Protocol of the Session on January 25, 2018

das ist – ich möchte jetzt keine Zwischenfragen zulassen, Herr Präsident! –, glaube ich, verkehrt an dieser Stelle. Erstens steht im Sondierungspapier zwischen Union und SPD ausdrücklich drin, dass die Liegenschaftspolitik des Bundes geändert werden soll. Wenn es hier Dissonanzen zwischen Berlin und dem Bund gibt, dann kann der Finanzsenator – er wird ja gleich noch einmal das Wort ergreifen – vielleicht auch auf diese Fragen konkret eingehen.

Zunächst hören wir: Der Bund will seinen Wohnungsbaubestand selbst zu adäquaten Preisen weiter als Mietwohnungen zur Verfügung stellen.

[Steffen Zillich (LINKE): Wollen wir mal gucken!]

Da kann uns der Finanzsenator seine Einschätzung sagen. Der Hinweis ist richtig, wenn wir die Wohnungen übernehmen, haben wir damit noch lange keine neuen Wohnungen in Berlin geschaffen, denn die sind ja schon da.

[Sebastian Czaja (FDP): Genau!]

Jetzt geht es doch tatsächlich – auch aus Sicht der Mieter – um die Frage: Wie werden die weiter angeboten?

Dann stellt sich uns als Nächstes die Frage: Welche weiteren Grundstücksangebote und -verhandlungen gibt es hier zwischen dem Bund und dem Land Berlin? Wie ist da der Verhandlungsstand? Warum kommt man hier nicht weiter? Welche Zwecke können mit solchen Immobilien verfolgt werden? Auch hier kann uns vielleicht der Finanzsenator konkret Fragen beantworten, wie der Verhandlungsstand jetzt ist.

Der Hinweis vom Kollegen Heinemann auf einzelne Grundstücke, die jetzt im Zusammenhang mit dem Hauptstadtvertrag geregelt worden sind, ist schön und gut, aber offensichtlich ist das Thema ja größer.

Was hier insgesamt vonseiten des Senats fehlt, ist ein Konzept, wie man strategisch die Flächen in dieser Stadt für die unterschiedlichen Bedarfe – das sage ich ausdrücklich – entwickeln will. Dazu gehören natürlich die Bundesliegenschaften. Entsprechende Vorlagen im Parlament haben wir bisher nicht gesehen, weder im Hauptausschuss noch in den Fachausschüssen. Dass das Thema Wohnungsbaupolitik hier zum Stillstand gekommen ist, haben meine Kollegen Gräff und Evers in den vergangenen Wochen mehr als deutlich – und zu Recht – hier kritisiert.

Wenn wir uns als Nächstes anschauen, wie Sie mit einzelnen Themen konkret umgehen: Da wurde eben schon

gelobt, wir würden hier Grundstücke bei den Wohnungsbaugesellschaften einbringen. – Allein die Umsetzung des Wohnungsbaus sehe ich nicht im gleichen Tempo, wie Grundstücke eingebracht werden. Da stellt man sich auch schon die Frage, ob diese Fokussierung allein auf die Wohnungsbaugesellschaften richtig und ausreichend ist in dem Umfang, wie es gemacht wird. Privater Wohnungsbau ist ja für Sie Teufelszeug. Genossenschaftswohnungsbau wird auch nicht hinreichend unterstützt. Was Sie damit allein erreichen, ist eine Verdrängung von Wohnungsbau ins Brandenburger Umland. Dort werden nämlich die Potenziale genutzt. Das erzeugt wieder mehr Pendlerverkehre. Die zu bekämpfen, weigern Sie sich ja auch hartnäckig. Das heißt, hier sehen Sie schon die Kurzsichtigkeit Ihrer Stadtentwicklungspolitik, die mit verschiedenen anderen Politikfeldern korrespondiert.

Und da fragt man sich doch: Der Regierende Bürgermeister hat irgendetwas von einer Stabsstelle geraunt, die in der Senatskanzlei für das Thema eingerichtet werden soll. Sie haben doch zu Beginn der Wahlperiode vollmundig erklärt, es gebe jetzt eine Stabsstelle „Besser Regieren“. Von der merkt man gar nichts, außer dass Sie da irgendwelche Stellen geschaffen haben, wo sich wahrscheinlich verdiente Mitglieder Ihrer Parteien jetzt freuen, dass sie da aus dem Fenster gucken können.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Da stellt sich die Frage, welche konkrete Aufgabe diese Stabsstelle jetzt z. B. bei dem Thema hat. Vielleicht kann der Finanzsenator dazu etwas sagen, dann müssen wir den Regierenden Bürgermeister hier nicht extra dazu bemühen.

