Protocol of the Session on September 27, 2018

[Steffen Zillich (LINKE): Okay!]

Da möchte ich nicht, Herr Ronneburg, mit den anderen Oppositionsfraktionen in einen Topf geworfen werden. Wir haben uns da sehr klar geäußert. Wir wollen Angebote zur freiwilligen Nachrüstung auch älterer Autos. Wir wollen die Förderung von Elektromobilität. Wir wollen

übrigens auch Gas- und Wasserstoffmobilität stärker in dieser Stadt. Das ist ein Thema, das der Senat komplett verschlabbert. Außerhalb der rein fahrzeugbezogenen Maßnahmen haben wir auch Ansätze eingebracht: die Einrichtung grüner Wellen auf Hauptverkehrsstraßen, die Vergleichmäßigung des Verkehrsflusses durch verkehrslenkende Maßnahmen, moderne digitale Verkehrssysteme, Pooling, Ridesharing zur Verminderung des Verkehrs, Verhinderung von Stop-and-go durch Durchgreifen bei Halten in zweiter Reihe oder Baustelleneinrichtungen und auch passende städtebauliche Maßnahmen, die zur Stadtentlüftung dienen. Das alles ist möglich, und das alles ist auch sinnvoll.

[Beifall bei der FDP]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Woldeit?

Ja, gerne!

Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Kollege Schmidt! – Die Kollegen von den Grünen und Linken sind ja nicht so freudig beim Zulassen von Zwischenfragen. Herr Kollege Schmidt! Meine Frage bezieht sich auf die Sinnhaftigkeit im Rahmen von Fahrverboten. Herr Moritz sprach vom Gesundheitsaspekt. Jetzt wissen wir, dass das Land Hamburg, ein riesengroßes Flächenland, mitunter Fahrverbote eingeführt hat. Ein paar Kilometer weiter wird ein dritter Kreuzfahrtterminal gebaut, diverse Containerschiffe mit Schweröl betrieben, die nicht an der Steckdose hängen, die werden im Lastbetrieb weiterbetrieben, pumpen kilotonnenweise Stickoxide in die Stadtluft. Wie bewerten Sie, gerade an dem Beispiel Hamburg, die Sinnhaftigkeit des Gesundheitsaspekts von Dieselfahrverboten, Herr Kollege?

Sie haben ja zu Recht geschildert, dass Stickoxide aus ganz unterschiedlichen Quellen kommen. Deshalb halte ich diese Fahrverbote für eine billige Lösung, die man einfach rauszieht, weil einem nichts anderes einfällt.

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Denn die Blaue Plakette hilft wirklich nicht gegen Stickoxide, das hat Herr Friederici schon gesagt, sondern sie ist ein Mittel, damit man Fahrverbote leichter durchsetzen kann. Wir Freien Demokraten wollen keine Fahrverbote.

(Harald Moritz)

Deshalb wollen wir auch keine Blaue Plakette. So einfach ist das.

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Moritz?

Bitte schön!

Sie haben mich jetzt auf die Frage gebracht. – Wie würden Sie denn vorgehen, wenn das Verwaltungsgericht die Stadt verurteilt, Fahrverbote durchzusetzen, weil gar keine andere Möglichkeit mehr besteht? Die Fahrverbote werden ja nicht aus Jux und Tollerei eingerichtet.

Erstens zwingen einen solche Urteile nicht, Fahrverbote durchzusetzen, sie zwingen einen, etwas zu machen. Die Verwaltung ist in der Pflicht, sich zuerst alles mögliche andere einfallen zu lassen, damit sie nicht zu diesem letzten Mittel Fahrverbote greifen muss. Ich finde, dass der Senat sich da ein bisschen zu wenig einfallen lässt, wenn es um die Frage geht, sondern viel zu schnell auf das Thema Fahrverbote springt. Das möchte ich hier auch kritisieren.

