Protocol of the Session on October 19, 2017

Die Anschluss- und Benutzungsbestimmungen müssen zur Sicherung der wirtschaftlichen und sozialen Vertretbarkeit mit Vorgaben zu Höhe, Bildung, Transparenz und Kontrolle der Entgelte verbunden werden.

Herr Kollege! Sie müssen wirklich zum Schluss kommen!

Ich komme zum Schluss. – Das heißt, die Energiewirtschaftsverwaltung wird tatsächlich ein Auge haben,

[Christian Gräff (CDU): Ein Auge nur!]

wenn wir tatsächlich einen Anschluss- und Benutzungszwang aussprechen, werden dort die Preise kontrolliert, transparent für alle nachvollziehbar. Das ist ein Fortschritt, den es mit Ihnen damals übrigens nicht gegeben hat in den alten Gesetzen. Wir sind sehr froh, dass eine rot-rot-grüne Koalition hier deutlich andere ökologische und soziale Aspekte für Berlin definiert, umsetzt und auch tatsächlich handelt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Christian Buchholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Zuschauertribüne! Wir reden heute bereits zum zweiten Mal über das Gesetz zur Änderung des Berliner Energiewendegesetzes. Der Kernpunkt ist der Anschluss- und Benutzungszwang an Einrichtungen der Nah- und Fernwärme und Nah- und Fernkälte. Mit diesem Gesetzesantrag und dem Festhalten am Anschluss- und Benutzungszwang stößt die Koalition viele Menschen vor den Kopf und überrascht auch eine ganze Reihe von Kammern, Verbänden und Innungen.

[Daniel Buchholz (SPD): Wen denn?]

Überrascht wurden sie deswegen, weil die Koalition sich im Widerspruch zum Abschlussbericht ihrer eigenen Enquete-Kommission setzt.

[Stefan Evers (CDU): Stört die nicht!]

Selbst der Enquete-Bericht hat auf Seite 176 festgehalten, dass ein Anschluss- und Benutzungszwang in der Regel nur für öffentliche Einrichtungen angeordnet werden könne. Jetzt soll der Anschluss- und Benutzungszwang potenziell für alle Neubauten kommen.

[Christian Gräff (CDU): Pfui!]

Ferner erkennt sogar der Enquete-Bericht an, dass oftmals überteuerte Fernwärmepreise vorliegen, insbesondere in Gegenden, in denen ein Anschluss- und Benutzungszwang für das Fernwärmenetz bestehe. Welch eine Erkenntnis! Daraus ist nur der Schluss zulässig, einen solchen Unsinn zu lassen und auf Wettbewerb, Anreize und Technologieoffenheit zu setzen.

[Daniel Buchholz (SPD): Ist doch! Steht doch drin!]

Akteure sollen motiviert und gefördert werden. Sie sollen auf keinen Fall zu bestimmten Wegen gezwungen werden. Andernfalls drohen Effizienz- und Akzeptanzverluste. Folgerichtig lehnen wir Paragraf 18 komplett ab.

Mit dem Abs. 2 des Paragrafen 18 sind die Berliner Verwaltungen maßlos überfordert, denn bei jedem Anschluss- und Benutzungszwang werden die Grundstücksbesitzer auf Entschädigung und Härtefall klagen.

[Beifall bei der AfD]

Einzig Vattenfall freut sich als der Eigentümer des Fernwärmenetzes und Nutznießer des Gesetzes.

Wir als Alternative für Deutschland bezweifeln, dass die Anordnung von Anschluss- und Benutzungszwang im Bereich der Wärmeversorgung zielführend ist. Im Bereich des Klimaschutzes sowieso. Damit stehen wir übrigens nicht allein. Selbst Verbraucherverbände und Mieterbund haben sich auf Bundesebene für eine Aufhebung bestehender Anschluss- und Benutzungszwänge ausgesprochen. Denken Sie, liebe Koalition, lieber über landespolitische Förderinstrumente nach.

Ich möchte noch einmal an eine Aussage von Ludwig Erhard erinnern. Er sagte:

Die Grundlage aller Marktwirtschaft bleibt die Freiheit des Wettbewerbs.

[Beifall bei der AfD – Torsten Schneider (SPD): Ernst Reuter hat auch etwas gesagt! Habt Ihr keine eigenen Leute?]

