Wenn dann noch dazu kommt, dass sie mit Sprengsätzen hantieren, ist das natürlich eine im wahrsten Sinne des Wortes explosive Mischung.
Aber was sich hier Bahn bricht, ist ja noch etwas anderes, das noch darunterliegt und sich nicht auf Silvester beschränkt. Das ist eine Respektlosigkeit gegenüber unseren Einsatzkräften, Rettungskräften, Polizistinnen und Polizisten und der Feuerwehr, die wirklich schwer begreiflich und zu erklären ist, vor allem, weil wir alle wissen und uns allen natürlich klar ist, dass es gerade in einem Rettungseinsatz unter Umständen um Lebensrettung und Minuten geht. Das bedeutet natürlich, dass normalerweise die Bevölkerung angehalten sein sollte, zu unterstützen oder nicht zu behindern, sei es im Straßenverkehr oder im konkreten Geschehen.
Wenn diese Einsatzkräfte nicht nur bei der Rettung behindert werden, sondern auch noch angegriffen werden, dann haben wir hier ein schwerwiegendes Problem, das wir definitiv behandeln sollten, zumal es in dieser Nacht ja auch so ist, dass gerade wegen dieser enthemmten Situation und dem Hantieren mit Sprengkörpern so viele Einsatzkräfte wirklich eine stressige Nacht haben, während die anderen feiern. Ich möchte mich hier noch mal ganz herzlich bei den Einsatzkräften dafür bedanken!
[Beifall bei der LINKEN, der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der FDP – Beifall von Stefan Franz Kerker (AfD) und Andreas Wild (fraktionslos)]
Ich bin der Überzeugung, dass wir diesem Phänomen auf verschiedenen Ebenen entgegentreten müssen und dass dazu auch erst mal eine Analyse gehört, woher das eigentlich kommt und mit welchem Phänomen wir es hier zu tun haben. Herr Dregger beschrieb das so schön im Innenausschuss, dass er eine Hilflosigkeit verspürt, die ich gut nachvollziehen kann, aber diese Hilflosigkeit spricht eben auch aus diesem Antrag. Hier werden der Senat und die Justiz dazu aufgefordert, ihre Arbeit zu machen und strikt zu handeln. Das, finde ich, ist wirklich zu wenig. Das greift die falschen Stellen an. Ich glaube, Toleranz im Senat oder der Justiz gegenüber solchen Tätern ist wirklich nicht das Problem der Sache.
Stattdessen – und das habe ich Ihnen auch schon vorgeschlagen, Herr Dregger, das haben Sie hier so unterschlagen – habe ich Ihnen schon im Ausschuss vorgeschlagen, dass wir dazu eine Anhörung machen, dass wir uns das genau angucken. Sie fordern auch die Einsatzkräfte dazu auf, sie sollten selbst Schutzkonzepte entwickeln. Die haben sie ja.
Nein, vielen Dank, ich bin gleich fertig! – Es wäre ja gut, sich das einmal anzuhören und dann diese Konzepte zu evaluieren und zu gucken, wo sie erfolgreich sind und wo nicht. Die Feuerwehr erhebt überhaupt erst seit einem Jahr Zahlen über Angriffe auf sie. Das heißt, da müssen wir erst mal genau hinhören, was dort bisher schon passiert ist. Es ist ja auch im Bereich Akzeptanz der entsprechenden Kräfte schon einiges passiert. Das sollten wir erst mal evaluieren, mit den Betroffenen sprechen und dann genau gucken, an welchen Stellen wir konkret nachsteuern können. Mit diesem Antrag ist nicht einer einzigen Polizistin, ist nicht einer einzigen Feuerwehrfrau oder einem Rettungssanitäter geholfen. Uns geht es aber darum, zu helfen und dort anzusetzen, wo wir Nachsteuerungspotenziale haben. Dafür müssen wir uns intensiver und ernsthaft mit diesem Thema befassen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dörstelmann hat eine sehr schöne Frage angesprochen oder eher den Aspekt, dass dieser Antrag gefühlt fünf Jahre zu spät kommt. Das ist sicherlich richtig, Herr Dörstelmann, aber ich bin mir sicher, dass Sie auch den Titel des Antrags gesehen haben, den die CDU aus diesem Grund so gewählt hat und deshalb nur vom Jahr 2017 spricht, also nicht für eine Zeit, in der sie konkret verantwortlich war.
Wir haben jetzt mehrfach vom Kollegen Dregger und vielen anderen Stellen die Frage nach den Motiven dieser Täter aufgeworfen bekommen. Anscheinend kann oder will das hier keiner beantworten. Das ist mir noch unklar. Das Motiv, uniformierte Vertreter des Staates bei der Polizei, Feuerwehr und in gewisser Uniformiertheit bei den Rettungsdiensten anzugreifen, ist ein ganz simples, es ist Staatsfeindlichkeit.
