Protocol of the Session on March 7, 2019

So vielschichtig wie die Arbeitsinhalte der Integrationslotsinnen und -lotsen sind auch ihre Ausbildungen. – Frau Seibeld! Das haben Sie gerade bereits gesagt. Einige haben einen Schul- oder Berufsabschluss, andere haben keinen formalen Bildungsabschluss. Aber genau deshalb, sehr geehrte Frau Seibeld, fordern wir in unserem Antrag, modularisierte und damit passgenaue Qualifizierungsmaßnahmen für alle Lotsinnen und Lotsen zu entwickeln und ihnen genau so eine berufliche Perspektive zu eröffnen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Damit die Integrationslotsinnen und -lotsen schon jetzt gut arbeiten können, haben wir im Haushalt 2018/2019 als rot-rot-grüne Koalition das Geld für das Landesrahmenprogramm deutlich auf knapp 7 Millionen Euro jährlich erhöht. In diesem Ansatz stecken auch die Mittel für die Stadtteilmütter. Basisqualifikation, allgemeine, oder Supervisionen oder fortlaufende Zusatzqualifizierungen sind damit abgedeckt. Auch die zuständige Senatsverwaltung arbeitet bereits an der Frage, wie berufliche Perspektiven von Integrationslotsinnen und -lotsen entwickelt werden könne. Um herauszufinden, welche Voraussetzungen dafür notwendig sind, hat sie unter anderem bereits eine umfassende Expertise in Auftrag gegeben.

Die Arbeit der Integrationslotsinnen und -lotsen in Berlin ist ein wichtiger Baustein unserer Integrationspolitik. Dass es einen Bedarf für die Tätigkeit der Lotsinnen und Lotsen gibt, ist damit klar. Jetzt wollen wir als rot-rotgrüne Koalition die Qualität der Arbeit weiter sichern, denn wer für Berlin arbeitet, soll dies zu guten Bedingungen tun können.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Mit unserem Antrag bringen wir unsere Wertschätzung für die Arbeit der Integrationslotsinnen und -lotsen zum Ausdruck. Wir streben deshalb auch die reguläre Einstellung unter anderem in Jobcentern und der öffentlichen Verwaltung an.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Denn genau hier können die Lotsen helfen, Sprachbarrieren zu überwinden und kulturelle Unterschiede abzubau

en. Das sind oftmals Hindernisse für erfolgreiche Integration, die wir – und so habe ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition immer verstanden – alle gemeinsam erreichen wollen.

Damit es auch auf dem regulären Arbeitsmarkt eine Nachfrage nach ausgebildeten Integrationslotsinnen und -lotsen gibt, müssen wir entsprechende Stellen im Sozi- al-, Bildungs- und Gesundheitsbereich schaffen. Auch dafür brauchen wir diesen Antrag. Die Integrationslotsinnen und -lotsen sprechen die Sprachen der Zugewanderten, kennen die behördlichen Abläufe und helfen bei allen Fragen des Ankommens. Sie verfügen über ein breites Wissen zu integrationsrelevanten Angeboten. Deshalb wollen wir mit unserem Antrag das Berufsbild der Integrationslotsinnen und -lotsen weiterentwickeln, ihnen eine berufliche Perspektive schaffen und damit Sicherheit geben.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Damit Integration gelingt, müssen wir sie mit Leben füllen. Das machen wir mit unserem Antrag. – Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Tabor. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Berliner Bürger! Das Landesrahmenprogramm Integrationslotsen hat eine doppelte Hilfeabsicht: Einerseits hilft das Projekt den Stadtteilmüttern und Integrationslotsen; anderseits helfen diese wiederum anderen Menschen in Berlin – auf den ersten Blick eine Win-win-Situation.

Es verdeutlicht aber auch, dass uns der ungeregelte Zustrom der letzten Jahre und Jahrzehnte nicht die benötigten Fachkräfte ins Land gebracht hat, sondern Menschen, die Hilfe benötigen, die massive Kosten für den Steuerzahler verursachen.

[Beifall bei der AfD]

Wenn man sich die Zahlen genauer anschaut, sind das keine Menschen aus England, Spanien oder Italien, sondern es sind nahezu ausnahmslos Menschen aus islamischen Ländern – genau die, die uns in der Vergangenheit als neue Rentenzahler angepriesen wurden.

