Protocol of the Session on January 11, 2018

Das Zweite aber ist in der Tat – das gibt ja Gelegenheit, darauf zu erwidern, wenn ich schon ein paar Sekunden mehr habe –: Das kooperative Baulandmodell in der Form, wie Sie es verändert haben, ist alles andere als eine Beschleunigungsmaßnahme. Es ist etwas, wo wir als große Koalition nach schwierigem Ringen funktionierende Grundsätze gefunden haben. Ich kenne aber noch keinen einzigen städtebaulichen Vertrag, in dem es gelungen ist, die neuen Grundsätze mit 30 Prozent der Fläche und anderen zusätzlichen Auflagen zur Anwendung zu bringen. Ich glaube auch, dass es eine Frage der Mathematik ist, warum es nicht funktionieren wird. Ich glaube, das ist auch der Sinn und Zweck der Angele

genheit: Sie wollen überhaupt nicht mit Privaten kooperieren. Insofern stelle ich schon die Beschreibung „kooperative“ Baulandmodelle unter dieser Koalition nachhaltig in Frage.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Katalin Gennburg (LINKE): Wirklich drollig!]

Für die Fraktion der SPD hat jetzt der Abgeordnete Herr Daniel Buchholz das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen, meine Herren! Lieber Kollege Evers! Ich habe das Gefühl, Sie haben da ganz schön was verwechselt.

[Stefan Evers (CDU): Ach!]

Ja, Sie haben erst einmal den Antrag nicht wirklich gelesen. Kollegin Gennburg hat eben schon darauf hingewiesen, dass wir ganze Absätze zu privaten Investoren hier eingebaut haben. Die haben Sie nicht zur Kenntnis nehmen wollen.

[Stefan Förster (FDP): Die habe ich auch nicht gelesen!]

Und es ist doch auch völlig unstrittig, Kollege Evers, liebe CDU-Fraktion, auch Herr Förster, es ist völlig unstrittig, dass ein Großteil des Neubaus in Berlin auch und natürlich Private bewerkstelligen werden und sollen. Das ist auch gut so.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Aber natürlich müssen wir darauf achten, und das ist nachhaltige Stadtentwicklung, dass wir die gute Berliner Mischung zwischen öffentlichem und privatem Eigentum, dass wir ein wirklich gemischtes soziales Quartier eben nicht automatisch durch Luxuswohnungen am Moabiter Werder erhalten, sondern dass wir dazu steuernd eingreifen müssen. Das, Herr Evers, macht diese Koalition!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Stefan Förster (FDP): Das ist doch Klassenkampf!]

Wir lassen uns die Stadtentwicklung nicht von den privaten Investoren aus den Händen schlagen. Das ist doch fahrlässig, was Sie den Menschen in Berlin erzählen wollen, dass sich die Kita automatisch neben das neue Stadtquartier baut oder die Schule oder schon einmal die Straßen am Anfang

[Zurufe von der FDP]

oder die grüne Infrastruktur, die Parkflächen.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Herr Evers! Wem wollen Sie das in Berlin erzählen? Haben Sie überhaupt noch eine Ahnung, was in dieser

Stadt abgeht? Berlin ist hoch attraktiv. Wir wachsen jedes Jahr um rund 40 000 Menschen, und wir haben einen extrem angespannten Wohnungsmarkt.

[Stefan Förster (FDP): Ja, dann macht doch mal was!]

Viele normale Menschen haben fast keine Chance mehr, in Berlin eine bezahlbare Wohnung zu finden. Herr Evers! Wenn es nach den von Ihnen so hoch gelobten privaten Investoren ginge, würden die am liebsten nur hochpreisige Wohnungen in Berlin errichten.

[Stefan Förster (FDP): Quatsch!]

Das funktioniert nicht in einer sozial gemischten Stadt wie Berlin, wo 85 Prozent der Menschen zur Miete wohnen!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Stefan Förster (FDP): Wer hat denn die Bausenatoren der letzten Jahre gestellt?]

Ist ja schön, dass Sie auch in Wallung kommen, aber Sie müssen sich das auch einmal anhören! Vielleicht geht Ihnen die Realität in Berlin an irgendwas vorbei; ich weiß es nicht. –

[Dr. Gottfried Ludewig (CDU): Eher bei euch!]

Wir gehen mit offenen Augen durch diese Stadt und versuchen etwas zu ändern.

[Ah! von der CDU]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Evers?

Moment! Ich bin gerade so schön in Fahrt!

