Protocol of the Session on May 17, 2018

Keine Angst, auch ich habe nur drei Minuten! Sie brauchen keine Angst haben, dass ich länger rede. – Verehrter Herr Gräff! Da muss ein Missverständnis vorliegen.

[Florian Swyter (FDP): Was?]

Ja! Da muss ein Missverständnis vorliegen. Diese Koalition – genauso wie Sie und die meisten vernünftigen Menschen – sagt: Es ist doch eine Selbstverständlichkeit, dass wir die Wohnungsnot in Berlin angehen müssen, indem wir auch und gerade brachliegende Flächen und bisher einstöckige Supermarktflächen mit Wohnungen

überbauen. Das ist völlig unstrittig in dieser Stadt. Dafür steht der Senat. Dafür stehen auch wir.

[Florian Graf (CDU): Warum passiert nichts?]

Herr Kollege Graf! Jetzt wird es ein bisschen schwieriger. Wenn man Ihren Antrag liest, dann ist der ein bisschen anders als das, was Herr Gräff hier erzählt hat. Zum einen wollen Sie damit im letzten Absatz das bewährte Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung aufgeben.

[Florian Graf (CDU): Das stimmt nicht!]

Das steht wörtlich drin: können Ausnahmen „im Einvernehmen... zugelassen werden“. – Sie wollen das aufweichen. Ich kann Ihnen nur wieder sagen, Herr Gräff: Der Senat hat völlig zu Recht vor Kurzem ein großes Wohnungsbauvorhaben an sich gezogen, weil Ihr CDUBaustadtrat in Spandau nicht bereit war, 30 Prozent bezahlbare Mietwohnungen zuzulassen. Wir wollen das aber verbindlich.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Das ist soziale Wohnungspolitik. Da sind Sie schlichtweg dagegen. Es ist so, und es bleibt so. Sie sind dagegen, Herr Gräff.

Herr Graf, schreiben Sie mit, vielleicht hat Herr Gräff es Ihnen nicht gesagt, obwohl eine Namensverwandtheit besteht. Ich darf mal aus dem Ausschussprotokoll zitieren. Herr Gräff von der CDU hat gesagt:

Er halte es für falsch, mehr als 800 Quadratmeter Verkaufsfläche zuzulassen.

Herr Gräff, das müssen Sie jetzt mal erklären. Die großen Discounter, mit denen ich gesprochen habe – denn sie haben auch mit uns gesprochen –, sagen in der Regel, sie wollen mehr Verkaufsfläche haben. Sie sagen aber, Sie wollen ihnen nicht mehr Quadratmeter Verkaufsfläche geben. Das ist aber deren Forderung, wenn sie sich darauf einlassen, darüber Geschosswohnungsbau zu errichten. Was will denn die CDU-Fraktion? Sie sehen, es ist schwierig, aus dem CDU-Antrag einen vernünftigen Kern zu extrahieren.

Es bleibt dabei: Wir als Koalition wollen bezahlbaren Mietwohnungsbau und den auch gerne und verstärkt endlich da, wo bisher einstöckige, eintönige Supermärkte die Stadt verschandeln. Das sind nämlich wertvolle Innenstadtflächen, die wir dringend überbauen müssen. Fakt ist aber auch: Mit dem CDU-Antrag kommen wir da kein Stück weiter. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

(Christian Gräff)

Für eine Zwischenbemerkung hat jetzt der Kollege Gräff das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Buchholz! Mir ist klar, dass es für Sie schon schwierig ist, Gräff und Graf auseinanderzuhalten. Das ist kein Problem. Das erklären wir Ihnen an anderer Stelle bei einem Kaffee.

[Daniel Buchholz (SPD): Nein! Ich habe immer den Richtigen angesprochen!]

Aber wenn Sie immer wieder mit diesem Spandauer Beispiel kommen, dann muss ich darauf eingehen. Ja, es ist völlig richtig, dass der Baustadtrat in Spandau sagt: Es kann nicht sein – der Auffassung bin ich übrigens auch, denn das gilt auch für meinen Bezirk –, dass in der Stadt, wo linkes, rot-rot-grüne Klientel aufschreit und sagt: Hier, in der Innenstadt darf nicht gebaut werden –, das zulasten der Außenbezirke geht und die zugeknallt werden. Das darf nicht sein.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Dass die äußeren Bezirke, Gegenden und Kieze, die wir gerade in den letzten Jahren stabilisiert haben, jetzt eine Quote von 50 Prozent Sozialwohnungen bekommen sollen, ist ein Skandal. Das ist eine falsche Politik. Das dürfte auch die Sozialdemokratie nicht unterstützen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Ronald Gläser (AfD)]

Jetzt zum Antrag noch zwei Worte: Auch da – wie bei den beiden Namen, die Sie nicht unterscheiden konnten – steht es doch ganz klar drin. Sie müssen Sich mit dem Thema beschäftigen.

[Daniel Buchholz (SPD): Das tue ich!]

Vielleicht treffen Sie sich doch einmal mit dem einen oder anderen Baustadtrat der SPD, der Ihnen das gerne erklärt, Herr Buchholz. Das ist eine Frage der Perspektive, ob man schon einmal draußen im Feld gewesen ist oder immer von einer anderen Ebene aus diskutiert.