Wir als Alternative für Deutschland wollen keinen Zwang und lehnen deshalb Ihren Antrag ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die Linksfraktion hat Herr Dr. Efler das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Damen und Herren! Es schwirren ja wieder einige Verschwörungstheorien herum, und ich hoffe, ein bisschen zur Aufklärung beitragen zu können. Zunächst einmal ist es ein sehr guter Tag für die Energiewende in dieser Stadt. Wir läuten hiermit das Ende des größten Klimakillers ein, der Kohleverstromung, der Kohlenutzung. Allein durch den Kohleausstieg schaffen wir es, 20 Prozent unserer CO2-Reduktionsziele bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Wir sind das erste Bundesland überhaupt, das auf gesetzlicher Basis den Kohleausstieg regelt, und wir setzen damit auch ein Zeichen für die Bundespolitik und die sich möglicherweise bildende Jamaika-Regierung, genau dies auf Bundesebene zu tun, ein bundesweites Kohleausstiegsgesetz zu beschließen. Ich glaube, das lohnt sich. Das ist ein großer Erfolg für Rot-Rot-Grün in Berlin.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Georg Kössler (GRÜNE): Wird auch Zeit!]

Es ist aber auch nicht wirklich revolutionär. Zehn Länder haben schon beschlossen, aus der Kohle auszusteigen, viele, viele Städte. Insofern ist Deutschland da eher der Nachzügler.

Ich will jetzt aber doch noch etwas ausführlicher auf das Thema Anschluss- und Benutzungszwang eingehen, weil dazu wirklich wieder einiges an Unsinn von Teilen der

Opposition gesagt worden ist. Zunächst einmal: In der Tat, es gibt eine Ermächtigung für diesen Anschluss- und Benutzungszwang. Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, in parlamentarischen Beratungen eine sehr gute und sachgerechte Lösung zu finden. Wir haben den eingebrachten Gesetzentwurf substanziell geändert. Der Anschluss- und Benutzungszwang kann einen Beitrag leisten zur Erreichung unserer Klimaschutzziele, aber er wird definitiv nicht das zentrale oder einzige Instrument dabei sein. Das ist völlig klar. Wir haben den Anwendungsbereich sehr klar eingegrenzt. Das Instrument – das hat Herr Buchholz schon zitiert – soll sich auf Neubebauung beschränken. Das ist die klare Regel. Ausnahmen davon sind gut zu begründen, da dürfte man vor allem auf einzelne Bestandsgebäude Bezug nehmen, die sich sinnvoll in das Fernwärmenetz integrieren lassen.

Weiterhin sehr wichtig – das kennen wir aus dem Strombereich – wir haben geregelt, dass die Einspeisung von Wärme aus erneuerbaren Energien durch Dritte ermöglicht wird. Genau das wollen wir nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen, sondern eine klare Regelung schaffen. Damit schaffen wir auch einen Anreiz für dezentrale, ökologische Wärmeerzeugung.

Last but not least – das ist mir als Ökonom sehr wich- tig –: Wir schaffen natürlich mit einem Anschluss- und Benutzungszwang ein Monopol. Das ist völlig richtig. Wo Monopole geschaffen werden, unabhängig davon, ob sie öffentlich oder privat sind, muss es auch eine Regulierung geben. Genau das haben wir eingebaut, indem Bestimmungen zur Höhe, Bildung und Transparenz von Entgelten geschaffen werden. Diese müssen selbstverständlich auch kontrolliert werden. Ich denke, das ist eine sehr gute und maßvolle Regelung. Ich habe heute Morgen noch – weil hier auf einige Briefe Bezug genommen worden ist – mit dem Vorstandsvorsitzenden eines großen Berliner Verbandes telefoniert, der uns auch einen Brief geschrieben und diese Regelung im Vorfeld klar abgelehnt hat. Ich habe ihm erklärt, was wir alles an Änderungen vorgenommen haben. Er hat gesagt: Herr Efler! Sie haben recht, mit dieser Regelung haben sie einen sachgerechten Kompromiss getroffen, damit können wir ganz gut leben. – Ich glaube, das wird die Stadtgesellschaft auch so verstehen. Jetzt freue ich mich, nach vorn zu gucken und auf die nächste energiepolitische Großtat zu sprechen zu kommen, nämlich auf das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm. Das werden wir hier als Nächstes beraten und damit Berlin endgültig fit machen für die Klimaneutralität. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Henner Schmidt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Koalition hat jetzt wieder dieses Gesetz als Einstieg in den Kohleausstieg verkauft, auch wenn Herr Taschner schon angedeutet hat, dass Sie damit nicht so viel erreichen können, und Herr Buchholz die Weltgemeinschaft beschworen hat. Sie machen aber den Menschen in der Stadt damit etwas vor. Durch die Formulierung, der Senat möge darauf hinwirken, passiert erst einmal gar nichts. Und wenn ich das mit der Tegel-Debatte vergleiche, auch hier können Sie genauso gut argumentieren: Ohne Brandenburg und den Bund können Sie gar nichts davon umsetzen. – Das ist erst einmal nur eine Absichtserklärung.

