Nebenbei bemerkt – noch einmal als Hinweis an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen –: Gucken Sie sich mal in den Autohäusern in Berlin und Hamburg um! Da gibt es schon Blaue Plaketten. Einige Händler machen das bereits. Das ist natürlich ein ganz klarerer Appell an Sie und die Politik, endlich zu handeln. Als rot-rot-grüne Koalition werden wir uns natürlich darum bemühen, eine sozialverträgliche Lösung in Berlin herbeizuführen. Denn eins ist klar: Dadurch dürfen keine sozialen Härten entstehen,
auch nicht für die Wirtschaft und den Wirtschaftsverkehr. Wir brauchen Ausnahmeregelungen. Der Senat hat Ausnahmeregelungen für die Umweltzone. Die kann er heranziehen und gegebenenfalls ergänzen. Aber den Schlüssel um das eigentliche Problem, um das Dilemma zwischen Gesundheit, Ökologie und sozialen Härten aufzulösen, hat allein die Bundesregierung. Daher lautet der klare Appell an die Bundesregierung und die Autoindustrie, endlich den Käufern von Dieselfahrzeugen entgegenzukommen. Wir als rot-rot-grüne Regierung werden weiter alles daransetzen, Fahrverbote zu verhindern, die Stadt sauberer zu machen und Mobilität in der gesamten Stadt zu gewährleiten, wie es im Mobilitätsgesetz steht. Wir werden den Umweltverbund ausbauen. Wir werden ihm Vorrang gewähren, damit er seine Vorteile für die Lebensqualität in unserer Stadt voll entfalten kann. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor genau 14 Tagen standen wir hier im letzten Plenum und haben einen Antrag der Koalition debattiert. Dieser Antrag hatte den Titel „Dieselfahrzeuge technisch nachrüsten auf Kosten der Hersteller“.
Das war am Donnerstag, den 13. September 2018. Heute, exakt 14 Tage später, legt uns die Koalition einen Antrag vor, mit den sie die Blaue Plakette fordert, und zwar bundesweit. Vor zwei Wochen noch Nachrüstung von Diesel-Pkws, heute praktisch Fahrverbote – und nicht nur für Diesel, sondern auch für ältere Benziner. Das haben Sie bislang leider noch nicht erwähnt. Alle Benziner, die nicht mindestens die Euro 3-Norm erfüllen, und alle Diesel, die nicht der Euro 6-Norm entsprechen, dürften somit nicht mehr in die City von Berlin fahren. Das sind derzeit mindestens 200 000 bis 300 000 Fahrzeuge in Berlin. Das sind Zahlen vom Senat. Wir haben eine Anfrage gestellt. Hinzu kommen noch einige zig Tausend Fahrzeuge von Pendlern. Sie hier im Linksblock bestätigen mit diesem Antrag genau das, was ich im letzten Plenum bereits gesagt habe: Ihr Antrag zur Nachrüstung von Dieselfahrzeugen war und ist ein Schaufensterantrag, eine Nebelkerze.
Sie wollten den Eindruck erwecken, dass Sie sich für die Berliner Autofahrer einsetzen. Stattdessen – das zeigt sich heute – wollen Sie Berliner Autofahrer faktisch enteignen, und zwar indem Sie ihnen verbieten, mit ihren Wagen in die Stadt zu fahren.
Sie wecken bei den Menschen Hoffnungen, die Sie überhaupt nicht erfüllen wollen. Stattdessen geht es Ihnen in Ihrem Autohass nur um eins: Berlin als entmotorisierte Zone. Die Bürger sollen zu Fuß gehen und mit dem Fahrrad und dem ÖPNV fahren. Handwerker und Geschäftsleute sollen nur noch mit dem Lastenfahrrad beliefert werden und zu ihren Kunden fahren.
Erste Handwerker aus meinem Umfeld haben mir schon gesagt, dass sie dann eben nicht mehr in die City fahren, dass sie dort keine Aufträge mehr annehmen. Sollen die Leute mit ihren verstopften Klos doch sehen, wo sie ihren Handwerker hernehmen. Mit Ihren kruden Vorstellungen schaden Sie Berlin. Sie schaden der Bevölkerung und der Wirtschaft.
Sie bringen Menschen, die auf ihr Fahrzeug angewiesen sind, in ernsthafte Schwierigkeiten. Sie treffen in erster Linie die, die sich nicht mal eben ein neues Auto leisten können. Sie treffen die, die vielleicht gerade noch mitten in der Darlehensrückzahlung für ein Auto sind, das sie sich erst vor drei oder vier Jahren gekauft haben. Wenn
Sie unbedingt wollen, dass die Menschen auf ihr Fahrzeug verzichten, dann bieten Sie doch erst einmal attraktive Alternativen an.
Nicht umsonst geht der Trend bei vielen Menschen in dieser Stadt zum Zweitauto, denn der ÖPNV ist eine Zumutung. Wir sehen es doch ganz aktuell – wir haben es heute schon gehört –: 26 Millionen Euro hat der Senat von den Geldern für die S-Bahn einbehalten, weil sie notorisch unpünktlich und unzuverlässig ist. Im Jahr 2016 waren es übrigens auch schon 21 Millionen Euro. Und wen trifft das? – Die arbeitende Bevölkerung, diejenigen die pünktlich zur Arbeit kommen müssen, weil sie sonst ihren Job verlieren. Sorgen Sie erst einmal dafür, dass die Verkehrssysteme in Berlin ordnungsgemäß funktionieren, bevor Sie die Bürger immer weiter gängeln!
