Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ein Unternehmen neue Mitarbeiter sucht, dann kann man sich beim Fachbereich Psychologie, vor allem Arbeits- und Organisationspsychologie, darüber beraten lassen, was es für unterschiedliche Auswahlverfahren gibt und wie gut oder schlecht diese Auswahlverfahren sind. Es gibt besonders gute, es gibt besonders schlechte. Es
gibt allerdings ein Auswahlverfahren, das die Psychologie noch nicht kennt, das scheint besonders schlecht zu sein, und das ist das Auswahlverfahren durch den Regierenden Bürgermeister Michael Müller.
Das Staatsballett Berlin ist derzeit Deutschlands größte und Berlins einzige klassisch geschulte Ballettcompagnie. Zusammen mit ihren Vorgänger-Institutionen steht es in einer über 100-jährigen Tradition. Daher lehnen wir … Tänzerinnen und Tänzer … die Ernennung von Sasha Waltz und Johannes Öhman … ab.
Dieses Zitat stammt aus der öffentlichen Petition der Tänzerinnen und Tänzer des Berliner Staatsballetts nach der Ernennung von Sasha Waltz und Johannes Öhman zu Intendanten durch den Regierenden Bürgermeister Michael Müller, der damals noch zusätzlich Kultursenator war.
In dieser Petition bringen die Tänzerinnen und Tänzer nicht nur ihren Unmut über die Entscheidung zum Ausdruck, sie bescheinigen dem Regierenden Bürgermeister auch völlige Unkenntnis und vergleichen die Entscheidung mit der Berufung eines Tennistrainers zu einem Fußballtrainer. Aber man wirft Ihnen in dieser Petition, lieber Herr Regierender Bürgermeister – – Sie sind gar nicht da, auch gut!
Na ja, gut! Aber es war nicht Ihre Entscheidung. Von daher dürfen Sie sich da ausnahmsweise mal nicht angesprochen fühlen.
Man wirft jedenfalls Michael Müller nicht nur völlige Unkenntnis vor, sondern man macht auch ganz konkrete Vorschläge, wie man einen Generalintendanten des Staatsballetts finden könnte. So schlagen die Tänzerinnen und Tänzer vor, dass man eine Kommission gründen könnte, die sich aktiv am Auswahlprozess beteiligen kann. Diese Kommission soll aus Politik, Verwaltung, Ballett- und Tanzexperten sowie Vertretern des Ensembles bestehen.
Mit einer solchen Auswahlkommission unter Einbeziehung der Mitwirkenden der Einrichtung hätte man aus meiner Sicht viel Unruhe im Staatsballett verhindern können. – Ich sehe gerade, meine Redezeit ist abgelaufen. Kann das stimmen?
Wir möchten daher, dass diejenigen, die mit den Intendanten zusammenarbeiten müssen, mehr in diese Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Wir möchten eine Transparenz bei den Auswahlprozessen haben. Der Auswahlprozess kann nicht nur durch eine Person allein erfolgen. Deswegen bitten wir, unserem Antrag zuzustimmen, dass die Häuser, die mit den Intendanten zusammenarbeiten, auch transparent an diesem Entscheidungsprozess beteiligt werden. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mehr Transparenz bei der Besetzung von Intendantenstellen, das klingt erst mal gut, und gerade bei der SPD als Arbeitnehmerpartei sind Forderungen nach Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Stellenbesetzungen immer gut aufgehoben, zumindest da, wo es einen Sinn ergibt. Doch hinter die Sinnhaftigkeit dieses Antrages möchte ich an dieser Stelle ein Fragezeichen setzen.
Die große Mitbestimmungspartei FDP schärft also ihr Profil als Betriebsrat der Kulturbeschäftigten und fordert Ausschreibungen, Auswahlkommissionen u. Ä., wie die FDP formuliert. So ganz sicher ist sie sich offensichtlich auch noch nicht, was sie genau will und wie Partizipation geht, aber was hier vorgeschlagen wird – das wurde letzten Endes durch die Begründung von Herrn Kluckert eben bestätigt –, erinnert eher an die Stellenbesetzungen im öffentlichen Dienst, vielleicht auch noch bei einem Posten im mittleren Management eines privatwirtschaftlichen Unternehmens.
Und damit wir uns hier nicht falsch verstehen: Das sind wichtige Positionen, aber eben etwas ganz anderes als herausgehobene Führungspositionen in Institutionen von Weltruf. Hier sind die Verfahren andere, und das hat auch einen guten Grund. Erstens ist in diesem Bereich die Auswahl an hervorragend geeigneten Kräften ohnehin begrenzt, und zweitens ist bei solchen Besetzungen die Öffentlichkeit auch so schon sehr aufmerksam. Ein Zuwachs an weiterer Öffentlichkeit würde zwangsläufig
dazu führen, dass die Vita der infrage kommenden Personen mit allen Aspekten vor dem Publikum ausgebreitet würde, sodass national wie international kaum noch jemand Interesse haben dürfte, einen solchen Posten in Berlin zu bekleiden, und lieber in Städte abwandert, in denen der Umgang mit derartigen Fragen souveräner ist.
Im Übrigen ist die Mitbestimmung der Kunst- und Kulturschaffenden auch immer eine Frage der Kultur in den jeweiligen Häusern. So wählen zum Beispiel die Berliner Philharmoniker ihre Chefdirigenten traditionell immer selbst in streng geheimer Wahl. Von Transparenz ist da keine Spur, wohl aber von Mitbestimmung par excellence. Wie unlängst bei der Nachfolgeregelung für Sir Simon Rattle zu sehen war, werden trotzdem in den Medien Namen genannt, aber nicht von den Philharmonikern selbst. Die Auguren lagen auch in diesem Fall mehrheitlich nicht richtig. Im Deutschen SymphonieOrchester, aber auch in vielen Theatern und anderen Kultureinrichtungen in unserer Stadt hingegen wird der Dirigent beziehungsweise Intendant tatsächlich von der Senatsseite bestimmt. Aber auch hier wird natürlich darauf geachtet, dass der oder die Neue fachlich wie auch künstlerisch zum Haus passt. Dass dabei die Chemie zwischen Beschäftigten und der Intendanz stimmen muss, ist hierbei natürlich ein wesentlicher Faktor, aber eben nur einer von vielen, die alle gegeneinander abgewogen werden müssen und am Ende in eine Entscheidung münden. Wie das in einem starren, festgelegten Verfahren und mit welchen Instrumenten sichergestellt werden kann, dazu schweigt die FDP jedoch lieber.
Insgesamt ist das ein wenig durchdachter, mit heißer Nadel gestrickter Antrag, der sich vielleicht in der Statistik der Oppositionsanträge gut macht, aber in der Realität nichts taugt und daher abzulehnen ist. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der Tat in der Stadt zurzeit einige Diskussionen um die Besetzung von Intendantenstellen. Herr Kluckert hat das Staatsballett hier angeführt. Man könnte auch die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz anführen, wo die Nachfolge von Frank Castorf umstritten ist und Herr Senator Lederer praktisch als erste Amtshandlung die Besetzung mit Herrn Dercon kritisiert und die Gültigkeit des von seinem Amtsvorgänger geschlossenen Vertrages infrage gestellt hat. Das sind sicherlich
alles Diskussionen, die Schaden für Berlin anrichten. Es geht um die Verlässlichkeit für potenzielle Kandidaten. Berlin lebt von den Spitzenkräften, die sich hier bewerben. Die sind im Übrigen auch durch die Absicht im Koalitionsvertrag, Gehälter in diesen Bereichen zu veröffentlichen, mit Sicherheit nicht motivierter, sich hier zu bewerben. Gleichwohl stehen wir als CDU-Fraktion auf dem Standpunkt, dass Verträge einzuhalten sind, wenn sie rechtsgültig zustande gekommen sind.
Ich sage auch, dass die Entscheidung über die Besetzung im Wesentlichen eine Aufgabe der Exekutive ist und sein muss. Deshalb sind wir skeptisch gegenüber dem FDPAntrag. Es gibt verschiedene Verfahren der Auswahl. Die Berliner Philharmoniker, die sich selbst ihren Chef wählen, wurden schon bemüht. Das ist aber nicht die Regel. Die Regel ist die Besetzung durch den Senat beziehungsweise durch die vom Senat geführten Gremien, Stiftungsräte, Aufsichtsräte. Das ist und bleibt auch die Aufgabe der Exekutive. Bei der Besetzung von Spitzenkräften ist ein breites Verfahren selten zielführend, denn kein wirklich hochkarätiger Bewerber wird sich dem Risiko eines Ansehensverlustes aussetzen, der in einem öffentlichen Verfahren droht, wenn irgend ein nach unklaren Kriterien agierendes Gremium dann tatsächlich entscheidet und ein Scheitern droht – unabhängig davon, dass auch dann die Bewerbung überhaupt erst öffentlich wird, was ja nicht immer der Fall ist. Deshalb können wir dem Antrag nicht zustimmen. Dass ausgerechnet die FDP einen solchen Antrag stellt, gibt durchaus ein bisschen Anlass zum Schmunzeln.