[Beifall bei der FDP]

Deshalb ist es auch gegenüber dem Parlament besonders unfair, dass da steht: Alternativen keine, der Klimaschutz erfordert das. – Natürlich gibt es Alternativen, es sinnvoller zu machen, Herr Schultze-Berndt hat einiges aufgezählt.

Der große Elefant im Raum der Diskussion ist aber, deshalb kam es ja von den anderen auch, der Anschluss- und Benutzungszwang. – Ich sehe hier eine Zwischenfrage.

Genau. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Efler von der Linken?

Natürlich.

Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Schmidt! Können Sie mir erklären, warum wir die Zustimmung Brandenburgs und des Bundes brauchen, um die verbleibenden drei Berliner Steinkohlekraftwerke stillzulegen?

Sie haben gesagt, Sie wollen auch in Brandenburg den Kohleausstieg bewirken. Das Braunkohlekraftwerk ist stillgelegt, für die Steinkohlekraftwerke gibt es ein klares Auslaufdatum. Insofern müssen Sie aus meiner Sicht, wenn Sie das wollen, was Sie gesagt haben, die Brandenburger Kraftwerke stilllegen, und das werden Sie nur mit Brandenburg hinkriegen. Und die brandenburgische Landesregierung will das ja offensichtlich nicht.

Der Anschluss- und Benutzungszwang ist ein ganz weitreichender Eingriff von erheblicher Bedeutung. Deshalb wurde er von ganz verschiedenen Seiten, von den Na

(Dr. Michael Efler)

turschutzverbänden bis zur Immobilienwirtschaft deutlich kritisiert. Einen Teil der Kritik haben Sie aufgenommen, das ist richtig, Herr Efler. Und Sie haben den Anschluss- und Benutzungszwang nachher eingegrenzt. Das ist schon mal was. Ich hatte allerdings im Ausschuss den Eindruck, als ich Herrn Taschner und Ihnen, Herr Efler, gelauscht habe, dass Sie sehr unterschiedlich begründet haben, was denn nun wirklich in dem Gesetz steht und wie das eingeschränkt ist. Deshalb denke ich, wenn Sie sich untereinander so wenig einig sind, wie sollen denn dann Bürger und Bauherren und Immobilieneigentümer damit leben, und wie soll die Verwaltung das handhaben können?

Die vorgenommene Eingrenzung ist auch nicht genug, weil der Anschluss- und Benutzungszwang als Ganzes überflüssig und im schlimmsten Fall auch kontraproduktiv ist. Er ist überflüssig, Sie können nämlich bei Neubaugebieten Fragen der Energieversorgung auch durch Bebauungspläne oder städtebauliche Verträge regeln.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Dazu brauchten Sie gar keinen Anschluss- und Benutzungszwang. Dort, wo die Fernwärme ökologisch und wirtschaftlich besser ist, braucht es auch keinen Zwang. Da setzt sie sich von allein durch. Und in anderen Bereichen könnten Sie im schlimmsten Falle bessere Lösungen mit erneuerbaren Energien, Mieterstrommodellen und Ähnlichem schon gefährden.

Jetzt kommt hinzu, dass die Entscheidung, ob dieser Anschluss- und Benutzungszwang gilt, in dem Gesetz sehr kompliziert geregelt wird. Ganz besonders schwierig finde ich die Formulierung, ich zitiere: