Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Vielleicht kommen wir wieder auf den Kern der Angelegenheit zurück.
Herr Gräff freut sich schon. – Die Koalition hat in ihrer Koalitionsvereinbarung genau dieses Thema behandelt:
Versiegelte Flächen mit niedrigen Gebäuden (z. B. Supermärkte), nicht benötigte Gewerbeflächen oder entbehrliche Parkplätze zählen zum vorrangigen Wohnungsbaupotenzial.
Wie kommt man dahin? – Ich glaube, darin sind wir uns alle einig: Man muss mit den Eigentümern und den Betreibern der Supermärkte reden. Dann muss man sie überreden und schauen, wie man es hinbekommt, dass sie willig sind, dass sie einen materiellen Anreiz haben, dass wir als Wohnungspolitikerinnen und -politiker etwas davon haben, dass nämlich tatsächlich Wohnungen entstehen und dass das für die soziale Wohnungsversorgung der Stadt einen Effekt hat – wofür denn sonst? Darum geht es, und das muss man alles unter einen Hut bringen. Genau das will die Koalition und auch die Senatorin.
Für uns ist das Supermarktthema dabei allerdings gar nicht das einzige – das habe ich schon aus der Koalitionsvereinbarung vorgetragen. Es gibt Parkplätze, leerstehende Gewerbeobjekte, aber zum Beispiel auch eingeschossige Baracken mit Kindergärten – auch in Ihrem Bezirk, wobei ich mich gar nicht so sehr auf Spandau und Marzahn konzentrieren wollte, sondern doch eher die ganze Stadt in den Blick nehme, das ist an der Stelle wichtig. Es gibt also nicht nur bei Privaten, sondern auch bei der öffentlichen Hand Potenziale für Aufstockung. Aufstockung heißt nicht – das wird gern missverstanden –, dass man auf einen Leichtbau zehn Geschosse setzt. Nein, den Bau muss man im Regelfall abreißen. Wir wollen, dass ein Lidl abgerissen wird und dort ein ordentliches Haus hinkommt, in dem unten ein Geschäft ist. Das ist das Ziel der Angelegenheit.
Herr Otto! Ich habe eine ganz kurze Frage: Sie haben sich in Ihrer Rede bisher drei-, viermal negativ über Parkplätze geäußert: Parkplätze sind überflüssig, entbehrlich, „Weg damit!“ – Haben Sie eigentlich jemals in Ihrem Leben ein Auto besessen?
[Oh! von der SPD – Lachen von Anja Kofbinger (GRÜNE) – Katrin Schmidberger (GRÜNE): Begrenzter geht es nicht!]
Na klar, Herr Buchholz! Immer! Ich habe mich auch nicht abfällig über Parkplätze geäußert, sondern ich habe gesagt – ich kann das gern noch einmal vortragen –, dass sich die Koalition vorgenommen hat, Wohnungsbaupotenziale auszuschöpfen. Für uns gilt ganz klar: Wir nehmen versiegelte Flächen, die nicht benötigt werden, bevor wir auf die grüne Wiese gehen. Wir wollen auch ein bisschen höher bauen als breit. Darum geht es. – Dass Sie sich Sorgen um Ihren Parkplatz machen, sei Ihnen erlaubt. Darauf kann ich aber heute keine Rücksicht nehmen, Kollege Buchholz!
Ich glaube, dass alle, die bisher gesprochen haben, sehr ernsthaft daran interessiert sind, dass wir Wohnungsbaupotenziale ausschöpfen. Es geht aber auch um andere Nutzungen. Warum soll in solch einem Gebäude mit einem Supermarkt und Wohnungen nicht auch eine Bibliothek Platz finden? Warum soll dort nicht studentisches Wohnen sein? Warum soll dort nicht auch für Herrn Lederers Atelierprogramm ein Atelierstandort sein? All das ist denkbar, Mischnutzung an Standorten. Dabei greift Ihr Antrag ein bisschen kurz, das haben wir schon letztes Mal besprochen. Wir sehen die Potenziale also viel breiter, als Sie es tun, und wir sehen auch die Nutzungen, die man unterbringen kann, viel breiter als Sie. Damit werden wir uns im Parlament sicherlich noch be
schäftigen. Seien Sie aber gewiss: Das ist etwas, das diese Koalition vorhat und worüber wir auch mit den Eigentümern reden. Wir sind dran.
Ein letzter Gedanke: die Frage, wie man dort hinkommt. Kollege Nelken hat auch davon geredet. Man könnte sich auch anderes überlegen. Kann man die Eigentümer unter Druck setzen, zum Beispiel mit Baugeboten? Oder kann man versuchen, einen B-Plan zu machen, der zwingend vorschreibt, was dort zu bauen ist? – Das alles wollen wir nicht, das ist sehr umständlich. Sie könnten aber einmal in der Bundesregierung mit dem Heimatminister sprechen und ihn fragen, ob er das vielleicht als generelles Problem ansieht und sagt: Baunutzungsverordnung, Baugesetzbuch – machen wir etwas, damit es für die Kommunen einfacher wird, so etwas gegenüber Eigentümern zu erreichen, die das vielleicht selbst gar nicht möchten oder noch nicht auf die Idee gekommen sind! – Ich würde Sie also anregen: Sprechen Sie einmal mit dem Heimatminister! Vielleicht kann er uns darin ein wenig unterstützen, dass auch Verfahren schneller werden – gesetzliche Regelungen, Baunutzungsverordnung, all das ist denkbar. Das ist noch ein zusätzlicher Gedanke.
Ansonsten: Haben Sie vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Wir werden diesem Antrag heute nicht zustimmen, aber das Thema ist bei Frau Lompscher und der Koalition in besten Händen. – Danke!
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Lachen von Christian Gräff (CDU): Na ja! – Holger Krestel (FDP): Da war wohl eher der Wunsch der Vater des Gedanken!]
Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gegen eine Überbauung von Supermärkten mit Wohnbebauung ist nichts einzuwenden. Die Wohnungsnot könnte noch schneller mit der Abschiebung von ausreisepflichtigen Ausländern gelindert werden.
[Anja Kofbinger (GRÜNE): Auf diese perverse Idee muss man erst einmal kommen! Das ist menschlich verkommen!]
Das entspricht aber offenbar nicht den großen Umsiedlungsplänen der Frau im Kanzleramt und ihrer Globalisierungskollegen; aber das soll heute nicht Thema sein.
[Anja Kofbinger (GRÜNE): Nein! Ich habe nur gesagt, dass menschliche Verkommenheit Ihre Spezialität ist!]
Auf eine viel einfachere und pragmatische Möglichkeit, Wohnraum zu schaffen, möchte ich an dieser Stelle bescheiden hinweisen: Wer als Hauseigentümer – –
Danke schön! Ich wohne gern dort, wo ich wohne. – Wer als Hauseigentümer – das Wort kennen Sie jetzt nicht, aber es gibt noch private Hauseigentümer –
einen Laden oder ein anderes Gewerbe in seinem Haus hat, kann diesen auf Antrag beim Bauamt in Wohnraum umwidmen. Allerdings ist dann die Erlaubnis für die Gewerbevermietung auf Dauer verloren. Würde also ein Vermieter einen zu Wohnzwecken umgewidmeten Laden wieder als Laden vermieten wollen, hätte er durch die ersatzweise Schaffung von Wohnraum an anderer Stelle Ausgleich zu schaffen. Wie Sie sich denken können, ist das kompliziert und teuer.
Wenn aber der Gesetzgeber – also wir – dem Hauseigentümer garantieren würde, zu Wohnraum umgewidmeten Gewerberaum bei Bedarf wieder zu Gewerberaum zurückwidmen zu können, wäre dieser mit Sicherheit viel eher bereit, einen leer stehenden Laden oder eine leer stehende Praxis übergangsweise als Wohnraum zu vermieten.
Junge Leute wohnen gern nah an der Straße, und auch behindertengerechte Wohnobjekte könnte man in ehemaligen Ladengeschäften einfach realisieren. Der Hauseigentümer würde sich mit einer Vermietung als Wohnraum nichts vergeben, viele Einheiten würden wahrscheinlich auf Dauer als Wohnraum erhalten bleiben.
Viele Berliner Ladengeschäfte werden künftig nicht mehr als solche gebraucht werden, da die Amazonisierung des Handels weiter fortschreiten wird. Leerstehende Läden wirken weder in Berlin noch in anderen Städten attraktiv. Lassen Sie uns aus der Not eine Tugend machen und die Läden als Wohnraum nutzen! Befreien wir die Hauseigentümer von antiquierten Vorschriften, die den Wohnungsmarkt nicht schützen, sondern beeinträchtigen!
[Vereinzelter Beifall bei der AfD – Anja Kofbinger (GRÜNE): Oh, da klatscht die AfD! Mein Gott! – Katrin Schmidberger (GRÜNE): Sollen sie ihn in ihre Fraktion aufnehmen! Passt sowieso zu denen!]
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag auf Drucksache 18/0636 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich – gegen die Oppositionsfraktionen – die Ablehnung, auch mit geändertem Berichtsdatum 30. Juni 2018. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Oppositionsfraktionen und ein fraktionsloser Abgeordneter. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimmen der Koalitionsfraktionen ist der Antrag damit abgelehnt.