Protocol of the Session on March 7, 2019

Da uns – wie immer – die Sorgfalt wichtiger ist als die Schnelligkeit, haben wir uns auch angemessen viel Zeit gelassen. Deshalb liegt das Gesetz heute noch nicht vor. Der erste Entwurf ist da. Sie werden ihn auch sehr zeitnah bekommen und können ihn dann mit uns in den Ausschüssen beraten. Die drei bis vier Wochen haben Sie noch, ich sage es Ihnen.

Deshalb verstehen wir auch die Kritik nicht, hier würde etwas übers Knie gebrochen. Was ist denn mit dem französischen Parité-Gesetz, das wir seit 2001 besprechen? – Seit 18 Jahren reden wir darüber. Mit anderen Parteien habe ich schon vor fünf Jahren darüber geredet. Da war übrigens eine Frau Schwarzer von der CDU Berlin dabei. Das war ein Treffen im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Frau Ferner von der SPD war ebenso dabei wie Wissenschaftlerinnen. Damals, vor fünf Jahren, haben wir das alles schon besprochen – und alle fanden es gut. – Von übermäßiger Schnelligkeit kann ich demnach hier nicht reden.

Ohne dass Sie auch nur einen Buchstaben des ParitéGesetzes kennen, wissen Sie aber schon, dass es nicht verfassungskonform ist. – Da kann ich nur sagen: Bravo! Damit haben Sie die Lacher auf Ihrer Seite. Jetzt lesen Sie es doch erst einmal! Selbstverständlich darf und muss gefragt werden, ob bei der Verpflichtung auf paritätische Besetzung auch alle einschlägigen verfassungsrechtlichen

Vorgaben berücksichtigt worden sind. Dabei stehen sich verschiedene Ziele des Grundgesetzes gegenüber. Das ist einmal der Artikel 3 Abs. 2, das ist der Artikel 38, und das ist der Artikel 21 – das wissen wir doch. – Wissen Sie, was das Tolle ist? – Alle, die sich darauf berufen, haben recht. Natürlich stehen sich diese Artikel gegenüber. Wir haben uns nach wirklich langer und eingehender Beratung entschlossen, dass der Artikel 3, der zu den Grundrechten – die ersten 19 Artikel; Sie wissen das – gehört, hier der stärkere Artikel ist. Deshalb haben wir dieses Parité-Gesetz geschrieben.

Frau Kollegin! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Woldeit von der AfD-Fraktion zulassen?

Nein, Herr Woldeit! Wir haben das schon mehrfach besprochen. Sobald Sie hier eine Rede halten, und zwar eine mindestens – sagen wir einmal – fünfminütige Rede, die ohne menschenfeindliche Kommentare auskommt, ohne Respektlosigkeiten gegenüber Minderheiten, bin ich gerne bereit, mit Ihnen zu diskutieren.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Ich bin nicht bereit, Teil Ihres AfD-Kasperletheaters zu werden. Da müssen Sie sich jemand anderen aussuchen.

[Georg Pazderski (AfD): Das nennt man Feigheit!]

Nein, das ist keine Feigheit. Ich bin Ihnen sowieso intellektuell überlegen. Das ist nun einmal so.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Lachen bei der AfD – Stefan Franz Kerker (AfD): Tata, tata, tata! – Thorsten Weiß (AfD): Heute schon was getrunken, was?]

Deshalb ist das keine Feigheit. Ich erspare den Zuseherinnen und Zuhörerinnen dieser wunderbaren Sitzung lediglich das, was die da immer so fragen.

