Protocol of the Session on September 14, 2017

Nun können mündliche Anfragen an den Senat gerichtet werden. Die Fragen müssen ohne Begründung, kurz gefasst und von allgemeinem Interesse sein sowie eine kurze Beantwortung ermöglichen; sie dürfen nicht in Unterfragen gegliedert sein. Ansonsten müssten die Fragen zurückgewiesen werden.

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen in einer Runde nach der Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung. Nach der Beantwortung steht mindestens eine Zusatzfrage dem anfragenden Mitglied zu, eine weitere Zusatzfrage kann auch von einem anderen Mitglied des Hauses gestellt werden. Für die erste Frage rufe ich ein Mitglied der Fraktion der SPD auf und bitte, an das Rednerpult zu treten. Nachfragen werden von den Sitzplätzen aus gestellt. – Frau Kollegin Becker! Sie haben das Wort.

Ich frage den Senat: Was ist das Ziel der eingesetzten Steuerungsgruppe zur Verbesserung der gesamtstädtischen Verwaltungssteuerung, wie wird diese Kommission in welcher personellen Konstellation arbeiten, und wann werden Ergebnisse präsentiert?

Herr Senator Geisel, bitte schön!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Becker! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Senat hat in seiner Klausur vor der Sommerpause das Verwaltungshandeln des Landes Berlin analysiert. Wir haben festgestellt, dass wir in verschiedenen Bereichen bei den Bürgerdienstleistungen noch Verbesserungsbedarf sehen, und haben uns deshalb entschlossen, zusätzlich zu den Steuerungsrunden, die im Land Berlin ohnehin schon vorhanden sind, externen Sachverstand einzuholen, sowohl von Verwaltungsexperten aus Österreich beispielsweise und aus Hamburg, von Wirtschaftsvertretern und Wissenschaftsvertretern, um in einer Expertenrunde noch mal zu analysieren, an welchen Stellen Beschleunigungen, Standardisierungen im Land Berlin möglich sind. Wir tun das ausdrücklich nicht gegen die Berliner Bezirke, und für diese Untersuchung sind nach bisheriger Auffassung auch keine Verfassungsänderungen in Berlin notwendig, sondern es geht darum, das vorhandene Know-how in der Stadt nutzen zu können.

(Frank-Christian Hansel)

Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: die Wartezeiten in den Berliner Bürgerämtern. – Das war im vergangenen Jahr zu Recht ein heftiger Diskussionspunkt. Durch die personelle Verstärkung in den Bürgerämtern ist es vor der Sommerpause gelungen, die Wartezeiten bis auf einen Tag hinunterzudrücken. In der Sommerpause hatten wir ein deutliches Ansteigen der Anträge zu verzeichnen. Wer in die Ferien fährt und in den Pass schaut, stellt fest, dass das Datum womöglich so ist, dass er bald abläuft, also erneuert werden muss. Gleichzeitig stiegen auch die Urlaubszahlen der Bearbeiter in den Bürgerämtern an, und die Wartezeiten haben sich auf vier Wochen verlängert.

Wir gehen davon aus, dass sich diese Wartezeiten nach den Sommerferien wieder auf akzeptable ein bis zwei Wochen reduzieren, aber trotzdem beobachten wir ein Auf und Ab. Die Berlinerinnen und Berlin haben Anspruch auf qualitätsgerechte Leistungen innerhalb akzeptabler Fristen, und dieses Auf und Ab muss ausgeglichen werden. An dieser Stelle müssen wir stabil unsere Leistungen anbieten. Da gibt es durchaus Erfahrungen in anderen deutschen Städten oder im Ausland, die wir in eine Organisationsstruktur, die uns an dieser Stelle leistungsfähiger macht, einfließen lassen können.

Zweitens die Einführung der E-Akte: Das E-GovernmentGesetz gibt uns die Möglichkeit, Verwaltungsprozesse im Land Berlin zu standardisieren, bisher unterschiedliche Verfahren zu vereinheitlichen und zu effektivieren und auch die Effektivität einzelner Organisationsprozesse zu hinterfragen. Das ist eine einmalige Chance, die wir jetzt nutzen müssen. Auch darin gibt es die unterschiedlichen Erfahrungen, beispielsweise von großen Unternehmen oder der Bundesagentur für Arbeit, die solche Reorganisationsprozesse schon hinter sich haben.

Deshalb haben wir Heinrich Alt, den ehemaligen stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit gebeten, mit der Expertengruppe, die aus insgesamt 13 Expertinnen und Experten zusammengesetzt ist, eine Analyse der Berliner Verwaltung vorzunehmen, einen ersten Zwischenbericht am 9. Januar 2018 vorzulegen – das ist das voraussichtliche Datum der Senatsklausur – und darin Vorschläge zu unterbreiten, an welchen Stellen Veränderungen vorgenommen werden müssen. Wir wollen keinen Arbeitskatalog mit hundert Änderungsvorschlägen, sondern es geht um die fünf bis zehn wichtigsten Dinge, die innerhalb dieser Legislaturperiode realisiert werden können. Wir gehen davon aus, dass der abschließende Bericht dieser Expertenkommission zu Ostern vorliegen wird – sollten die Analysen länger dauern, hätten wir auch kein Problem damit, wenn es bis Pfingsten dauert. Wir wollen aber im ersten Halbjahr 2018 Ergebnisse haben, damit wir die Möglichkeit haben, noch in dieser Legislaturperiode die entsprechenden Veränderungen vorzunehmen und die Berliner Verwaltung

auf Landes- und Bezirksebene leistungsfähig arbeiten zu lassen. – Danke!

