Protocol of the Session on November 16, 2017

Auch die Ziffer 3 zeigt, dass der Antrag nicht zum Ausdruck bringt, was die Koalition politisch offenbar eigentlich möchte: Der Ausgangspunkt bei der Forderung bestimmter Leistungen ist der Vertrag zwischen dem LAF und dem Betreiber. Aber ein Gutteil der Forderungen, die Sie darin zum Ausdruck bringen, sind gar keine Pflichten, die Sie Betreibern auferlegen können. Ich nenne nur einige Beispiele: Die Sicherstellung des Schulbesuchs schulpflichtiger Kinder sowie der Zugang zu den Kindertagesstätten ist keine Aufgabe, die der Betreiber einer Unterkunft realisieren kann. Das Angebot an Sprachkursen – dafür sind das BAMF, möglicherweise auch die Volkshochschulen zuständig. Die Lage und die Anbindung an die städtische Infrastruktur ist die Aufgabe des Landes Berlin. Wie sollte ein Betreiber darauf Einfluss nehmen können? – Die gesellschaftliche Einbindung und Förderung des ehrenamtlichen Engagements – das dürfte nichts sein, was ein Betreiber erzwingen kann. Da ist man auf die Freiwilligkeit des Ehrenamts angewiesen.

Die Ziffer 4 hat mich dann endgültig verblüfft: Welchen Sinn könnte es machen, die Ergebnisse der Kontrollen im Internet zu veröffentlichen? Flüchtlingsunterkünfte sind

keine Gaststätten. Glauben Sie ernsthaft, dass sich interessierte Flüchtlinge im Internet informieren und sich dann für eine andere Unterkunft bewerben? Oder verspricht sich der Senat davon, endlich einmal einen Überblick über die Zustände in seinen Flüchtlingsunterkünften zu bekommen?

Die Ziffer 5 ist praktisch überhaupt nicht umzusetzen. Die unter Ziffer 3 aufgelisteten Forderungen sind durch die Betreiber nicht zu leisten und können daher auch vertraglich nicht festgelegt oder eingefordert werden.

Anstatt die Verwaltung mit immer neuen und weiteren Aufgaben zu überfrachten und zu belasten, wäre es gut, wenn die Betreiber erst einmal alle einen Vertrag bekämen und die Rechnungen bezahlt würden. Wie soll das LAF denn vor dem Hintergrund der aktuellen Arbeitsüberlastung so weitreichende neue Befugnisse überhaupt umsetzen können? – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt die Abgeordnete Frau Korte das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Integration von geflüchteten Menschen in unsere Gesellschaft kann nur gelingen, wenn ihnen die Möglichkeit gegeben wird, mit ihrem Umfeld und den Menschen, die darin leben, Kontakt aufzunehmen. Dafür brauchen sie Unterstützung, zum Beispiel in Form von Sprachkursen, Bildungsangeboten und anderen Beratungen, die ihnen bei der Orientierung helfen. In vielen Not- und Gemeinschaftsunterkünften wurde und wird diese Arbeit von engagierten Trägern geleistet. Wir haben aber auch erfahren, dass das häufig nicht klappt und es Unterbringungsbedingungen gibt, die schlecht und dringend verbesserungswürdig sind. Aus eigener Anschauung weiß ich, dass es nach Trägerwechseln, die mit dem Umzug von einer Not- in eine Gemeinschaftsunterkunft zusammenhingen, zu massiven Beschwerden von Bewohnerinnen und Bewohnern sowie von Willkommensbündnissen und anderen unterstützenden Institutionen gekommen ist: nicht nur, weil bekannte Betreuerinnen und Betreuer dort nicht mehr arbeiteten, sondern weil es schlicht und ergreifend auf einmal keine Beratungs-, Bildungs- und Freizeitangebote mehr gab, und weil nicht ausreichend für die Sicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner gesorgt worden ist. Das liegt daran, dass bei diesen Vergabeverfahren nur der kostengünstigste Anbieter den Zuschlag erhalten konnte.

Es kann nicht immer nur um Geld gehen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Menschen, die in unserem Land Zuflucht suchen, weil sie aus Kriegs- und Krisen

gebieten fliehen mussten, hier ordentlich untergebracht werden.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Dafür reicht es nicht, ihnen ein Bett und Essen zu geben. Sie brauchen auch Betreuung, soziale Beratung, Freizeit- und Bildungsangebote, an eine Anbindung an Kitas und Schulen, eine Vernetzung mit Einrichtungen im Umfeld, im Wohnumfeld und damit eine gesellschaftliche Einbindung im Stadtteil. Deshalb ist es richtig, dass mit diesem Antrag gefordert wird, Qualitätsstandards bei der Unterbringung geflüchteter Menschen sicherzustellen. Qualitätsstandards, die all das beinhalten, was für eine gelingende Integration notwendig ist, damit wir die Menschen nicht nur unterbringen, sondern schon in den Unterkünften gute Grundlagen für die folgenden Jahre legen. Damit können wir eine positive Entwicklung im Bereich der Integration verstärken, verbunden mit einer klaren Forderung: Wir benötigen ein standardisiertes Verfahren zur regelmäßigen Überprüfung der Unterbringungsbedingungen in allen Berliner Gemeinschafts- und Notunterkünften.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Nur so können wir eine Verbesserung der Lebensbedingungen für die Bewohnerinnen und Bewohner aller Berliner Unterkünfte für Geflüchtete erreichen. Zusätzlich schaffen wir damit die Möglichkeit zu lernen. Wir können die Erfahrungen aller Beteiligter nutzen und anhand einer Evaluation von Best-Practice-Beispielen Bedingungen und Standards weiter kontinuierlich verbessern.

Die Koalition schlägt mit diesem Antrag eine echte Verbesserung in den Berliner Unterkünften vor, bei der Land, Bezirke, Organisationen und die Betroffenen selbst beteiligt werden. Diese Verbesserung wird allen zugutekommen, den Geflüchteten selbst, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den ehrenamtlich tätigen Menschen, den Menschen in den Stadtteilen und Kiezen. Damit wird auch ein wichtiger Beitrag für die Integration der geflüchteten Menschen geleistet. Das kommt der ganzen Stadt zugute. Deshalb bitten wir Sie, diesem Antrag zuzustimmen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Herr Bachmann das Wort – bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Koalition, die Unterbringung von Asylbewerbern in Not- und Ge

(Cornelia Seibeld)

meinschaftsunterkünften zu evaluieren, ist typisch für diese Koalition, denn er befasst sich ausgiebig mit Details und Symptomen eines Problems, ohne uns einer Lösung auch nur einen Schritt näher zu bringen.

[Beifall bei der AfD]

In keiner Gemeinde und in keinem Bundesland befinden sich noch so viele Menschen in Not- und Gemeinschaftsunterkünften wie in Berlin.

[Canan Bayram (GRÜNE): Das stimmt aber nicht!]

Einschließlich der Erstaufnahme waren es im Oktober noch 25 000. Das ist das Ergebnis, wenn das schon notorische administrative Versagen auf Berliner Ebene und eine unverantwortliche Politik der unbegrenzten Massenzuwanderung auf Bundesebene zusammentreffen. Lösen lässt sich dieses Problem nur, wenn künftig weniger Menschen solche Unterkünfte benötigen. Dies zu erreichen, gibt es zwei Wege. Zum einen darf die Zahl der Asylbewerber, die unterzubringen sind, nicht immer weiter steigen, sondern muss sinken.

[Beifall bei der AfD]

Wir brauchen sichere Außengrenzen, und wenn die EU unfähig ist, solche zu gewährleisten, müssen wir unsere Grenzen eben national schützen. Insbesondere wer einen offensichtlich unbegründeten Asylantrag stellt oder seine Identität nicht nachweisen kann, darf gar nicht erst einreisen.

