Protocol of the Session on March 22, 2018

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Bravo!]

Aber jetzt im Ernst: Das ist doch wirklich Blödsinn. Wenn das Thema Ihnen wichtig wäre, dann würden Sie das doch nicht mit solch einem Schaufensterantrag im Parlament machen. Dann würden Sie Kontakt zum Verfassungsschutz suchen, würden schauen, dass Sie das Gespräch suchen, und zwar nicht in der Öffentlichkeit,

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

und würden Wert darauf legen, dass es wirklich zu einer Untersuchung kommt, die dann tatsächlich gemacht würden und vielleicht auch erfolgreich wäre. So haben Sie aber schön auf die Trommel gehauen. Herr Weiß hat eine Rede gehalten, die Sie super toll in den sozialen Medien rauf und runter spielen können,

[Frank-Christian Hansel (AfD): Hat er von Czaja gelernt!]

als einzige Aufrechte hier im Haus. So ein Schwachsinn! Und wir beschäftigen uns damit. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP, der CDU, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Tomiak. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es in dem Antrag konkret? – Die AfD-Fraktion fordert, der Senat solle die Aktivitäten des Islamischen Jugendzentrums – IJB – auf deren Verfassungskonformität hin prüfen. Sie fordert, dass Unterrichtsinhalte offengelegt werden, die Finanzierung der Einrichtung durchleuchtet wird und dass organisatorische

(Hakan Taş)

Verflechtungen, also auch personeller Natur, offengelegt werden.

Nun stellt sich die Frage, wie der Senat das machen soll. Wie in der Antwort auf die Frage des Kollegen Weiß bereits mitgeteilt worden ist, können bestimmte Überprüfungsvorgänge nicht wahrgenommen werden, da die Einrichtung nicht öffentlich gefördert ist und es sich um eine privatrechtliche Vereinigung handelt, sofern ein Vereinsstatus vorliegt. Ist das nicht der Fall, ist noch weniger Einblick möglich. Das ist die geltende Rechtslage. Dabei mahnen Sie doch immer die Verfassungskonformität an. Das ist schon spannend. Das Jugendzentrum dazu zu zwingen, nichtveröffentlichungspflichtige Angaben zu veröffentlichen, würde einen Präzedenzfall schaffen, nachdem jedweder Zusammenschluss dem Staat alle internen Vorgänge offenlegen müsste. Das wäre ein Schritt auf dem Weg zu einem Überwaschungsstaat, den Sie vielleicht begrüßen würden, liebe Kollegen von der AfD, den wir und die Gesellschaft jedoch aus Gründen ablehnen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Eine andere Möglichkeit ist in begründeten Ausnahmefällen eine Überwachung von Institutionen und Einzelpersonen durch das Landesamt für Verfassungsschutz. Auch hier verweise ich gerne wieder auf Ihre eigene Anfrage. In der Antwort verweist der Senat auf Erkenntnisse zum IJB, die im Verfassungsschutzbericht nachzulesen sind. Wir nehmen islamistische Tendenzen nicht auf die leichte Schulter, auch dann nicht, wenn sie sich, wie im Wirkungsbereich der Muslimbruderschaft in Deutschland, zunächst durch gewaltfremde und vornehmlich theologisch legalistische Methoden äußern. Jedoch lässt sich feststellen, dass sich die Forderung nach einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz erübrigt, denn dies passiert offenbar bereits.

Weiter in Ihrem Begründungstext: Die damalige Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung produzierte eine Handreichung zum Thema „Islam und Schule“. Darauf haben Sie eben schon Bezug genommen. Zum Entstehungsprozess dieser Broschüre und der Einbeziehung des Imams Ferid Heider schreibt der Senat in der Antwort auf Ihre Anfrage – ich zitiere –:

In dieser Materialsammlung

gemeint ist die Recherche zur Broschüre –

gibt es ein Interview mit Ferid Heider, der darüber hinaus aber an keiner Stelle in die Produktion der Materialsammlung oder der Broschüre eingebunden oder daran beteiligt war. Das Interview ist in der veröffentlichten Broschüre nicht enthalten, Wortbausteine von Herrn Heider o. Ä. sind in der veröffentlichten Kurzfassung nicht erschienen.

Daraus wird in Ihrem Antrag:

Heider beteiligte sich auch an der Erarbeitung der 2010 erschienenen Handreichung „Islam und Schule“ des Senats, die Berliner Lehrer für den Umgang mit muslimischen Schülern fortbilden soll.

Wen wollen Sie hier eigentlich für dumm verkaufen? Ihre Aussage ist besonders boshaft in Anbetracht der Tatsache, dass Sie es ja besser wissen, weil Sie den Sachstand erfragt haben.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Thorsten Weiß (AfD)]

Auch wenn das eine bestimmte Fraktion im Haus nicht wahrhaben möchte, ist der Islam ein Teil von Berlin. Muslimische Kinder feiern Weihnachten. Atheistische oder christliche Kinder feiern zusammen Zuckerfest. Kinder machen vor, was die Politik in den vergangenen Jahrzehnten trefflich verfehlte.

Mit nichtdeutschen Namen ist es immer noch ungleich schwerer, einen Job zu finden. Es ist schwerer, eine Wohnung zu bekommen. Und auch die Bildungschancen sind ungerecht verteilt. Wenn sich Menschen ausgegrenzt fühlen, suchen sie oft Nähe zu jenen Menschen, die Ihnen aufgeschlossen gegenübertreten. Radikale Hassprediger und auch Rechtsextreme nutzen das für sich.

Um negativen Entwicklungen vorzubeugen, kann und muss politischen entgegengewirkt werden. Wir müssen sinnvolle Ausstiegsoptionen bieten, Alternativen zur Radikalisierung. Wir müssen den in Deutschland lebenden Muslimen anders begegnen als ein Horst, der Regierungsbank und Kneipe verwechselt hat. Stattdessen müssen wir als Gesellschaft zeigen, dass Muslime in unserem Rechtsstaat gleichberechtigte und gleichwertige Menschen sind. Politik muss die Differenzierung zwischen Religion und fundamentalistischer Ideologie endlich gewissenhaft durchführen. Wir müssen zwischen Islam und Islamismus genauso unterscheiden wie zwischen Christentum und christlichem Fundamentalismus. Wenn Menschen aufgrund ihres Glaubens nicht vorverurteilt würden, wäre viel gewonnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Verfassungsschutz und mitberatend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Die Tagesordnungspunkte 36 und 37 stehen auf der Konsensliste.

(June Tomiak)

Ich rufe auf

lfd. Nr. 38:

Uneingeschränkte Notfallversorgung für Kinder am Klinikum Benjamin Franklin herstellen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0910

In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU. Hier hat der Abgeordnete Grasse das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit über einem Vierteljahr lässt der Senat die Menschen im Südwesten Berlins im Unklaren über die Notfallversorgung für die Kinder in Steglitz-Zehlendorf.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Stimmt doch gar nicht!]

Im vergangenen Dezember hatte die Leitung der Charité überraschend angekündigt, dass die Öffnungszeiten der Kinderrettungsstelle am Campus Benjamin Franklin eingeschränkt werden. Kinder, die außerhalb dieser Öffnungszeiten auf eine ärztliche Versorgung dringend angewiesen sind, werden an andere Kliniken verwiesen.

Was ist seitdem passiert? – Nichts! Es wurde keine belastbare Konzeption dem Abgeordnetenhaus oder der Öffentlichkeit vorgelegt. Es drohte sogar die vorübergehende vollständige Schließung der Kinderrettungsstelle. Nun gilt zwar eine durchgehende Öffnungszeit, aber mit Verweis auf die Prüfung der Wirtschaftlichkeit.

Um diese untragbaren Zustände zu beenden, hat die CDU-Fraktion den hier vorliegenden Antrag eingebracht, der gerade mit Blick auf die aktuelle Situation am Campus Benjamin Franklin nichts von seiner Relevanz und Dringlichkeit verloren hat. Denn um die Gesundheit und Notfallversorgung der Kinder unserer Stadt ist es nicht zum Besten bestellt, wenn die Wirtschaftlichkeit des Krankenhausbetriebes schwerer wiegt als die notärztliche Versorgung unserer Kinder.

Es ist kaum zu glauben, aber Kindeswohl und finanzielle Interessen werden hier gegeneinander abgewogen. Für die CDU-Fraktion stelle ich klar: In der Priorisierung stehen Kinder an erster Stelle.

[Beifall bei der CDU]

Während Herr Müller in der Plenarsitzung am 30. November des vergangenen Jahres noch gesagt hat – hier zitiere ich mit Erlaubnis der Präsidentin aus dem Protokoll der Sitzung –:

Es geht nicht um eine Schließung dieses Standortes für Kinder.

Und auch sechs Wochen später, am 11. Januar noch bekannte:

Entscheidend ist, dass es eine lückenlose, zuverlässige und hervorragende Versorgung für Betroffene gibt. Aber auf jeden Fall werden wir nicht akzeptieren, wenn es zu irgendwelchen Versorgungslücken kommen sollte.

Und so hatte er in der letzten Plenarsitzung auf einmal einen ganz anderen Zungenschlag – ich zitiere nochmals –:

Dann muss man sehen, wie ein Krankenhausbetrieb wirtschaftlich arbeitet.

Zugleich sprach er sich für ein besseres, ein tragfähigeres Konzept aus. Ich frage mich: Was gibt es denn eigentlich für ein besseres Konzept als eine Notfallstelle, die rund um die Uhr geöffnet ist? Auch der Verweis auf die in Steglitz-Zehlendorf höchste Dichte an Kinderärzten ist irreführend. Eine Kindernotfallversorgung an einem festen Standort ist doch etwas anderes als eine nach Bereitschaftsdienst organisierte wechselnde kinderärztliche Notversorgung.

Ich habe mir gerade gestern mit meinem Kollegen Dr. Hausmann einen Überblick vor Ort verschafft. Hier komme ich auf das Personalkonzept, das Herr Müller in der Aktuellen Stunde der letzten Plenarsitzung erwähnte. Das Konzept liegt ja vor. Doch wo ist denn dieses Konzept? – Im Benjamin Franklin war gestern kein Konzept bekannt. Mir ist es nicht bekannt. Auch dem Abgeordnetenhaus ist es nicht bekannt. Gibt es überhaupt ein Konzept? Ich fordere den Senat hier und heute auf, schenken Sie den Menschen im Südwesten reinen Wein ein, dass Sie die Rettungsstelle in Wahrheit abwickeln wollen!

Es geht hier nicht um weniger als die gesicherte und umfängliche Notfallversorgung in einem Einzugsbereich von mehreren Hunderttausend Berlinerinnen und Berlinern. Es geht um unsere Kinder und damit um die Zukunft unserer Stadt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]