bericht. Darüber werden wir in der Zukunft noch viel zu diskutieren haben. Wir werden dieser Frage Rechnung tragen müssen. In diesen herausfordernden Zeiten, Frau Smoltczyk, können wir nicht in jedem Punkt einer Meinung sein, aber ich freue mich auf die fruchtbare und konstruktive Zusammenarbeit. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Smoltczyk! Meine Damen und Herren! Nach dieser Werberede zur Videoüberwachung komme ich zum eigentlichen Thema Datenschutzbericht.
Die Ereignisse beim G-20-Gipfel in Hamburg haben uns vor Augen geführt, wohin mangelnder Datenschutz führen kann. Dort wurde 32 Journalistinnen und Journalisten die Akkreditierung entzogen und damit die Möglichkeit der Berichterstattung genommen. Begründet wurde das mit Einträgen in Datenbanken des Bundeskriminalamts. Linksextremismus, Beteiligung an Straftaten und Ähnliches waren da die Vorwürfe. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass viele der Betroffenen zu Unrecht in diesen Datenbanken gespeichert waren.
Was lernen wir daraus? – Datenschutz ist kein Selbstzweck. Datenschutz ist auch kein Thema, mit dem sich nur Spezialisten und Nerds beschäftigen sollten. Mangelnder Datenschutz kann dazu führen, dass so grundlegende demokratische Rechte wie die Pressefreiheit beschnitten werden. Und es kann jede und jeden treffen. Ich finde, wenn ganz normale Menschen, die einmal zur falschen Zeit am falschen Ort waren, in solchen Dateien landen und davon noch nicht einmal erfahren, wenn diese Personen dann die Beschränkung ihrer Freiheit hinnehmen müssen, dann läuft doch irgendwas gewaltig schief.
Nein! – Ich finde, das Positive an diesem Vorgang ist, dass er zu einer öffentlichen Debatte über polizeiliche Datenbanken und Pressefreiheit geführt hat. Ich begrüße
es sehr, dass auch die Berliner Datenschutzbeauftragte sich dieses Themas angenommen hat. Wie dem Bericht zu entnehmen ist – man kann ihn hier nur anreißen, nur ein paar Punkte herausgreifen –, hat die Berliner Datenschutzbeauftragte die Datei „Szenekunde Sport“ und die „Falldatei Rauschgift“ der Berliner Polizei überprüft, und zwar mit dem Ergebnis, dass es unzählige rechtswidrige Eintragungen gibt. Dazu muss ich sagen, es liegt leider die Vermutung nahe, dass G 20 nur die Spitze des Eisbergs war. Deswegen wird es nötig sein, dass wir diese Themen auch im Ausschuss weiter kritisch begleiten.
Das war jetzt ein illustres Beispiel, für die Wichtigkeit Ihrer Arbeit, liebe Frau Smoltczyk, aber auch andere weniger breit diskutierte Themen wie der Schutz von Patientendaten oder die Risiken von intelligenten Messgeräten von Wasser und Strom, die sogenannten SmartMeter, und vieles andere sind Themen, bei denen wir dank Ihrer Arbeit einen besseren Schutz der Persönlichkeitsrechte erreichen können, wenn wir uns denn darum kümmern.
Ach nee! Auch nicht. – Das, was Sie machen, Frau Smoltczyk, und Ihre Behörde, das ist nicht weniger als angewandter Grundrechtsschutz, und dafür möchte ich Ihnen, Frau Smoltczyk, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch im Namen meiner Fraktion herzlich danken.
Jetzt noch einmal ein Wort zur Stellungnahme des Senats. Ich hatte beim Bericht 2015 eine gewisse Ignoranz und Arroganz des Senats gegenüber Kritikpunkten der Datenschutzbeauftragten festgestellt. Das hat sich bei diesem Bericht an der einen oder anderen Stelle etwas gebessert. Das finde ich erfreulich. Wenn man jetzt zum Beispiel beim Thema Stille SMS liest, der Senat hält die Kritik der Datenschutzbeauftragten für berechtigt und der Senat schlägt selbst Verbesserungen vor, dann stimmt mich das doch optimistisch, dass wir dabei in den nächsten Jahren weiter kommen, als es unter den Kollegen Heilmann und Henkel von der CDU der Fall gewesen ist.
Weil wir gerade in den Haushaltsberatungen sind: Es ist doch völlig klar, dass wir die Datenschutzbeauftragte in den nächsten Jahren besser ausstatten müssen. Frau Smoltczyk hat beschrieben, was die neuen Herausforderungen sind – mit der Datenschutzgrundverordnung und der Digitalisierung der Verwaltung und vielem anderen. Ich bin sehr dafür, dass sich das Vorhaben von R2G,
genau das zu tun, Sie besser auszustatten, auch im nächsten Haushalt spürbar wiederfinden wird. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Smoltczyk! Vielen Dank für Ihren Bericht! Ich denke, Sie haben deutlich gemacht, dass heute mehr denn je der Besitz von Daten Macht bedeutet, Macht über Menschen. Diese Koalition steht eindeutig auf der Seite derjenigen, die durch Machtmissbrauch verlieren und finanziell, ideell oder sonst irgendwie Schaden erleiden können. Das machen auch diese Haushalsberatungen deutlich. Ich bedanke mich bei den Kollegen Schreiber und Schrader ganz ausdrücklich, dass Sie es hier noch einmal unterstrichen haben.
Kurz nach meiner Geburt hat das Bundesverfassungsgericht in seinem bahnbrechenden Volkszählungsurteil Folgendes festgestellt – das Internet schlummerte damals noch auf irgendwelchen Servern, es gab noch gar keine Handys –:
Die freie Entfaltung der Persönlichkeit setzt unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen
gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraus. Dieser Schutz ist daher von dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG umfasst.
gewährleistet, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute gilt mehr denn je: Meine Daten gehören mir, und ich bestimme, wer diese lesen darf.
Drei Anmerkungen zu Ihrem Bericht – eine ist schon vorweggenommen worden: Die Europäische Union ist ein Segen für uns. Das wissen viele, die sich mit Politik beschäftigen. Die Datenschutz-Grundverordnung wird die
Rechte der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land stärken. Frau Smoltczyk hat darauf hingewiesen. Wir können mittlerweile Unternehmen, nehmen wir Messengerdienste, mit denen wir heute alle kommunizieren, auch wenn sie nicht in Europa sitzen, aber in Europa tätig sind, abmahnen, gegen sie Sanktionen aussprechen. Hierzu ist es völlig klar, dass die Datenschutzbehörde auch in Berlin gestärkt werden muss, dass wir uns auf Bundesebene einbringen müssen, damit es dort weniger Schlupflöcher gibt. Kollege Schreiber hat es gesagt: Wir müssen auch den Bußgeldrahmen bis zu 20 Millionen Euro durchaus nutzen, denn Datenschutz muss ein scharfes Schwert werden. Datenschutz und Sicherheit gehen Hand in Hand. Es ist ein Sicherheitsthema für jeden Einzelnen, wenn er Opfer von Missbrauch wird, wenn er Opfer von Identitätsdiebstahl wird. Sie, Herr Kollege Juhnke, haben das eben auseinandergepflückt in der Frage Videoüberwachung und Datenschutz. Nein, es gehört zusammen! Datenschutz und Sicherheit sind ein Thema.
Da ja die EU für viele immer so weit weg ist – schade, schade! –, noch einmal ein praktisches Beispiel: Viele von uns haben ihn erlebt, den Identitätsdiebstahl. 21 Prozent aller Nutzerinnen und Nutzer des Internets haben schon einmal gesagt: Ja, von meiner E-MailAdresse sind missbräuchliche Informationen abgesaugt oder verschickt worden. 6 Prozent aller Internetnutzerinnen und -nutzer haben berichtet, dass mit ihren Daten schon ein gefälschter Account – E-Mail oder Facebook – angelegt worden ist, dass die Kreditkartendaten gestohlen und missbraucht worden sind – Tendenz steigend. Der Schaden lag im Schnitt bei 1 366 Euro. Viele Kolleginnen und Kollegen erinnern sich, dass auch unsere Daten von irgendwelchen Geschäftemachern im Internet gestohlen worden sind und dass wir hier auch einen großen Schaden hatten. Deshalb ist es wichtig, auf das Thema Identitätsdiebstahl immer mehr hinzuweisen. Mit den Möglichkeiten der modernen Technik ist es sehr leicht – Stichworte: Gesichtserkennung, Erhebung von biometrischen Daten –, sich eine fremde Identität zuzulegen. Wenn der Datenschutz nicht aufpasst, kann man einer Person über Jahre hinweg die Identität klauen, mit allen schwierigen Folgen.
Deswegen zwei Folgerungen: Erstens müssen wir vor allem die Jugendmedienbildung verstärken. Gerade die jungen Leute müssen wissen, wie sie sich im Internet bewegen, dass ihnen dort einmalige Vergehen ein ganzes Leben anhaften können. Zweitens müssen wir die Datenschutzbeauftragte noch besser ausstatten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wahrscheinlich meine letzte Rede heute zu einem Datenschutzbericht. Denn wenn sich alles so fügt, wird mein Kollege Stefan Ziller, der eine sehr hohe Kompetenz insbesondere im Bereich Netzpolitik/Digitales hat, dieses Thema übernehmen. Ich freue mich sehr, dass Kollege Ziller das
machen wird. Deshalb will ich noch einmal Revue passieren lassen: Es ist der zehnte Datenschutzbericht, zu dem ich rede. Seit 2006 haben sich die Stellen bei der Datenschutzbeauftragten von damals 28 auf demnächst 56 entwickelt. Das ist eine Verdopplung. Ich bin auch sehr froh, dass ich mit Kollegen und Kolleginnen zusammenarbeiten konnte, die leider mittlerweile verstorben sind wie Frau Seelig von der Linksfraktion und Thomas Kleineidam von der SPD-Fraktion. Ihrer möchte ich hier kurz gedenken. – Ich glaube, wir haben ein gemeinsames Erbe, das wir verwalten müssen – ganz im Sinne des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichts: Unsere Daten gehören uns – jedem einzelnen Berliner und jeder einzelnen Berlinerin! – Ich hoffe, dass dieses Haus Ihre Arbeit weiter unterstützen wird. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Smoltczyk! Zunächst einmal möchte ich zurückkommen auf die Datenschutz-Grundverordnung. Da wir jetzt die letzte Partei hier im Haus sind, die für souveräne Nationalstaaten eintritt, lehnen wir sie natürlich ab, weil es keinen berechtigten Grund dafür gibt, dass dieses Prinzip in ganz Europa von Lissabon über Dublin und Athen und Berlin und Luxemburg überall gelten muss. Es ist nicht notwendig, eine solche Regelung in Europa einzuführen, die überall nach dem Prinzip „one size fits all“ gilt. Wir wünschen uns ein System des Best-Practice, des Wettbewerbs und hätten gut und gerne auf die Datenschutz-Grundverordnung verzichten können.
Wenn aber schon die Datenschutz-Grundverordnung da ist, dann müssen Sie der Beauftragten die entsprechenden Mittel zukommen lassen. Da haben Sie sich erst geweigert, inzwischen sind Sie wenigstens so weit, dafür zu sorgen, dass sie auch in der Lage sein wird, ihren Aufgaben nachzukommen.
Was den Bericht oder die Antwort des Senats angeht, so sind wir unzufrieden damit. Da ist kein Wort darin zur wachsenden Bürokratie für Banken, kein Wort zu den gestiegenen Bußgeldern, die die Wirtschaft belasten, kein Wort zur unsicheren Speicherung von Patientendaten. Und beim Thema Stille SMS, Herr Schrader, stimmt es, da steht tatsächlich, dass der Senat zugibt, dass er mit der
Kritik der Datenschutzbeauftragten einverstanden ist, sie berechtigt ist, aber folgende Forderung der Datenschutzbeauftragten blieb leider völlig unkommentiert. Da heißt es:
Mit einer Dienstanweisung sollte bei der Staatsanwaltschaft verpflichtend eingeführt werden, dass der Einsatz von Stillen SMS in den Ermittlungsakten dokumentiert wird.