Protocol of the Session on May 4, 2017

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Schmidt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe hier ein echtes Déjà-vu-Erlebnis. Ich erinnere mich, dass wir 2007 die ersten Debatten geführt und die meisten Argumente schon genau in dieser Art und Weise ausgetauscht haben. Deshalb werde ich nicht alles wiederholen, was wir in den letzten zehn Jahren dazu gesagt haben.

Damals wie heute gilt aber, dass die FDP-Fraktion grundsätzlich große Sympathien dafür hat, die Umweltzone abzuschaffen, nicht nur, weil das damals auch eine Belastung für die Gewerbetreibenden war – es waren eine ganze Menge Handwerker, die sich sehr schwer damit getan haben, die Fahrzeuge neu anzuschaffen –, sondern

auch, weil wir sie als Maßnahme weiterhin für nutzlos und auch überflüssig halten.

Die Umweltzone war ursprünglich wegen des Feinstaubs eingerichtet worden. Die Zahlen, die Herr Scholtysek genannt hat, sind durchaus richtig. Der Teil des Feinstaubs, der aus dem Auspuff der Dieselautos kommt, ist sehr klein. Deshalb kann die Umweltzone auch nur wenig Wirkung haben.

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Der Rückgang von Feinstaubwerten ist auch darauf zurückzuführen, dass sich inzwischen allein aus dem technischen Fortschritt heraus der Fahrzeugpool verändert hat. Wenn jetzt alle eine Grüne Plakette haben, hilft es auch nicht mehr, eine Grüne Plakette zu fordern. Das erfüllen nämlich fast alle. Auch deshalb hat die Umweltzone heute keine Wirkung mehr.

[Beifall bei der FDP und der AfD – Holger Krestel (FDP): Schaufensterpolitik! – Zuruf von Harald Moritz (GRÜNE)]

Nachträglich der Umweltzone noch eine neue Existenzberechtigung zur Reduzierung von Stickoxiden zuzuschreiben, passt auch nicht so ganz. Nur als Nebenbemerkung: Rein technisch ist es so, dass Stickoxidminimierung und Feinstaubminimierung im Fahrzeug teilweise gegeneinanderlaufen, sich teilweise widersprechen.

Was wir Freie Demokraten allerdings nicht unterstützen, ist die Forderung der AfD nach einer ersatzlosen Abschaffung der Umweltzone; denn – da hat Herr Buchholz recht – das Problem des Feinstaubs ist nun mal real. Er ist massiv gesundheitsschädlich, und deshalb muss er selbstverständlich reduziert werden. Mehr noch: Jeder Bürger, jede Bürgerin hat auch ein Recht darauf, und zwar ein einklagbares Recht, dass der Senat Maßnahmen gegen den Feinstaub umsetzt. Dazu gab es deutschlandweit eine ganze Reihe von Gerichtsurteilen.

Unangenehm ist, dass die Umweltzone leider auch deshalb eingeführt wurde, weil das Land Berlin damit nicht mehr so leicht verklagt werden konnte. Der Senat muss nämlich nur irgendwas tun – nicht irgendwas, das wirkt, sondern irgendwas –, um dieses Recht des Bürgers zu erfüllen.

[Paul Fresdorf (FDP): Wie immer!]

Deshalb hat man die Umweltzone genommen, weil das die billigste Lösung war. Das ist das Ärgerliche daran.

[Holger Krestel (FDP): Die rot-rot-grüne Show muss weitergehen!]

Es muss nunmehr darum gehen, wirksamere Mittel gegen den Feinstaub zu finden als die Umweltzone. Das Abgeordnetenhaus hat zum Beispiel früher mal einen Antrag der FDP zu einem Büschepflanzprogramm beschlossen. Stuttgart experimentiert mit Mooswänden zur Bindung des Feinstaubs. Wir brauchen viel mehr solcher

(Marion Platta)

Maßnahmen, um die Feinstaubbelastung zu senken, und zwar nicht nur bei den Autos, sondern bei allen Quellen, aus denen der Feinstaub kommt. Die Umweltzone kann also nicht ersatzlos abgeschafft werden, sondern muss durch effektivere Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung ersetzt werden. Das sollte eigentlich das Ziel aller Fraktionen in diesem Hause sein.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Fragen kann ich beantworten.

Herr Buchholz!

Vielen Dank, Kollege, für die Möglichkeit einer Zwischenfrage! – Sie haben gesagt, Sie möchten stattdessen lieber effektivere Maßnahmen. Können Sie mir mal die drei wichtigsten sagen, die Sie als FDP fordern?

Die erste ist, den Feinstaub über Pflanzen zu mindern. Wir haben immer noch ein Problem mit dem Baustellenstaub in dieser Stadt, wir haben ein Problem mit dem aufgewirbelten Staub auf den Straßen. Man kann zum Beispiel dadurch, dass man im Sommer sprengt, auch einiges dazu tun, um den Staub zu binden. Es gibt eine ganze Bandbreite von Dingen, die man tun kann. – Leider kann ich Ihnen keine Frage stellen. Die Frage „Was bewirkt denn heute noch die Umweltzone?“ habe ich leider verpasst zu stellen.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Aber die Antwort ist, glaube ich: Im Augenblick bewirkt sie eigentlich gar nichts mehr.

[Beifall bei der FDP – Holger Krestel (FDP): Das wird immer sonntags in der Klimakirche gepredigt!]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Grüne hat der Kollege Moritz das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Senat wird aufgefordert, die Umweltzone ersatzlos abzuschaffen, weil die AfD postfaktisch festgestellt hat, dass die Umweltzone nachweislich ungeeignet ist, Feinstaubwerte zu senken.

[Georg Pazderski (AfD): Das passt nicht in Ihre Ideologie!]

Sollten wir jetzt ernsthaft über das gefühlte Wissen der AfD beraten? – Ich glaube, wir kommen da zu keinem Ergebnis. Ich will es aber trotzdem tun.

Mit der Einführung der Umweltzone wurde es überhaupt erst möglich, Verkehrsverbote gegen Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß auszusprechen.

[Holger Krestel (FDP): Endlich wieder neue Verbote! – Georg Pazderski (AfD): Ach, prima!]

Es ist nicht anders möglich. Es hat ja auch gewirkt. Seit 2010 dürfen nur Fahrzeuge mit einer Grünen Plakette in die Umweltzone, und die Umweltzone hat bewirkt, dass der Fahrzeugbestand in Berlin erneuert worden ist. Dass die neuen, moderneren Fahrzeuge weniger Schadstoffe emittieren, hat nicht nur in der Umweltzone gewirkt, sondern in ganz Berlin.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN Ronald Gläser (AfD): Ja, hat es! – Holger Krestel (FDP): Was ist daran gut?]

Der Feinstaub, das ist auch schon gesagt worden, ist natürlich nicht nur aus den Kraftfahrzeugen, sondern hat eine Vielzahl von Quellen, überregional, regional und lokal. Die Orte, an denen die Grenzwerte überschritten werden, liegen aber an Hauptstraßen – es hat auch etwas mit dem Verkehr zu tun.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Gläser?

Geschätzter Herr Kollege Moritz! Sie und die Befürworter der Umweltzone reden so viel von Nachhaltigkeit. Was ist bitte nachhaltig daran, wenn Leute gezwungen werden, ihr Auto zu verschrotten und sich ein neues zu kaufen?

[Daniel Buchholz (SPD): Es wird doch nicht verschrottet! – Zuruf von der LINKEN: Man muss ja kein neues kaufen! – Heiterkeit bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Zum Teil sind Fahrzeuge nachgerüstet worden. Das ist gerade auch bei den Bussen so gewesen. Irgendwann muss man so oder so das Fahrzeug wechseln. Es gab ja auch jahrelange Übergangsfristen. Die Umweltzone ist

(Henner Schmidt)

2005 beschlossen worden. Sie wurde erst später eingeführt.

Die Diskussion um die Gesundheit oder den stärkeren Gesundheitsschutz hat auch dazu geführt, dass die Fahrzeuge überhaupt strengere Schadstoffgrenzwerte einhalten müssen. Das hat noch nicht gereicht, daher kam die Umweltzone dazu. Sie hat tatsächlich gewirkt. Auch wenn es vielleicht in einigen Jahren durch Wettereinwirkungen trotzdem zu Überschreitungen der Grenzwerte kommt, hat die Umweltzone den Ausstoß gesenkt. Immerhin sind die Tagesgrenzwerte an zehn Tagen weniger überschritten worden als ohne Umweltzone. Die Umweltzone hat also gewirkt, auch wenn Sie das negieren wollen. Sie ist ein unverzichtbarer Beitrag zur Minderung der Feinstaubbelastung. Neben der Stärkung des Umweltverbundes, der sicher auch etwas zur Senkung des Schadstoffausstoßes beitragen kann, ist die Umweltzone die wirksamste Maßnahme, die das Land Berlin selbst umsetzen kann.

Auch bei den Stickstoffdioxidwerten konnten Senkungen herbeigeführt werden. Dass auf einigen Hauptstraßen trotzdem noch Stickstoffdioxidgrenzwertüberschreitungen vorkommen, liegt zum einen daran, dass der Anteil der Dieselfahrzeuge 2005 bei 20 Prozent lag und heute bei 35 Prozent liegt. Zum anderen, das ist schon angesprochen worden, liegt es daran, dass bei den modernen Diesel-Pkw, man muss schon sagen, durch kriminelle Machenschaften einiger Fahrzeughersteller die Abgasreinigungssysteme im Regelbetrieb abgeschaltet werden und so diese Fahrzeuge deutlich mehr NOx ausstoßen als zulässig.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Laatsch?

Herr Kollege Moritz! Sie sprechen von den stark befahrenen Straßen. Können Sie uns erläutern, inwieweit die Feinstaubbelastung zurückgehen würde, wenn Sie die Straßen einmal reinigen würden?

[Zuruf von der LINKEN: Oh, Mann!]

Die Spitzen werden eben auch durch den Ausstoß der Abgase der Fahrzeuge hervorgerufen. Natürlich spielt der Abrieb trotzdem noch eine Rolle. Da ist es schwieriger, Maßnahmen zu ergreifen, aber der Fortschritt der Technik belegt, dass es auch anders möglich ist.

Weil die EU diese Grenzwertüberschreitungen, die ja nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen deutschen Städten bestehen, nicht mehr akzeptiert, läuft gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren, das natürlich auch Berlin betrifft. Außerdem hat die Deutsche Umwelthilfe Berlin im gleichen Zusammenhang verklagt.

Unabhängig von den Klagen sind wir es natürlich den Anwohnerinnen und Anwohnern schuldig, für gesunde Luft zu sorgen. Berlin muss handeln, und Berlin handelt.

[Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE)]