Das Thema studentisches Wohnen war 20 Jahre lang, ich habe im Archiv nachgeguckt, kein Thema im Abgeordnetenhaus. Erst mein Kollege Wolfgang Albers hat es 2012 zum ersten Mal mit einer Anhörung im Wissenschaftsausschuss aufgesetzt, als die Hütte schon ziemlich brannte. Dann hat Rot-Schwarz noch drei Jahre gebraucht, um eine Strategie vorzulegen, die jetzt abgearbeitet wird. Wenn man sich mal anschaut, wie diese Strategie umgesetzt wird, dann ist die CDU selbst an den Verzögerungen beim Baufortschritt beteiligt. 500 Wohnplätze für Studierende sind geplant, können aber nicht gebaut werden, weil sie auf dem Gelände des Flughafens Tegel liegen. Da kann ich nur sagen: Danke CDU!
Weitere 250 Plätze – nämlich in Pankow – können nicht geplant und gebaut werden, weil sie dort für einen Schulbau vorgehalten werden. Verantwortlich ist ein CDUSchulstadtrat. Man sieht, die Lage ist etwas komplexer, als dass es schlicht vom politischen Willen abhängt.
Das, was getan werden kann, tut die Koalition. Die übrigen Bauvorhaben laufen; einige waren bei den Eröffnungen, das wurde schon gesagt. Der im Antrag geforderte Runde Tisch mit allen Spitzenverbänden und Spitzenvertretern von Bauunternehmen und aus den Verwaltungen wird am 1. Dezember stattfinden. Die erste CDU-Forderung aus dem Antrag ist insofern erledigt.
Die Koalition bringt eine Bundesratsinitiative zur Erhöhung des BAföG-Satzes und des Wohnkostenzuschusses ein. Auch das ist entscheidend; die 250 Euro reichen in der Regel nicht. Über die Forderung der Landes-AStenKonferenz, Notunterkünfte einzurichten, müssen wir reden. Klar ist aber auch: Wohnraum für 183 000 Studierende löst man nur, wenn preiswerter Wohnraum für alle geschaffen wird. Die Lösungen sind eben nicht private Investoren. In meinem Wahlkreis wurde ein Schwimmbad abgerissen; dort werden jetzt Studentenwohnungen von Investoren für 6 490 Euro pro Quadratmeter angeboten; die Mieten gehen ab 700 Euro los. Das ist keine Lösung, die die privaten Investoren anbieten, obwohl es für sie ein sehr lukratives Geschäftsmodell ist. Wir brauchen hier keine guten Ratschläge über private Bauinvestitionen und privates Engagement, sondern wir brauchen öffentlich geförderten Wohnraum, und das machen wir. – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Blick auf die Rednerliste fand ich es zunächst einmal erstaunlich, dass es eher als Thema der wissenschafts- und forschungspolitischen Sprecher und weniger der stadtentwicklungspolitischen Sprecher gesehen wird. Nun bin ich in dem Fall bei uns in Personalunion beides,
aber es wäre doch mindestens genauso wichtig und interessant, das auch aus baupolitischer Perspektive zu beleuchten. Es ist ja nicht nur ein Thema, das allein die Universitäten im engeren Sinne betrifft. Es ist auch eine Frage von Verfehlungen im Baubereich in Berlin.
Kollege Schulze! Dass wir die Studentenwohnungen, die private Investoren bauen, nicht brauchen oder dass wir davon genug haben, kann ich nicht teilen. Wenn ich mir meinen Heimatbezirk Treptow-Köpenick anschaue, so wurden überall, an allen Ecken und Enden – in Adlershof und Schöneweide – private Studentenwohnungen errichtet: 25 Quadratmeter, voll möbliert und mit WLAN für etwas um die 400 Euro. Die gehen weg wie warme Semmeln. Zur Mär vom armen Studenten: Es gibt sicherlich auch Studentinnen und Studenten, die nicht viel Geld haben, gar keine Frage. Aber es gibt auch das Gegenteil, denn sonst würden diese Wohnungen nicht in dem Maße vermietet. Ob das nun Mama und Papa bezahlen oder ob das aufgrund von Nebentätigkeiten oder anderen Dingen möglich ist, sei dahingestellt. Dass aber diese Apartments reißenden Absatz finden, zeigt auch, dass sich der Lebenswandel und die Ansprüche verändert haben.
Nein! Die Ansprüche haben sich geändert! Als meine Eltern Ende der Sechziger-, Anfang der Siebzigerjahre studiert haben, waren sie in einem Studentenwohnheim mit Doppelstockbetten untergebracht, acht Mann pro Zimmer, spartanisch, kein Komfort. So würde heute keiner mehr wohnen wollen.
[Beifall bei der FDP – Florian Kluckert (FDP): Die Grünen wollen so wohnen! – Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]
Wenn man mal mit den Geschäftsführern der viel gescholtenen städtischen Wohnungsbaugesellschaften spricht, sagen die, wir bemühen uns nach Kräften, auch
für Studierende Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Dann kommt aber: Die Wohnung ist in Marzahn oder Karow – zu weit weg, wollen wir nicht! Das sind so Kriterien. Oder: Wir können eine WG einrichten, aber die ist dann auch in der falschen Lage.
Neben allen Problemen, die das Bauen mit sich bringt, muss man an der einen oder anderen Stelle auch mal die Ansprüche zurückschrauben. Wenn im Umland – in Erkner, Rüdersdorf oder sonst wo – noch Wohnungen am Markt frei sind und das meine erste Wohnung ist, wenn ich für das Studium nach Berlin gehe, dann kann ich bei meinen Ansprüchen vielleicht auch an der einen oder anderen Stelle Abstriche machen und sagen: Hier habe ich erst einmal eine Wohnung, habe vielleicht auch einen weiteren Fahrweg, sie ist auch nicht optimal, aber bezahlbar. – Da kann ich nicht erwarten, dass ich gleich mitten in der Stadt wohne.
[Beifall bei der FDP – Katrin Schmidberger (GRÜNE): Sie wollen jetzt alle Studenten aus dem S-Bahnring rausschmeißen?]
Es müssen sich aber auch nicht alle im S-Bahnring ansiedeln. Ich finde es auch nicht unzumutbar, in Marzahn oder Spandau zu wohnen und in der Innenstadt zu studieren; das will ich ganz klar sagen.
Das sind keine Legenden! Wir hatten das, als die Humboldt-Universität nach Adlershof zog. Damals waren noch Wohnungen frei in Adlershof, aber die Studierenden wollten dort nicht wohnen. Bei der HTW in Schöneweide gab es dasselbe Problem: Als die Wohnungen noch frei waren, wollten sie dort nicht wohnen. Das ist eben ein Problem, weil man auch nicht staatlich verordnen kann, was an dieser Stelle gemacht wird. Natürlich kann man Genossenschaftsinitiativen fördern. Das Studentendorf Schlachtensee ist wunderbar in genossenschaftlicher Initiative restauriert worden und zu besseren Standards vermietet. Diejenigen, die es betreiben, sagen: Wir hätten zu den alten Konditionen und alten Ausstattungsmerkmalen nicht mehr vermieten können. – Das ist doch das Problem: Wir brauchen in Wahrheit ausreichend Wohnraum und keine Zweckbindung für Senioren, Behinderte, Studenten. Wir brauchen ausreichend Wohnraum, dann kann sich jeder seine Wohnung in seiner Einkommensklasse suchen.
Dann ist es egal, ob er arbeitet, studiert oder sonst was. Bauen, bauen, bauen, nicht Mangel verwalten! Hier geht es wieder um Mangelverwaltung. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir müssen einige Dinge etwas entwirren. Wenn von studentischem Wohnen geredet wird, heißt es sowohl im Bereich Stadtentwicklung und Wohnungspolitik – –
Keine Sorge! Ich bin in enger Abstimmung mit der Kollegin Katrin Schmidberger. Wir haben untereinander einfach geklärt, wer von uns die Rederunde macht. Da die Kollegin schon eine hatte, hat sie mich gefragt, ob ich es mache. So wird das bei uns ganz einfach friedlich geklärt. Ich weiß nicht, wie die Klärungsverfahren bei Ihnen sind.
