Protocol of the Session on December 13, 2018

… die Gleichstellung und gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens herzustellen und zu sichern.

Das ist unserer Aufgabe. Da gibt es doch gar nichts mehr zu deuteln.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Vallendar?

Herr Vallendar! Wir haben beim letzten Mal besprochen: Lieber keine Frage stellen als eine schlechte. – Ich bleibe dabei. Vielen Dank!

[Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Der Internationale Frauentag als Feiertag ist natürlich passend für unsere Stadt, für unser Berlin, in der viele verschiedene Nationalitäten zusammenleben. Ein Feiertag für alle Berlinerinnen und Berliner, unabhängig von ihrer Religion und Herkunft. Die UN haben bereits im Jahr 1977 den weltweiten Feiertag 8. März beschlossen. Da können wir uns doch nicht verschließen, auch wenn die Kubaner so schlau waren, den auch zu nehmen. Aber das ist doch kein Argument. Also: 1977 hat die UN gesagt, der 8. März ist ein weltweiter Feiertag.

In welchen Zeiten leben wir? – Wir leben in Zeiten, in denen vor einigen Tagen ein „Zeit“-Redakteur geschrieben hat: Wenn Frauen mehr verdienen als ihre Partner, könnte das ihre Beziehung stören.

[Heiterkeit bei Iris Spranger (SPD)]

Ich muss ehrlich sagen, ich bin ein bisschen fassungslos. „Die Zeit“ ist halt „Die Zeit“. Also, ich habe meine Frau gefragt, die verdient mehr als ich: Wie geht es dir damit? – Mir geht es gut damit. –

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Dann scheint das irgendwie für uns nicht hinzukommen.

Schön war auch die Frage aus der „FAZ“: Wo steckt die gute Hausfrau? – Die Antwort ist ganz einfach: Die steckt in jedem guten Mann. Er muss sie nur rauslassen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Beifall von Roman Simon (CDU)]

Deswegen wollen wir diesen 8. März als Frauenfeiertag und Frauenkampftag haben. Wir werden weiterkämpfen, und eigentlich müssten wir vom 8. März bis zum 18. März eine Frauenkampfwoche ausrufen. – Vielen Dank!

[Starker Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Für die Fraktion der FDP hat jetzt Frau Abgeordnete Dr. Jasper-Winter das Wort. – Bitte schön!

[Florian Kluckert (FDP): Gott sei Dank! Jetzt wird es wieder sachlich!]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist immer noch eine große Herausforderung. Es wurde viel formal erreicht, die gelebte Wirklichkeit sieht jedoch anders aus. Frauen sind stärker von Armut betroffen: als Alleinerziehende, aber auch im Rentenalter. Sie übernehmen einen Großteil der Sorgearbeit für Familie und zu pflegende Angehörige, und in leitenden Positionen sind Frauen unterrepräsentiert. Deshalb, liebe RotRot-Grün, ärgert mich Ihr Antrag zur Einführung eines gesetzlichen Frauenfeiertags umso mehr.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Nein, ein gesetzlicher Feiertag!]

Mit einem Feiertag ist keiner Frau in ihrer Lebenssituation geholfen. Das ist billige Symbolpolitik,

[Beifall bei der FDP und der AfD]

mit der Sie sich hier drinnen selbstverliebt feiern. Das hat nichts, aber auch gar nichts mit der Lebensrealität der Frauen draußen zu tun.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Stefan Evers (CDU) – Zuruf von rechts: Pfui!]

Warum brauchen wir überhaupt einen weiteren Feiertag? – Wir als Freie Demokraten meinen: nein! Berlin muss wirtschaftlich aufholen, die Stadt entwickelt sich zwar dynamisch, wir hinken aber noch hinterher. Und wir meinen: Wir können uns schlicht im Moment einen weiteren freien Tag mit immerhin Auswirkungen im Umfang von 160 Millionen Euro geschätzt auf das Bruttoinlandsprodukt nicht leisten. Deshalb haben wir auch, lieber Herr Evers, keine Sympathie für Ihren CDU-Antrag. Also, entweder, liebe Freunde, haben Sie ein Anliegen oder ein Gedenken, dann entscheiden Sie sich aber für einen bestimmten Feiertag,

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

oder man lässt es eben. Das hier vorgeschlagene Feiertagsroulette zeigt: Man will halt irgendwie einen freien

(Anja Kofbinger)

Tag mehr haben, egal, welcher genau. Diese Beliebigkeit reicht uns nun wirklich nicht aus, vor allem wegen der Konsequenzen für die Wirtschaft.

[Beifall bei der FDP]

Jetzt zum eigentlich wichtigen Thema. Ich kann Ihnen jetzt hier zu den Frauen vier Baustellen nennen, da wäre es wirklich angebracht und dringend nötig, dass der Senat handelt: Erstens, wenn Sie nächstes Jahr Ihren freien Tag am 8. März feiern,

[Iris Spranger (SPD): Sie auch!]

müssen viele Frauen arbeiten – in der Pflege, in der Gastronomie, bei der Polizei.

[Jörg Stroedter (SPD): Das ist bei jedem Feiertag so!]

Diese Frauen haben dann die große Sorge, wer an diesem Tag denn ihr Kind betreut.

[Beifall bei der FDP]

Wir haben in Berlin nicht nur, Frau Senatorin Scheeres, zu wenig Kitaplätze, wir haben auch keine ausreichenden Betreuungsangebote für Kinder von Frauen, aber auch Männern, die Nachtarbeit, Spätschichten oder Feiertagsschichten arbeiten. Das sind die echten Sorgen in dieser Stadt – vor allem auch für Alleinerziehende.

[Beifall bei der FDP – Anja Kofbinger (GRÜNE): Aber doch nicht am 8. März!]

Stichwort Alleinerziehende: Den Unterhaltsvorschuss, auf den viele in dieser Stadt dringend angewiesen sind, erhält man in den Bezirken nach durchschnittlich drei Monaten. Drei Monate müssen hier alleinerziehende Frauen, oftmals sind es ja die Frauen, ohnehin im Schnitt die Ärmsten der Gesellschaft, warten. Wenn Sie sich als Rot-Rot-Grün auf die Fahne schreiben, etwas für soziale Gerechtigkeit zu tun, dann sollte der Senat die Bezirke hier nicht einfach ihrem Schicksal überlassen, sondern handeln. Das ist für mich praktische Frauenpolitik und nicht etwa die Einführung eines Luxusfeiertags.

[Beifall bei der FDP]

Nächster Punkt: Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Frauen übernehmen ja immer noch den größeren Teil der Elternzeit. Und die Politik ist hier klar in der Verantwortung, den Wiedereinstieg ins Berufsleben bestmöglich zu gestalten. Und jetzt mal wieder ein Beispiel aus dem angewandten Feminismus: Warum schaffen Sie, Frau Senatorin Scheeres, nicht endlich ein Onlineportal, auf dem Eltern ihre Kinder auf Wartelisten für Kitas eintragen können? Das ist mir deshalb so wichtig, weil ein Onlinesystem schneller und transparenter Platzkapazitäten verteilt, denn es ist unzumutbar, dass viele Arbeitnehmerinnen in dieser Stadt ihren Chefinnen und Chefs nicht sagen können, wann genau sie aus der Elternzeit wiederkommen. Schaffen Sie hier Abhilfe, Frau Senatorin!

[Beifall bei der FDP]

Zum Abschluss – man könnte hier noch eine ganze Liste zum Gender-Pay-Gap bringen: Wir müssen dringend dafür sorgen, dass Frauen und Mädchen viel früher als bisher geschehen in den Schulen eine gezielte Berufsorientierung bekommen, damit sie mehr technische Berufe ergreifen. Wir müssen endlich mehr Ausbildungsbotschafterinnen in die Schulen schicken und damit für diese auch besser bezahlten Berufe werben. Umgekehrt müssen natürlich die Rahmenbedingungen der typischen Frauenberufe, z. B. im Erzieherinnenbereich und in der Pflege, verbessert werden. Und wir fänden es auch gut, um Rollenbilder aufzubrechen, wenn auch mehr Männer in diesen Bereichen arbeiten würden.

[Beifall bei der FDP]

Sie sehen, man kann eigentlich viel Gutes in der Stadt für Frauen in Berlin tun. Ein Feiertag hilft da nicht. Lassen Sie uns auf das Wesentliche konzentrieren. Heute Abend im Bundestag hoffe ich sehr auf unseren FDP-Antrag, endlich diesen unsäglichen § 219a Strafgesetzbuch abschaffen zu können.

[Beifall bei der FDP und der Linken – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Und ansonsten lassen Sie uns doch praktisch weiter daran arbeiten, unzumutbare Zustände für Alleinerziehende zu beseitigen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern und endlich veraltete Rollenbilder aufzubrechen. Wir müssen hier in der Realität ankommen und uns nicht in einem Feiertagsgerede bewegen.

[Beifall bei der FDP]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Gesetzesantrags der Koalitionsfraktionen auf Drucksache 18/1522 sowie des Antrags der Fraktion der CDU auf Drucksache 18/1480 an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf