Protocol of the Session on May 4, 2017

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Karsten Woldeit (AfD): Das ist doch die Realität in der Stadt!]

Einerseits sagen Sie, Sie wollen, dass wir mehr Steuereinnahmen in dieser Stadt generieren, und andererseits sagen Sie aber, Sie wollen nicht, dass es mehr Erstwohnungsanmeldungen in dieser Stadt gibt, und wollen dazu kein Instrument schaffen. Das verstehe ich nicht. Darüber können wir uns gern noch mal in Ruhe im Ausschuss unterhalten.

Um es noch mal ganz deutlich klarzumachen: Auch wir Grünen stehen zu dieser Verdreifachung der Zweitwohnungsteuer. Wir halten das aus Gerechtigkeitsgründen für sinnvoll. Natürlich gibt es auch ein paar Ungerechtigkeiten, und es trifft ein paar Leute, wo ich sagen würde: Hey, ist blöd gelaufen. – Durch Scheidung oder Job hat man nicht immer die Wahl, einen Zweitwohnsitz in einer Stadt zu haben. Es gehört zur Debatte dazu, das hier auch mal zu erwähnen.

Letztendlich, wenn man die Vor- und Nachteile abwägt, muss man feststellen, dass wir für die Berlinerinnen und Berliner und auch für die Berliner Infrastruktur daraus Mehreinnahmen generieren. Das sind Vorteile, und auch die Menschen, die hier mit Zweitwohnsitz leben, werden wiederum davon profitieren. Deswegen ist es nach wie vor ein gutes Konzept, und ich würde Sie bitten: Schauen Sie sich das in anderen Städten an! Es gibt durchaus viele Städte, in denen der Steuersatz schon viel höher ist. Übrigens, gerade Pendler nach Berlin, die in Brandenburg leben: Wenn Sie sich mal die Kommunen darum herum angucken, dann haben die meisten sehr hohe Zweitwohnungsteuersätze. Von daher halte ich das Argument für nicht schlüssig.

Am wichtigsten ist mir, hier zu betonen, dass es bei dieser Gesetzesänderung nicht nur um die Erhöhung der Zweitwohnungsteuer geht. Am allerwichtigsten ist, dass es endlich eine Veränderung gibt bei der Frage, ob Bezirks- und Finanzämter ihre Daten bezüglich von Leuten austauschen können, die mit einer Zweitwohnung hier

(Dr. Kristin Brinker)

Ferienwohnungen betreiben. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich erinnere mich noch: In der letzten Legislaturperiode hatten wir hier unzählige Debatten und Streitereien von Datenschutz bis was weiß ich, und es ist eine absurde Situation hier in der Stadt, dass viele Bezirksämter monatelang selbst Beweise sammeln und gucken müssen, wie sie an Daten, an Beweise herankommen, um zu zeigen, dass es sich hier um eine Ferienwohnung als Zweitwohnung handelt, die besteuert werden muss. Das ist wirklich eine Ungerechtigkeit in dieser Stadt gewesen. Es ist gut, dass wir das jetzt mit dem Gesetz abstellen wollen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Da ich gerade das Vergnügen hatte, in einer RBB-Runde mit der FDP und unserem Finanzsenator zu sein und über das Thema zu diskutieren,

[Paul Fresdorf (FDP): Das ist aber gemein jetzt!]

kann ich für Sie schon mal vorwegschicken: Ich habe gehört, die FDP wäre vor allem dagegen, weil es keine Termine beim Bürgeramt gibt. – Ich kann Sie beruhigen: Es gibt genug Bürgeramtstermine. Wir haben als RotRot-Grün das Problem relativ schnell und früh gelöst. Von daher, glaube ich, kann man dieses Argument beiseite wischen.

Zum Schluss noch ganz kurz zur City-Tax: Dass es eine Steuer gibt, dass Touristinnen und Touristen, die hier kurzzeitig übernachten, sich an Kosten für Kultur usw. beteiligen, finden die meisten von uns im Raum in Ordnung, und auch die Berlinerinnen und Berliner haben das lange Jahre gefordert. Im Grunde kann man das gleichsetzen. Es ist in Ordnung, wenn ein Zweitwohnungsmieter die BVG, die Bibliothek, das Schwimmbad usw. benutzt, dass man sich auch da solidarisch an den Ausgaben beteiligt.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Herr Goiny! Ich hätte ein bisschen mehr von Ihnen erwartet als zu sagen, Steuererhöhungen seien alle ganz schlimm, die Berliner trifft es usw. Wie gesagt, es trifft die Berliner, die hier ihren Ersatzwohnsitz haben, nicht. Die haben damit überhaupt nichts zu tun. Es geht maximal um 130 000 Personen in dieser Stadt, und ich muss ehrlich sagen: Wenn es eine Steuer in Berlin gibt, die erhöht werden muss, dann die Zweitwohnsitzsteuer. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Für die FDP-Fraktion hat jetzt Frau Meister das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht so einfach mit der Steuer, die jetzt erhöht wird, wobei uns der Finanzsenator schon erklärt hat, dass er keine zusätzlichen Einnahmen daraus erwarte, und wen es nun wirklich am Ende des Tages trifft.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Keine direkten Einnahmen! Das ist ein Unterschied!]

