Protocol of the Session on March 22, 2018

Das Drama ist kurz beschrieben: Hatte Berlin bis 1995 noch ein Flughafensystem mit drei Flughäfen und sechs Start- und Landbahnen, so soll ab 2021 ein Flughafen mit nur zwei Pisten den gesamten Berliner Flugverkehr abwickeln. Das funktioniert mit dem BER alleine nicht. – Sie erinnern sich, Kollege Stroedter, Sie haben die Anhörung gerade angesprochen: Ohne eine dritte Startbahn wird es nicht gehen. Das war das eindeutige Votum des Flughafenplaners Faulenbach da Costa, der sein ganzes Berufsleben in der Airportwelt lebt und weiß, worum es geht, anders als Ihr Lütke Daldrup, der nur glaubt zu wissen, wo es lang geht, obwohl er es aus professioneller eigener Anschauung nicht selbst wissen kann.

Weil uns hauptsächlich die künftige Perspektive eines funktionierenden Großflughafens interessiert, halten wir grundsätzlich an dem parlamentarischen Sonderausschuss fest. Aber es nützt ja nichts, bei verbohrten Mehrheiten stur gegen die Wand zu rennen. Darum gehen wir als politische Realisten den Zwischenschritt des Untersuchungsausschusses erst einmal konstruktiv mit. Allerdings mit dem Ziel, dass wir uns im zweiten Schritt mit der Planung der Zukunft befassen können. Denn der Schließungsakt von Tegel in Verbindung mit der BERInbetriebnahme darf rechtlich gerade dann nicht erfolgen – so Verwaltungsrichter Dr. Paetow auf Nachfrage –, wenn die angenommene Kapazität mit gewissem Puffer tatsächlich nicht ausreicht. Dann dürfen Sie Tegel nicht schließen. Genau vor dieser Situation stehen wir nach Ansicht aller Fachleute.

Genau auf diese Fragen haben wir uns in unserem Änderungsantrag konzentriert, um weniger zurück als vielmehr zielgerichtet nach vorn zu schauen. Wir glauben nämlich nicht, dass uns die Skandalisierung des Versagens bisherigen Regierungshandelns einen Schritt weiter in der Frage eines künftig funktionierenden Flughafensystems bringt. Übrigens, liebe Kollegen von der Union, Herr Graf, tun Sie, was Sie tun können, um in Zukunft dafür zu sorgen, dass politisches Fehlverhalten sanktioniert werden kann.

[Beifall bei der AfD]

Sorgen Sie im Bund mit Ihrer GroKo dafür, dass der Straftatbestand der Steuerverschwendung eingeführt wird und sorgen Sie für die gesetzliche Institutionalisierung eines unabhängigen Amtsanklägers, der von Amtswegen Steuerstraftatbestände von politisch Verantwortlichen auch ahnden kann!

[Beifall von Dr. Kristin Brinker (AfD)]

Wir werden als AfD diesbezüglich im Bund gesetzesinitiativ werden, und Sie sind herzlich eingeladen, diesen Antrag zu unterstützen. Untersuchungsausschüsse haben nämlich nur dann wirklich Sinn, wenn konkrete Verantwortlichkeiten auch zu Sanktionen führen, also echte Folgen haben und weh tun, Ihnen, die Sie hier sitzen, auch weh tun, Herr Regierender Bürgermeister!

[Beifall bei der AfD]

Ohne dieses scharfe Schwert verkommt der Ausschuss, wie Sie und die Freien Demokraten ihn konzipiert haben, lediglich zu einem leider folgenlosen Polittribunal. Wenn wir es aber gemeinsam schaffen, mit unserem erweiterten Fragenkatalog die Tür in Richtung Nachweis des Kapazitätsengpasses aufzustoßen, der die Offenhaltung von Tegel dann auch geradezu erzwingt, dann erreichen wir, dass der Senat gezwungen wird, zurückzurudern und mit uns im Parlament alle Airport-Optionen zu prüfen, alle. Alle Optionen heißt, die durchaus nicht mehr unwahrscheinliche, von uns nicht gewollte, aber immerhin in Betracht zu ziehende Nichteröffnung und auch den Teilabriss des BER in Verbindung mit der Planung und dem

(Steffen Zillich)

Bau eines echten Großflughafens an anderer Stelle. Der mag im Norden liegen, in Mecklenburg-Vorpommern, oder im Süden, in Brandenburg, darüber mache sich hier und heute keiner mehr irgendeine Illusion, sicher keine wirklich schöne Option, aber als Politiker, die wir Verantwortung tragen, müssen wir den Realitäten ins Auge sehen, ob sie uns gefallen oder nicht, und die Konsequenzen ziehen. Das ist unsere Verantwortung, für die wir gewählt worden sind. Wir übernehmen diese Verantwortung herzlich gerne.

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Herr Abgeordnete Urbatsch das Wort. – Bitte schön!

[Zurufe von der CDU und der FDP: Nicht Herr Otto?]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! – Richtig, ich bin nicht Herr Otto. – Mit dem BER haben religiöse Kategorien Einzug in den Berliner Parlamentarismus gefunden: Glaube und Hoffnung. Erlösung lässt noch auf sich warten, aber wir haben schon einen Termin.

[Stefan Evers (CDU): Schon einen Termin?]

Daran lässt sich glauben, und wir hoffen alle, dass es klappt.

Vieles am BER ist entglitten, nicht zuletzt auch die parlamentarische Kontrolle. Nach mehr als einem Jahrzehnt, einem Untersuchungsausschuss und unzähligen Hauptausschusssitzungen stehen wir nun vor vier kritischen Pfaden nach Aussage der FBB.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Czaja?

Schon jetzt. – Ja!

Bitte, Herr Czaja!

Sehr geehrter Herr Kollege Urbatsch! Schon jetzt deshalb, weil Sie gesagt haben, wir hätten einen Termin. Können Sie uns heute einen belastbaren Termin, der durch den Regierenden Bürgermeister bestätigt worden ist, nennen?

Ich weiß dazu genauso viel wie Sie, nicht mehr und nicht weniger.

[Paul Fresdorf (FDP): Also haben wir keinen Termin!]

Wir stehen vor vier kritischen Pfaden nach Aussage der FBB, darunter eine anstehende Neuprogrammierung der Entrauchung. Am Donnerstag habe ich im Unterausschuss gelernt, auf 10 000 Zeilen frisch programmierten Quellcode ist von mindestens fünf fehlerhaften Zeilen auszugehen. Diese minimieren sich dann zwar in der Erprobung, fehlerfrei wird ein Quellcode aber nie sein. Für mich als bestenfalls motiviertem Projektmanagementlaien scheint das derzeit eine der heikelsten Stellen zu sein. Spätestens seit Toll Collect wissen wir, dass sich auch die Großindustrie an Softwareentwicklungen schwer verheben kann.

[Torsten Schneider (SPD): Genau, die Wirtschaft!]

Welche Fragen soll ich dazu meinem Flughafenchef stellen, der viele Kompetenzen hat, aber mutmaßlich erst eine überschaubare Anzahl Zeilen Quellcodes in seinem Leben programmiert hat? Die FBB wird deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Aussagen des beauftragten Unternehmens angewiesen sein, was ich nicht kritisiere. Nach meiner Erfahrung mit dem BER haftet das beauftragte Unternehmen aber weder für die Einschätzung noch für die Leistung. Diesen für mich ernüchternden Sachverhalt haben wir am Donnerstag im Unterausschuss besprochen. Da dieser Vorgang aber noch nicht abgeschlossen ist, dürfte er nach meiner Lesart in einem Untersuchungsausschuss nicht besprochen werden. Ich behaupte, die bei Ihnen aufgeführten Fragen von aktueller Relevanz dürfen erstens nicht behandelt und zweitens schon jetzt im Hauptausschuss oder besser im Unterausschuss gestellt werden. Darüber hinaus bin ich davon überzeugt, dass die Vielzahl an technischen Details für unsere parlamentarische Arbeit nicht zu verwerten ist, und wir darüber nicht urteilsfähig werden, wie ich es am Softwarebeispiel versucht habe darzustellen.

Auch wenn wir am letzten Donnerstag eine erste Absage eines eingeladenen Unternehmens hatten, wären die Sanktionsmöglichkeiten, die ein Unterausschuss böte, für mich derzeit kein Argument für einen Untersuchungsausschuss. Siemens und Bosch waren im Dezember im Unterausschuss.

Abschließend: Die derzeitigen Herausforderungen sind groß genug. Einen möglichen Erkenntnisgewinn aus einem zweiten Untersuchungsausschuss, der uns bei den aktuell anstehenden Fragen nicht hilft, und der derzeit über bestehende Kanäle nicht erfragt werden kann, mag ich nicht zu erkennen. Einer weiteren Intensivierung der bestehenden Strukturen stehen wir sehr offen gegenüber. – Danke schön!

(Frank-Christian Hansel)

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Es wird die Überweisung des Antrags der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP sowie des Änderungsantrags der AfDFraktion an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch hierzu höre ist nicht, dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.5:

Priorität der Fraktion der SPD

Tagesordnungspunkt 5

a) Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über

das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum: „Homesharing“ legalisieren – kurzzeitige private Wohnungs- oder Zimmervermietung erlauben!

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen vom 12. März 2018 Drucksache 18/0922

zum Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/0505 Neu

Zweite Lesung

b) Zweites Gesetz zur Änderung des

Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen vom 12. März 2018 Drucksache 18/0923

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/0815

Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0815-1

Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/0815-2

Ich eröffne die zweiten Lesungen zum Gesetzesantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 18/0505 Neu und zur Gesetzesvorlage auf Drucksache 17/0815. Ich schlage vor, jeweils die Einzelberatung der zwei Artikel des Gesetzesantrags der Fraktion der FDP sowie der zwei Artikel der Gesetzesvorlage auf Drucksache 18/0815 miteinander zu verbinden – und höre hierzu keinen Widerspruch.

Ich rufe also auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel I und II – Drucksache 18/0505 Neu – sowie die Überschrift, die Einleitung und die Artikel I und II – Drucksache 18/0815.