Dann ist die Frage, wie das Land Berlin in dieser Stadt z. B. beim Bau der Studentenwohnungen auftritt. Das ist auch ein großes Desaster, das schon länger besteht. Das Einzige, das Ihnen dazu einfällt, ist, dass Sie jetzt Wohnungsbaugesellschaften wie die GEWOBAG losschicken, Kreativprojekte wie den Holzmarkt kaputtzumachen, wo eine Wohnungsbaugesellschaft wider besseres Wissen behauptet, hier sei schon immer studentisches Wohnen in klassischer Form geplant gewesen und die jungen Leute dort hätten das Konzept einfach geändert. Das erstaunt umso mehr, als man sich hier tatsächlich die Frage stellen muss, warum denn nun gerade eine vermeintliche linke und fortschrittliche Landesregierung nicht in der Lage ist, auch solche modernen Formen von Miteinander von Wohnen und Arbeiten in dieser Stadt zu ermöglichen. Das ist wirklich fatal, zumal dort am Ende, nach dem Scheitern dieses Projekts die Umsetzung des alten Mediaspree-Bebauungsplans mit Gewerbeimmobilien gilt, denn das, was danach dort gebaut wird, kann gar kein anderer mehr finanzieren. Dafür tragen Sie dann die politische Verantwortung in dieser Stadt.

Dass sich die Grünen dafür hergeben und sich sowohl bei der Wohnungsbaupolitik für Frau Lompscher in die Bresche schmeißen als auch solche Politik in Kreuzberg am

innerstädtischen Spreeufer mitmachen, zeugt von dramatischer Profillosigkeit und Ideenlosigkeit auch der Grünen bei diesem Thema.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Insofern gibt diese Aktuelle Stunde die Gelegenheit festzustellen, dass das Land offensichtlich nicht in der Lage ist, seine eigenen Planungen so darzustellen, dass alle Bedarfe in dieser Stadt hinreichend berücksichtigt und abgedeckt werden. Beim Umsetzungsprozess hapert es. Da sind Sie jetzt nach einem Jahr rot-rot-grüner Regierungszeit und einem Haushalt, der Ihnen so viel Geld zur Verfügung stellt, wie es keine Landesregierung in dieser Stadt je zuvor hatte, doch ziemlich gescheitert. Bei der Frage, wie Sie hier die Situation mit dem Bund auf die Reihe bringen wollen, sind wir sehr gespannt auf Ihre Antworten. Dazu gehört am Ende des Tages natürlich auch die Wahrnehmung politischer Verantwortung, nicht nur im Land Berlin, sondern auch im Bund. Dazu hat die SPD ja die Möglichkeit. Wir sind gespannt, ob Sie sich dieser Herausforderung stellen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Für eine Zwischenbemerkung hat jetzt zuerst der Kollege Heinemann noch einmal das Wort. – Bitte schön!

[Ronald Gläser (AfD): Noch mehr Klassenkampf! – Heiterkeit bei der AfD]

Herr Goiny! Ich habe mich gerade am Anfang Ihrer Rede wirklich gefragt, wer von uns beiden jetzt fiebert, ob ich das bin oder ob Sie das sind. Da muss ich schon einige Sachen klarstellen: Gerade wenn Sie Vergangenheitsbewältigung bezüglich der letzten großen Koalition betreiben wollen, dann sage ich mal: Wie wir mit Ihnen um jedes Grundstück ringen mussten, um jeden Wohnungsankauf,

[Heiko Melzer (CDU): Geschichtsklitterung!]

wenn Sie dort kreativer und zugänglicher gewesen wären, wären wir heute in der Stadt schon viel weiter,

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Ihre Partei und meine Partei wären vielleicht 2016 nicht so abgewählt worden, wie wir es sind. Aber dafür tragen Sie die Verantwortung und können das nicht uns in die Schuhe schieben.

[Heiko Melzer (CDU): Für Ihre Abwahl sind wir nicht verantwortlich!]

Hätten Sie mal weniger blockiert und erkannt, wie angespannt die Situation in Berlin ist, dann hätten Sie vielleicht mehr andere Entscheidungen getroffen. Wer sorgt denn seit geraumer Zeit dafür, dass sich auf der Bun

(Christian Goiny)

desebene bei der BImA-Gesetzgebung nichts ändert? – Das ist Ihre CDU-Fraktion, und das sind Ihre CDUBundesfinanzminister, die sich daran klammern und dadurch die Entwicklung in Berlin, aber auch in vielen anderen Städten in Deutschland bremsen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Goiny! Bei den Koalitionsverhandlungen ist für mich noch einmal ganz wichtig, dass wir nicht nur über die BImA-Grundstücke sprechen. Wir müssen auch über die anderen Liegenschaften des Bundes reden, die beispielsweise bei der Deutschen Bahn oder beim Bundeseisenbahnvermögen sind. Die Deutsche Bahn – es tut mir leid, aber es ist wieder in meinem Wahlkreis, nämlich am Markgrafendamm – hat mit einem Grundstück so spekuliert, dass wir als Land Berlin nicht die Chance hatten, durch einen Umzug an der Mühlenstraße 500 zusätzliche Wohnungen zu schaffen. Genau das muss aufhören. Deswegen gilt das nicht nur für die BImA, sondern für alle Bundesgesellschaften.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Zum Schluss noch einmal zum Holzmarkt: Dort ist wirklich viel verwirklicht worden, ganz neue Konzepte. Aber jetzt soll wieder der einzige Wohnanteil geschliffen werden. Warum gerade dort keine Studentenwohnungen? Staatssekretär Kracht kämpft um jede Studentenwohnung, die zusätzlich entstehen kann. Deswegen können wir es uns nicht leisten, an dieser Stelle darauf zu verzichten. Ich sehe dafür auch gar keinen Grund. Solange es in dieser Stadt Wohnungen gibt, die 25 bis 40 Euro pro Quadratmeter kosten, und Studenten das annehmen müssen, weil sie keine anderen Chance haben, wenn sie nicht unter der Brücke schlafen wollen, müssen wir hier massiv investieren. Deswegen bin ich auch dafür, dass am Holzmarkt die Studentenwohnungen entstehen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Goiny möchte darauf erwidern. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, Kollege Heinemann, wir haben im Vermögensausschuss in der letzten Wahlperiode auch Grundstücksgeschäfte aufgehalten, und zwar, weil Sie entweder private Investoren schikanieren wollten,

[Lachen von Torsten Schneider (SPD)]

oder aber, weil Sie Grundstücke an städtische Wohnungsbaugesellschaften schieben wollten, die gar nicht in der Lage waren, da Häuser zu bauen. Das ist eine Form

von Grundstückspolitik, die mitnichten einer neuen Liegenschaftspolitik entspricht.

[Ülker Radziwill (SPD): Peinlich!]

Sie haben das leider ein bisschen verwechselt. Die neue Liegenschaftspolitik hat ja tatsächlich die unterschiedliche Kategorisierung von Bedarfen, die Einteilung unseres Immobilienvermögens und die Tatsache, dass wir nicht mehr zum Höchstpreis verkaufen, vorgesehen. Das hat mit den Dingen, die Sie hier angesprochen haben, überhaupt nichts zu tun.

[Torsten Schneider (SPD): Aber auch nichts mit euch, Christian!]

Und ja, ich bin ganz bei Ihnen, dass nicht nur die BImAGrundstücke, sondern auch andere Bundesliegenschaften einbezogen werden. Ich finde das wichtig, und ich glaube, dass wir das gemeinsam im Bund hinbekommen können.

Zum Thema Holzmarkt kann ich Ihnen nur noch einmal sagen: Da ist Kerngebiet. Da ist gar kein Wohnungsbau zulässig. Was Sie dort politisch fordern, geht planungsrechtlich überhaupt nicht. Was die HolzmarktGenossenschaft dort bauen will, sind mehr Wohnungen, als eigentlich zulässig wären, weil man sich auf diese besondere Form von Wohnen und Arbeiten miteinander verständigt hat. Ihre Politik führt am Ende dazu, dass da null Studentenwohnungen gebaut werden, weil das Ganze weder durchsetzbar noch planungsrechtlich genehmigungsfähig ist. Dann wird der Heimfall erklärt, das Grundstück ist weg, die Schweizer Stiftung wird das neu bewerten, und am Ende geht es auf dem Immobilienmarkt zum vier- bis achtfachen Preis weg. Dann wird da gar keiner mehr studentische Wohnungen bauen. Wie Sie als jemand, der sich mit Wohnungsbaupolitik und Stadtentwicklung in dieser Stadt beschäftigt, so eine These vertreten können, ist geradezu abenteuerlich, Herr Kollege.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Jetzt folgt Herr Zillich von der Fraktion Die Linke.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu dem Geplänkel zur Bewältigung der vergangenen Koalition vielleicht nur so viel: Ich glaube, es wird deutlich, dass es so nicht geht. Ich glaube, es wird deutlich, dass es dieses Hin-und-her-Schieben von Verantwortung, das Sichgegenseitig-beim-Scheitern-Zuschauen, das die vergangene Koalition bis zur Perfektion kultiviert hat, nicht die Grundlage sein kann, um ein so riesiges Problem wie das, vor dem wir beim Wohnen stehen, zu bewältigen. Wir wollen und müssen das anders machen.

(Sven Heinemann)

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU]