Protocol of the Session on January 24, 2019

Für die CDU-Fraktion und ich denke, auch für viele andere im Haus, die sich auch in ihren internen Debatten immer wieder deutlich zu Wort gemeldet und gesagt haben, welche Feiertage aus ihrer Sicht sehr viel besser geeignet wären, steht bewusstes Erinnern und Gedenken im Vordergrund. Wenn wir über die Feiertage, die in Betracht kämen, sprechen, dann, glaube ich, können wir weiterhin in der Tradition bleiben, die wir hatten. Wir haben als Berliner Abgeordnetenhaus selbstverständlich anerkannt, dass 500 Jahre Reformation als Jubiläum ein Anlass sind, innezuhalten und auch die Stadt insgesamt diesen Tag feiern zu lassen. Wir haben Sie eingeladen, den Blick in die Zukunft zu werfen und mit uns darüber nachzudenken, welche Anlässe denn sonst in Betracht kommen, in so herausgehobener Art und Weise begangen zu werden, dass auch der Letzte in Berlin, der diesen Tag nicht einfach nur als arbeitsfrei genießen soll, sondern ihn bewusst begehen soll, versteht, warum ein entsprechender Feiertag vom Berliner Abgeordnetenhaus festgelegt wird. Das haben wir vorbildlich beim Reformationsjubiläum

geschafft, und ich hätte es mir auch für andere Feiertage gewünscht. Dieser Debatte haben Sie sich aber verweigert.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Was?]

Nachdem wir über Wochen Ihren Feiertagsbasar erdulden und erleiden mussten, haben Sie sich in Hinterzimmern auf den 8. März verständigt, und seitdem hören wir in einer Rede nach der anderen,

[Zurufe von der SPD]

dass das erstens die Situation der Frauen in Berlin verbessern würde, was nicht stimmt, und zweitens Berlin damit gesellschaftspolitische Avantgarde im Bundesgebiet sein würde, was auch nicht stimmt.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Der 8. März ist kein neuer, kein innovativer, kein avantgardistischer Feiertag. Der 8. März ist zutiefst reaktionär. Berlin und Deutschland haben den 8. März als Feiertag bereits gekannt, und in der Welt habe ich Ihnen schon beim letzten Mal eine Reihe von Beispielen genannt, die Berlin da auch längst mit Beispiel vorangehen.

[Zurufe von der SPD]

Das sind Nordkorea, Kuba, Vietnam und die Volksrepublik China. Und wenn Sie mir jetzt erzählen, dass die Situation der Frauen in all diesen Ländern so ist, dass wir uns davon eine Scheibe abschneiden sollen, dann gehen Sie reichlich blind durch die Welt.

[Beifall bei der CDU und der AfD]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Das wird alles ein bisschen knapp. – Noch einmal zum Thema Avantgarde: Die deutsche Geschichte kennt den 8. März. Ich will allen, die glauben, sie gehen jetzt mit gutem Beispiel voran, in Erinnerung rufen, nein, das tun sie nicht, der 8. März hat nämlich eine rein sozialistische Tradition auch hierzulande.

[Katina Schubert (LINKE): Da kriege ich ja Angst! – Zuruf von Iris Spranger (SPD)]

Nachdem Sie Ihren Beitrag zur Begründung des 8. März mit Rosa Luxemburg abgeschlossen haben, kann ich nur sagen, mit Verlaub, ich bin sehr froh, dass diese Hauptstadt der Freiheit bestrebt ist, jedem Menschen seine Freiheit der Entfaltung zu gewähren, dass diese Stadt nicht etwa gönnerhaft-gnädig den Frauen einen Feiertag gewähren sollte,

[Zuruf von Dr. Manuela Schmidt (LINKE)]

sondern dass wir alle miteinander in der Pflicht stehen, jeden Tag zum Frauentag zu machen,

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Zurufe von der SPD – Bettina Domer (SPD): Heuchler!]

dass wir alle miteinander in der Pflicht stehen, jeden Tag alles dafür zu tun, dass Missstände, die Sie gar nicht zu Unrecht beklagen, abgestellt werden. Das ist auch unsere politische Verantwortung. Was Sie hier veranstalten, ist nicht mehr als ein billiger Zaubertrick, um darüber hinwegzutäuschen, dass wir auf anderen Gebieten noch sehr viel wichtigere Probleme vor uns haben, die es zu lösen gilt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP –

Vereinzelter Beifall bei der AfD)

Vielen Dank! – Dann hat der Kollege Schneider das Wort zu einer Zwischenbemerkung. – Bitte schön!

Ich würde jetzt auch ein bisschen zittern an Ihrer Stelle. Erstens: Ich bin hierhergegangen, weil ich ein Mann bin. Zweitens: Ich bin hierhergegangen, weil ich eine ostdeutsche Biografie habe. Was Sie hier abziehen, das zeigt Ihr Bewusstsein. Es gab in der DDR viele Feiertage. Ich erinnere nur noch einen, und das war der Frauentag, weil – und so haben wir das gelernt – mindestens mal an einem Tag diesem Selbstverständnis Ausdruck verliehen werden muss. Wofür Sie hier geworben haben, das jeden Tag zu machen, da brauche ich doch nur in Ihre Reihen zu gucken, das ist doch ein Witz, Herr Kollege, was Sie hier abliefern.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Martin Trefzer (AfD)]

Und ich will Ihnen – zweitens – sagen: Sie geben uns ja hier in zweifacher Sicht auch noch Gelegenheit, das zu perpetuieren. Sie haben eine namentliche Abstimmung beantragt, nicht etwa zu Ihrem Quatschantrag, sondern zum Antrag der Koalition. Na, diese Antwort bekommen Sie doch mit größtem Vergnügen. Wie sind Sie denn auch taktisch aufgestellt? Wir bekennen uns zu diesem Tag.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Ülker Radziwill (SPD): Sehr gern!]

Drittens, bevor wir zu den vielen Sachargumenten kommen: Sie haben das Kunststück fertiggebracht, sich einen schlanken Fuß zu machen, indem Sie einen Antrag gestellt haben, alle Feiertage, die sich jemals jemand in der CDU ausgedacht hat, rollieren zu lassen. Das ist Opportunismus!

[Zuruf von der SPD: Ja!]

Sie haben nicht die Kraft zu priorisieren, meine Herren!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP – Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD) – Frank-Christian Hansel (AfD): Da haben Sie recht!]

Wir mussten das tun, denn es gibt sehr gute Argumente für diesen und jenen Tag. Im politischen Geschäft und von politischer Führung wird aber Priorisierung erwartet. Das haben wir in keinem Hinterzimmer gemacht, sondern auf drei Parteitagen. Wir sind da völlig klar sortiert.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Stefan Evers (CDU): Hört, hört!]

Vielen Dank! – Dann hat der Kollege Evers die Möglichkeit zur Erwiderung.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Von wegen, das geht jetzt aber schnell! – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Vielen Dank, Herr Schneider! Ich mache Ihnen gerne das Geburtstagsgeschenk, darauf noch zu erwidern,

[Andreas Kugler (SPD): Schweigen wäre ein Geschenk für alle!]

auch wenn man sehr darüber streiten kann, ob es eine Erwiderung wert ist.

Ich bin sehr stolz darauf, Mitglied einer Partei zu sein, die seit geraumer Zeit die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland stellt,

[Beifall bei der CDU – Oh! von den GRÜNEN]

deren Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer heißt, deren Landesvorsitzende die erfolgreiche Kulturstaatsministerin Monika Grütters ist

[Lachen und Zurufe von der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN]

und durch deren Reihen wir auf allen Ebenen der Kommunalpolitik, im Landesvorstand – suchen Sie es sich aus – gehen können und eine Menge leistungsstarker Frauen finden werden, die stolz darauf sind, Mitglied und Mandatsträgerin der Berliner und der deutschen CDU zu sein – erster Punkt.

[Zuruf von Sabine Bangert (GRÜNE)]

Zweiter Punkt: Ich glaube, die Menschen im Ostteil unserer Stadt erinnern sich an vieles mehr als an den Frauentag als Feiertag.

[Iris Spranger (SPD): Das können Sie gar nicht einschätzen!]

Viele dieser Erinnerungen sollten uns sehr nachdenklich stimmen, in welche Tradition wir uns hier einreihen. Dass wir sehr sensibel sind, an diese Tradition anzuknüpfen, das mögen Sie uns in diesem Berliner Abgeordnetenhaus, in der Geschichte dieser geteilten Stadt bitte nicht übelnehmen. Selbst Rot-Rot-Grün in Thüringen, die ja in ähnlicher Art und Weise Ihrem Grundansatz folgt: Wenn wir sonst nichts gelöst bekommen, diskutieren wir mal über einen Feiertag –, hat sich gegen den Frauentag entschieden.

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Wenn Sie den Kollegen dort jetzt unterstellen wollen, dass sie weniger weit sind als Sie hier, dann diskutieren Sie das mit denen mal aus.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von Iris Spranger (SPD)]

Vielleicht waren Sie im Haus geistig abwesend, als wir diskutiert und beschlossen haben – ich war damals noch nicht in Person hier, aber ich habe die Debatte sehr genau verfolgt –, das Jubiläum 500 Jahre Reformation zum Feiertag zu machen. Das war ein grandioser Kraftakt.

[Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE)]