Protocol of the Session on December 14, 2017

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Dieser Haushalt markiert in einem weiteren Bereich eine politische Trendwende. Rot-Rot-Grün investiert massiv in den Ausbau der Infrastruktur, in Schulen, Radwege, Straßen, Brücken, in den ökologischen Umbau der Stadt, in ein zukunftsfähiges und gerechtes Verkehrssystem, in dem der ÖPNV Vorrang hat und Radfahrerinnen, Radfahrer, Fußgängerinnen und Fußgänger nicht erst nach dem Autoverkehr kommen.

Dabei handeln wir mit Augenmaß und haushaltspolitischer Vernunft. Wir haben eine Konjunkturrücklage gebildet und sind weit davon entfernt, neue Haushaltsschulden zu machen.

Bleibt die ideologisch geführte Debatte um die Frage Schuldentilgung versus Investitionen. Beides ist finanzpolitisch sinnvoll für die Stadt, aber man muss sich entscheiden, worauf man den Schwerpunkt legt. Wir haben uns für Investitionen entschieden.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Damit markiert dieser Haushalt den Abschied von den „Sparen-bis-es-quietscht“-Haushalten und auch von den „Machen-wir-mal-besser-nichts“-Haushalten der vergangenen Jahre. Mit über 2 Milliarden Euro jährlich, SIWANA und weiteren Sonderfinanzierungen haben wir die Investitionen fast verdoppelt. Jede Berlinerin und jeder Berliner weiß, wie notwendig es ist.

Es war und wäre auch schon vor fünf Jahren möglich und notwendig gewesen, aber vor fünf Jahren gab es diese Koalition noch nicht. Schon damals war Berlins Haushalt saniert. Rot-Rot hatte konsolidiert, bis es weh tat; SPD und Linke hatten zusammengekratzt, wo es nur ging, um in der Stadt umzusteuern und die Stadt vor dem finanziellen Kollaps zu bewahren. Das war schmerzhaft. Als die CDU 2011 wieder mitregieren durfte, war der Haushalt bereits deutlich im Plus. Statt mit den von Rot-Rot hinterlassenen Handlungsspielräumen verantwortungsvoll umzugehen und zukunftsorientiert zu investieren, wurde zugeschaut, wie der öffentliche Dienst weiter ausblutete und die öffentliche Infrastruktur weiter verfiel. Die Stadt wurde immer funktionsunfähiger. Angesichts dieser Bilanz, meine Damen und Herren von der CDU, muss man wohl von kollektiver Amnesie sprechen, wenn Sie jetzt in großformatigen Anzeigen behaupten, der böse, böse rotrot-grüne Senat würde den großartigen Ideen der armen, armen CDU das politische Licht ausblasen. Oh! Dabei hatten Sie doch so viel Zeit, diese tollen Ideen in die Tat umzusetzen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Was meinen Sie konkret? – Schutzwesten für unsere Polizei. Wow! Dieser Vorschlag ist jetzt aber nicht von Herrn Henkel, oder? Mehr Kreißsäle und Babylotsen. – Mensch, Herr Czaja! – Ich habe ja jetzt gelernt, Sie sind nicht der Ältere, sondern der Größere. – Das ist schon ein bisschen fies, was Ihre Fraktion da macht. Aber keine Sorge, wir kümmern uns!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU]

Zusätzliche Staatsanwälte – Moment mal: Wer war hier fünf Jahre Justizsenator? – Liebe CDU! Ihr wart fünf Jahre im Senat. Warum habt ihr all diese tollen Ideen nicht einfach umgesetzt?

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Noch eine Idee, auf die Sie, Herr Graf, ausführlich eingegangen sind – das finde ich wirklich frech. Sie wollen jetzt die Beamtenbesoldung auf Bundesniveau erhöhen. In Ihrer Amtszeit, und das waren fünf Jahre, haben Sie nicht einmal das Minimum geschafft.

[Antje Kapek (GRÜNE): Richtig!]

Sie hätten noch zehn Jahre gebraucht, um sich an den Durchschnitt der anderen Bundesländer heranzurobben.

[Heiko Melzer (CDU): Sie können nicht mal bis zehn zählen!]

Jetzt, wo Sie offensichtlich von Verantwortung befreit sind, in der Opposition, machen Sie diesen Vorschlag. Das haben wir als Opposition nicht getan, und das finde ich auch richtig.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir legen heute etwas zur Beschlussfassung vor, was wir auch in der Opposition so vertreten haben, und das kann und muss Berlin sich leisten. Es ist auch kein Geheimnis, dass wir mit dem Zwischenergebnis des Senats nicht ganz so zufrieden waren. Deshalb werden wir – und wir können das jetzt umso deutlicher betonen – Wort halten und die Beamtenbesoldung bis 2021 an das Niveau der anderen Bundesländer angleichen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir haben auch nicht vergessen, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes einen großen Beitrag zur Konsolidierung der Berliner Finanzen geleistet haben. Damit ist diese Angleichung der Besoldung auch ein neuer Teil der Wertschätzungskultur und gleichzeitig längst überfällig.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Der Vorgängersenat hat gezeigt, dass es nicht nur auf das Geld ankommt. Es braucht vor allem gemeinsam Ziele und die Bereitschaft, gemeinsam daran zu arbeiten – für die Stadt und nicht für das eigene Image.

Aushandlungsprozesse in Dreierkonstellationen sind nicht einfach, aber besser regieren heißt für uns, die notwendigerweise damit verbundenen Auseinandersetzungen auch zu führen. Ja, die Probleme sind groß, die Akteurinnen und Akteure selbstbewusst, und ja, es rumpelt. Aber wer sagt denn, dass nur lautloses Regieren gutes Regieren ist? Vielleicht ist das Rumpeln auch unser Arbeitsgeräusch, und wenn am Ende ein Zugewinn für die Menschen dieser Stadt herauskommt, dann können wir das aushalten.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir haben uns als Rot-Rot-Grün einen Politikstil verordnet, der auf der Grundlage von Debatten und nicht von

Ansagen funktioniert. Das gilt nicht nur zwischen den Koalitionspartnern, sondern auch gegenüber den Bezirken.

[Heiko Melzer (CDU): Ah!]

Ja, ich weiß, das ist ungewohnt. Das passt nicht zu all den Erwartungshaltungen vom Durchregieren, vom Anweisen. Wir sind aber überzeugt, dass es nur anders geht, denn da, wo Lösungen verordnet statt gemeinsam entwickelt werden, fühlen sich eben nicht alle in der Verantwortung für das Gelingen. Wie auch?

Ein gutes Beispiel ist die Schulsanierung.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Ich freue mich, dass der Hauptausschussvorsitzende schon etwas dazu gesagt hat. Da hatten wir einen Vorschlag auf dem Tisch, und die Bezirke haben ihn kritisiert. So weit wie immer. Seitdem arbeiten wir aber gemeinsam – Senat, Abgeordnetenhaus und Bezirke – an einem Konzept, und es entsteht auch eine neue Umsetzungskompetenz. Wir sind gemeinsam zu einer Lösung gekommen, die wir nun auch gemeinsam tragen, übrigens auch Ihre CDU-Bürgermeister.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

R2G bezieht die Bezirke in die Entscheidungsfindung ein. Das ist unsere Vorstellung vom Regieren auf Augenhöhe. Das ist unser Modus.

Das bedeutet auch, eine gemeinsame Idee zu formulieren, wohin sich die Stadt entwickeln soll. Dazu gehört neben den Bezirken und der Verwaltung auch die Stadtgesellschaft. Eine frühzeitige, verständliche und prozessbegleitende Bürgerbeteiligung ist hierfür der Schlüssel. Dafür müssen wir Standards sichern. Ein Beispiel dafür ist die Nachverdichtung im Wohnungsbau. Hier haben wir die Auseinandersetzung mit den Bürgerinnen und Bürgern zu schätzen gelernt, denn ehrlich gemeinte Angebote für Partizipation schaffen Akzeptanz, und entgegen mancher Behauptung verzögern sie die Prozesse nicht, sondern machen sie erst umsetzbar.

Geld bereitstellen ist nicht alles, wir müssen auch verantwortungsvoll damit umgehen. Und dafür brauchen wir eine Verwaltung, die dazu in der Lage ist. Dass es wieder deutlich mehr Stellen geben muss, diese Erkenntnis hat sich nun endlich durchgesetzt, und wir stellen wieder ein. Aber neue Stellen zu bewilligen, heißt noch nicht, sie auch zügig besetzt zu bekommen. Das fängt schon damit an, dass es uns manchmal sogar an Personal fehlt, um neues Personal einzustellen. Dann muss auch erst einmal ausreichend qualifiziertes Personal in Form von Bewerbungen vorliegen.