[Heiterkeit]

Mit diesem Antrag, Herr Evers, legen wir den Grundstein, um neue Stadtquartiere mit 37 000 bis 40 000 neuen Wohnungen sehr zügig in Berlin anzugehen und gebaut zu sehen. Diese elf Flächen werden ergänzt. Allein von den elf, die hier stehen, ich sage es Ihnen noch mal: Sie haben den Rangierbahnhof Pankow angesprochen. Völlig richtig! Aber, Herr Evers, seien Sie doch so ehrlich: Dieser Antrag ist vom 15. Dezember 2017. Die Einigung ist vor wenigen Tagen im Januar erfolgt. Dass Sie jetzt erwarten, dass wir das schon im Dezember hätten antizipieren können, ist reine CDU-Logik, das muss ich Ihnen wirklich sagen. Also, Rangierbahnhof Pankow – 1 500 Wohnungen.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Nehmen wir mal Tempelhof, die Neumodellierung des Areals hinter dem Rathaus Tempelhof – da können bis zu 500 neue Wohnungen entstehen. Tolle Sache, die hier

(Stefan Evers)

auch noch nicht enthalten ist! Und was die Köpenicker Neuordnung angeht – mehrere Hundert Wohnungen. Den Bahnhof Zoo, da haben Sie doch recht. Damit rennen Sie aber völlig offene Türen ein. Im Gegenteil! Wir haben ganz bewusst einen eigenen Antrag eingebracht, der sagt: neue Stadtquartiere neben denen, die wir hier schon mit allen zusammen vereinbart haben. Das heißt wirklich: integriert entwickeln und nicht nur neue Klötze hinbauen. Berlin hat das in der Vergangenheit nicht immer optimal gemacht, um das ganz klar zu sagen. Wir haben die Gropiusstadt, das Märkische Viertel und viele andere Neubaugebiete, die eben nicht sozial gemischt entstanden sind.

Gestatten Sie jetzt die Zwischenfrage des Abgeordneten Evers?

Ja, nach dem Satz! – Die Fehler von damals sollten wir nicht wiederholen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Jetzt, bitte!

Jetzt, Herr Evers, haben Sie das Wort!

Vielen herzlichen Dank! – Nachdem Sie sagten, dass Sie sich in ganzen Absätzen auch mit dem Potenzial privater Bauherrn auseinandersetzen, bin ich das noch einmal durchgegangen. Offensichtlich liegt Ihnen ein anderer Antrag vor. Den hätte ich dann ganz gerne. Hier kann ich nur eine lange Aneinanderreihung von Vorgaben und Drangsalierungen finden, aber nichts, was private Bauherrn motivieren würde, sich in die Entwicklung von Stadtquartieren einzubringen.

Herr Evers, ich sage es noch mal ganz langsam: Das alte Modell, wo entweder die öffentliche Hand nur – ich sage es jetzt mal ganz krass – die sozialen Gettos baut, und die Privaten bauen die Luxuswohnungen, funktioniert nicht. Das wollen wir, verdammt noch mal, Herr Evers, auch nicht in Berlin!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir wollen, dass das miteinander und nebeneinander entsteht.

Ich sage Ihnen ganz konkret, warum wir das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung für so notwendig halten.

[Stefan Förster (FDP): Das funktioniert ja gar nicht!]

Vor zwei, drei Jahren waren Sie ja auch noch der Meinung; wir haben es ja mit Ihnen zusammen eingeführt hier in Berlin, das ist ja schon eine mehr als 180-GradKehre, dass Sie das alles für rot-rot-grünen Unsinn erklären. Ich erkläre es gern noch mal: Wenn ein Privater in Berlin erstmals Baurecht für eine Fläche bekommt, dann sagen wir: Du sollst nicht nur teure Luxuswohnungen errichten, sondern zu 30 Prozent auch bezahlbare Mietwohnungen. – Das ist doch wohl das Mindeste, wo die öffentliche Hand sagen muss: Das ist unser Anspruch an gemischtes Wohnen.

Und, Herr Evers: In vielen deutschen Städten – in Hamburg, in München, in allen Großstädten – geht man nach so einem kooperativen Baulandmodell vor. Wieso versteht die Berliner CDU das nicht, sondern ist noch in der Beton-Ideologie der Siebziger- und Achtzigerjahre? Davon sollten Sie sich mal freimachen, von dem alten Bauschutt!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Da liegt ganz viel alter Bauschutt bei Ihnen, eine ideologische Bremse, und das ist doch sehr schade.

Ich will Ihnen auch sagen, was wir sicherstellen können, wenn wir integriert und nachhaltig planen: Das heißt auch, dass wir tatsächlich eine neue Stadtentwicklung voranbringen, dass wir städtebauliche Qualitäten, architektonische Qualitäten definieren und zum Beispiel mit der Senatsbaudirektorin verhandeln, wie auch Hochhäuser entstehen, auch diskutieren, was die richtige Anmutung von einem Viertel ist, wenn ich dort hingehe. – Das steht hier auch.