Protocol of the Session on May 31, 2018

[Georg Pazderski (AfD): Bei uns nicht!]

Die Hinführung zu diesem wichtigen Thema ist eigentlich eine Steilvorlage für die Opposition, einmal schön draufzuhauen. Die Datenschutzbeauftragte malt ein recht vernichtendes Bild dieses Berliner Anpassungsgesetzes. Wir haben zwei Jahre Zeit gehabt, um zu handeln.

[Zuruf von der LINKEN]

Anderthalb, ich korrigiere mich. Das Thema allerdings erscheint mir dafür zu wichtig zu sein, und die Beratung im Ausschuss war aus meiner Sicht dafür auch zu gut.

Deswegen haben wir einen hurtigen Schweinsgalopp hinter uns gebracht, der dem Thema nicht wirklich angemessen ist. Wir haben erst vor wenigen Tagen die erste Fassung hier beraten. Diese erste Fassung hatte Mängel. Wir haben dann eine Anhörung durchgeführt, die sehr spannend gewesen ist, weil wir nämlich gesehen haben, dass die verschiedenen Interessenvertreter ganz offensiv miteinander gerungen haben: Pressevertreter, unabhängige Finanzkontrolle, Datenschutz. Es ist unsere Aufgabe, das abzuwägen. Das ist beim Thema Daten keine leichte Aufgabe, wo es sicherlich darum geht, die Rechte eines jeden Einzelnen zu schützen, aber – das auch in Ergänzung zu dem, was die Datenschutzbeauftragte gesagt hat – es auch darum geht, die Daten, die die Währung unserer heutigen Wirtschaft sind, so zu schützen, dass auch wir alle, die wir diese Daten geben, vom Ertrag profitieren, den diese Daten produzieren.

Ich fand in dem Zusammenhang den Vorschlag, die Anregung von Frau Dr. Merkel: Wir müssen irgendwie die Themen Steuern und Daten zusammenbringen und diskutieren, und das ergebnisoffen und sagen: Wissenschaftler, beschäftigt euch bitte damit, macht mir Vorschläge – vollkommen richtig. Das ist genau der Weg, den wir in Europa gehen müssen, zu überlegen: Wie tragen wir dafür Sorge, dass die Daten, die uns allen privat gehören,

(Niklas Schrader)

von denen bezahlt werden, die sie nutzen? Der Stand heute, dass die großen transnationalen Konzerne gar nicht dafür in Europa bezahlen und damit gar nichts zum Gemeinwesen beitragen und wir das nicht verwenden können für unser Gemeinwohl, sprich keine Steuern bekommen, ist sicherlich kein vernünftiger Weg. Diese Abwägung haben wir vollzogen und ich kann Ihnen sagen, dass ich das Ergebnis insgesamt für tragfähig halte.

Wir hatten beim Punkt Presseprivileg in der ersten Lesung darauf hingewiesen, dass wir dort Verbesserungsbedarf sehen. Inhaltlich ist in weiten Teilen auf diesen Hinweis eingegangen worden. Wir hätten es uns ein Stückchen weiter vorstellen können. Deshalb werden wir auch dem entsprechenden Änderungsantrag der FDP-Fraktion zustimmen. Wir haben bei der unabhängigen Finanzaufsicht darauf hingewiesen, dass wir der Meinung sind, dass dort Änderungsbedarf besteht. Auch das ist diskutiert worden, auch das ist in wesentlichen Teilen umgesetzt worden. Auch hier gibt es einen weitergehenden Antrag der FDP-Fraktion, dem wir ebenfalls zustimmen werden. Wir haben die Thematik Eingriffsrechte eingehend diskutiert und haben einen aus meiner Sicht guten Kompromiss gefunden, sodass insgesamt dieses Berliner Anpassungsgesetz in der heute hier vorliegenden geänderten Fassung die Zustimmung der CDU-Fraktion finden wird.

Aber damit ist die Diskussion nicht beendet. So, wie wir ausprobieren und schauen werden, ob tatsächlich alles dem EU-Recht entspricht oder nicht – wie die Datenschutzbeauftragte dies angekündigt hat –, müssen wir auch darüber nachdenken, dass die DatenschutzGrundverordnung bei unseren Bürgern nicht als ein bürokratisches Monster wahrgenommen wird. Wir müssen dafür sorgen, dass diejenigen, die ehrenamtlich etwas tun, sei es nun politisch oder in einem Sportverein, entlastet werden, soweit das geht. Dafür haben wir einen Änderungsantrag eingebracht. Wir sind der festen Überzeugung, dass auch die Fraktionen in den Bezirksverordnetenversammlungen befreit werden sollten, wie auch die Fraktionen im Abgeordnetenhaus befreit werden, denn diese politische Arbeit vor Ort, diese ehrenamtliche Arbeit, die mit wenig Aufwandsentschädigung geleistet und abends und sehr vielfältig von unseren Kollegen in den Bezirken ausgeführt wird, sollten wir nicht behindern, sondern unterstützen. Deswegen werben wir dafür, dass wir das in dem jetzigen Gesetzentwurf noch ändern und diese Regelung um die BVV-Fraktionen erweitern.

[Beifall bei der CDU]

In einem nächsten Schritt – und damit komme ich zum Ende, die Zeit läuft mir davon – sollten wir darüber diskutieren, wie wir mit den Sportvereinen umgehen. Es kann nicht sein, dass ein Sportverein der DSGVO vollkommen unterliegt und in seiner Arbeit behindert wird. Dafür werden wir auch Regelungen zu treffen haben, und das wollen wir im Ausschuss diskutieren. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Kohlmeier das Wort.

[Niklas Schrader (LINKE): Oh, er hat einen ganzen Ordner dabei! – Weitere Zurufe – Heiterkeit]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Smoltczyk! Sehr geehrter Herr Schubert! Sehr geehrte Damen und Herren! Die digitale Zeit ist auch in Berlin angekommen – wie Sie sehen, mit einem ausgedruckten Ordner. Am 25. Mai ist die Datenschutz-Grundverordnung in Europa in Kraft getreten, und der Ordner, den Sie hier vor mir liegen sehen, enthält die Umsetzung und die Diskussion über die Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung in Berlin. Wir haben gerade von der Datenschutzbeauftragten gehört, dass sie die Umsetzung, die wir vorgenommen haben, für europarechtswidrig hält. Ich habe hohes Verständnis dafür, dass die Datenschutzbeauftragte diese Auffassung vertritt. Es ist quasi ihrer Berufsbezeichnung immanent, dass sie als Hüterin und Bewahrerin des Datenschutzes hier ihre Auffassung auch so deutlich darstellt. Gleichwohl, liebe Frau Smoltczyk, möchte ich eine Sache gern zurückweisen, und zwar den Vorwurf, dass die Koalitionsfraktionen und auch die CDU, die dieses Gesetz ja unterstützt, ein europarechtswidriges oder ein verfassungswidriges Gesetz beschließen möchten.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und der CDU – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Mit allem Respekt, Frau Smoltczyk: Ich habe schon das eine oder andere Gesetz hier in diesem Haus mit erarbeitet und mit beraten und bin mir durchaus bewusst, wie die unterschiedlichen Rollenverständnisse in diesem Haus sind. Ich darf nur mal das Spielhallengesetz, das Strafvollzugsgesetz oder auch das Gesetz über die Übersichtsaufnahmen nennen. In vielen Fällen hat man sich hier vorn an das Rednerpult gestellt und gerufen: Verfassungswidrig! Europarechtswidrig! Gegen die Berliner Verfassung verstoßend! – Ein Großteil der Gesetze hat aber letztendlich bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung gehalten. Wenn Sie der Auffassung sind, dass die Gesetze, die wir hier machen, europarechtswidrig sind, wird bestimmt die Möglichkeit bestehen, das entsprechend zu überprüfen. Ich bin zusammen mit den Koalitionspartnern und der CDU der Überzeugung, dass wir hier ein europarechtskonformes Gesetz vorlegen.