Viele sagen: Wir können uns ja keinen neuen Kolleginnen und Kollegen backen. – Das stimmt, aber wir können neue und auch ungewöhnliche Wege beschreiten. Darum

werden wir Anfang des Jahres allen Juristinnen und Juristen nach dem ersten Staatsexamen ein Angebot zur Beschäftigung in der Berliner Verwaltung machen. Um ein Referendariat in Berlin zu beginnen, warten viele zwölf Monate lang. Statt in dieser Zeit zu kellnern, bieten wir ihnen die Möglichkeit, die Verwaltung kennenzulernen, sich einzubringen und mitzuarbeiten. Wir starten das Projekt Nachwuchsjuristinnen und -juristen in zwei Bezirken mit vielfältigen Einsatzfeldern, z. B. im Rechtsamt, bei der Stadtplanung, im Bereich Personalentwicklung, bei den Standesämtern. Die jungen Leute bekommen Mentorinnen und Mentoren, ein flexibles Arbeitszeitangebot und eine angemessene Bezahlung sowieso. Wenn wir das gut hinbekommen, dann ist mindestens drei Seiten geholfen, und wir werden es gut hinbekommen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich beschreibe das an dieser Stelle ein wenig ausführlicher, als es vielleicht in dieses Format passt, weil ich glaube, dass das gut in die aktuelle Situation der Stadt passt und wir eben nicht einfach um Geduld bitten, dass alles etwas länger dauert, sondern wir fordern zum Mittun auf.

Ein anderes Beispiel: Durch die Dienstvereinbarung Telearbeit der Finanzverwaltung können Beschäftigte mehrere Tage Homeoffice in der Woche machen – eine Winwin-Situation, die Vereinbarkeit schafft und die Stadt entlastet. Das finde ich sehr gut, und ich bitte um intensive Nachahmung. Wir dürfen uns nicht mit dem, was wir bisher auf den Weg gebracht haben, zufriedengeben. Wir müssen auch die Standards, die wir während des ersten Jahres Rot-Rot-Grün erreicht haben, langfristig sichern.

[Heiko Melzer (CDU): Bitte nicht!]

Wir hatten ja versprochen, die Wartezeit auf Termine beim Bürgeramt auf zwei Wochen zu verkürzen. Es gab ein ganz schönes Hin und Her, erst schien das Ziel für fünf Monate erreicht, dann wieder nicht. Dann kamen neue Probleme bei den Standesämtern und den KfzZulassungsstellen hinzu. Inzwischen bekommen die Bürgerinnen und Bürger auf den Bürgerämtern zwar kurzfristig Termine, müssen aber dafür längere Wege in Kauf nehmen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Mannomann!]

Ein Idealzustand ist noch nicht erreicht, aber wir bleiben an diesem dran.

Wohnen ist das Thema unserer Regierungszeit. Wir stehen vor großen Herausforderungen.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Für die Menschen in dieser Stadt muss sich hier spürbar etwas verbessern. In den ersten Monaten waren wir erst einmal Feuerwehr. Wir haben zum Beispiel die Mieterhöhungen im sozialen Wohnungsbau ausgesetzt und die

Mieterhöhungen bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften gekappt. Wir üben das kommunale Vorkaufsrecht dort aus, wo es möglich ist, und schützen die Mieterinnen und Mieter somit vor Verdrängung. Und es sind sehr viele Baugenehmigungen für Wohnungsbau erteilt. Ich kann hier nicht alles aufzählen, was schon erreicht worden ist. Aber auch hier dürfen wir nicht nachlassen, weil wir wissen, dass die Stadt wächst und dass wir schnell mehr Wohnungen brauchen.

Doch wir betonen auch immer wieder, dass es nicht nur darauf ankommt, dass gebaut wird, sondern was und zu welchem Preis gebaut wird. Eigentumswohnungen im Luxussegment hat Berlin „noch und nöcher“. Was fehlt, sind bezahlbare Wohnungen, die sich die Menschen mit wenig oder mittlerem Einkommen auch leisten können.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]