Vielen Dank!

Nachfragen dazu sehe ich nicht. Dann hat für die CDUFraktion der Kollege Gräff das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat: Wann und wie viele Male hat der Regierende Bürgermeister von Berlin in den letzten zwei Monaten ein Gespräch mit einem oder mehreren der sechs Vorstandsmitglieder der Air Berlin geführt? – Vielen Dank!

Herr Regierender Bürgermeister!

[Danny Freymark (CDU): Na? – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Schwer zu sagen!

[Oliver Friederici (CDU): Es war ja Urlaub!]

Es hat mehrere Telefongespräche gegeben. Es hat mit den unterschiedlichsten Airlines auf unterschiedlichsten Ebenen Kontakte gegeben. Ich weiß, dass auch andere Senatsmitglieder in den letzten Monaten Kontakte hatten.

[Florian Graf (CDU): Es ging um Sie!]

Das kann ich Ihnen jetzt schwerlich spontan beantworten.

Mit einer Nachfrage der Kollege Gräff!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Haben Sie, nachdem der Vorstand von Air Berlin offensichtlich Kontaktversuche unternommen hat, mit Ihnen persönlich in ein Gespräch zu kommen, in den letzten zwei Monaten mit einem Vorstandsmitglied über die Lage von Air Berlin ein persönliches Gespräch geführt?

[Mario Czaja (CDU): So vergesslich kann man doch nicht sein!]

Herr Regierender Bürgermeister!

(Senator Andreas Geisel)

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Gräff! Es hat mindestens zwei Telefongespräche mit Herrn Winkelmann gegeben.

[Oliver Friederici (CDU): Wann denn? Letzte Woche? – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Fragen Sie doch mal Ihre ehemalige Wirtschaftssenatorin!]

Kollege Melzer hat das Wort zu einer weiteren Nachfrage.

Herr Regierender Bürgermeister! Halten Sie es angesichts der dramatischen Lage von Air Berlin und der Bedeutung für die Stadt für angemessen, kein ausführliches Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden oder einem Vorstandsmitglied von Air Berlin in persönlichem Rahmen geführt zu haben – wie Sie gerade gesagt haben? Wir hätten eine andere Erwartung an Sie als Regierenden Bürgermeister der Stadt.

Herr Regierender Bürgermeister!

Es ist wirklich erstaunlich, wie schnell man doch vergisst, wie Regierungshandeln ist und dass es mitunter nicht so einfach ist, das ein oder andere Gespräch direkt führen zu können, wofür man vielleicht auch nicht selbst die Verantwortung trägt.

Wir können das klar abhandeln: Ich bin darüber informiert worden, wie die Situation bei Air Berlin ist. Es hat dann sofort diverse Gespräche gegeben, unter anderem direkt Telefongespräche mit Herrn Winkelmann, der sich gar nicht in Deutschland aufgehalten hat, sondern schon unterwegs war, um die Situation für Air Berlin zu stabilisieren. Ich hätte ihn gar nicht in Berlin treffen können.

[Ülker Radziwill (SPD): Aha!]

Es hat direkt Gespräche mit der Lufthansa gegeben. Es hat sogar mit Easyjet Gespräche gegeben. All das ist nicht neu, es reiht sich in eine Gesprächskette ein, die ich seit Jahren führe und die auch mein Vorgänger jahrelang geführt hat.

[Heiko Melzer (CDU): Das ist nicht die Frage! – Christian Gräff (CDU): Es geht um die letzten zwei Monate!]

Ich erkläre Ihnen das gern etwas ausführlicher.

[Christian Gräff (CDU): Das brauchen Sie mir nicht zu erklären! Es geht um die letzten zwei Monate!]

Air Berlin ist seit 2008 in einer finanziellen Schieflage, und seitdem ist die Politik bemüht, entsprechende Rahmenbedingungen für Air Berlin zu finden. Auch ist es Nonsens, immer zu behaupten, der nicht fertiggestellte BER wäre das Problem von Air Berlin, denn in Düsseldorf, München, den anderen Basen der Air Berlin, haben sie funktionierende Flughäfen. Das scheint also nicht das Problem zu sein.

[Christian Gräff (CDU): Aber mit den Betriebsräten haben Sie gesprochen!]

Andere Fluggesellschaften warten auch dringend auf den BER und haben diese finanziellen Probleme nicht. Offensichtlich waren das Geschäftsmodell der Air Berlin und manche Flugzeugbestellungen nicht zielführend. In dieser schwierigen Situation haben unter anderem Ministerpräsidenten geholfen, über Partnerschaften zu stabilisieren – die sogenannten Co-Sharing-Flüge

[Christian Gräff (CDU): NRW hat Gespräche geführt! Sie nicht!]

Ich habe mich persönlich eingesetzt und Hannelore Kraft angeschrieben, um – –

[Zurufe von der CDU]

Sie wollen das alles nicht hören. Sie stellen eine Frage und – –

[Weitere Zurufe von der CDU]

Ich nehme mir doch jetzt Zeit, um es Ihnen zu erklären.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Beifall von Harald Moritz (GRÜNE)]

Außerdem freuen sich die Kollegen dann, dass die Zeit im Rahmen der Fragestunde herumgeht.

[Heiterkeit beim Senat – Heiko Melzer (CDU): Der Senat freut sich, wenn die Zeit herumgeht! Das ist ein interessantes Demokratieverständnis! Sehr interessant!]