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Und wenn wir über Fahrverbote reden: Herrn Schopf ist vorhin etwas entschlüpft, indem er da über Einfahrt in die Umweltzone geredet hat. Die Fahrverbote, die von Gerichten angeordnet werden, treffen in Berlin höchstens auf zwei, drei Straßen zu. Wenn Sie, Herr Schopf, und die Koalition ernsthaft vorhaben, ein Fahrverbot mit Blauer Plakette innerhalb der gesamten Umweltzone einzurichten, dann glaube ich, dass das rechtswidrig ist und dass Sie auch weit über das Ziel hinausschießen und auch über das, was rechtlich überhaupt zulässig ist.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Wenn wir schon mal über die Umweltzone reden, die Debatten haben wir hier auch hoch und runter geführt, auch da war es so: Die Grüne Plakette bei der Umweltzone war primär ein Instrument, dass man überhaupt den Gerichten sagen konnte, wir machen was, und damit auch Rechtsverfahren abwehren konnte. Besonders viel gegen den Feinstaub hat das nicht getan. Wir sehen jetzt, wie die Entwicklung gelaufen ist. Inzwischen haben sich die

Flotten so verbessert, dass man die Umweltzone eigentlich gar nicht mehr bräuchte. Das war damals eine Pseudomaßnahme, und dasselbe jetzt mit der Blauen Plakette zu machen, ist wieder eine Pseudomaßnahme. Nicht irgendeine Plakette, sondern wirksame Maßnahmen und der technische Fortschritt bei den Fahrzeugen, die schaffen bessere Luft in dieser Stadt.

[Beifall bei der FDP]

Deshalb wollen wir Freien Demokraten keine Sperrzonen, wir wollen keine Einfahrtverbote, wir wollen es auch nicht besonders leicht machen. Die Blaue Plakette ist deshalb falsch, sie ist überflüssig. Deshalb findet dieser Antrag nicht unsere Unterstützung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz und mitberatend an den Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung empfohlen. – Widerspruch hierzu hör ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.5:

Priorität der Fraktion der CDU

Tagesordnungspunkt 39

Lebendiges Stadtquartier am Alexanderplatz schaffen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1326

In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU und hier der Kollege Evers. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zehn Jahre Leerstand des Hauses der Statistik, zehn Jahre Stillstand. Das ist ein trauriges, aber irgendwie auch ein typisch berlinerisches Jubiläum. Zehn Jahre steht dieses Haus leer, direkt am Alexanderplatz, mitten im Herzen unserer Stadt. Von 1970 bis zur Wiedervereinigung hat es auf seine ganz spezielle Weise dem sozialistischen Regime gedient. Die Etagen mit besserer Aussicht wurden vom allgegenwärtigen Ministerium für Staatssicherheit bezogen und der Großteil des Hauses von der Zentralverwaltung für Statistik der DDR. Es war und ist bis heute erdrückende Staatsarchitektur der DDR, mittendrin das Großgemälde „Lob des Kommunismus“ von Ronald Paris. Und wie so vieles in der DDR ist dieses Haus schlicht zu groß gedacht und zu schlecht gemacht, um der Stadt und den Menschen zu dienen.

(Henner Schmidt)

Wenn wir heute und in den nächsten Monaten über diesen Antrag über die Zukunft dieses monströsen Betonklotzes sprechen, dann sollte es genau darum und um nichts anderes gehen: Was dient der Stadt, und was dient den Menschen? Auch unter neuen politischen Vorzeichen nämlich hat das Haus der Statistik vom ersten Moment an seine Schwächen offenbart. 50 000 Quadratmeter umbauter Raum zwar, aber nach überwiegender Einschätzung denkbar unpassend, unglücklich, unbrauchbar zugeschnitten. Trotzdem soll 2028 spätestens die bis dahin hoffentlich moderne Verwaltung des Bezirks Mitte in ihr neues Rathaus einziehen. Da kann ich nur sagen: vom Regen in die Traufe. Hinzu kommt eine Vielzahl neuer Nutzungswünsche, die seit wenigen Jahren auf diese Ruine einprasseln. Dazu gehören kreative Räume, kulturelle Nutzung und last but certainly not least soziale Wohnraumversorgung.

