Protocol of the Session on May 31, 2018

Weiter fordert die FDP, die Lehrer zum professionellen Umgang mit Gewalt auszubilden. – Wir fordern das Ende der Gewalt. Das ist der Unterschied zwischen unseren Anträgen, Kollege Fresdorf.

[Beifall bei der AfD]

Wie soll denn die künftige Lehrerausbildung Ihrer Meinung nach aussehen? Ein Studiengang Mathematik auf Lehramt mit den Wahlpflichtmodulen Karate und Taekwondo zur Selbstverteidigung?

[Heiterkeit bei der AfD]

Das kann wohl nicht das Ziel sein. Gewalt gegen Lehrer war mal eine absolute Tabuhandlung. Dahin wollen wir wieder zurück. Gewalt gegen Lehrer muss wieder in die Sphäre des Undenkbaren rücken. Deswegen müssen wir hier Transparenz schaffen. Das beinhaltet unser Antrag. Problemschulen müssen klar definiert werden, Tätergruppen müssen klar definiert werden, und wir müssen die Bildung insgesamt in Schuss bringen. Wie der Kollege Harald Laatsch immer so schön sagt: Bauen, bauen, bauen. – Ich sage: Berlin braucht Bildung, Bildung, Bildung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Jawohl! – Joschka Langenbrinck (SPD): Mach mal ’ne Anfrage! – Dr. Ina Maria Czyborra (SPD): Das schafft er nicht!]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Buchner das Wort.

Frau Präsidentin, vielen Dank! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fange mal sachlich an. Eine repräsentative Untersuchung, die 2017 veröffentlicht wurde, hat ergeben, dass innerhalb der letzten fünf Jahre etwa ein Viertel

aller Lehrerinnen und Lehrer Opfer psychischer Gewalt, also von Beleidigung, Cybermobbing oder Drohungen, geworden sind und 6 Prozent sogar eine Form körperlicher Gewalt erfahren haben, nicht nur von Schülerinnen und Schülern, sondern auch von Eltern, Kolleginnen und Kollegen. Für uns gilt Artikel 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ – Deswegen ist jeder dieser Vorfälle einer zu viel. Niemand in dieser Gesellschaft verdient Gewalt, und deswegen ist es die Aufgabe von uns allen, psychische und physische Gewalt zu ächten, wo immer sie vorkommt.

Von einem neuen Phänomen reden wir übrigens nicht. Auch ich erinnere mich an meine Schulzeit in einem eher bürgerlichen Gymnasium. Auch dort gab es psychische Gewalt gegen Lehrerinnen und Lehrer. Es ist aber auch ein Verdienst der letzten Jahre, dass wir Schweigekartelle durchbrochen haben.

[Lachen von Ronald Gläser (AfD)]

Die eben erwähnte Umfrage ergab nämlich auch, dass 86 Prozent der Betroffenen die Vorfälle gemeldet haben und eine statistische Erfassung erfolgen konnte. Auch die Berliner Schulen sind informiert und mit klaren Handlungsanweisungen ausgestattet. Alle Vorfälle sind gemäß dem Informationsschreiben „Gewalt und Notfälle“ aufzuarbeiten. – Keine Zwischenfragen im Moment! – Das schulpsychologische Beratungszentrum SIBUZ bietet Beratung, Mediation, Supervision. Und natürlich unterstützt auch die Schulaufsicht, wenn es gilt, Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen nach den §§ 62 und 63 des Schulgesetzes durchzuführen. SIBUZ, Schulaufsicht und Schulträger erhalten auch die Meldungen über Vorfälle hier in Berlin, die auch nach der Art der jeweiligen Vorfälle erfasst werden. Selbstverständlich werden auch Ordnungsmaßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen vorgenommen, um den betroffenen Lehrkräften den Unterricht wieder zu ermöglichen.

Selbstverständlich steht Lehrerinnen und Lehrern auch der Rechtsweg frei. Eine Strafanzeige geht über das Internet, und auch das Land Berlin steht seinen Angestellten bei. Dazu genügt ein Blick in die Ausführungsbestimmungen über die Rechtsschutzmaßnahmen in Zivil- und Strafsachen für Bedienstete des Landes Berlin.

Der Antrag der AfD-Fraktion möchte den Anschein erwecken, Lehrkräfte in Berlin, die Opfer von Gewalt werden, seien schutz- und machtlos. Alles, was Ihr Antrag fordert, gibt es in Berlin seit Jahren. Er ist von daher abzulehnen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Es hilft aber offenbar nichts! Bringt doch nichts!]

(Stefan Franz Kerker)

Wenn Lehrkräfte an Schulen beleidigt, bedroht oder körperlich angegangen werden, dann ist das ein Zeichen fehlenden Respekts in unserer Gesellschaft.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig!]

Diesen erleben leider auch andere Berufsgruppen in Ausübung ihrer Arbeit. Polizeibeamte, Sanitäter und Feuerwehrleute, der Schornsteinfeger, der nicht mehr in die Wohnung gelassen wird, übrigens auch haupt- und ehrenamtliche Politikerinnen und Politiker. Die Schule ist nur ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Wer also Gewaltvorfälle, Respektlosigkeit in der Schule bekämpfen will

[Karsten Woldeit (AfD) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

ich möchte keine Zwischenfrage –, der muss auch gegen Gewalt und Respektlosigkeit in unserer Gesellschaft kämpfen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig! – Ronald Gläser (AfD): Fangen wir damit an!]

Dazu gehört auch die Respektlosigkeit gegen den Staat und seine Bediensteten, gegen Menschen, die eine andere religiöse, politische oder sexuelle Ausrichtung haben, der mangelnde Respekt vor unseren Gesetzen und Normen.