[Beifall bei der AfD]

Auch müssen wir den Familiennachzug dringend begrenzen – dazu später mehr im Rahmen unserer Priorität. Und natürlich müssen Sie endlich Ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommen, vollziehbar ausreisepflichtige Asylbewerber auch konsequent abzuschieben. Infolge Ihrer gezielten Obstruktion ist die Zahl der Ausreisepflichtigen im Laufe dieses Jahres jedoch von 10 500 auf 11 400 gestiegen.

Ebenso liegt der zweite Lösungsansatz auf der Hand, nämlich ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Bisher folgt der Übergang von legalen Asylbewerbern in den regulären Wohnungsmarkt nur im Schneckentempo. Hierzu darf ich meinen geschätzten Fraktionskollegen Harald Laatsch zitieren, der immer sagt: Bauen, bauen, bauen. – Mit Ihren Instrumenten aus der sozialistischen Mottenkiste wie wirkungslosen Mietpreisbremsen und rechtswidrigen Vorkaufsrechten, mit überhöhten Grunderwerbsteuern und viel zu langwierigen Genehmigungsverfahren wird das aber sicherlich nicht gelingen.

[Beifall bei der AfD]

Wenn Sie nur über einen Funken Selbstreflektion verfügen, können Sie einmal darüber nachdenken, ob es nicht total widersinnig ist, erst die Menschen in unbegrenzter Zahl nach Deutschland einzuladen, nur um dann, wenn sie hier sind, darüber zu lamentieren, dass es an Möglichkeiten fehlt, sie adäquat unterzubringen.

[Beifall bei der AfD]

Eines ist im Übrigen noch auffällig an Ihrem Antrag: Er stellt ausschließlich auf die Befindlichkeit der Bewohner der Unterkünfte ab, also auf die dort lebenden Asylbewerber, während die Anwohner, also die in der Umgebung wohnenden Menschen, überhaupt nicht vorkommen. Ob Letztere im Zuge der Errichtung der Unterkünfte ausreichend angehört und informiert wurden und wie sie die massive Veränderung ihres unmittelbaren Lebensumfeldes nach Einzug der Asylbewerber beurteilen, interessiert Sie offensichtlich nicht die Bohne.

[Beifall bei der AfD]

Ich komme zum Schluss. Letztlich ist Ihr Antrag nichts weiter als ein Dokument redundanter Selbstbespiegelung und wird deshalb von uns abgelehnt. – Danke!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Abgeordnete Frau Bayram das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Der Beitrag der AfD-Fraktion zu diesem Antrag –

[Zurufe von der AfD: Wäre ja mal was Neues gewesen!]

Meine Damen und Herren! Hören Sie doch erst einmal zu, damit Sie wissen, was hier gesagt wird.

[Zurufe von der AfD: Wir wissen, was kommt!]

hat einmal wieder deutlich gemacht, dass bestimmte Themen sich nicht eignen, von Ihnen mit diskutiert zu werden,

[Heiko Melzer (CDU): Bei Ihnen ist das ja etwas ganz anderes!]

weil Sie überhaupt keinen inhaltlichen Beitrag geleistet haben, sondern eigentlich nur Ihre typischen Codewörter losgeworden sind, wobei Sie ein Wort heute vergessen haben. Das Wort „Islam“ ist nicht gefallen, aber sonst wurde einfach nur der ganze Quatsch hier wieder zum Besten gegeben.

[Zurufe von der AfD]

Eigentlich, ehrlich gesagt, müssen Sie sich irgendwann einmal fragen, ob Sie inhaltlich mit diskutieren wollen.

(Hanno Bachmann)

Heute haben Sie wieder bewiesen, dass Sie es nicht wollen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Und jetzt komme ich zu unserem Antrag. Für uns ist klar, dass es ideal ist, wenn Menschen in Wohnungen untergebracht werden, weil es tatsächlich einmal die Privatsphäre gewährleistet, zum anderen natürlich auch die Möglichkeit, dass dort die Menschen in Ruhe leben und sich hier zurechtfinden können. Da das eben nicht – –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Christian Buchholz?