Protocol of the Session on November 30, 2017

Außerdem hat so eine Abschiebehaft eine gewisse Ernüchterungswirkung auf Betrügerkollegen, vor allem auf jene, die noch kommen wollen. Bislang hört man im Ausland, dass die Deutschen so verrückt sind, dass man selbst überführte Betrüger frei herumlaufen lässt, versorgt, mit Rechtsbeiständen versieht und in Berlin sogar noch mit Sprachkursen versorgt. Das alles spricht für eine geordnete Abschiebehaft.

(Marcel Luthe)

Herr Taş! Ihre Bemerkung im Innenausschuss war ja schon Thema, aber man muss ich schon fragen, welcher Teufel diese Koalition reitet.

[Zuruf von Hakan Taş (LINKE)]

Wahrscheinlich ist es mehr als einer. – Danke schön!

[Vereinzelter Beifall bei der AfD – Torsten Schneider (SPD) und Frank Zimmer- mann (SPD): Das war jetzt Ihr Redebeitrag?]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung empfohlen. – Widerspruch dazu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe nun auf

lfd. Nr. 3.3:

Priorität der Fraktion der FDP

Tagesordnungspunkt 29

Post- und Paketzustellung in allen Berliner Bezirken sicherstellen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/0670

In der Beratung beginnt die Fraktion der FDP, und hierzu hat der Kollege Krestel das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Letztes Jahr am 21. Dezember war ich nach mehreren Jahren mal wieder rechtzeitig mit der Weihnachtspost fertig. Um 20.00 Uhr stand ich vor einem Kasten der Deutschen Post, der um 22.00 Uhr geleert werden sollte. Meine Briefe wanderten in den Kasten, und während ich in mein Auto stieg, hielt vor mir ein total verrosteter, schmutziger Kleinlaster, dem eine, wie Poeten sagen würden, abgerissene Gestalt entstieg: Kippe im Mundwinkel, rechts ein Sack in der Hand und links ein Metallwerkzeug. Und stellen Sie sich vor: Es war nicht der Weihnachtsmann.

[Beifall und Heiterkeit bei der FDP]

Als ich schon überlegte, die Rufnummer 110 anzurufen, fiel mir das Schild „Im Auftrag der Deutschen Post“ ins Auge, das am Fahrzeug befestigt war. Tatsächlich öffnete der Mann den Briefkasten, ließ die Briefe in den mitgeführten Sack fallen und entschwand.

[Mario Czaja (CDU): Das ist ja fast die Weihnachtsgeschichte!]

Ja, das ist fast die Weihnachtsgeschichte, aber leider endet sie unweihnachtlich, Herr Kollege! Hören Sie weiter zu!

[Beifall und Heiterkeit bei der FDP]

Gleich darauf kamen Menschen um die Ecke, die auch der Meinung waren, sie hätten es zeitgerecht zur Aufgabe der Post geschafft. Dem war aber nicht so, weil der Mann ja schon, wie Sie meiner Erzählung entnehmen konnten, längst entschwunden war. Die Post wurde also erst am nächsten Tag wieder geleert.

[Udo Wolf (LINKE): Ist das der Quatsch Comedy Club oder was?]

Und ich sage Ihnen: Genauso schlampig, wie die Post inzwischen mit ihren Leerungszeiten umgeht, tut sie es auch mit der Zustellung und, wie man befürchten muss, auch mit der Beförderung.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Ist doch blöd mit der Privatisierung!]

Wir erwarten daher vom Berliner Senat, dass er sich dort engagiert. – Lieber Kollege von der Linksfraktion! Sie können gerne weiter dazwischenrufen. Ich war in jüngeren Jahren ein begeisterter Zuschauer der Muppet-Show, und insbesondere Waldorf und Statler fehlen mir sehr. Ich sehe, dass Sie diese zusammen mit Ihrem Kollegen Schlüsselburg hervorragend ersetzten können. – Vielen Dank! Und jetzt möchte ich gerne fortfahren.

[Beifall und Heiterkeit bei der FDP, der CDU und der AfD]

Wir erwarten daher vom Berliner Senat, dass er sich dort engagiert, wo Probleme, die alle Berliner angehen, auftauchen. Das ist leider nicht zuletzt der Dienst der Deutschen Post. Dies wäre wichtig, anstatt funktionierende öffentliche Toilettensysteme anzugreifen, um nur mal ein Beispiel zu nennen. Da gibt es auf der einen Seite noch die Fiktion des preußischen Postbeamten, der bei Wind und Wetter bemüht ist, jede Sendung möglichst pünktlich zuzustellen, auf der anderen aber – und das ist die Realität – die Post, die zwar jede Sendung entgegennimmt und dafür auch das Geld kassiert, aber offensichtlich die dafür fällige Leistung immer wieder schuldig bleibt.

[Beifall bei der FDP]

Das Problem liegt dabei nicht bei den einzelnen Mitarbeitern, sondern man muss sich die Frage stellen, ob dahinter mittlerweile nicht schon System steckt. Es war daher Zeit, den regelrecht geprellten Postkunden in dieser Stadt eine Stimme zu verleihen, und ich fordere den Senat hier auf, bei der Post den Finger in die Wunde zu legen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Schlüsselburg?

Ja, bitte!

(Andreas Wild)

Bitte, Herr Schlüsselburg – Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Herr Kollege Krestel! Das ist jetzt die Zwischenfrage vom Balkon. Ich wollte Sie anhand Ihrer sehr interessanten, auch persönlich konnotierten Ausführungen zu Ihren jüngsten Erlebnissen mit der Dienstleistung der Post fragen, wie Sie denn vor dem Hintergrund die Postreform von 1994 unter Beteiligung der FDP an der damaligen Bundesregierung jetzt beurteilen und ob Sie denn die Frage der damals leidenschaftlich vertretenen Postprivatisierung jetzt immer noch so leidenschaftlich vertreten würden.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Lieber Kollege Schlüsselburg! Als wenn ich auf diese Frage gewartet hätte: Natürlich, es kommt ja aus der Sicht des Jahres 2017 nicht darauf an, was damals beabsichtigt war, sondern was man zwischenzeitlich aus dieser vernünftigen Geschichte gemacht hat. Und da muss ich feststellen, dass die verschiedensten Regierungen dort nicht mit der nötigen Verve der Deutschen Post auf die Finger geschaut haben – das sage ich ohne Ansehen der Partei.

[Beifall bei der FDP]

Ich erwarte, wenn Sie hier in diesem Land für eine Postsendung Geld zahlen und sie der Post anvertrauen, dass die genau so befördert wird, wie das einem deutschen oder – wenn sie es lieber international hätten – mitteleuropäischen Standard entspricht.

[Beifall bei der FDP]

Jedenfalls war es Zeit, den womöglich regelrecht geprellten Postkunden eine Stimme zu verleihen, und ich fordere den Senat nochmals hier auf, bei der Post den Finger in die Wunde zu legen, anstatt seine Gedanken mit der Beschriftung von Toilettentüren zu vergeuden.

[Beifall bei der FDP – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Für die Fraktion der SPD hat jetzt der Abgeordnete Herr Dörstelmann das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! An dieser Stelle ist es ganz klar: Das ist ein wichtiges Thema. Die Zustellungen und andere Dienstleistungen müssen gesichert sein. Ich will mal den

Rahmen etwas größer spannen: In einer Zeit, in der wir jeden Tag sehen, dass der Onlinehandel rasant wächst – – Ich will mal die Zahlen nennen: 2012 Umfang 24,5 Milliarden in etwa, 2017 prognostizierte 73 Milliarden. Das ist eine Verdreifachung, und die führt natürlich dazu, dass unsere Städte damit anders umgehen müssen, dass sie auch vor neue Herausforderungen gestellt werden.

Eine ganze wichtige Herausforderung und auch ein Problem – das alles aber macht dieses Thema wichtig – liegt darin, dass der Onlinehandel insgesamt – ich stelle mal jetzt nicht nur auf die Post ab, die Sie eben zitiert haben – dazu führt, dass sich die Innenstädte verändern. Der Einzelhandel wird zum Teil verdrängt, weil er nicht in der Lage ist mitzuhalten. Der Verkehr wird beeinflusst, weil natürlich die ständigen Lieferdienste, die Auslieferungen dazu führen, dass die Busspuren, die Fahrradspuren, die Hauseingänge vollgeparkt werden. Und natürlich, was wir auch erleben: Warnblinklicht als Zeichen dafür, dass ich hier liefern muss, ist inzwischen gängig geworden. – Das ist eigentlich ein Zustand, der nicht gut ist.

Und drittens haben wir natürlich – und das ist das, was jetzt unmittelbar zu diesem Antrag führt – die Situation, dass der Wettbewerb die Verbraucherinnen und Verbraucher in ihren Interessen beeinträchtigen kann, und das darf auf keinen Fall sein.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Jetzt haben wir in dem Antrag zwei Aufforderungen, nämlich einmal, dass Herr Dr. Behrendt als Senator für Justiz und Verbraucherschutz, an dieser Stelle zuständig, eine Beschwerde an die Bundesnetzagentur richten soll.

Ich habe mir angeschaut, auf welchen Sachverhalt Sie das Ganze stützen, und ich muss Ihnen eins sagen: So, wie Sie das ausführen, wird er eine Beschwerde – selbst wenn er darüber nachdenken sollte, das zu machen – nicht auf diesen Sachverhalt gründen können. Das hat keine Aussicht auf Erfolg, weil schon nicht ganz klar ist, welche fehlenden Auslieferungen – Herr Kollege Krestel hat es jetzt in der Rede etwas konkretisiert – Sie denn meinen und welche Beschwerdebelege er dann beilegen könnte.

Tatsächlich ist es doch so: Wenn die Pakete nicht ausgeliefert werden können, dann hat man irgendetwas im Briefkasten. Da steht dann drauf, wo man es abholen kann oder ob das beim Nachbarn abgeben wurde. Das ist eigentlich ein Vorgang, der gar nicht zu beanstanden ist.

Ich wüsste also gerne von Ihnen, bevor wir irgendjemanden vorschicken, um eine solche Beschwerde einzureichen – mit der wir uns ja exponieren –, was denn da genau drinstehen soll, und vor allem, welche Einzelbelege dafür angeführt werden können. Es kann sich im Lauf der Diskussion, auch der Behandlung hier im Haus und in den Ausschüssen, ergeben, dass wir solche Belege haben. Dann kann man das noch einmal formulieren. Dann muss