[Beifall bei der FDP und der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]
Das Ablehnen unseres Staates und unserer freiheitlichdemokratischen Grundordnung, die den Kitt in dieser
Gesellschaft bilden soll, führt dazu, dass genau diese Menschen und eben nicht jeder beliebige Passant, Frau Helm, sondern gezielt die uniformierten Vertreter des Staates angegriffen worden sind, auch in dieser Nacht. Die werden auch regelmäßig an anderer Stelle angegriffen. Da sind wir bei dem schönen Thema des Linksextremismus in dieser Stadt,
bei der Vielzahl von Angriffen beispielsweise im Bereich der Rigaer Straße vor allem auf Polizeibeamte, hinterhältige Versuche, den Piloten eines Polizeihubschraubers zu blenden und damit einen Unfall zu verursachen, Angriffe mit Stahlzwillen auf Polizeibeamte. In diesem Kontext gibt es dann auch mit importierten Sprengsätzen, die noch als Knallkörper laufen sollen, weitere Angriffe auf die Beamten. All das ist Staatsfeindlichkeit und in nicht unwesentlichen Teilen jedenfalls Extremismus, welcher Couleur, kann man noch klären.
Den zwingenden Schluss – insofern wundere ich mich etwas über den latenten Sexismus, den Sie gerade formuliert haben –, dass es sich ausschließlich um männliche Tätergruppen handele, können wir nur entschieden zurückweisen.
[Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der AfD – Zuruf von Anne Helm (LINKE) – Benedikt Lux (GRÜNE): Wo sind denn die Täterinnen?]
Lieber Kollege Lux! Auch an dieser Stelle: Die Idee eines Untersuchungsausschusses – das sagt übrigens schon das Wort – ist es, jeweils etwas zu untersuchen und danach das Ergebnis zu präsentieren, und nicht andersherum, wie Sie sich das vorstellen.
Erst mal schaut man sich einen Sachverhalt an, dann kann man sich festlegen, ob es Täterinnen oder Täter sind, auch ob die aus dem Inland oder aus dem Ausland kommen. All das kann im Moment noch nicht feststehen. Dafür muss es Ermittlungen geben.
Damit kommen wir zu dem entscheidenden Punkt: Der Antrag der CDU-Fraktion sieht vor, dass all diejenigen, die es da so gibt, mal ihre Arbeit machen sollen. Das ist schön. Das setzt nur voraus, dass sie auch dazu in der Lage wären. Wenn wir uns anschauen, zwischen 2011 und 2016 haben wir einen Anstieg von 15 Prozent der Straftaten in dieser Stadt. Sie haben jetzt minimal in einer Größenordnung von etwa 4 Prozent bei der Justiz und
noch weniger bei der Polizei nachgebessert. Die Neuausbildungen und Neueinstellungen decken noch nicht einmal die Pensionierungen, die kommen werden.
Das Delta werden Sie weiter vergrößern. – Herr Kollege Lux! Wenn Sie da widersprechen, dann schauen Sie sich mal an, wie viele Beamte wir gerade bei der Polizei aktuell wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt haben. Auch da fehlen 3 000 Kräfte aktuell in Berlin. Es wird nicht reichen. Und dieses Delta vergrößern Sie immer weiter.
Dementsprechend ist dieser Antrag in seiner grundsätzlichen Intention völlig richtig. Wir verurteilen diese Taten. Deswegen werden wir auch zustimmen. Aber er enthält leider, lieber Kollege Dregger, keine einzige konkrete Maßnahme. Die hätten wir in den Haushaltsplanberatungen durchsetzen müssen, jedenfalls Sie mit der Mehrheit, die Sie 2011 hatten. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir verurteilen gemeinsam die Gewalt gegen Polizei und Rettungskräfte. Wir haben Respekt und schätzen die Arbeit der Berliner Rettungskräfte und der Polizei.
Die Motive sind meines Erachtens in erster Linie menschenfeindlich, denn in jeder dieser Uniformen steckt ein Mensch. Man sieht auch, dass die Zielrichtung nicht immer gleich ist, den gesamten Staat anzugreifen, sondern dass Menschen in Uniform angegriffen werden, die einen wichtigen Job für die Gesellschaft machen.
In der Tat, Silvester und in anderen Situationen, da gibt es Anhaltspunkte, dass Gewalt enthemmter, schneller, einfach mal so stattfindet, viel willkürlicher, dass es auch zunehmend Rettungskräfte trifft, die nun keine Eingriffsverwaltung machen, sondern die in allererster Linie helfen sollen. Das verleiht schon Anlass zur Besorgnis, und das nehmen wir auch ernst.
Deswegen bin ich Frau Kollegin Helm sehr dankbar, dass sie im letzten Innenausschuss vorgeschlagen hat, dass wir dort eine Anhörung mit Substanz und durchaus auch der Option machen werden, dass wir nach dieser Anhörung gemeinsam konkrete Maßnahmen beraten können, denn dem Antrag – ich glaube, das haben hier fast alle Rednerinnen und Redner festgestellt – fehlt es an konkreten
Maßnahmen. Da ist ein bisschen was geschrieben worden, dass Angriffe auf Polizei schlecht sind. Dem stimmen wir natürlich zu, aber auch die Unterstellung, es könnte dort Toleranz geben, ist natürlich falsch, und deswegen werden wir als Koalition dem Antrag so nicht zustimmen. Dem Problem allerdings, weshalb Rettungskräfte und Polizei vermehrt angegriffen werden und was wir dagegen tun können und müssen, werden wir uns weiterhin widmen. – Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Aufmerksamkeit!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag Drucksache 18/0752 empfiehlt der Innenausschuss mehrheitlich – gegen die Oppositionsfraktionen – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen.
Das sind die Fraktionen der CDU, der FDP, der AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das sind die Fraktionen der Linken, Bündnis 90/Die Grünen und die SPD. Damit ist der Antrag abgelehnt.