Protocol of the Session on February 21, 2019

Die haben 2012 hier ebenfalls viel über Transparenz gesprochen. Seinerzeit hat die Grünen-Fraktion dazu ein Transparenzgesetz vorgelegt. Herr Schlömer, Sie machen hier interessante Ausführungen, die insofern zutreffend sind: Wie geht man mit Mobilitätsdaten der Berliner Verwaltung um? Wie geht man mit künstlicher Intelligenz um? Wie geht man grundsätzlich mit Daten der Berliner Verwaltung um? Sie wissen – das habe ich Ihnen gesagt –, dass ich finde, dass die Daten der Berliner Verwaltung allen Berlinerinnen und Berlinern gehören, denn die Steuerzahler bezahlen letztendlich die Mitarbeiter, die diese Daten erstellen. Insofern bin ich ein Freund davon,

(Bernd Schlömer)

dass mehr Daten der Berliner Verwaltung offen zugänglich sind.

Gleichwohl werden wir uns darüber unterhalten müssen, dass nicht alle Menschen über einen Internetanschluss, ein Smartphone und ein iPad verfügen. In meiner Rede 2012 habe ich meine Oma als Beispiel gebracht, die damals 85 Jahre alt war. Jetzt ist sie ein bisschen älter. Sie hatte noch nie ein iPad in der Hand, außer wenn ich es ihr einmal gezeigt habe. Wir müssen sicherstellen, dass die vielen Berlinerinnen und Berliner, die über diese technischen Möglichkeiten, in denen Sie ganz firm sind, nicht verfügen, die Möglichkeit haben, in dieser Gesellschaft Transparenz zu erfahren, dass sie die Möglichkeit haben, analoge Angebote zu nutzen und dass auch die Berliner Verwaltung ihnen Möglichkeiten gibt, Angebote zu nutzen. Lassen Sie uns darüber im Ausschuss diskutieren. Ich sehe aber derzeit nicht, dass wir das Gesetz so beschließen werden. – Herzlichen Dank!

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Stettner das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Schlömer! Sie haben ein schönes Flipchart bemalt auf Ihrer Website. Sie haben dargestellt, wie man ein Gesetz macht. Der Kollege Kohlmeier hat Ihnen gerade gesagt, wie man es aus seiner Sicht nicht macht. Eins hat mir daran nicht gefallen. Ich möchte daran arbeiten, das zu ändern. Da tauchte die FPD auf, da tauchte R2G auf, aber wir tauchten gar nicht auf. Ich möchte mir mein eigenes kleines Kästchen verdienen, indem ich sage: Wir arbeiten sehr gerne an dem Entwurf mit, denn wir finden das Vorgehen gut.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Um was geht es? – Alles, was Verwaltung und Politik macht, soll öffentlich verfügbar sein. Das klingt soweit ziemlich selbstverständlich, ist momentan aber eine Holschuld und keine Bringpflicht. Das soll gedreht werden in eine Bringpflicht seitens des Staates gegenüber dem Souverän, dem Bürger. Zweitens betrifft es nicht nur die Landesverwaltung, sondern alles, was vom Staat kontrolliert oder beherrscht wird. Das ist eine wesentliche Veränderung. Es ist die Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes, wie es Herr Kohlmeier gesagt hat. Das steht in der rot-rot-grünen Koalitionsvereinbarung. Es ist aber bis dato noch nicht passiert. Deswegen ist das jetzt von der FDP eingebracht worden. Das kann ja kein falscher Weg sein. Ein gutes Beispiel ist Hamburg, wo es das bereits seit sechs Jahren gibt.

Warum machen wir das? – Transparenz ist aus unserer festen Überzeugung die Pflicht gegenüber unserem Souverän. Wir glauben, dass eine ganze Menge Verschwö

rungstheoretiker es deutlich schwerer haben werden, ihre Verschwörungen zu publizieren, wenn man nachgucken kann, was eigentlich da ist. Wissen schützt in diesem Fall vor Dummheit oder vor dem Folgen falscher Verschwörungstheoretiker. Ich bin außerdem fest davon überzeugt, dass zum absolut überwiegenden Teil Verwaltungshandeln und politisches Handeln im besten Wissen und Gewissen gemacht wird und deswegen auch transparent sein kann. Wenn es einmal nicht so gehandhabt wird, dann ist es unser Interesse, das aufzudecken. Das finden wir gut. Wir sollten alle in die Lage versetzen, möglichst barrierefrei und einfach Informationen zu bekommen.

Zu den Daten, die zu schützen sind, hat der Antragsteller bereits etwas gesagt. Das ist im Entwurf enthalten. Personenbezogene Daten, Gerichtsdaten, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, geistiges Eigentum, innere Sicherheit – darüber werden wir genauer zu sprechen haben.

Zwei, drei Fragen habe ich allerdings doch noch, die wir im Ausschuss diskutieren sollten. Die Verträge sollen so veröffentlicht werden, dass sie einen Monat vor Inkrafttreten öffentlich sind. Mir muss noch erklärt werden, wie das in der Praxis gelebt werden soll. Das habe ich noch nicht verstanden. Die Zeitvorgaben sind ambitioniert. Die Verwaltung hat vier Wochen Zeit, um zu antworten. Nach 15 Werktagen soll sie reagieren. Und wenn ich mir angucke, wo wir momentan stehen – wir hatten das Thema heute ja schon: Die Basis ist die technische Voraussetzung in der Verwaltung –, dann stellen wir fest, dass wir das, was wir an elektronischen Verwaltungsabläufen im E-Government-Gesetz geregelt haben und was in zehn Monaten laufen soll, noch nicht annähernd geregelt haben.

Ich komme zum Ende: Wir brauchen ganz viel Technik in unserer Verwaltung, um das bereitstellen zu können. Wir müssen nichts beschließen, was wir nachher nicht exekutieren können. Also werden wir erstens über das Gesetz zu reden haben und zweitens ganz dringend daran zu arbeiten haben, die Voraussetzungen in der Berliner Verwaltung zu schaffen, dass es auch durchgeführt werden kann. – Danke!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Herr Dr. Efler das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Öffentlichkeit ist der Sauerstoff der Demokratie.“ – Das hat Günter Wallraff vor einigen Jahren mal aufgeschrieben. Ich finde, er hat völlig recht. In Zeiten von Verschwörungstheorien und Fake-News ist es wichtig, dass der Staat mit gutem Beispiel vorangeht

(Sven Kohlmeier)

und sich so offen und zugänglich seinen Bürgerinnen und Bürgern gegenüber präsentiert, wie nur möglich.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Steffen Zillich (LINKE)]

Ein Transparenzgesetz spielt dabei eine wichtige Rolle – nicht die einzige, aber eine zentrale. Es stärkt die Kontrolle der Regierung. Es fördert das Vertrauen in Politik und Verwaltung. Es erleichtert die politische Teilhabe, und es beugt Korruption und Steuerverschwendung vor. Von daher gebührt der FDP-Fraktion erst einmal Anerkennung für diesen Gesetzentwurf.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Sie wissen, wir haben die Weiterentwicklung des Informationsfreiheitgesetzes in Richtung eines Transparenzgesetzes in unseren Koalitionsvertrag aufgenommen, und meine Fraktion wird sich energisch dafür einsetzen, dass es umgesetzt wird. Die Vorarbeiten dazu laufen. Es ist nicht richtig, dass noch nichts passiert ist. Es laufen ja auch schon Vorarbeiten für die Umsetzung des EGovernment-Gesetzes, die in gewisser Weise Voraussetzung sind. Da ist schon mehr in Bewegung, als man jetzt vielleicht sieht. Wir werden aber auch dafür kämpfen – das gilt aber auch für alle weiteren Bürgerrechts- und Demokratiepunkte im Koalitionsvertrag –, dass das Ganze kommt, und zwar auch relativ zeitnah.

Ich will noch einem möglichen Gegenargument gegen ein Transparenzgesetz widersprechen, das immer genannt wird: Wir haben doch ein IFG, und das reicht doch aus. Wir sind schon ganz weit vorne. – Das waren wir mal. Wir waren tatsächlich mal Spitzenreiter. Das sind wir aber nicht mehr. Ein Transparenzranking mehrerer Nichtregierungsorganisationen hat festgestellt: Berlin ist mittlerweile auf Platz 4 abgesunken. Mehrere Bundesländer haben uns überholt. Das liegt vor allem daran, dass wir wenig proaktive Veröffentlichungspflichten haben, eben kein wirkliches Transparenzregister, wie es Hamburg, aber auch Rheinland-Pfalz oder Bremen mittlerweile haben.

