Protocol of the Session on January 12, 2017

[Benedikt Lux (GRÜNE): Dann ziehen Sie doch dorthin!]

Die Einführung eines Freiwilligen Polizeidienstes dient auch dazu, das Entstehen von unkontrollierten Bürgerwehren zu verhindern.

[Beifall bei der AfD]

Im März letzten Jahres warnte die Berliner Polizei bereits davor, dass sich eigenständige Bürgerwehren in sozialen Netzwerken in Berlin bilden würden. Selbst der Kollege Abgeordnete Lux von den Grünen warnte eindringlich vor dieser Entwicklung damals.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Zu Recht!]

Auch wenn bei wachsendem Verlust des Sicherheitsgefühls der Ruf nach privatem Schutz nachzuvollziehen ist, so hat die Politik die Aufgabe, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen und die Sicherheit in Berlin von sich aus zu gewährleisten. Hierzu ist ein unter staatlicher Kontrolle stehender Freiwilliger Polizeidienst das richtige Mittel der Wahl.

[Canan Bayram (GRÜNE): Das sehe ich anders!]

Das ist schön! – Ein Freiwilliger Polizeidienst fördert das zivilgesellschaftliche Engagement der Bürger der Stadt für das Allgemeinwohl. Er stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl, fördert Zivilcourage und erhöht die Bindung zwischen Bürgerschaft und Polizei.

[Torsten Schneider (SPD): Woher wissen Sie das denn? – Canan Bayram (GRÜNE): Waren Sie da schon mal? – Torsten Schneider (SPD): Hütchenspiel!]

Wir schreiben das Jahr 2017. Die Freiheit und Sicherheit Berlins sind leider wieder bedroht, weshalb die Wiedereinführung des Freiwilligen Polizeidienstes in Berlin nahezu geboten ist, um wie in der Vergangenheit eine wehrhafte und sichere Stadt zu bleiben.

Sehr geehrter Regierender Bürgermeister Müller! Auch wenn Sie jetzt nicht da sind: Wir sind gespannt, ob Sie Mut zeigen und sich selbst in der Tradition eines Willy Brandt begreifen oder ob Ihnen diese Schuhe der Verantwortung doch deutlich zu groß sind. – Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Çağlar das Wort. – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute diskutieren wir also über ein weiteres Lieblingsthema der AfD. Sie will in Berlin einen Freiwilligen Polizeidienst einführen. Heute Morgen hat der AfD

(Marc Vallendar)

Vorsitzende davon geschwärmt, andere würden von ihm abschreiben. Keine Sorge! Selbst wenn wir bei Ihnen abschreiben wollten, müsste man sich das in dem Fall sehr gut überlegen. § 12 doppelt, § 13 fehlt, § 14 da, § 15 fehlt, die §§ 16 und 17 folgen auf § 19.

[Heiterkeit bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Verwirrend, aber der Antrag zeigt einmal mehr: Ohne Vorbereitung und Ausbildung ist es schwer, gute Arbeit zu leisten.

[Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Nicht nur parlamentarische Arbeit, sondern insbesondere Polizeiarbeit ist etwas für Profis. Das war bereits 2002 das entscheidende Argument für die Auflösung des Freiwilligen Polizeidienstes, denn hoheitliche Aufgaben, die mit dem Eingriff in die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern verbunden sind, sollten nur durch sorgfältig ausgebildete Kräfte wahrgenommen werden. Eine gute Ausbildung ist in allen Bereichen wichtig, notwendig und normal.

Auch die AfD-Fraktion zeigt sich sehr anspruchsvoll. Ihre Fachreferentinnen und -referenten, die Sie derzeit suchen, sollen beispielsweise eine abgeschlossene Berufsausbildung haben oder beide Staatsexamen als Volljuristinnen und Volljurist besitzen. Genau wie Ihre politische Arbeit erfordern die aktuellen Gefahrenlagen und Einsatzgebiete geschultes und professionelles Personal. Hobbypolizistinnen und -polizisten sind den Aufgaben aber nicht gewachsen. Laien auf Streife zu schicken, ist ein Sicherheitsrisiko für Einzelne und uns alle.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Das brandenburgische Ministerium macht das!]

Außerdem können Freizeitpolizistinnen und -polizisten mit Wochenendseminar keine hoheitlichen Aufgaben erledigen. Nur eine qualifizierte Ausbildung garantiert den korrekten rechtsstaatlichen Umgang mit den Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger. Eingriffe in unsere Grundrechte brauchen eine professionelle Grundlage, und das können nur die leisten, die entsprechend ausgebildet sind.

Zum besseren Verständnis: Die Ausbildung allein für den Objektschutz dauert 16 Wochen. Bei der Polizei sind es zweieinhalb Jahre und mehr. Ihre Anforderungen an die Ausbildung des Freiwilligen Polizeidienstes sind genauso minimal wie die Anforderungen an die zu rekrutierenden Freizeitpolizisten. Niemand, der die Sicherheit wirklich ernst nimmt, kann verstehen, wieso Sie bei den Einstellungsvoraussetzungen nicht den Maßstab nehmen, der für unsere Polizisten gilt.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wollen Sie ernsthaft kriminelle Männer und Frauen, die schon im Gefängnis saßen, zum Schutze von Bürgerinnen und Bürgern auf die Straße schicken?

[Canan Bayram (GRÜNE): Ja, ja, das wollen die! – Zuruf von der AfD: Das will doch keiner!]