Wir haben über den Artikel 3 geredet. Dieser ist mir, ebenso wie meinen Kolleginnen und Kollegen, auch sehr wichtig. Es geht um die Wahlfreiheit. Frau Vogel hatte es auch schon angesprochen. Dabei ist es so, dass entschieden werden muss: Ist dieses geschützte Verfassungsanliegen verhältnismäßig ausgehebelt, oder ist es nicht verhältnismäßig? – Darum geht es im Kern. Dabei wird der Wähler in seiner Wahlfreiheit nicht mehr beeinträchtigt als bei jeder anderen Listenwahl auch. Denn in jeder anderen Listenwahl ist es auch so: Wenn man nicht kumulieren kann, hat man keinen Einfluss auf die Listenaufstellung. Das ist doch ganz klar. Ich kann da nicht von

hinten nach vorne ziehen oder dergleichen; das sieht das Berliner Wahlrecht nicht vor.

[Marc Vallendar (AfD): Schon mal was von Parteienfreiheit gehört? – Georg Pazderski (AfD): Sie versucht sich gerade selbst zu überzeugen!]

Nein! – Parteien folgen hier bisher verschiedenen Kriterien – schon immer. Das sind beispielsweise die regionale Herkunft, die fachliche Kompetenz oder eben auch das Geschlecht. Das machen Grüne und Linke. Das wird auch als verfassungsmäßig richtig erachtet – das ist alles schon einmal beklagt worden –, wenn die Versammlung, die dort die Liste aufstellt, damit auch übereinstimmt. Das ist alles. Wir machen das auch bereits seit einiger Zeit. Wir müssen Verfahren finden, die Parität herstellen. Unser Vorschlag ist dieses Gesetz. Fassen Sie sich also noch einen Augenblick in Geduld! Wir werden Ihnen etwas vorlegen.

Jetzt noch einmal mein Appell an die Innenpolitiker, die im Wesentlichen damit beschäftigt sein werden – nicht die Gleichstellungspolitikerinnen: Es gibt da einige, die am Frauentag, der ja morgen begangen wird, immer sehr gerne Blumen verteilen. Das reicht im Jahr 2019 leider nicht mehr aus.

[Beifall von Katalin Gennburg (LINKE)]

Wie sagen wir immer so schön? – Statt Blumen und Präsente, Frauen in die Parlamente!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Derya Çağlar (SPD) und von Lars Düsterhöft (SPD)]

Das war es im Wesentlichen von mir. Es gäbe noch viel Gutes zu sagen über das, was wir in den zwei Jahren erreicht haben, aber das habe ich schon in der letzten Aussprache mit Frau Dr. Jasper-Winter, die gleich folgen wird, erörtert. Da machen wir sehr viel. – Allen, die daran mitgearbeitet haben, dass es dieses Paritätsgesetz gibt, dass es überhaupt die Verbesserung in der Frauen- und Gleichstellungspolitik gibt, an die möchte ich mich jetzt auch einmal wenden und mich herzlich bedanken. Das war eine Menge Arbeit, gerade auch in der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Da wurde in den letzten beiden Jahren sehr, sehr viel gearbeitet. Morgen wird gefeiert, und das ist auch gut so. Denn wie sagte schon meine Lieblingsanarchistin Emma Goldman? – Es ist nicht meine Revolution, wenn ich nicht tanzen kann. – Also, let’s dance!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Zuerst hat für eine Zwischenbemerkung der Kollege Herr Woldeit das Wort, und Frau Kollegin Schillhaneck stehen

dann noch drei Minuten Redezeit zur Verfügung für die zweite Rederunde. – Bitte schön, Herr Kollege!

[Mario Czaja (CDU): Let’s dance! Der Regierende und Frau Kofbinger, das wird lustig!]

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Frau Kofbinger! Übrigens, ich erlaube mir, Ihnen den kleinen Hinweis zu geben, dass meine Rede grundsätzlich damit beginnt, den Vorsitzenden zu begrüßen bzw. anzusprechen. Das haben Sie leider nicht gemacht.

Sie haben Folgendes gemacht: Sie haben mitunter Artikel des Grundgesetzes zitiert, das heißt, Sie wollten damit Ihre Verfassungskonformität unterstreichen und Sie sagen dann immer irgendetwas von Gleichstellung. Wenn ich mich richtig erinnere, steht in unserem Grundgesetz:

Männer und Frauen sind gleichberechtigt.

