Ich könnte wirklich nur pfui sagen, aber die Berlinerinnen und Berliner müssen diese Koalition jeden Tag ertragen. Auch das ist wahrlich nicht leicht. – Ich kann Ihnen nur eins empfehlen, Herr Schneider: Das, was Sie hier in der Debatte machen, trägt dazu bei, Politikverdrossenheit zu produzieren.
Vielleicht sitzen Sie einfach zu lange in diesem Parlament und müssen mal raus, um zu verstehen, dass „25 000 und ein paar Zerquetschte“ eine Redewendung für den Fall ist, dass einem die genaue Zahl nicht einfällt. Sie hätten uns doch als Erste aufs Korn genommen, wenn wir die Zahlen nicht auf Punkt und Komma genannt hätten. Beschäftigen Sie sich doch mal mit diesen Dingen, statt das hier als Ihr einziges Argument vorzutragen!
Die Glocke hat für Sie geläutet, Herr Schneider. Letzte Runde! Angezählt! Am 24. September entscheiden die Berlinerinnen und Berliner, wie es in dieser Stadt weitergeht. Sie entscheiden auch über Ihre Zukunft.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Czaja! In Ihrem gallischen Dorf hat es für Sie gerade mal zum Idefix gereicht.
Neue Erkenntnisse gab es wenige, außer dass die AfD jetzt auch dafür ist, dass fünf Millionen Menschen zu uns kommen. Ich kann Sie zu dieser Erkenntnis nur beglückwünschen. Die haben wir schon lange.
Eine sachliche Flughafendebatte ist von Herrn Czaja eingefordert worden, und dann ging es so platt weiter, wie Sie es gehört haben. Aber es stimmt: An der Berliner Flughafenfront ist nicht alles gut. Das ist auch kein Geheimnis. Es ist fünf Jahre her, dass die geplante BEREröffnung im Mai 2012 geplatzt ist. Damit verbindet sich bis heute ein Imageschaden für unsere Stadt. Der Ruf Berlins und das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit von Planern, Architekten, Managern, auch Politikern, haben angesichts dessen, was danach folgte, deutlichen Schaden genommen.
Glauben Sie mir: Ich kann das verstehen. Ich selbst habe vor einigen Jahren an dieser Stelle gestanden und einen Misstrauensantrag gegen den damaligen Regierenden Bürgermeister begründet. Ich verstehe, welche Emotionen die Erwähnung des BER auslöst. Ich weiß aber auch, dass hart daran gearbeitet wird, dass dieses Projekt endlich auch gelingt.
Heute, und im Übrigen auch am 24. September, wird nicht über den BER abgestimmt, nicht über den Regierenden Bürgermeister und nicht über den Senat, sondern einzig und allein über die künftige Nutzung der 460 Hektar in Tegel.
Bei Licht besehen wird nicht einmal darüber abgestimmt. Es ist schon bezeichnend, dass hier kein Gesetzentwurf zur Abstimmung gestellt wird, obwohl nur ein Gesetz den Senat dazu zwingen könnte, den Flughafen in Tegel weiter zu betreiben.
Dieses zahnlose Vorgehen ist in der Geschichte der Berliner Volksentscheide genau einmal vorgekommen, bei Tempelhof I – der Kollege Wolf hat es erwähnt –, bei
dem Volksentscheid zur Offenhaltung Tempelhofs als Verkehrsflughafen. Wenn man sich die Texte anschaut, die damals zur Abstimmung gestellt wurden und heute zur Abstimmung gestellt werden, klingen sie schon sehr ähnlich. Man hat also den Text von damals, vor zehn Jahren, offensichtlich abgeschrieben.
Das alles lässt nur einen Schluss zu, dass Sie selbst den rechtsicheren Weg zum dauerhaften Offenhalten des Flughafen Tegels gar nicht kennen, Herr Czaja. Stattdessen ziehen Sie mal diese und mal jene Rechtsmeinung aus der Schublade, aber Sie selbst vertrauen Ihrer eigenen und wechselnden juristischen Meinung offensichtlich nicht,
weil Sie eine unverbindliche Formulierung und eben keinen rechtlich bindenden Gesetzesantrag zur Abstimmung stellen. Sie verfahren nach der Devise von schlechten Fußballmannschaften, die schon vor dem Anpfiff wissen, dass sie den Weg zum Tor sowieso nicht finden werden. Hinten stehen, und vorn hilft der liebe Gott – der wird Ihnen aber nicht helfen, und schlechten Fußballmannschaften hilft er meistens auch nicht.
Statt Fakten gibt es eine Möchtegern-Ukip-Debatte, mit der Sie damals auf der Welle eines populistischen Gegendie-da-oben-Brexit zum Erfolg surfen wollten. Wo das endet, können wir in Großbritannien gerade sehr genau beobachten. Die Katerstimmung ist nach der völlig irrationalen Brexit-Volksabstimmung groß und die Ukip von der politischen Bühne verschwunden. Der Populismus wird nämlich Opfer seines vermeintlichen Erfolges.
Ich dagegen bin überzeugt, dass Fakten und Argumente nicht von vorgestern sind, dass Fakten und Argumente ihre Kraft entfalten. Wir vertrauen auf die Kraft der Argumente.
Hier sind unsere. Es sind im Wesentlichen drei Argumente, die die Position des Senats begründen. Erstens: Der Versuch eines Weiterbetriebs des Verkehrsflughafens Tegel über die Eröffnung des BER hinaus hätte weitreichende negative rechtliche und finanzielle Konsequenzen für die Stadt. Zweitens: Wir stehen für Verlässlichkeit. Deshalb hält sich der Senat wie alle anderen Regierungen davor an den Konsensbeschluss von Berlin, Brandenburg und Bund. Wir wollen das gegebene Versprechen an die von Fluglärm und Absturzgefahren gefährdeten Menschen einlösen.
Drittens: Wir wollen, dass die Fläche in Tegel nach der BER-Eröffnung für die wachsende Stadt und ihre Bedürfnisse an Gewerbe und Wirtschaftsflächen, an Platz für neuen Wohnraum und urbane Lebensqualität auch genutzt werden kann.
Fakt ist, dass mit der Zustimmung zum vorliegenden Volksentscheid und dessen Umsetzung Berlin das unkalkulierbare rechtliche Risiko eingehen würde, gar keinen funktionsfähigen und genehmigten Flughafen in Zukunft mehr zu haben,
denn der rechtskräftige Planfeststellungsbeschluss für die BER vom 14. August 2004 ist eindeutig. Ich zitiere ihn:
Der Planfeststellungsbeschluss steht unter dem Vorbehalt der endgültigen Schließung der Flughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Tempelhof spätestens nach einer Übergangszeit von sechs Monaten nach Inbetriebnahme der ausgebauten Südbahn.
Sie, Herr Evers, haben gar nicht erklärt, wie man einen gerichtlich bestätigten Planfeststellungsbeschluss mal eben ändern soll.
Mit dem unbefristeten Weiterbetrieb in Tegel parallel zum BER bestünde die große Gefahr, dass die Planrechtfertigung des Planfeststellungsbeschlusses angegriffen werden könnte. Ihr eigenes Gutachten spricht von einem langen juristischen Weg, den man gehen würde. Erneuten Klagen gegen den Betrieb des BER würde damit Tür und Tor geöffnet. Angesichts der Dimension dieser Klagewelle ist es schon fast eine Petitesse am Rand, dass die umstrittenen Flugrouten ebenfalls neu festgelegt werden müssten, was auch hier mit unkalkulierbaren rechtlichen Risiken verbunden wäre.