Eins noch: Wenn Ihnen das Thema Diesel, Stickoxide und Feinstaub wirklich so sehr am Herzen liegt, warum haben Sie sich dann am 8. März 2018 hier im Plenum geschlossen gegen den Antrag der CDU und gegen unseren Änderungsantrag mit dem Titel „Pakt gegen Fahrverbote und ideologiefreie Verkehrspolitik“ ausgesprochen?
Herr Schopf, Herr Ronneburg, warum? – Weil Sie in Wahrheit nichts anderes wollen, als Autos und Autofahrer zu stigmatisieren. Sie wollen das Umerziehungslager Berlin. Sie wollen die entmotorisierte Zone.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wollen und müssen etwas für die Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner tun, die durch Dieselabgase belastet werden.
Vor zwei Wochen haben wir hier an dieser Stelle über den Koalitionsantrag zur Hardwarenachrüstung von manipulierten Dieselautos gesprochen. Das wäre, Herr Friederici, der große Wurf, den Sie erwarten. Das ist des Pudels Kern. Sie haben aber in Ihrer unnachahmlichen ideologiefreien und Holzroller-Art diesen Antrag zurückgewiesen.
Ich möchte erst einmal ausführen. – Inzwischen haben aber Ihre CDU/CSU-Kollegen angefangen umzudenken. Z. B. plädiert die CDU-Generalsekretärin, Annegret Kramp-Karrenbauer, für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen, nicht nur für Softwareupdates. Hessens Ministerpräsident, Volker Bouffier von der CDU, fordert nach dem Richterspruch zu Fahrverboten in Frankfurt eine schnelle Reaktion der Bundesregierung.
Sie müsse ihrer Verantwortung nachkommen und endlich rechtliche Grundlagen für eine Hardwarenachrüstung der betroffenen Fahrzeuge schaffen, so Bouffier. CSUVerkehrsminister Scheuer bewegt sich jetzt auch. Er will jetzt erst einmal mit einer Umtauschprämie eher eine Konjunktur für die Autokonzerne entfachen – wahrscheinlich auch noch auf Kosten der Kunden – und das auch nur in zehn belasteten Städten – Berlin würde nicht dazugehören –, aber das generelle Problem will er nicht angehen. Allerdings hat er jetzt auch schon gesagt, dass er Hardwarenachrüstungen nicht mehr gänzlich ausschließt. Es bewegt sich also doch etwas auf der Bundesebene. Je mehr Urteile zu Fahrverboten kommen, desto weiter geht es. Die Kanzlerin hat für Montag eine Entscheidung angekündigt. Wenn ich mir allerdings das Lösungsschema im Fall Maaßen ansehe, könnte es sein, dass die Kunden noch alles zahlen müssen.
Die Städte werden weiter allein mit der Grenzwertüberschreitung bei Stickoxiden fertig werden und die betroffenen Anwohner mit ihren Gesundheitsrisiken leben müssen. Die Gerichte werden weitere Fahrverbote verhängen. Der Verhandlungstag in Berlin ist am 9. Oktober 2018. Dann wird wahrscheinlich auch Berlin vor dem Dilemma stehen, Fahrverbote verhängen zu müssen.
Nur – das wurde auch schon angesprochen – wie kann ein solches Fahrverbot wirksam überwacht werden? Ohne Überwachung wird es nicht funktionieren. Eine Überwachung setzt klare Kennzeichnungen der Fahrzeuge voraus. Eine Einführung der Blauen Plakette als Kennzeichen für saubere Fahrzeuge könnte dieses Problem tatsächlich lösen. Aber auch hier verweigert sich eben die Bundesregierung beharrlich und lässt die Städte damit
erneut im Stich. Sie müssen ihre Bürger vor den Gesundheitsgefahren durch Stickoxide aus den Dieselautos schützen, bekommen aber nicht die notwendigen Instrumente an die Hand, um die Gesundheitsrisiken tatsächlich wirksam senken zu können.
Ohne Blaue Plakette werden wir zur Kleinstaaterei zurückkehren, denn jede betroffene Stadt wird ihre eigenen Regeln und Überwachungsmethoden für Fahrverbote einführen. Und die Autofahrerinnen und Autofahrer werden überall rätseln müssen, kann ich denn in die Stadt reinfahren oder nicht? Um dieses Chaos zu verhindern, brauchen wir eine einheitliche Einfahrtsregelung. Das ist die Blaue Plakette. Wenn die Bundesregierung die Plakette nicht einführen will, müssen wir den Weg über den Bundesrat gehen, um zu einer gangbaren Lösung zu kommen.
Vielleicht auch noch ein anderer Hinweis: Heute auf dem Deutschen Lungentag haben auch die Ärzte eine Verkehrswende gefordert und besonders auf das Problem von Dieselfahrzeugen hingewiesen. Also, ich bitte Sie, unseren Antrag zu unterstützen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben nicht nur im letzten Plenum, sondern auch in anderen davor ausführliche Debatten geführt über gesunde Luft, Stickoxide und Dieselautos. Und wir Freien Demokraten haben auch eigene Anträge zu dem Thema eingebracht. Wie man sich nach der Vorlage von zahlreichen Maßnahmen, die von der Opposition in die Diskussion gebracht worden sind, Herr Schopf, dazu versteigen kann zu sagen, die Einführung der Blauen Plakette sei alternativlos, das kann ich wirklich nicht verstehen. Da müssen Sie mal zuhören, was die Alternativen zu dieser Blauen Plakette eigentlich sind.
Unsere Position als Freie Demokraten und unsere Vorschläge wiederhole ich gerne: Wir wollen die Nachrüstung oder den Umtausch manipulierter Autos auf Kosten der Hersteller.