[Karsten Woldeit (AfD): Jetzt kommen Maßnahmen! Eine einzige!]

Dabei ist es mir auch egal, von wem fehlender Respekt ausgeht, ob vom muslimischen Einwanderer, vom deutschen Reichsbürger, der sich bis an die Zähne bewaffnet, weil er den Staat, in dem er lebt, nicht anerkennt, vom syrischen Flüchtling, der den Kippa-Träger attackiert, vom deutschen Rentner, der einer Kopftuchträgerin ins Gesicht schlägt, oder wenn es ein versetzungsgefährdeter Schüler ist, der nach seiner Lehrerin tritt. Gewalt und Respektlosigkeit muss diese Gesellschaft entschlossen bekämpfen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Die Alternative für Deutschland aber versucht, mit solchen Anträgen den Eindruck zu erwecken, sie könnte Teil der Lösung sein. Die Wahrheit ist: Sie sind ein Teil des Problems.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Sie sind Mitverursacher einer Stimmung, durch die das Miteinander in diesem Land in den letzten Jahren Stück für Stück respektloser geworden ist.

[Thorsten Weiß (AfD): Das gab es doch gar nicht! Was erzählen Sie für einen Unsinn? Schwachsinn! Schwachsinn!]

Es ist Ihre Frau von Storch, die an Grenzen gern auf Frauen und Kinder schießen lassen würde, die für sie nicht hierher gehören. Es ist der sächsische AfD-Politiker

Thomas Hartung, der in Bezug auf einen Lehrer mit Trisomie 21 von sich gab, dass er diesem die Befähigung für den Lehrerberuf abspricht und dass er als Nichtbehinderter nicht von einem solchen unterrichtet werden will.

[Dr. Kristin Brinker (AfD): Was für ein Unsinn!]

Es ist Ihr Landtagsabgeordneter Poggenburg, der die „linksextremen Lumpen“ – das sind für ihn so ziemlich alle Studierenden, die seine Ansichten nicht teilen – gern von deutschen Hochschulen verbannt und sie praktischer Arbeit zugeführt sähe. Die AfD-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft beantragt in Poggenburgs Tradition jetzt eine Onlineplattform, bei der kritische Lehrer gemeldet werden können.

[Beifall von Dr. Hans-Joachim Berg (AfD)]

Mit kritischen Lehrern sind solche gemeint, die sich kritisch gegen die AfD äußern.

Bei der Recherche habe ich Hunderte, vielleicht Tausende Zitate von AfD-Mitgliedern gefunden, in denen Gewalt, Sexismus, Menschenfeindlichkeit und Respektlosigkeit verherrlicht werden. Und Sie wollen sich glaubwürdig mit dem Thema Gewalt gegen Lehrkräfte befassen?

[Frank-Christian Hansel (AfD): Alles Blödsinn! Bringen Sie doch mal Berlinern Respekt bei!]

Sie sind ein Teil des Problems, ein Teil von Respektlosigkeit und ein Teil von zunehmender Gewalt in dieser Gesellschaft.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Ronald Gläser (AfD): Schwachsinn! – Zuruf von Thorsten Weiß (AfD)]

Für Lehrerinnen und Lehrer gilt: Niemand soll in unserer Gesellschaft Angst vor psychischer und physischer Gewalt haben müssen. Das gilt erst recht auf der Arbeit, und das gilt natürlich besonders für Lehrerinnen und Lehrer, weil sie eine der wichtigsten Aufgaben unserer Gesellschaft übernehmen. Deswegen kämpfen wir gegen Gewalt und stehen für Respekt und menschlichen Umgang in unserer Gesellschaft ein, und dafür stehen wir in einem breiten gesellschaftlichen Konsens. Auch fünf der sechs Fraktionen in diesem Haus stehen dafür ein. Die AfDFraktion ist vieles, aber sicherlich kein Verteidiger von Respekt, Gewaltlosigkeit und Anstand in der Gesellschaft.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Wer denn sonst? – Zuruf von Carsten Ubbelohde (AfD)]

Ein Wort zum Änderungsantrag der FDP: Das ist ein bisschen der Versuch, aus einem Hundehaufen Mousse au Chocolat zu machen. Wir sollten uns mit solcherlei Anträgen nicht weiter befassen – ablehnen und gut! – und gemeinsam für mehr Respekt und Gewaltlosigkeit in der Gesellschaft kämpfen. Dabei ist die AfD kein Partner. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Ihr könnt demnächst auch einstellig werden!]

Vielen Dank! – Dann hat für eine Zwischenbemerkung der Abgeordnete Kerker das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Buchner! Ich habe während Ihrer Rede überlegt, ob ich auf all die Floskeln, die Sie hier wieder von sich gegeben haben, eingehen soll oder nicht, aber ich denke, ich lasse es einfach, denn das sind wir von Ihnen gewohnt.

[Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE): Was machen Sie dann? – Paul Fresdorf (FDP): Warum stehen Sie dann da vorn?]

Letzten Endes ist das nur der Frust einer untergehenden Volkspartei – in Ostdeutschland sind Sie schon keine mehr, und in Bayern werden Sie demnächst auch degradiert werden, sodass die SPD auch in ganz Süddeutschland keine Volkspartei mehr ist.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Um aber das Thema Transparenz zu beleuchten – Sie haben gesagt, es wird genug getan –, nehmen wir einmal das Beispiel VERA 3: Die Ergebnisse waren wieder katastrophal schlecht, das sind wir ja in Berlin gewohnt. Wir sind aber nicht gewohnt, dass diese Ergebnisse nicht veröffentlicht werden sollten.

[Sabine Bangert (GRÜNE): Aber in einem anderen Ton!]