, E-Skateboards usw. usf. Diese großartigen Geräte werden sehr bald in großen Mengen in unserer Stadt auftauchen, weil die Menschen diese Geräte auch verlangen und nutzen werden, und das ist auch gut so, denn sie erweitern die Mobilität, und sie bereichern unsere Stadt.

Deshalb ist auch diese grundsätzliche Haltung, immer, wenn etwas Neues kommt, nur die Gefahren zu beschwören, dieses Rumgemuffel, diese Fortschrittsfeindlichkeit, dieses Miesmachen, überhaupt nicht angebracht – Herrn Moritz nehme ich mal aus, da war ich überrascht, dass Sie so positiv darüber geredet haben –, aber sonst, dass man grundsätzlich erst mal dagegen ist, das geht mir total auf den Keks.

[Beifall bei der FDP]

Wir brauchen natürlich für diese neuen Fahrzeuge angemessene Lösungen für ihren Einsatz, und natürlich spielt Sicherheit dabei eine ganz wichtige Rolle. Deshalb muss man auch sehr viel stärker die Kategorien unterscheiden. Es gibt Fahrzeuge mit Schrittgeschwindigkeit, die sind eher für den Freizeitbedarf, dann gibt es welche bis 25 km/h, die eher mit Elektrofahrrädern vergleichbar sind, und Fahrzeuge, die noch viel schneller sind, die eigentlich Kraftfahrzeuge sind, und da muss eben gelten: Vergleichbares muss vergleichbar geregelt und behandelt werden. Deshalb macht es auch gar keinen Sinn, elektrische Tretroller stärker zu regulieren als elektrische Fahrräder, das ist dann wirklich Unsinn.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Aber eines ist auch ganz klar: Elektrische Tretroller sind zu schnell für den Gehweg, und sie gefährden dort die Fußgänger. Paris als eine der Vorreiterstädte – Herr Schopf hat es gesagt – hat die Tretroller ja jetzt auch wieder vom Gehweg heruntergeholt, einfach, weil es dort nicht funktioniert hat, und auf den Gehwegen in Berlin wird das auch nicht funktionieren. Daher macht es auch hier Sinn, sie auf dem Gehweg nicht zuzulassen.

[Beifall bei der FDP]

Wir Freie Demokraten wollen die Fußgänger als schwächste Verkehrsteilnehmer schützen und sie vor Gefahren auf dem Gehweg bewahren, übrigens zum Beispiel auch davor bewahren, dass immer mehr Radfahrer

(Harald Moritz)

rücksichtslos Fußgänger gefährden, und deshalb sollte man nicht noch eine weitere Gefährdung zu den schon bestehenden hinzufügen.

Der Schutz der Fußgänger wird auch noch mal ein Kernthema der Debatte zum zweiten Teil des Mobilitätsgesetzes sein, da ist der Entwurf ja immer noch relativ zurückhaltend; ich glaube, da geht noch mehr. Aus all diesen Gründen gilt jedenfalls, dass der vorliegende Antrag auch aus Sicht der Freien Demokraten richtig ist. Auf Radwegen und Straßen sind E-Scooter und andere schnelle Fahrzeuge richtig, es muss dann auch, das hatte Herr Wolf schon angesprochen, wirklich gut ausgebaute Radwege und Straßen geben, und das bedeutet konsequenterweise, diese neuartigen Fahrzeuge in der Planung von Radwegen und Straßen in Zukunft mit zu berücksichtigen und Planungen entsprechend anzupassen.

Richtig ist auch die Forderung, die hat mir in dem Antrag gefallen, solche kleinen Fahrzeuge endlich mit in den ÖPNV nehmen zu können. Es ist ja nicht nachvollziehbar, warum man das große, schwere Fahrrad hineinschieben kann, aber ein kleines Gerät, das man sich unter den Arm klemmen kann, nicht mitnehmen darf. Das ist völlig unangemessen, und deshalb ist die Forderung richtig, dass man diese kleinen Fahrzeuge auch in der S-Bahn mitnehmen darf.

An dem Antrag ist auch wichtig, dass festgehalten wird, dass es Nutzungskonflikte gibt, die werden auf jeden Fall auftreten, und dass es auch richtig ist, diese zu beobachten. Ich würde sogar noch weiter gehen und sagen, mir wäre es recht, wenn man das wissenschaftlich begleiten würde, um zu schauen, wie diese Fahrzeuge mit anderen Fahrzeugen und Nutzern interagieren. Vielleicht können Sie sich noch überlegen, dies hinzuzufügen.

Die FDP-Fraktion wird diesem Antrag jedenfalls zustimmen, ich habe erläutert, warum wir das tun. Mir ist aber auch wichtig festzuhalten, dass wir Freie Demokraten in diesen neuen, kleinen, elektrischen Fahrzeugen große Chancen sehen und dass wir diesen technischen Fortschritt begrüßen, denn elektrische Mobilität in jeder Form ist auch für uns eine tolle Sache. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Zu diesem Antrag wurde die sofortige Abstimmung beantragt. Wer also dem Antrag auf Drucksache 18/1854 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen und die FDP-Fraktion. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimmen der AfD-Fraktion und zweier fraktionsloser Abgeordneter –

[Torsten Schneider (SPD): Peinlich!]

Enthaltungen? – und Enthaltungen der CDU-Fraktion ist der Antrag damit angenommen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4:

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin (UZwG Bln)

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 1. April 2019 Drucksache 18/1824