Vor einigen Tagen titelte ein sehr wirtschaftsnahes Onlinemagazin: Mehr Wohnungsbau treibt die Mieten.
Da war ich dann sehr verwundert. Da konnte man lesen, die landläufige Meinung, um steigenden Mieten entgegenzuwirken, müsste mehr gebaut werden, wird von der Studie einer Schweizer Investmentfirma für den deutschen Wohnungsmarkt in Zweifel gestellt. Denn sie haben eine Untersuchung von 80 deutschen Städten mit über 70 000 Einwohnern unternommen, und das haben sie festgestellt: Wo mehr Wohnungen neu gebaut werden, da steigen die Preise überdurchschnittlich. Wie kommt das?
[Michael Dietmann (CDU): Die haben sich jetzt vorgenommen, nicht mehr zu bauen! – Frank-Christian Hansel (AfD): Sie glauben das auch noch, was?]
Das ist ja eine Tatsache. – Ich hoffe jedenfalls, niemand hat den Kollegen Geld gezahlt für diese Studie. Denn es ist eine triviale marktwirtschaftliche Binse, dass Mieten und Kaufpreise von Wohnungen steigen, wo die kaufkräftige Nachfrage und der Kapitalzustrom wachsen und sich nicht nur die Einwohner mehren.
Es ist simpelste Binse. Dafür bezahle ich einer Studie doch kein Geld. Die kämen ja noch auf die Idee – das kann man da auch nachlesen – zu sagen: Die Korrelation, die da bestanden hat, führen sie darauf zurück, dass die Neubauten alle so teuer sind und deshalb im Durchschnitt die Mietpreise hoch sind.
Ich habe die jetzt ja sehr ernst genommen, also ganz offensichtlich gibt es eine Ursache für die Preisentwicklung, das ist die Immobilien- und Bodenspekulation.
Es ist die Ursache, dass der Mieten- und Kaufpreiswahnsinn – – es geht um den Betongoldrausch. Diese Entwicklung ist allerdings verbunden – –
Herr Nelken! Ich wollte Sie gar nicht unterbrechen. Ich wollte nur noch mal mahnen, dass wir uns doch gegenseitig in erster Linie zuhören sollen.
Es ist ja nun einfach so, dass Sie anerkennen müssen, dass das eigentliche Problem der Entwicklung in Berlin und in anderen Großstädten der sogenannte Betongoldrausch ist.
Das ist hier allerdings verbunden mit extrem – – Nein! Keine Zwischenfragen! – Diese Entwicklung könnte man ja so laufenlassen, die ist allerdings ausgesprochen gemeinschädlich in Folgen, und zwar nicht nur für die Mieterhaushalte, sondern auch für die Käufer von selbstgenutztem Wohneigentum, also auch für den sozialen Zusammenhalt in der Stadt und für das normale wohnungswirtschaftliche Gefüge ist das alles sehr schädlich.
Es gibt ja heute noch Lobbyisten, und nicht nur Lobbyisten der Bodenspekulation, die bezeichnen das als normale Entwicklung einer kapitalistischen Metropole,
quasi als nachholende Normalisierung für Berlin. Man kann allerdings auch der Meinung sein, und dieser Meinung bin ich, und dieser Meinung ist Die Linke und auch die Regierungskoalition, dass diese Dominanz der Bodenspekulation und der Immobiliendealerei einfach ein Marktversagen ist,
ein Marktversagen mit sozialen Folgen für die einzelnen Bürger. Man kann auch sagen, für die Wohnungswirtschaft selbst. Einem Versagen von Markt begegnet man allgemeinhin mit öffentlicher Regulierung. Wenn man so die Ursachen der Misere sieht, dann ist es kein Naturereignis, sondern dann muss man etwas dagegen tun. Und diese Koalition hat sich vorgenommen, etwas dagegen zu tun.
Ich habe jetzt nicht gehört, von wem der Zwischenruf kam. Die Koalition hat sich das nicht nur vorgenommen, die macht ja ständig was, und Sie nehmen das nur nicht zur Kenntnis, weil Sie immer nur eine Leier haben: Bauen, bauen, bauen. Wie wir da eben festgestellt haben, führt das überhaupt nicht zur Lösung des Problems.
Zu den Gegenmitteln komme ich jetzt, die wir uns als Regierung nicht nur vorgenommen, sondern auch schon begonnen haben. Es gibt übrigens kein einziges Regulati
onsinstrument, um dieser Entwicklung zu begegnen, sondern es ist ein komplexes Problem, dem mit verschiedenen Regulationsinstrumenten entgegengegangen wird. Es gibt keinen Zauberstab, und es gibt keine Weltformel, meine Herren.
Ich behaupte, dass Ihnen bei der Opposition einfach der Wille fehlt, etwas gegen diese Entwicklung zu unternehmen, und deswegen leiern Sie immer wieder die gleichen Sätze hier herunter.
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Deshalb macht man die Enteignungen, oder was?]
Wir sagen jetzt erstens: Wir brauchen mehr – und das tun wir auch – kommunalen, geförderten und gemeinnützigen Wohnungsneubau. Dieser muss sich im doppelten Sinne gegen die spekulative Entwicklung richten, weil diese Entwicklung der entscheidende Punkt ist, dass wir hier nicht nur gegen die hohen Mietpreise arbeiten, sondern dass wir auch in der stadträumlichen Anordnung dieses Neubaus genau in die Hotspots der Immobilienspekulation gehen, damit wir nicht am Rande der Stadtquartiere die Opfer der sozialen Verdrängung errichten. Insofern muss eine soziale Wohnungspolitik im Neubaubereich auf beide Aspekte ausgerichtet sein.
Der zweite Punkt: Der größte Teil der Wohnungen ist im Bestand. Da haben wir fast zwei Millionen Wohnungen. Da müssen wir etwas für die Stabilisierung der Mieten tun. Da haben wir hier viel vorgelegt. Wir haben Ihnen das hier vorgetragen. Sie haben das meistens alles abgelehnt. Da kann ich jetzt nur noch Stichworte nennen. Das war die Ausdehnung der Milieuschutzgebiete, Umwandlungsverordnung, Vorkaufsrecht ausüben – das sind alles Instrumente, mit denen man dieser Bodenspekulation entgegenwirken kann. Das ist der Sinn dessen, was wir uns vornehmen.
Viertens ist ein ganz wichtiger Punkt eine aktive strategische Bodenpolitik. Auch die hat Rot-Rot-Grün inzwischen in Angriff genommen. Dabei geht es nicht nur darum, dass Berlin nicht mehr zu Höchstpreisen verkauft, sondern dass wir langfristig nachhaltige soziale Sicherungen auf die Bodennutzung bringen und dass wir auch strategische Einkaufspolitik betreiben.
Da sich meine Redezeit leider dem Ende zuneigt, eine letzte Bemerkung noch: Sie sehen, Rot-Rot-Grün hat allerlei Maßnahmen ergriffen, die wir auch noch weiterentwickeln werden müssen. Wir führen nicht den Immobiliensozialismus ein, wir schaffen nicht die private Wohnungswirtschaft ab, sondern es geht um einen einzigen Punkt, dass wir nämlich die private Immobilien
spekulation, die sozialschädlich ist, die auch die Wohnungswirtschaft schädigt und die das Gemeinwesen schädigt, bekämpfen. Die ist der Grund für den Mietenwahnsinn.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich glaube, dass Herr Dr. Nelken für Die Linke gesprochen hat und auch was Sie gesagt haben, sagt eigentlich schon alles. Aber eines muss ich am Anfang doch noch sagen: Dass Die Linke die Chuzpe hat, gerade dieses Thema anzumelden, bei dem sie in den letzten anderthalb Jahren sträflich versagt hat, ist unfassbar. Unglaublich!
Obwohl Sie wissen – insbesondere Sie von der Partei Die Linke –, dass es für Ihre Ideen bundesweit keine Mehrheiten gibt, starten Sie immer wieder Initiativen wie auch jetzt beispielsweise die im Bundesrat. Wenn Sie ernsthaft interessiert sind, dass diese Bundesratsinitiativen Erfolg haben, stelle ich mir eine Frage: Welche Mitglieder dieser Landesregierung haben Hintergrundgespräche geführt und dafür geworben, dass Ihre Initiativen am Ende des Tages auch Erfolg haben? – Das würde ich wirklich gern wissen, wenn Sie denn daran glauben.
Gestern ist im Bau- und Stadtentwicklungsausschuss an einem entscheidenden Punkt gelacht worden, als ich nämlich gesagt habe, es wäre schön, wenn Sie dafür um Mehrheiten werben würden – ja, auch bei der CDU/CSUFraktion. Da ist gelacht worden, weil das aus meiner Sicht gar nicht Ihr Ziel ist. Das ist nicht Ihr Ziel.
Wir als CDU-Fraktion haben vor gut einer Woche auf einer Klausurtagung auch gesagt – und ich glaube, dass wir in dem Punkt einer Auffassung sind; das habe ich an der Stelle auch schon ein- oder zweimal gesagt –, dass die Frage der Bodenspekulation insbesondere in angespannten Immobilienmärkten – in den Metropolenräumen, in Berlin, in Hamburg – eine Frage ist, der wir uns widmen müssen. Wir haben uns deswegen vor anderthalb Wochen als CDU-Fraktion auf unserer Klausurtagung auch mit dem Thema „Wohnungsbau und Stadtentwicklung“ beschäftigt.
Ich verstehe, dass Sie bei der Linken aufgeregt sind. Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Dazu kommen wir auch noch. –
Und wir haben dort einen Beschluss gefasst, wo wir gesagt haben: Wir werden uns gemeinsam mit den Bundestagsfraktionen und natürlich auch mit der eigenen Fraktion dafür einsetzen, Instrumente zu erarbeiten, die willkürliche Mieterhöhungen in den angespannten Wohnungsmärkten der deutschen Großstädte strikt unterbinden werden. – Und das werden wir auch tun, dafür werden wir uns einsetzen.