Ein weiteres Problem: Wir haben sehr viele öffentliche Unternehmen in privater Rechtsform, und die unterliegen im Augenblick nicht dem Anwendungsbereich des IFG. Deswegen sind z. B. alle öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften oder auch die Stadtwerke nicht auskunftspflichtig. Das wollen wir auf alle Fälle ändern, und das hat die FDP in ihrem Entwurf drin. Das lobe ich ausdrücklich.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP – Benedikt Lux (GRÜNE): Wenn es eine Ausnahme bleibt!]

Jetzt habe ich die FDP aber schon so viel gelobt, dass es fast schon gefährlich ist. Deswegen muss ich doch noch

ein bisschen Wasser in den Wein gießen. In dem Gesetzentwurf sind doch relativ viele Ausnahmen drin. Warum Sie z. B. die gesamte Grundlagenforschung ausnehmen wollen, verstehe ich nicht. Das finde ich ein bisschen weitgehend. Ich finde auch, dass die Übergangszeiträume nicht so lange sein müssen. Es laufen ja einige Vorarbeiten, bei der elektronischen Akte zum Beispiel. Ich glaube nicht, dass wir viele Jahre warten müssen, bis wir dann wirklich dieses Transparenzregister machen können. Da können wir ein bisschen schneller rangehen.

Auch über die einzelnen Fristen müssen wir in den Ausschüssen noch reden. Das stört aber ausdrücklich nicht den guten Gesamteindruck, den dieser Gesetzentwurf hinterlässt. Sie haben dazu eine gute Vorlage durch den Gesetzentwurf des Volksbegehrens „Transparenzgesetz“ gehabt, Sie haben sich davon inspirieren lassen. Das finde ich aber legitim. Das ist kein Problem, und das haben Sie auch gesagt. Ich finde das okay. Ich freue mich auf die Beratungen in den Ausschüssen, und ganz sicher ist: Am Ende dieser Wahlperiode wird Berlin ein besseres Informationsfreiheitsgesetz oder ein Transparenzgesetz haben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Für die AfD-Fraktion hat Herr Gläser das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Öffentliche Betriebe dürfen sich dem Auskunftsersuchen von Bürgern nicht einfach entziehen. Leider haben wir das in der Vergangenheit bei der Grün Berlin oder der Berliner Immobilienmanagement viel zu oft erlebt, dass solche Firmen mit Blick auf das Informationsfreiheitsgesetz sagen: Wir werden als GmbH geführt und müssen deswegen keine Auskunft geben!

Diese Scharte würde ausgewetzt, wenn dieses Gesetzesvorhaben von der FDP verwirklicht wäre, und das wäre schon der erste Grund für uns, zuzustimmen. Wir unterstützen auch sonst das Vorhaben und den Geist dieses Gesetzes: Der Staat muss mehr von sich heraus Daten veröffentlichen. Er muss auch Plattformen machen, wo er das veröffentlicht, und er darf dafür keine oder, wenn überhaupt, nur ganz geringe Gebühren nehmen.

Es gibt zwei Dinge, die ich zu bedenken gebe: Das eine ist, dass ich vor allzu großer Euphorie oder allzu großem Optimismus warne. Von den Befürwortern wird mit Blick auf das Hamburger Transparenzgesetz, das 2012 verabschiedet worden ist, immer gesagt: Hinterher ist die Elbphilharmonie problemlos gebaut worden. – Ich glaube nicht, dass es einen Kausalzusammenhang gibt zwischen Transparenzgesetz und irgendwelchen Großprojekten, wo

(Dr. Michael Efler)

es Schwierigkeiten gibt und die dann gleich hinterher verwirklicht werden. Das wäre schön, wenn das in Berlin ginge, aber ich glaube nicht, dass wir den BER schneller fertigbekommen, weil wir das Transparenzgesetz haben.

[Beifall bei der AfD]

Der zweite Punkt ist: Natürlich hat der Senat alle Hände voll zu tun. Mit dem E-Government-Gesetz ist er ordentlich beschäftigt. Aber an dieser Stelle würde ich argumentieren: Wenn er ohnehin schon neue IT-Systeme für die Stadt aufsetzen muss, dann sollte er gleich künftige Publikationspflichten berücksichtigen. Das ist allemal besser, als wenn er später auf sein existierendes System draufsatteln muss.

Jetzt komme ich zu einem Punkt: Herr Schlömer! Sie haben um Verbesserungsvorschläge gebeten, und wir werden mit einem entsprechenden Antrag im Ausschuss kommen. Ein Anliegen meiner Partei, das für uns unglaublich wichtig ist, fast schon eine conditio sine qua non: Wir fordern, dass der Migrationshintergrund von Tätern wieder in der Polizeistatistik genannt wird. Und wenn dieses Transparenzgesetz diesen Namen zu Recht trägt, dann muss diese Information da auch drinstehen. Unter § 4, Abs. 5 haben wir die Pflicht zur Nennung amtlicher Statistiken, und das läuft unter ferner liefen. Für uns ist das eine ganz zentrale Angelegenheit.

Wie ist es in Berlin? – Bis zum Jahr 2012 wurde in der polizeilichen Kriminalstatistik der Migrationshintergrund genannt, und dann, in einer Nacht- und Nebelaktion verschwand das plötzlich. Jetzt gibt es nur noch deutsche und nichtdeutsche Täter. Wir alle wissen, dass das die Wirklichkeit nicht ausreichend abbildet.

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Deswegen bedeutet Mut zur Wahrheit, dass die Berliner die Wahrheit darüber erfahren, was die Auswirkungen Ihrer illegalen Einwanderungspolitik sind.

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Nein, wir reden über Tatverdächtige, und das gehört in die Polizeistatistik, Herr Lux! – Lassen Sie mich kurz eine Anekdote aus den Nullerjahren schildern, um zu zeigen, dass auch damals schon bei dieser Statistik getrickst worden ist und Polizei bzw. Senat nie gerne offen die Zahlen herausgegeben haben: Ich bin damals einer Geschichte nachgegangen, wo es um eine Gruppe von Schülern aus Neukölln ging. Die gingen im Wedding zur Schule und haben am letzten Schultag vor den großen Ferien, also am Tag der Zeugnisausgabe, auf dem Heimweg einen kleinen Zwischenstopp am Alexanderplatz eingelegt und eine Plus-Filiale aufgesucht. Da haben sie Sachen herumgeworfen, ein bisschen was geklaut, die Kassiererinnen beeinträchtigt und drangsaliert. Die haben die Polizei gerufen. Die Polizei kam, hat die Rotte Jugendlicher festgenommen und die Personalien von denen

aufgenommen. Dann war das keine Meldung in den Nachrichten.

Dann bin ich der Sache nachgegangen, habe mit Leuten vor Ort gesprochen, bei der Polizei angerufen und nach dem Migrationshintergrund der Tatverdächtigen gefragt. Dann habe ich die Antwort Nein bekommen – das Gespräch war ziemlich kurz. Ich fragte bei der Polizei: Wie sieht es aus mit dem Migrationshintergrund? – Das kann ich Ihnen nicht sagen! – Wieso nicht? Können Sie mir etwas über die Herkunft sagen? – Das sind alles Deutsche! – Aber was ist mit dem Migrationshintergrund? – Das sage ich Ihnen nicht! – Können Sie dann wenigsten mal nach den Nach- oder Vornamen gucken? – Das mache ich nicht! – Rumms! Dann war das Gespräch vorbei, dann hat der Polizeipressesprecher einfach aufgelegt Woraufhin ich in der Zeitung geschrieben habe, dass die Berliner Polizei sich weigert, diese Informationen herauszugeben. Und dann haben die mich verklagt! Dann hieß es plötzlich, er hat die Unwahrheit gesagt.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Aber was soll ich Ihnen sagen? – Die Sache kam vor Gericht, und ich habe den Prozess gewonnen und darf weiterhin behaupten, dass die Berliner Polizei damals den Berlinern diese Information vorenthalten hat.

[Beifall bei und Zurufe von der AfD]

Der Kampf geht weiter. Er ist wichtig; der Migrationshintergrund bei Tatverdächtigten ist eine wichtige Sache.

Ein letzter Punkt: Wenn wir hier über das Transparenzgesetz sprechen – das ist alles schön und gut. Aber ich sage Ihnen: Im Gulag und im Stalinismus nutzt Ihnen auch kein Transparenzgesetz! Unser Land wird nur schöner, und es wird nur Freiheit, Reichtum und Wohlstand für das deutsche Volk geben, wenn wir weniger Staat haben, weniger Steuern, weniger Einmischung in unser Privatleben, weniger Verbote. Wenn das auch noch transparent geschieht, sind wir in der besten aller Welten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]