Integrationslotsen sind nun im Bereich der sozialen Arbeit tätig, verfügen aber nicht über eine entsprechende Berufsqualifikation. Sie leisten zum Teil gute Arbeit,

(Dr. Nicola Böcker-Giannini)

lassen aber auch oftmals eine professionelle Haltung und das nötige Fachwissen vermissen.

[Beifall bei der AfD]

Ein Crashkurs, der immerhin 150 Stunden umfasst, kann eine Ausbildung nicht ersetzen, und ein Migrationshintergrund als Qualifikation schon gar nicht deklarieren. Das deutsche Ausbildungssystem setzt auf Qualitätssicherung und Qualitätsstandards. Das muss auch für den Bereich der sozialen Arbeit gelten. Der gutgemeinte Einsatz von Stadtteilmüttern und Integrationslotsen birgt die Gefahr der Entprofessionalisierung der sozialen Arbeit.

Sie fordern in Ihrem Antrag gezielt Weiterbildung – so weit, so gut. Die GFBM bietet Qualifizierung zum Integrationslotsen wie auch zum Sprachmittler an. Die ASH vergibt das Hochschulzertifikat Fachkraft für soziale Arbeit mit Geflüchteten – hört, hört! – Was genau wollen Sie eigentlich noch? – Ein eigenes Berufsbild kann das Land Berlin sowieso nicht in die Wege leiten; dafür ist nämlich der Bund zuständig.

[Beifall bei der AfD]

Es bleibt also der Eindruck, dass hier ein Schaufensterantrag für 210 Integrationslotsen behandelt werden soll. Das zeigt einmal wieder die Ideenlosigkeit der linken Parteien, vor allem aber der SPD, denn jetzt wird es interessant, jetzt können Sie einmal zuhören: Interessant ist die Zuständigkeit. Die Fachstelle Landesrahmenprogramm Integrationslotsen, vormals Regiestelle, ist bei der SPX Consult GmbH angesiedelt. Die SPX gehört zu einem Geflecht von Firmen, die bereits seit 1991 die Arbeitsmarktpolitik des Senats umsetzen. Die beauftragten Firmen tragen zwar unterschiedliche Namen, aber – so rügte der Landesrechnungshof; jetzt würde ich gern zitieren:

Die Gesellschafter dieser unterschiedlichen juristischen Personen sind stets die SPI

jetzt in SPX umbenannt –,

die gsub mbH und die ZiZ, die entweder getrennt oder gemeinsam als Gesellschafter auftreten.

Die Senatsverwaltung greife stets auf „dieselben externen Dienstleister zurück“. Zudem seien die beauftragten Unternehmen „gesellschaftsrechtlich und personell“ eng verbunden, mehr noch: Die handelnden Akteure kennen sich seit Jahren und sind in der SPD bestens vernetzt. – Für mich ein eindeutiger Beweis und ein Paradebeispiel für den Berliner Filz.

[Beifall bei der AfD]

Die Senatsverwaltung für Arbeit lässt es zu, dass die immer selben Dienstleister sich de facto selbst kontrollieren, oder mit anderen Worten: Eine hinreichende Kontrolle ist einfach nicht gegeben.

Was haben z. B. Engländer, Italiener, Polen oder Russen gemeinsam? – Sie sind in der Regel alle integrationswil

lig, und genau diese Leute brauchen wir in Berlin oder in Deutschland.

[Beifall bei der AfD]

Wen wir nicht brauchen, sind Integrationsunwillige. Daher sage ich Ihnen, was wir brauchen, wenn wir überhaupt Lotsen brauchen: Wir brauchen Lotsen, die die Herrschaft der Imame hier in den Moscheen endlich brechen, die Menschen vor die Wahl stellen: Akzeptanz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung oder Rückführung in ihre Herkunftsländer.

[Beifall bei der AfD]

Wir brauchen keine Integrationslotsen, sondern fleißige Einwanderer, die den Willen zur Integration schon bei der Grenzüberschreitung mitbringen. Deshalb werden wir den Antrag ablehnen, auch wenn er erst in den Ausschuss kommt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Dr. Kahlefeld. – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Fachlichen haben meine Kolleginnen Katina Schubert und Nicola Böcker-Giannini schon eine ganze Menge gesagt. Aber das Gute an so einer Koalition ist: Ich kann es jetzt das dritte Mal sagen, und vielleicht kommt dann auch etwas an.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Berlin braucht als Einwanderungsstadt Strukturen, die es neu ankommenden Menschen leichter machen, hier schnell und erfolgreich Fuß zu fassen – egal, ob temporär oder auf Dauer. Das bewährte Programm der Integrationslotsinnen – und ich verwende immer die weibliche Form, um es sprachlich nicht so kompliziert zu machen – ist ein wichtiger Baustein in dieser Struktur. Mit diesem Antrag wollen wir aus dem Programm eine ständige und verlässliche Institution machen.