Zur Zeitleiste ist schon etwas gesagt worden. Die Zeitleiste ist tatsächlich suboptimal gewesen, weil wir erst

(Dirk Stettner)

heute dazu kommen, das Gesetz abschließend zu beraten. An dieser Stelle herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen, dass wir uns darauf verständigen konnten, die Beratung im zuständigen Ausschuss entsprechend abzukürzen!

Drei Themen möchte ich an dieser Stelle kurz ansprechen: Das erste Thema ist der Rechnungshof. Auch dazu hat die Datenschutzbeauftragte gerade deutliche Worte gefunden. Aber, Frau Smoltczyk, auch hier muss ich mit allem Respekt sagen, dass ich Ihre Auffassung nicht teile. Wir haben uns dafür entschieden, dem Rechnungshof, soweit es seine unabhängige Tätigkeit betrifft, und zwar nur während dieser, selbstverständlich eine Ausnahme zuzubilligen. Herr Schubert vom Rechnungshof kann heute hier nicht reden. Wir hatten tatsächlich überlegt, ob man ihm ein Rederecht einräumt. Ich als Vertreter der Koalitionsfraktionen kann aber sagen: Auch der Rechnungshof hat in der Anhörung deutlich gemacht, dass die Koalitionsfraktionen hiermit ein gutes Gesetz vorlegen und dass die Regelung, die wir miteinander gefunden haben, letztendlich die Souveränität und Unabhängigkeit des Rechnungshofes wahrt, ihm aber auch nicht mehr Rechte zubilligt, als er für seine Arbeit braucht.

Das zweite Thema, das ich ansprechen möchte, ist die Pressefreiheit. Im Ausschuss wurde diskutiert – und diese Diskussion wird die AfD möglicherweise noch weiter aufmachen –, dass die Pressefreiheit durch dieses Gesetz gefährdet ist.

[Zuruf von Ronald Gläser (AfD)]

Ach, Sie werden es gleich sagen. – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der AfD! Man wundert sich dann doch ein bisschen in diesem Hause, dass Sie sich auf einmal so sehr für Pressefreiheit einsetzen.

[Ronald Gläser (AfD): Schon immer!]

Schon immer! Ich war am Samstag bei der großen Demonstration, und ich habe es bei mir auf dem Handy abgespeichert. Ihre Demonstrationsteilnehmer – die aus Ihren Reihen, die von Ihrer Partei – schreien dort: Lügenpresse! Lügenpresse! Lügenpresse!

[Georg Pazderski (AfD): Die Demonstration war am Sonntag! Dann waren Sie auf einer anderen Demonstration!]

Bleiben Sie doch mal ganz ruhig!

[Georg Pazderski (AfD): Bleiben Sie bei den Fakten!]

Sie sollten sich an eine Sache gewöhnen: Sie sind die Partei für Recht und Ordnung, und deshalb quatschen Sie bitte nicht dazwischen, wenn ich vorne rede! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Man wundert sich, wenn Sie Unsinn reden!]

Insofern ist das, was Sie wahrscheinlich hier gleich zur Pressefreiheit sagen werden, unglaubwürdig und nur ein Spielchen, das Sie hier spielen. Systempartei – da sind Sie mittlerweile angekommen. Das hatte ich schon mal erwähnt.

Dritter Punkt, den ich erwähnen möchte – zur Datenschutzbeauftragten: Auch das ist dargestellt worden, dass wir hier den Weg gefunden haben, der Datenschutzbeauftragten ein Anrufungsrecht bei Datenschutzverstößen einzuräumen. Ich habe schon bei der ersten Lesung deutlich gemacht, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass die Datenschutzbeauftragte, also eine Behörde des Landes Berlin bzw. eine, die dem Abgeordnetenhaus angegliedert ist, einer anderen Behörde des Landes Berlin einen Bußgeldbescheid zuschickt und sich dann beide vor dem Verwaltungsgericht herumstreiten, ob die Höhe angemessen ist und ob überhaupt einen Datenschutzverstoß vorliegt.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Christian Buchholz?

Von Herrn Buchholz von der AfD-Fraktion.