Ich würde Ihnen übrigens empfehlen, mir zuzuhören, weil Sie ja eventuell auf meine Intervention antworten müssen.

[Zurufe von Steffen Zillich (LINKE) und Sebastian Walter (GRÜNE)]

Und dann haben Sie mir persönlich vorgehalten – deshalb habe ich mich zur Kurzintervention gemeldet –, wenn ich einmal in einer Rede auf Beleidigungen, Verächtlichmachungen und Ähnliches verzichten würde, dass Sie dann mit mir in die Debatte gingen. Meine werte Frau Kollegin! Wenn Sie in der Lage sind, mir in den vergangenen, ich glaube, 30 Reden ein einziges Mal belegbar zu beweisen, wann ich das gemacht habe, dann haben Sie etwas gewonnen. Das schaffen Sie nämlich nicht, meine sehr geehrte Frau Kollegin!

[Beifall bei der AfD – Torsten Schneider (SPD): Oh! – Das war eine persönliche Erklärung, oder?]

Frau Kofbinger möchte nicht darauf eingehen. – Dann haben wir jetzt Frau Jasper-Winter. – Bitte, Frau JasperWinter!

[Torsten Schneider (SPD): Bei der AfD sind alle weinerlich! Nicht nur der Vorsitzende! – Georg Pazderski (AfD): Ach, da ist ja der Kleine! – Lachen bei der AfD]

So, die Herren haben sich ausgetauscht. Jetzt bitte ich wieder um Ruhe! – Frau Kollegin, Sie haben das Wort!

Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen von Rot-Rot-Grün! Zur heutigen Aktuellen Stunde haben

(Anja Kofbinger)

Sie das Thema „Internationaler Frauentag und gute Tarifabschlüsse für Berlin: Stärkung von Gleichstellung, Pflege- und Erziehungsberufen“ angemeldet.

[Steffen Zillich (LINKE): Genau!]

Dieser verquaste Titel allein zeigt schon, dass Sie anlässlich des morgigen Internationalen Frauentags keine stringente Idee haben, an welchen Stellen Sie eigentlich wo in der Stadt die Gleichberechtigung von Frauen angehen wollen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD]

Es fehlt nicht nur eine klare Perspektive – das haben wir auch an den Reden gerade merken können –, nein, es scheint Ihnen eigentlich auch keine echte Herzensangelegenheit zu sein, ansonsten hätten Sie für morgen Feierlichkeiten offizieller Art organisiert,

[Zuruf von Iris Spranger (SPD)]

im Rahmen derer dann mit der Stadtgesellschaft die wichtigen Themen für die Frauen in Berlin diskutiert werden. Also, kein roter Faden, reine Schaufensterpolitik, und das ist der Frauenpolitik nicht würdig.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Ja, wir Freien Demokraten stimmen Ihnen zu: Wir brauchen eine bessere Bezahlung von Erzieherinnen und Erziehern und von Pflegepersonal, und das wertet gerade auch diese typischen Frauenberufe auf. Mein Kollege Florian Swyter wird dazu und zu den Tarifabschlüssen gleich noch Stellung nehmen.

[Antje Kapek (GRÜNE): Warum machen Sie das nicht?]

Jedoch ist dieses nur ein Drehen am Schräubchen, an einem Phänomen, dessen Ursachen viel tiefer liegen.

Dann kommen wir doch zum Gender-Pay-Gap. Da muss man der AfD anscheinend Nachhilfe erteilen. Für uns Freie Demokraten ist klar: Ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern bei gleicher Qualifikation und gleicher Position, das sind 6 Prozent, und diese 6 Prozent sind vollkommen inakzeptabel und durch gar nichts zu rechtfertigen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Frau Kollegin! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Frau Auricht zulassen?