Protocol of the Session on March 7, 2019

Ich möchte einfach mal daran erinnern: Wir hatten den 8. Mai 1945. Die jungen Männer, die alten Männer sind im Volkssturm teilweise getötet, teilweise verletzt worden. Die anderen Männer waren in Kriegsgefangenschaft. Dass innerhalb der ersten acht Tage in Berlin die erste Straßenbahn draußen auf der Straße war, das haben wir Frauen zu verdanken.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Frauen hatte man zu verdanken, dass in diesen zerbombten Städten die ersten Steine geklopft wurden und dass die ersten Leute dort wohnen konnten. Das hatten wir Frauen zu verdanken!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD, den GRÜNEN und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Und zu der Zeit hat niemanden interessiert, ob das die Anatomie der Frauen überhaupt hergibt.

[Heiterkeit bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Ich will Ihnen damit aufzeigen, dass wir viel mehr für Frauen machen müssen und aufhören müssen, sie zu unterschätzen. Unterschätzt hat man auch die Streikkraft vor allem der weiblichen Berliner Pflegekräfte, Erzieherinnen, Sozialarbeiterinnen und Lehrerinnen. Das erste Mal in der Geschichte Berlins gab es sogar einen Solidaritätsakt von den Eltern, die mit auf der Straße waren, und das drei Tage lang.

Eine wesentliche Besonderheit des Tarifvertrages ist, dass viele Berufsgruppen künftig höher eingestuft werden und damit unabhängig von der Gehaltserhöhung deutlich besser bezahlt werden. Das gilt in Berlin vor allem für die 10 000 Erzieherinnen und Erzieher der landeseigenen Kitas und Schulen sowie für knapp 4 000 Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Es ist ein Erfolg auf der ganzen

Linie – aber nicht für alle. Die Pflegekräfte von unseren Krankenhäusern, Vivantes und Charité, werden im nächsten Jahr auf die Straße gehen müssen, um ihre Forderungen zum kommenden Tarifvertrag zu vertreten, denn der wird erst im nächsten Jahr verhandelt. Wieder mussten Frauen und Gewerkschaften für ihre Rechte auf die Straße gehen und kämpfen, um dieses Tarifergebnis zu erzielen.

Und jetzt kommen wir wieder zum Paritätsgesetz. Denn das Geschlecht im Parlament hat enormen Einfluss auf Themensetzung, Politik, und vor allem auf die Entlohnung von typischen Frauenberufen. Ein nicht gleichberechtigt besetztes Parlament befördert nicht gleichberechtigte politische Entscheidungen und Gesetze. Ein paritätisch besetztes Parlament würde außerdem wieder mehr Menschen erreichen, die sich nicht mehr repräsentiert fühlen. Darum haben wir Linken in der letzten Woche einen Gesetzesentwurf als Diskussionsgrundlage für ein Parité-Gesetz an die Grünen und die SPD übergeben.

Ich jedenfalls werde keine weiteren 100 Jahre warten, bis Frauen das bekommen, was ihnen verfassungsmäßig zusteht, nämlich die Hälfte der Macht – und somit auch der Sitze im Parlament.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Wir sehen uns morgen um 14 Uhr auf dem Alexanderplatz, denn der Internationale Frauentag, das wisst ihr jetzt alle, ist in Berlin ein Feiertag, und den haben wir uns verdient.

[Bernd Schlömer (FDP): Da ist doch kein Strom!]

Doch, da ist Strom – wirst du sehen! Und wenn nicht, stellen wir dich da als Lampe auf, da kennen wir nichts, ehrlich!

[Anhaltender Beifall und Heiterkeit bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Beifall von Emine Demirbüken-Wegner (CDU)]

So, wir haben den Feiertag, wie gesagt, eine Lampe haben wir jetzt auch.

[Heiterkeit bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Das ist ein Kampftag, und das wird ein Kampftag bleiben so lange, bis die strukturellen Benachteiligungen von Frauen beseitigt sind. Und das ist nicht nur eine Drohung, das ist ein Versprechen! – Vielen Dank!

[Anhaltender Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die CDU-Fraktion hat Frau Kollegin Vogel das Wort!

(Ines Schmidt)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns heute die Redezeit aufgeteilt. Liebe Frauen! Meine Fraktion und ich, wir wünschen Ihnen morgen alles Gute zum Weltfrauentag.

[Zuruf von Antje Kapek (GRÜNE)]

Erstmals ist dieser Weltfrauentag nun ein Feiertag in Berlin, obwohl viele Frauen trotzdem morgen arbeiten werden. Anstatt die Probleme dieser Stadt zu lösen, anstatt Wohnungen und Schulen zu bauen, Kitaplätze zu schaffen,

[Oh! von der LINKEN]

ein sinnvolles Verkehrskonzept auf den Weg zu bringen, anstatt den Flughafen „Willy Brandt“ endlich fertigzustellen, debattierten Sie, liebe Koalition, monatelang und ausgiebig darüber, welcher neue Feiertag es nun sein sollte. Immer schön ablenken von den eigentlichen Problemen dieser Stadt!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Karsten Woldeit (AfD)]

Sie als linke Regierung sind der Meinung, dass neun Feiertage nicht ausreichen, weil andere Bundesländer mehr Feiertage haben.

[Udo Wolf (LINKE): Genau!]

Wir haben ein Konzept zur Regelung und Umsetzung der Feiertage gefordert, aber nichts ist dazu passiert.

[Anne Helm (LINKE): Doch, wir haben einen Feiertag!]

Der Senat schafft es nicht, die Probleme dieser Stadt zu lösen. Er schafft Schattenhaushalte für den Schulneubau, er schafft Schattenhaushalte für den Rückkauf ehemals landeseigener Wohnungen. Aber: Alles egal, Hauptsache, wir haben einen neuen Feiertag und können allen erklären, dass dieser die Situation der Frauen deutlich verbessern wird!

Ich komme aus dem Ostteil dieser Stadt, und ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, was dieser Frauentag bedeutet hat. Für mich verbindet sich damit alles andere als Gleichstellung, sondern eher Ruhigstellung. Da wurden einige wenige Frauen von der männlichen Betriebsleitung ausgezeichnet. Es gab für alle Frauen Blümchen, Kaffee und Kuchen und zum Feierabend dann noch Sekt. Das hatte aber rein gar nichts mit Gleichstellung zu tun.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Diese DDR-Verklärung, wie sie heute und immer wieder durch diesen Senat stattfindet, ist wirklich unerträglich.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Im Osten mussten die Frauen arbeiten. Führungspositionen blieben allein den Männern vorbehalten. Im Politbüro des ZK der SED gab es nicht eine einzige Frau, im Ministerrat außer Margot Honecker ebenfalls nicht. Die Kom

binatsleitungen – alle in männlicher Hand. Ähnlich verhält es sich heute in Ländern, die ebenfalls einen Frauenfeiertag haben. Wir stellen uns auf eine Stufe mit Ländern wie Nordkorea, der Volksrepublik China, Vietnam, Angola und Kambodscha.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Zurufe von Marc Urbatsch (GRÜNE) und Stefanie Fuchs (LINKE) – Weitere Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN]

Das sind Länder, in denen Frauen alles andere als gleichberechtigt sind. Sie reden in der Koalitionsvereinbarung immer wieder von Demokratie und der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Wo blieb denn diese bei der Entscheidung über den Feiertag? Laut einer FORSAUmfrage waren die meisten Berliner für den 31. Oktober – den Reformationstag – als neuen Feiertag.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Frank-Christian Hansel (AfD): Unser Vorschlag!]

Rot-Rot-Grün hat nun also einen neuen Feiertag, für den es in der Berliner Bevölkerung keine Mehrheit gibt – herzlichen Glückwunsch!

Wenn Sie die Situation der Frauen wirklich verbessern wollen, dann sollten Sie konkrete Maßnahmen ergreifen, anstatt sich in Absichtserklärungen zu verlieren und einen weiteren Feiertag einzuführen.

[Burkard Dregger (CDU): So ist es!]

Was hat sich in Ihrer Regierungszeit verbessert für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Gibt es inzwischen eine ausreichende Anzahl von Kitaplätzen?

[Zuruf von Iris Spranger (SPD)]

Was haben Sie unternommen, um flexible Betreuungszeiten zu erreichen? Wie unterstützen Sie alleinerziehende Frauen, wenn die Kinder krank sind? Was haben Sie unternommen, um das Gender-Pay-Gap zu verkleinern? Welche Hilfe bieten Sie konkret für obdachlose Frauen?

[Florian Dörstelmann (SPD): Hä?]

Was tun Sie zur Bekämpfung häuslicher Gewalt, und warum ist die Gewaltschutzambulanz noch immer nicht 24 Stunden täglich geöffnet?

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]