Für die Lotsinnen heißt das: raus aus der Prekarität, rein in normale Arbeitsverhältnisse! Künftig sollen Bezirksämter in ihren Stellenplänen Integrationslotsinnen einstellen können, Unterkünfte, Jobcenter und Familienzentren ebenso. Das Jugend- und Sozialamt eines Bezirks z. B. kann damit künftig, wenn es gebraucht wird, ganz regulär und neben den anderen Mitarbeiterinnen auch Lotsinnen beschäftigen. Mit einer zertifizierten Qualifikation als Integrationslotsin können sich Menschen auf diese Stellen bewerben.

(Tommy Tabor)

In Städten wie Rostock gibt es bereits gute Erfahrungen mit Integrationslotsinnen, die in Jobcentern eingesetzt werden. – Jetzt, Frau Seibeld, sollten Sie zuhören: Um das in Berlin zu erreichen, soll der Senat in Verhandlungen mit den dafür in Frage kommenden Akteuren treten. Das sind die Akteure, die es möglich machen, dass Integrationslotsinnen an den Jobcentern eingestellt werden, vor allen Dingen im Eingangsbereich. Auch in Unternehmen gibt es Bedarf und Verwendung für Lotsinnen, die sie bei der Integration, Einarbeitung und interkulturellen Öffnung der Betriebe unterstützen.

Ich hatte vor dem Flüchtlingssommer 2015 oft den Eindruck, dass man alle Probleme der Zuwanderer mit diesen Lotsinnen lösen wollte – Beratung, Begleitung, Kulturmittlung – und dass das in einem krassen Missverhältnis zu den hohen Ansprüchen an die Problemlösungskompetenz dieser Menschen stand, aber ihre Finanzierung aus Maßnahmen und der damit einhergehenden Kurzfristigkeit der Arbeitsverhältnisse erfolgte.

Als Berlin dann schnell und in großer Zahl Helferinnen bei der Betreuung der vielen Geflüchteten brauchte, hat sich das Konzept der Integrationslotsin bewährt. Die Qualifikation wurde weiterentwickelt, Arbeitsabläufe haben sich eingespielt, und es hat eine enorme Professionalisierung des vormaligen Projekts stattgefunden. Darauf bauen wir auf, und deshalb muss sich beides ändern: Wir wollen eine adäquate Bezahlung, reguläre Beschäftigungsmöglichkeiten und eine adäquate Beschreibung der Einsatzmöglichkeiten. Deshalb gehören die Lotsinnen meines Erachtens auch nicht in den Berliner Modellversuch für ein Grundeinkommen. Das wäre wieder eine Maßnahme, wieder eine Unterschätzung ihrer Einsatzmöglichkeiten und zu schlecht bezahlt. Für die meisten Lotsinnen würde dieser Modellversuch einen Rückschritt bedeuten.

Es hat sich gezeigt, dass die Mehrheit der Menschen, die über eine sogenannte Maßnahme in der Position als Integrationslotsin landen, akademische Abschlüsse, Berufe und Berufserfahrungen haben, zumeist alles drei. Wenn wir sie für die Lotsinnentätigkeit nicht verlieren wollen, müssen wir ihnen eine berufliche Perspektive geben: entweder als Lotsin, aber dann regulär, oder indem wir sie dahin begleiten, eine andere anerkannte Qualifikation zu erreichen. Auch für Personen, die nur Schulabschlüsse, aber noch keine berufliche Qualifikation haben, macht es Sinn, ein Berufsbild Integrationslotsin zu entwickeln und ihnen damit eine Chance auf den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen.

Was sich 2015 bewährt und danach weiterentwickelt hat, nutzen wir jetzt, um dauerhaft Strukturen aufzubauen, die Berlin als Einwanderungsstadt braucht. Aus meinen Besuchen bei den Trägern weiß ich, dass wir damit viele engagierte und enorm idealistische Menschen für Berlin

gewinnen. Sie haben eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen mehr als verdient.