Protocol of the Session on January 25, 2018

[Sebastian Czaja (FDP): Ja!]

Offensichtlich ist das auch notwendig, dass sich viele von uns wiederholen, denn Wiederholung – sagt man so schön – ist die Mutter der Weisheit, und auch heute werde ich mich ein paarmal wiederholen, weil das, was ich heute zu dem vorliegenden Antrag zu sagen habe, sehr gut zu dem passt, was wir vor zwei Wochen besprochen haben.

Es wäre aber auch schön, wenn die Wiederholungen von den Dingen, die wir besprechen, auch ankommen und die Wiederholungen zur Kenntnis genommen werden, denn dass wir in der vergangenen Plenarsitzung über den Neubau neuer Stadtquartiere sprachen und diese beschlossen, ist wohl unzureichend angekommen, sonst wäre die Debatte zur neuen Liegenschaftspolitik heute nicht so verlaufen, wie sie verlaufen ist.

Wie passend, dass heute in der Aktuellen Stunde lang und breit darüber geredet wurde, wie das neue Bauen, Bauen, Bauen aussehen soll, und eben nicht über strategische Flächensicherung in der Form, wie ich es mir gewünscht hätte.

Herr Czaja! Sie haben in epischer Breite das auch noch einmal dargelegt, wie wir hier die soziale Wohnraumversorgung vernachlässigen. Merkwürdigerweise haben Sie nicht über Tegel gesprochen. Wenn wir über die strategische Flächensicherung in der wachsenden Stadt und die soziale Wohnraumversorgung in einem reden, dann sollten wir doch auch über Tegel reden.

[Stefan Förster (FDP): Und die Elisabeth-Aue!]

Sie wollen gerne über die Elisabeth-Aue reden? – Genau! Andere Leute wollen über die Elisabeth-Aue nicht reden. So ist das halt. Aber Sie haben lustigerweise heute eben nicht über Tegel geredet. Nur das wollte ich anmerken. Sie reden ja sonst immer über Tegel.

[Sebastian Czaja (FDP): Sind Sie überrascht?]

Wir drehen uns also im Kreis, und ich bin kaum motiviert, diese Drehung bis zur Ohnmächtigkeit mitzumachen. Ich fände es gut, wenn wir wirklich über strategische Stadtentwicklung redeten, und das ist unser Thema. Hier geht es um eine Vielzahl von Planungsprozessen, die zu koordinieren sind, und darum geht es im vorliegenden Antrag.

Wir haben dazu schon mehrfach im Ausschuss, in der Plenarsitzung gesprochen. Was wir wollen, ist die Sicherung von Bahnflächen. Wir haben es in der Vergangenheit erlebt. In verschiedenen Bezirken wurden Bahnflächen meistbietend verkauft. Dann wurden da teure Wohnhäuser draufgebaut. Kleingärten wurden vernichtet. Die grüne Infrastruktur ist völlig zu kurz gekommen. Das war den Leuten, die die Bahnliberalisierung in die Wege geleitet haben, herzlich egal. Hier muss man ganz klar sagen, genau wie bei der BImA: Es gibt ein Stoppschild. Wir möchten gerne die strategische Flächensicherung für das Gemeinwohl vornehmen, und es geht um die wachsende Stadt. Hier liegt unsere Chance, eine gute Liegenschaftspolitik voranzutreiben.

Wir wollen beispielsweise die Mobilitätswende damit voranbringen, dass wir diese strategischen Flächen sichern. Die Möglichkeit für Erweiterungen im öffentlichen Nahverkehr, das ganze Thema der Anbindung des Umlandes ist natürlich ganz wichtig, um die Mehrbedarfe für soziale und grüne Infrastrukturen zu sichern.

Ein schönes Beispiel ist der Westkreuzpark. Da ist es so, dass die Opposition auch im Ausschuss schon ein Fass aufgemacht hat, dass wir da keine Wohnungen bauen. Das ist dann wieder das Abziehbild: Die Senatorin baut nicht. – Aber dass an dieser Stelle eine völlig verlärmte Ecke ist und dort Wohnungen mit einem guten Standard fast nicht möglich sind, wird dann völlig ausgeblendet. Wenn wir sagen, wir wollen dort eine grüne Infrastruktur schaffen, ist das dann auch wieder kein Thema.