Getrieben von einer Handvoll sogenannter Stadtaktivisten hat sich damit dieser grauenhafte Klotz am Bein des Berliner Städtebaus buchstäblich zu einer Wundertüte der Stadtgesellschaft entwickelt. Ich habe mich von Anfang an bei diesen in der Sache sicherlich wohlmeinenden Gesprächspartnern damit unbeliebt gemacht, dass ich gesagt habe: Lasst uns doch zuerst über den Städtebau sprechen und dann über die Nutzung! – Das ist eine recht nüchterne Feststellung, aber eigentlich eine Selbstverständlichkeit, denn welchen Grund soll es dafür geben, von einem klugen städtebaulichen Konzept abzugehen, das jahrelang betrieben wurde und viele Vorteile gegenüber dem Status quo hat. Es gab im Jahr 2009, wie Sie hoffentlich wissen, ein Wettbewerbsverfahren zur Neugestaltung des Areals. Und zu dessen Ergebnis möchte ich mich an dieser Stelle auch ausdrücklich bekennen. Es wurde viel Vorarbeit geleistet, allein, wie so oft in Berlin, die Umsetzung der Planung hat sich sträflich hingezogen und das ohne plausiblen Grund.

Ich will eines anmerken: Die Verantwortung dafür sehe ich ausdrücklich nicht nur in Berlin und nicht nur bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung oder beim zuständigen Bezirksamt, maßgeblich auch beim Bund. Deswegen finde ich es grundsätzlich gut und richtig, dass die Verantwortung für die Entwicklung dieses Areals nun allein beim Land Berlin und damit in unserer Hand liegt. Ich finde aber, diese Verantwortung müssen wir auch ernst nehmen. Das bedeutet nicht, alle bisherigen städtebaulichen Überlegungen über den Haufen zu werfen, sondern – im Gegenteil – sie endlich mit Nachdruck zu verfolgen.

Ich finde, wir sollten die Chance nutzen, ein lebendiges Stadtquartier am Alexanderplatz zu schaffen, eine neue Durchlässigkeit zwischen Otto-Braun-Straße und dem Wohnquartier an der Mollstraße herzustellen und vor allem eine viel höhere Dichte der Bebauung herzustellen und damit wertvolle innerstädtische Flächen für ganz unterschiedliche Nutzungen neu zu gewinnen. Dabei bin

ich ausdrücklich offen für Nutzungsideen, wie sie die Initiative Haus der Statistik vorgetragen hat. Ich finde aber, wir können noch mehr für unsere Stadt erreichen.

Ich will auch nicht verhehlen, mir ist seinerzeit schon der Frühstückstee aus der Hand gefallen, als ich die Ergebnisse des Fassadenwettbewerbs gesehen habe und noch dazu den Kommentar aus der BIM lesen musste: Der besondere Charme des Hauses soll auf jeden Fall erhalten bleiben. – Mit Verlaub: Was für ein Charme soll das eigentlich sein? – Dieser Bau ist kein erhaltenswertes architektonisches Erbe. Er ist unerträglich in seiner erdrückenden Gesichtslosigkeit. Daran wird auch keine neue Fassade der Welt etwas ändern. Der Charme unserer Stadt und der Charme der Chance, die vor uns liegt, sollte doch vielmehr in dem Mut liegen, etwas Neues zu unternehmen, etwas Besseres aus diesem Ort zu machen. Ihre Veränderungsfeindlichkeit, diese sozialistische Retro- romantik darf doch nicht dazu führen,

[Zuruf von Andreas Otto (GRÜNE)]

dass wir jetzt 100 Millionen Euro in den Erhalt eines Bauwerks stecken, an dem nicht das Herz der Stadt hängt und das vor allem wertvollen Stadtraum verschwendet, ihn sogar verschandelt.

[Zurufe von Carola Bluhm (LINKE) und Antje Kapek (GRÜNE)]

Nutzen wir die Chance, das Areal des heutigen Hauses der Statistik für die Entwicklung eines lebendigen Stadtquartiers zu nutzen, denn das dient der Stadt und den Menschen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Domer. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, Herr Evers, wir werden ein lebendiges, gemischtes und modernes Stadtquartier am Alex schaffen.

[Stefan Evers (CDU): Gott sei Dank!]