Was man allerdings bei der Besetzung von Intendantenstellen besser machen könnte, ist, dafür zu sorgen, dass man die Entscheidung, wenn sie gefallen ist, auch transparent kommuniziert und man nicht den Eindruck entstehen lässt, dass manche Entscheidungen mit der heißen Nadel gestrickt werden, weil ein politischer Wechsel ansteht. Man könnte auch möglichst schnell mit den betroffenen Ensemblemitgliedern über die Konzepte und zukünftigen programmatischen Absichten reden. Man darf vor allem nicht in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, man könne die einmal getroffene Entscheidung beliebig aus der Exekutive heraus relativieren. Das alles schadet dem Kulturstandort Berlin. Der Abhilfe der wahren Probleme wird der FDP-Antrag leider nicht gerecht. Deswegen werden wir nicht zustimmen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Offensichtlich findet die FDP immer mehr Gefallen an unserer Koalition. Nachdem sie auf ihrem Parteitag schon die Abschaffung des Kooperationsverbots für die Bildung forderte – wir erinnern uns, dass das ein Koalitionsantrag im letzten Plenum war –, arbeitet sie sich jetzt offensichtlich weiter durch unsere Koalitionsvereinbarung. Dort heißt es unter anderem – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:
Kulturpolitische Entscheidungsprozesse müssen auch im Bereich der öffentlichen Kulturinstitutionen transparenter werden. Der Entscheidung über die Neubesetzung von Leitungspositionen müssen Debatten mit den Häusern über die zukünftige konzeptionelle Ausrichtung vorausgehen. Evaluationen, Ausschreibungen und Auswahlkommissionen sollten auch im Kulturbereich üblich werden.
Sie rennen aber leider offene Türen ein. Gleichzeitig wird deutlich, dass Sie im Türrahmen stehenbleiben, denn wir gehen ja noch weiter, wie Sie eben schon hören konnten. Wir wollen die Teilhabe der Ensembles und vor einer Neubesetzung eine Diskussion mit ihnen über die zukünftige konzeptionelle Ausrichtung. Da haben auch wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier eine Verantwortung, die wir als Koalition wahrnehmen wollen. Die soll uns künftig auch zugestanden werden.
Aber bei allem, was wir diskutieren, sei angemerkt, dass es in Berlin ganz unterschiedliche Wege gibt – der Kollege Jahnke hat das gerade dargestellt –, wie man zu Intendantinnen und Intendanten und Führungspersonal an Kultureinrichtungen kommt. Um für Spitzenpositionen Vorgeschlagene in der Öffentlichkeit nicht zu beschädigen, sollte zunächst über die Ausrichtung diskutiert werden und erst, wenn diese klar ist, sollte die beste Frau oder der beste Mann für die damit verbundene Führungsarbeit ausgewählt werden. Das ist einfach gesagt, wird aber nicht so einfach werden.
Der Antrag ist aber, wie von mir eben begründet, unnötig, weil die Koalition genau das vor hat und eben noch mehr, wie ich es ausgeführt habe. Ich bin sehr gespannt, was sich die FDP als nächstes aus dem Koalitionsvertrag als Antragstext wählt.
Mein letzter Hinweis geht an die CDU. Auch wenn es, trotz Klarstellung durch den Senator – auch öffentlich in der letzten Ausschusssitzung –, von Ihnen mantramäßig wiederholt wird, so hat der Senator nicht gesagt, er wolle sich nicht an Verträge halten. Er hat auch nicht gesagt, er
wolle diese aufkündigen. Vielleicht lesen Sie noch einmal nach, was im Wortprotokoll dazu steht. – Vielen Dank!