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Wenn und soweit die Wirtschaftlichkeit entsprechender Entwicklungsvorhaben Abweichungen vom Berliner Modell …

Das heißt ja gar nicht, dass man zu 100 Prozent abweicht,

[Daniel Buchholz (SPD): Aber abweicht!]

sondern nur dort, wo es möglicherweise aufgrund der schwierigen baulichen Situation Sinn macht, damit etwas entstehen kann. Ich glaube nicht, dass das in der Gesamtheit ein Problem ist. Ich verstehe, dass Ihnen das wehtut. Das würde mir bei dieser Senatorin auch wehtun als SPD. Ringen Sie sich dazu durch, und stimmen Sie unserem Antrag zu! Dann passiert hier endlich in Berlin etwas.

[Beifall bei der CDU – Katrin Schmidberger (GRÜNE): Der war gut!]

Ich nutze die Zeit, bis Herr Buchholz am Mikro ist, um darauf hinzuweisen, dass Zwischenfragen zu Zwischenbemerkungen nicht zulässig sind. – Bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident! – Lieber Kollege Gräff! Nehmen wir beides noch einmal auseinander. Zunächst einmal zu der Frage mit den Supermärkten: In Ihrem Antrag steht, dass Abweichungen ermöglicht werden sollen. Das müssen Sie sich auch vorhalten lassen. Wir können alle lesen. Jeder, der des Deutschen mächtig ist, kann in Ihrem Antrag lesen, dass Sie Abweichungen zulassen wollen. Das heißt, um es mal ganz klar zu sagen: Ihnen ist es piepegal, dass wir hier in Berlin eine Wohnungsnot haben und dort, wo wir Einfluss haben und neues Planungs- und Baurecht schaffen, Sie wollen verhindern, dass wir bei Privatinvestoren mindestens 30 Prozent bezahlbare Mietwohnungen vorgeben und bei den öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften mindestens

50 Prozent. Ich sage Ihnen: Sie verhöhnen die vielen Suchenden auf dem Berliner Wohnungsmarkt, wenn Sie das laut im Parlament von Berlin sagen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Christian Gräff (CDU): Gerade Sie!]

Ja, so ist es!

Sie sollten, wenn Sie Begriffe wie sozial schwierige Quartiere benutzen, ein bisschen vorsichtiger sein. Erstens: Mehr als 50 Prozent, wahrscheinlich sogar 60 Prozent der Berlinerinnen und Berliner sind berechtigt, einen Wohnberechtigungsschein zu erhalten. Heißt das, das ist nach Ihrer Definition alles schwierige Klientel? Das können wir gerne mal in den Kiezen erzählen, wie viele schwierige Menschen nach CDU-Definition dort rumlaufen.

[Christian Gräff (CDU): Sozial schwierige Quartiere sind was anderes als sozial schwierige Menschen! Das verbitte ich mir von Ihnen!]

Dann ist es kein Wunder, wenn sich die Leute von Ihnen und Ihrer Wohnungspolitik abwenden.

Zweiter Punkt: Sie haben leider Pech, denn ich bin um die Ecke von dem Gebiet, über das wir reden, wenn es um die Bebauung geht, aufgewachsen. Ich war auch bei allen Bürgerversammlungen. Dabei handelt es sich nicht um einen rot-grün versifften Kiez, von dem Sie denken, dort würde alles umkippen, wenn dort noch etwas hingebaut wird. Das Gegenteil ist der Fall: Dort oben im nördlichen Teil haben wir die Wasserstadt Spandau, Reihenhäuser, Ein- und Zweifamilienhäuser. Das ist die direkte

Nachbarschaft. Südlich davon haben wir Haselhorst und die Siemensstadt – manchmal ein bisschen auffällig, aber keine Quartiersmanagementgebiete, keine sozial abgängigen Quartiere, wie Sie sie vielleicht definieren.

[Paul Fresdorf (FDP): Aber tolle Leute da!]

Ich kann Ihnen nur sagen, Herr Gräff: Wir geben als Koalition keinen Kiez in Berlin auf, und wir werden es nicht zulassen, dass Sie die Stadt an der Stelle spalten.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Das ist das, was Sie wollen. Soziale Spaltung fängt bei der Sprache an. Wenn Sie uns hier Vorhaltungen machen, wir würden das nicht beachten, ist das ein ziemlich starkes Stück und ein Faustschlag ins Gesicht aller Berlinerinnen und Berliner, die dort vor Ort engagiert und aktiv sind und auch eine Wohnung suchen. Vielleicht können Sie sich nicht vorstellen, wie das ist. Ich kann es mir übrigens gut vorstellen, denn ich bin gerade von meinem Vermieter rausgeklagt worden. Sie können mir glauben, ich weiß, wovon ich rede, wenn ich mich zum Thema Wohnungspolitik äußere.

Ich glaube, die Argumente sind mehr als vielfältig dargelegt. Diesen CDU-Antrag kann jeder, der halbwegs bei Verstand ist, nur ablehnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Christian Gräff (CDU): Na ja, so ist er!]

Vielen Dank! – Dann hat der Abgeordnete Scheermesser für die AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen der Koalition! Auch hier sehen wir wieder, dass Sie nicht gewillt sind, diesen dringend benötigten Wohnungsbau anzugehen, und diese wertvollen Flächenpotenziale liegenlassen wollen.

[Daniel Buchholz (SPD): Wer sagt denn das?]