Es ist auch ein bisschen langweilig. Deswegen würde ich mich sehr freuen, wenn wir zur Fachpolitik zurückkommen, uns auch ab und zu mal wiederholen und sagen, worauf es uns ankommt, nämlich integrierte Stadtentwicklung, die Beseitigung von Defiziten in der sozialen und grünen Infrastruktur und den Wohnungsneubau zusammen zu denken, die Stadtentwicklungspläne genau so zu entwickeln und weiterzudenken, über das, was wir hier schaffen, mit einem Kataster, das angelegt werden soll, einen Überblick zu bekommen, dass auch die Opposition den Überblick nicht verliert, aber auch wir in der Regierungskoalition. Darum geht es in dem Antrag, also die Durchsetzung der bezirklichen Planungsziele z. B. auch zu sichern, die kommunale Handlungsmacht zu stärken, und – letzte Wiederholung – wir sichern hier das Gemeinwohl, und darauf kommt es an. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

(Präsident Ralf Wieland)

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Evers das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Gennburg! Ich weiß gar nicht, welcher Redner es zu einem anderen Thema schon war, der sagte: Und täglich grüßt das Murmeltier. – So kommt es mir bei diesem Antrag vor. Ich glaube, es ist das vierte Mal, dass ich zu diesem Thema und diesem wortgleichen Antrag hier im Plenum sprechen darf. Es ist mir immer wieder eine Freude, aber ich glaube, ich kann mich kurzfassen.

Sie wissen, dass wir das Kernanliegen teilen. Wir haben es als große Koalition in der vergangenen Legislaturperiode bereits beschlossen. Wir haben Ihnen im Ausschuss vorgeschlagen, dass, wenn es Ihnen wichtig ist, Beschlüsse noch einmal neu aufzulegen, die die große Koalition schon vorgelegt und getroffen hat, wir dazu auch bereit sind, wenn Sie meinen, dass das den Senat eher antreibt, als es in der vergangenen Legislaturperiode der Fall war. Dem Vorschlag mochten Sie sich aber nicht anschließen. Sie haben dann darauf bestanden, insbesondere den festen Verweis auf Ihr eher konfrontatives als kooperatives Baulandmodell mit in den Antrag aufzunehmen, was der Grund ist, warum wir uns im Ergebnis enthalten werden. Aber nichtsdestotrotz, dieses Kataster einzurichten, sich den Überblick zu verschaffen und insbesondere auch zu einem aktiven politischen Management dieser Flächen zu kommen, ist ein richtiger Ansatz, so richtig, wie er schon vor fünf Jahren war. Wir können gerne alle fünf Jahre den Antrag neu beschließen. Wir werden auch dann nicht widersprechen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Kugler das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, zu diesem wichtigen Anliegen reden zu können, denn es geht um die strategische Stärkung unserer Stadtentwicklung. Es geht um die Voraussetzungen für die Erfassung, den Erwerb und die Nutzung von ehemaligen Bahnflächen als Gestaltungsflächen für unsere Stadt. – Sie haben es ja schon zwei, drei Mal gerade gehört.

Wir haben bisher eine besondere Herausforderung im Zusammenhang mit diesen ungenutzten Bahnflächen, und diesen Problemen wird der vorliegende Antrag abhelfen. Lassen Sie mich dazu kurz ausholen: In den vergangenen Jahren hat die Immobilienagentur der Deutschen Bahn

fast 240-mal ungenutzte Bahnflächen unserer Stadt in einer Größenordnung von etwa 1,6 Millionen Quadratmetern an den oder die Meistbietende verkauft. Das entspricht einer Fläche von rund 224 Fußballfeldern. Dort werden leider ganz überwiegend hochpreisige Eigentumswohnungen errichtet, und seien wir mal ehrlich: Braucht unsere Stadt, brauchen unsere Kieze, brauchen die Berlinerinnen und Berliner diese einseitige Konzentration auf Eigentumswohnungen, die in der Regel bei einem Preis von 5 000 bis 10 000 Euro pro Quadratmeter liegen? Ich glaube, die Antwort kennen wir alle. Sie heißt: Nein.