Nein, herzlichen Dank! – Insofern haben wir hier ein gutes Gesetz vorgelegt. Das haben uns die Anzuhörenden bescheinigt. Und ich danke für Ihre Zustimmung! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Roman Simon (CDU)]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Gläser das Wort.

Frau Präsidentin! Frau Smoltczyk! Herr Schubert! Meine Damen und Herren! Der schönste Satz im Protokoll dieser Sitzung ist schon gerade eben gefallen: Die AfD ist die Partei für Recht und Ordnung. – Danke schön, Herr Kohlmeier!

[Beifall bei der AfD – Lachen bei der SPD –

(Sven Kohlmeier)

Das war doch Ironie!]

Lassen Sie mich bitte ein bisschen ausholen. Ich möchte erklären, wieso Presseprivilegien wichtig sind und warum der Entzug von Presseprivilegien verheerende Auswirkungen für die Pressefreiheit haben kann. Die Vereinigten Staaten hatten bis 1917 eine sehr lebendige deutsche Gemeinschaft. Deutsche sind die größte Einwanderergruppe gewesen, Deutsche lebten in allen Einzelstaaten, in allen Countys gab es Organisationen, und das wichtigste Kommunikationsmittel für sie waren Zeitungen – Tageszeitungen, vor allem aber Wochenzeitungen, die im ganzen Land verbreitet wurden und wesentlich dazu beigetragen haben, dass die deutsche Sprache in den Vereinigten Staaten lebendig war. Das war möglich und wurde begünstigt durch das amerikanische Presseprivileg, wie es damals bestand. Der amerikanische Staat hat gesagt: Unser Land ist so groß und zerklüftet, da kann keine Zeitung ein Zustellersystem aufbauen, und deswegen müssen wir die Möglichkeit einräumen, dass Zeitungen trotzdem den Lesern zugestellt werden. – So hat die Post zu einem sehr niedrigen und extrem subventionierten Preis jede Zeitung im Land zugestellt. Das galt nicht nur für deutsche Zeitungen, sondern für alle Zeitungen, und davon hat das Zeitungswesen in den Vereinigten Staaten enorm profitiert.

Dann kam das Jahr 1917. Deutsche waren jetzt quasi Staatsbürger zweiter Klasse. Sie standen unter Generalverdacht. „Bindestrich-Amerikaner“ wurden sie genannt, und sie mussten damit leben, dass sie als Spione verdächtigt wurden. Die amerikanische Regierung ist rigoros gegen deutsche Vereine und auch gegen deutsche Zeitungen vorgegangen. Sie hat reihenweise deutschen Zeitungsverlagen unter einem Vorwand dieses Privileg entzogen, und dann konnten sie ihre Zeitungen den Abonnenten nicht mehr günstig zustellen. In der Folge sind die meisten eingegangen, weil es sich nicht mehr gerechnet hat, diese Zeitungen den Lesern zuzustellen. Das war ein verheerender Schlag gegen die deutsche Sprache und gegen die deutsche Gemeinschaft in den Vereinigten Staaten. Wir alle wissen, dass in den USA Deutsch heute keine Rolle mehr spielt. Das Deutschtum hat sich dort davon nie wieder erholt, obwohl der Krieg und auch die Auseinandersetzung zwischen Deutschen und Amerikanern dann irgendwann vorbei waren.

Was will ich Ihnen damit sagen? – Zunächst einmal: Das Deutschtum war erledigt. Und bevor Sie sich in der „Bomber Harris, do it again“-Fraktion jetzt darüber freuen, möchte ich Sie noch darauf hinweisen, was danach passiert ist.

[Zurufe von der LINKEN]

Nachdem das amerikanische Establishment mit den Deutsch-Amerikanern fertig war, hat es sich als Nächstes die pazifistischen und sozialistischen Zeitungen herausgesucht, die ebenfalls groß im Kommen waren, und mit

den gleichen Methoden und dem gleichen Ergebnis bekämpft, nämlich dem Ergebnis, dass sie dann mausetot waren. Damit will ich Ihnen sagen – –

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schneider?