Zurück zur Frage: Studentisches Wohnen heißt nicht „Studierende, die wohnen“, sondern Wohnraum, der dezidiert und zweckgebunden für Studierende vorhanden ist. Das ist der erste Punkt. – Wenn wir, wie der Kollege von der CDU bemängelt hat, über einen Versorgungsgrad von nur noch in etwa 5 Prozent oder vielleicht sogar ein kleines bisschen darunter sprechen, was erheblich von dem abweicht, was vom Deutschen Studentenwerk, dem Zusammenschluss der Studierendenwerke, als notwendig gesehen wird, nämlich ca. 10 Prozent, dann reden wir von Wohnraum, der im Regelfall über das Studierendenwerk mindestens verwaltet wird und im Regelfall im Eigentum des zuständigen Studierendenwerks ist. Daher sind all diese schönen Dinge von wegen „da gibt es doch Appartements für 400 Euro“ – oder, ehrlich gesagt, viele machen Werbung für Appartements für 670 Euro und mehr – nicht studentisches Wohnen. Das sind vollmöblierte Appartements, und an wen der private Investor diese vermietet, ist zunächst einmal seine Sache. Das kann er sich aussuchen, und wenn er an Studierende vermieten möchte, dann kann er das tun. Wenn er an Auszubildende vermieten möchte, kann er das auch tun. Das ist seine wirtschaftliche Freiheit. Das ist aber kein studentischer Wohnraum im engeren Sinn. Studentischer Wohnraum im engeren Sinn wird tatsächlich über die Studierendenwerke zur Verfügung gestellt, und das ist bundesweit so. Maßnahmen, die insbesondere privat erstellten Wohnungsbau zweckgebunden für Studierende fördern und in anderen Bundesländern im Regelfall auch finanziell unterstützen, können immer nur eine Ergänzung dazu sein.
Wenn Sie davon sprechen, dass es total egal ist, die Vermieter das nehmen, was die Leute verdienen, und diese Appartements reißenden Absatz haben, dann muss ich Sie leider auf eine Tatsache hinweisen: Die Frage ist nicht, ob wir in dieser Stadt unter den über 165 000 Studierenden Studierende finden, die sich die 400 oder 670 Euro
leisten können, sondern die Frage ist, welche Gruppe die staatliche Unterstützung, die öffentliche Unterstützung des Studierendenwerks am stärksten braucht. Das sind diejenigen, die maximal vom BAföG-Höchstsatz leben. Dann kommen wir leider zu der bitteren Wahrheit, dass der BAföG-Höchstsatz derzeit einen Mietanteil in Höhe von 250 Euro beinhaltet – alles inklusive, Nebenkosten etc. pp. Das heißt, wenn Sie Wohnraum für 400 Euro fordern, geht das einfach an der Problemstellung vorbei. Wenn Sie von der CDU in Ihrem Antrag auf 2013 verweisen, kann ich nur sagen: Hmm! Wie der Kollege Schulze schon gesagt hat: Wenn Sie sich darüber aufregen, dass es R2G, Rot-Rot-Grün, im ersten Jahr nicht schafft, all die Dinge, die Sie mit verbockt haben – – Entschuldigung! Ich kann mich sehr gut an epische Auseinandersetzungen in den letzten zehn Jahren über die angeblich nicht vorhandene Notwendigkeit einer Unterstützung des Studierendenwerks sozusagen als Wohnungsbauinstanz und primärer, prioritärer Anbieter von studentischem Wohnraum erinnern. Das alles fanden Sie nämlich immer überhaupt nicht nötig, das würde doch der Markt regeln, eigentlich gibt es doch gar keine Versorgungslücke, und man solle sich nicht so haben. Ganz ehrlich, dieses Problem haben Sie mit zu verantworten!
Uns vorzuwerfen, dass wir eine ziemlich vollmundige Ansage eines Regierenden Bürgermeisters, die er damals nicht einmal mit der Geschäftsführerin des Studierendenwerks abgesprochen hatte, noch nicht umgesetzt haben, finde ich apart. Immerhin, das haben Ihnen die Kollegen schon dargelegt, gibt es viele Maßnahmen, die laufen, aber dass wir jetzt erst damit anfangen konnten, haben Sie in der CDU massiv mit verbockt. Daher würde ich sagen, Ihr Antrag ist nett, aber an dieser Stelle nicht das Wichtige. Zumal Sie, wenn Sie zum Beispiel von Akteuren reden, eine ganz zentrale Gruppe vergessen: das Studierendenwerk und die Studierenden.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung und mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen empfohlen.
Wohnungsbaupotenziale ausschöpfen! Mischnutzungen bei bisherigen Einzelhandelsflachbauten auch für Wohnbebauung nutzen
Der Tagesordnungspunkt soll nunmehr vertagt werden. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Die Tagesordnungspunkte 36 bis 42 stehen auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 42 A war Priorität der Fraktion der CDU unter der Nummer 3.6.