[Harald Laatsch (AfD): Nein! Sie heißt: Ja!]

Die bereits verkauften Bahnflächen sind für eine soziale und ökologische Nutzung durch unsere Stadtgesellschaft unwiederbringlich verloren gegangen. Deshalb werden wir diese Praxis nicht so weiterlaufen lassen. Hierfür müssen wir etwas ändern, und hier setzt auch der entsprechende Antrag an, damit sich diese Situation bei den kommenden Entwicklungen und Verkäufen auf keinen Fall wiederholt; denn Berlin braucht diese Bahnflächen – das Land, die Bezirke und vor allen Dingen die Berlinerinnen und Berliner.

Wir brauchen sie für verkehrliche Projekte. Ich kann ein Beispiel nennen: Wenn wir mehr Elektrobusse in der Stadt fahren lassen wollen, brauchen wir wesentlich mehr Fläche für Busbahnhöfe, weil die Infrastruktur einfach größer ist. Wenn wir die Flächen dafür nicht brauchen, brauchen wir sie für bezahlbaren Wohnraum, für Kindertagesstätten, Schulen oder medizinische Versorgungseinrichtungen und nicht zuletzt für ökologische Grünflächen, für die Freizeit und die Erholung, die für unsere Stadtgesellschaft auch einen wichtigen Bestandteil darstellt. Die ungenutzten Bahnflächen sind deshalb Mosaiksteine unseres zukünftigen Berlins, das wir gemeinsam mit allen Akteuren der Stadtgesellschaft, also auch mit der Opposition, entwickeln möchten.

Dieser Antrag ist somit ein weiterer Schritt, auch hinsichtlich der Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik. Ich kann auf das verweisen, was unser Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen heute früh im Rahmen der Aktuellen Stunde bereits gesagt hat, und mich etwas kürzer fassen.

[Harald Laatsch (AfD): Das ist ja schön!]

Der Antrag umfasst also nicht nur die Einrichtung eines öffentlichen Registers über alle Bahnflächen in Berlin, sondern strebt eben auch nach einem Dialog und einer Vereinbarung zwischen Senat, Eisenbahnbundesamt und der Immobilienagentur der Deutschen Bahn. Es wird nötig sein, dass sich der Senat mit der Deutschen Bahn zusammensetzt und gemeinsam mit den Bezirken ungenutzte Bahnflächen entwidmet und sichert, wo nötig auch strategisch ankauft, und nach unserem – sehr wohl kooperativen – Baulandmodell entwickelt, wenn Flächen nicht für verkehrliche Zwecke benötigt werden. In diesem

Sinne bringt diese Beschlussempfehlung unsere Stadt voran, meine Damen und Herren von der Opposition, und Sie dürfen sich, das ist ja schon angekündigt worden – sehr positiv –, in diesem Fall unserem guten Vorschlag anschließen. – Vielen Dank!

Für die AfD-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Laatsch das Wort.

[Torsten Schneider (SPD): Bei wie vielen Reden muss man denn ein Mal zum Thema sprechen?]

Herr Schneider, Knöpfchen!

[Torsten Schneider (SPD): Nein, Köpfchen!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß gar nicht, ob ich Herrn Kugler gerade richtig verstanden habe. Er hat gesagt, wenn auf ehemaligen Bahnflächen Eigentumswohnungen entstehen, dann sind diese Bahnflächen für die Gesellschaft verloren. Ich frage mich, wer eigentlich in den Eigentumswohnungen wohnt. Entweder Mieter oder Eigentümer. Sind die also nicht mehr Teil der Gesellschaft aus Sicht der SPD? Ist es so weit gekommen?