Bürgerliches Engagement findet in vielfältiger Form statt. Feuerwehr, Rettungsdienste, soziale Einrichtungen und verschiedene Präventionsstrukturen sind auf engagierte Bürgerinnen und Bürger angewiesen, und für den Einsatz und die Unterstützung sind wir sehr dankbar. Unsere Gesellschaft braucht das Ehrenamt. Wir brauchen das Ehrenamt aber nicht bei der Polizei, denn es gibt eine klare Grenze zwischen hoheitlicher Staatsgewalt und bürgerlichem Engagement. Diese Grenze darf nicht verwischt werden. Wir wollen keine Hobbypolizisten in Uniform, um den Bürgerinnen und Bürgern ein falsches Sicherheitsgefühl vorzugaukeln, sondern wir wollen echte und mehr Sicherheit. Wir werden die gut und hart arbeitenden Polizistinnen und Polizisten besser für ihre schwierigen Arbeiten ausrüsten. Mit unserer Sicherheitspolitik sorgen wir weiterhin dafür, dass mehr Polizei auf den Straßen präsent sein wird. Auch deshalb ist ein Freiwilliger Polizeidienst überflüssig. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Dregger das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Terror kann man nicht mit Ehrenamtlichen bekämpfen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Das wollen wir auch nicht!]

Doch, das haben Sie gerade ausgeführt, und deswegen widerspreche ich dem. –

[Georg Pazderski (AfD): Lesen Sie es bitte nach!]

Wir können nicht glauben, dass Sie mit ehrenamtlichen Polizeibeamten oder Hilfssheriffs Terroristen stoppen können.

[Zuruf von der AfD: Das sagen wir nicht!]

Das haben Sie gerade in Ihrer Rede ausgeführt. – Und wenn Sie die Leute in diesem Land in diese Richtung verunsichern wollen und ihnen einzureden versuchen, das sei nun das einzige wahre sicherheitspolitische Mittel, um Recht und Ordnung und Schutz für die Bürger herbei

(Derya Çağlar)

zuführen, dann ist das der Holzweg. Das lehne ich entschieden ab.

[Beifall bei der CDU, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Und ich darf darauf hinweisen, dass die von Ihnen genannten Beispiele gar nicht zutreffend sind. In Hessen gibt es keinen Freiwilligen Polizeidienst, der hoheitliche Tätigkeiten ausübt, sondern das sind Personen, die ohne Hoheitsbefugnisse spazieren gehen, Leute ansprechen und gegebenenfalls die Polizei informieren. Das ist nicht das Modell, das Sie hier vorgestellt haben. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied.

Ich bin der Überzeugung, dass Sicherheitspolitik durch die Berliner Polizei, durch professionell ausgebildete, vollwertige Polizeibeamte auszuführen ist. Wir sind auch jetzt erfreulicherweise aus zwei Gründen in der guten Situation, das leisten zu können. Erstens haben wir in den vergangenen fünf Jahren den Trend des Abbaus der Sicherheitskräfte in Berlin nicht nur gestoppt, sondern umgekehrt. Unter der Verantwortung unseres Innensenators sind in den Jahren von 2011 bis 2016 1 395 zusätzliche Stellen im Sicherheitsbereich errichtet worden – trotz Haushaltskonsolidierung und trotz beengter haushälterischer Spielräume: 350 neue Ausbildungsstellen, die den Polizeivollzugsdienst unterstützen, 370 neue Stellen für Anwärterinnen und Anwärter im Polizeivollzugsdienst, 341 neue Stellen im Polizeivollzugsdienst selbst, 255 neue Stellen im Objektschutz, 70 Spezialisten für IT, Cybercrime, Extremismus, Waffenwesen, Gefangenenwesen. Fahrradstaffel, mobile Wache, Kontaktmobil sind hinzugekommen, 200 neue Stellen bei der Feuerwehr, 78 neue Stellen bei der Staatsanwaltschaft. Der Verfassungsschutz ist um 25 Prozent aufgerüstet worden. Das ist der Beitrag von uns in den letzten fünf Jahren gewesen, um die Sicherheit in dieser Stadt zu erhöhen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Stefan Franz Kerker (AfD): Und Merkel!]

Ich kann uns allen hier im Plenum, und das sage ich in Richtung aller Fraktionen, nur dringend anraten, diese Entwicklung fortzusetzen. Das ist unsere Verantwortung. Denn die Sicherheitslage in unserer Stadt, in unserem Land erfordert das. Deswegen muss dieser Kurs, der von uns hier in Berlin in den letzten fünf Jahren begründet worden ist, von Ihnen jetzt fortgesetzt werden. Was wir heute über den Inhalt Ihrer Koalitionsvereinbarung gehört haben, zeigt einem, dass man davor Angst haben muss,

[Canan Bayram (GRÜNE): Keine Angst!]

weil nichts dergleichen darin geregelt ist. Und das werden wir sehr kritisch begleiten.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Vallendar?

Bitte schön!

Lieber Kollege Dregger! Sie waren damals im Jahr 2001 noch im Wahlkampf mit Herrn Henkel ein vehementer Verfechter des Freiwilligen Polizeidienstes. Was hat Ihre Meinung im Laufe der Jahrzehnte geändert, dass Sie meinen, dass das auf einmal keine Entlastung für die Polizei sein soll, wenn man gerade bei einfachen Aufgaben wie Objektschutz oder Ähnlichem auf einen solchen Freiwilligen Polizeidienst zurückgreift?

[Canan Bayram (GRÜNE): Echt, war das so?]

Erstens habe ich nicht im Jahr 2001 Wahlkampf geführt. Ich weiß gar nicht, wo ich da gewesen bin.