[Heiterkeit von Herbert Mohr (AfD)]

Bahnanlagen sind potenziell gefährlich, deswegen sind sie meistens schlecht zugänglich. Mir ist insofern unklar, warum Sie ein öffentliches Kataster schaffen wollen. Wer soll denn daraus Informationen ziehen? – Die Behörden können das ohnehin, die Parteien hier im Saal bekommen sicherlich auch Zugriff darauf. Wer außer uns oder den Behörden soll aber diese Informationen haben? S-BahnSurfer, Kabeldiebe, Graffitisprayer, oder für wen wollen Sie ein öffentliches Kataster schaffen? – Das ist mir völlig unklar, aber gut, das ist Ihre Sache.

[Torsten Schneider (SPD): Das ist doch Kokolores!]

Bahnlinien teilen oft den öffentlichen, den urbanen Raum und schaffen räumliche Grenzen. Es ist deshalb sinnvoll, Herr Schneider, dass die öffentliche Hand diese Flächen übernimmt. Deswegen stimmen wir Ihrem Antrag auch zu – um Sie nervlich ein bisschen zu beruhigen.

[Beifall bei der AfD – Torsten Schneider (SPD): Ich bin entspannt! Sie haben mich noch nicht erlebt, wenn ich unruhig bin!]

Dieses ganze ideologische Brimborium entscheidet sich hinterher ja in den entsprechenden Bebauungsplänen. Dann wird darüber noch einmal gesprochen. An sich ist es richtig und vernünftig, dass diese Flächen die urbanen Gebiete zusammenführen, dass eine entsprechende Gestaltung passiert. Deswegen finden wir das richtig, wir stimmen zu, und alles ist gut. – Schönen Dank!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) und Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Billig das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Berlin hat in der Vergangenheit sehr schlechte Erfahrungen mit freigestellten Bahnflächen gemacht. Von der Bahn und ihren Verwertungsgesellschaften wurden relativ unvorhergesehen und kurzfristig die Filetstücke auf den Markt geworfen und dann an den Meistbietenden verkauft. Berlin und die Bezirke sind dabei in den allermeisten Fällen nicht mitgekommen, einerseits natürlich finanziell, andererseits aber auch bei der Geschwindigkeit. Natürlich wurden unter Umständen auch die Berliner Interessen oder die der Bezirke ignoriert. Erst im Nachhinein durften wir dann wehmütig davon träumen, welche schönen und wichtigen Projekte wir dort für die Stadtgesellschaft hätten realisieren können und wollen. Mit der neuen Praxis der Nachnutzung von Bahnflächen können wir das ändern und endlich vorausschauend, nachhaltig und kooperativ die Interessen der Berliner Bevölkerung umsetzen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Mit dem Kataster erreichen wir Transparenz. Das ist, lieber Herr Laatsch, natürlich eine Arbeitserleichterung für die Stadtentwicklung, das ist aber vor allen Dingen auch eine Grundlage für Bürgerbeteiligung, und ich denke, im 21. Jahrhundert müsste das eigentlich selbstverständlich sein.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Wir können durch eine Vereinbarung mit der Bahn und Informationen über ihre Pläne die Kommunikation und Kooperation zwischen den verschiedenen Institutionen herstellen. Das ist eine Arbeitsweise, die die Bevölkerung von uns erwartet, und eben keine Blockade zwischen den Ebenen.

Wir können auch unsere Aufgabe der Vorsorge durch diese Liegenschaften sehr viel besser erfüllen. Wir brauchen diese Flächen nämlich für Grünflächen und Kleingärten. In der wachsenden Stadt müssen wir darauf achten, dass wir davon genug haben, dass sie vorhanden sind und dass sie bleiben – für das Stadtklima und als Naherholung. Manche wilde Grünfläche, mache Kleingärten befinden sich auf ungenutzten Bahnflächen. Fallen diese Grundstücke in die meistbietende Verwertung, dann fällt auch das Grün weg. Es ist unsere Aufgabe, Grünflächen und Kleingärten zu sichern.

(Andreas Kugler)

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]