Es soll die Steuer erhöht werden, obwohl wir einen großen Überschuss erzielt haben, um eine gewisse Lenkungswirkung zu erzielen. Das halte ich für einen ganz großen Blödsinn,

[Beifall bei der FDP und der AfD]

denn wir haben nun wirklich sprudelnde Steuereinnahmen und auch ausreichende. Wo ist denn die Lenkungswirkung? – Die Lenkungswirkung soll hingehen auf die Anmeldung zum Erstwohnsitz. Ich weiß überhaupt nicht, was da eine Steuererhöhung soll. Wir haben ein Bundesmeldegesetz, und darin steht, wo die Hauptwohnung zu nehmen ist. Dort habe ich mich anzumelden.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Die Lebens- und die Berufswelt haben sich verändert!]

Das Leben ist doch kein Wunschprogramm, wo ich sagen kann, heute Pirmasens, morgen Berlin und übermorgen an der Ostsee. So geht es doch nicht. Natürlich ist es ein Problem gewesen, dass man sich in der letzten Zeit nicht so einfach anmelden konnte, weil man monatelang auf seine Termine gewartet hat. Wenn sich das jetzt geändert hat, Frau Schmidberger, dann ist ja die erste Aufgabe schon erfüllt, um die Anzahl der Erstwohnsitze zu erhöhen.

[Beifall bei der FDP]

Den Inhaber einer Zweitwohnung dafür zu strafen, dass die bezirkliche Verwaltung und die Ummeldung in den Bürgerämtern nicht funktioniert hat, das hat schon was.

Jemand, der eine Zweitwohnung hat, an der Infrastruktur zu beteiligen, war in den Ferienorten, die nun wirklich über eine Zweitwohnungsteuer in nicht ganz unbeträchtlichem Maß verfügen, nicht ganz von der Hand zu weisen. Wir fragen uns, an welcher Infrastruktur sich die Menschen beteiligen sollen, ob an den geschlossenen Bädern oder an den maroden Straßen. Es ist nicht so, wie Tucholsky geschrieben hat: vorn das KaDeWe und hinten die Ostsee –, sondern wir sind hier mitten in Berlin, in einer Metropole, in einer Großstadt, in der es um vieles geht, aber nicht nur darum, ein Ferienort zu sein.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Sie nutzen die Erhöhung dieser Zweitwohnungsteuer, aus der, wie gesagt, nicht so furchtbar viele neue Einnahmen kommen sollen, sondern die irgendetwas lenken soll, auch dazu, die Daten all derer zu übermitteln, die dort mieten, auch derer, die dort Eigentümer sind, um schon einmal sicherzustellen, dass Ihnen auch wirklich keine

(Katrin Schmidberger)

Ferienwohnung entgeht, und um jeden, der jetzt in der Zweitwohnung hier in Berlin drei oder vier Monate im Jahr verbringt, auch noch zu fragen, ob es geschäftlich oder privat ist, damit er auch noch City-Tax zahlen kann. Nein, so kommen wir nicht voran. Das Allerbeste, um Schulden abzubauen, ist immer noch, einfach weniger Geld auszugeben und sich mal zu überlegen, ob jede Ausgabe wirklich sein muss. – Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage federführend an den Hauptausschuss und mitberatend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung, Digitale Verwaltung, Datenschutz, Informationsfreiheit und zur Umsetzung von Artikel 13 Abs. 6 GG sowie § 25 Abs. 10 ASOG und an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 4:

Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung eines Sondervermögens Infrastruktur der Wachsenden Stadt

Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 29. März 2017 Drucksache 18/0266

zum Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/0180

Zweite Lesung

Ich eröffne die zweite Lesung zum Gesetzesantrag und schlage vor, die Einzelberatungen der zwei Artikel miteinander zu verbinden. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe also auf: die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel 1 und 2. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Zu dem Gesetzesantrag auf Drucksache 18/0180 empfiehlt der Hauptausschuss mehrheitlich – gegen AfD – die Ablehnung. Wer dem Gesetzesantrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die AfD-Fraktion und der fraktionslose Kollege. Gegenstimmen? – Das sind alle anderen Fraktionen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 5 war Priorität der SPD unter der Nummer 3.6.

Ich komme nun zu:

lfd. Nr. 6:

Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Berliner Hochschulgesetzes

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/0282

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Herr Schulze hat das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich den großen Soziologen Max Weber, der vor fast 100 Jahren Folgendes schrieb:

Denn es ist außerordentlich gewagt für einen jungen Gelehrten, der keinerlei Vermögen hat, sich überhaupt den Bedingungen der akademischen Laufbahn auszusetzen. Er muss es mindestens eine Anzahl Jahre aushalten können, ohne irgendwie zu wissen, ob er nachher die Chance hat, einzurücken in eine Stellung, die für den Unterhalt ausreicht.

Junge Menschen, die sich für Wissenschaft als Beruf entscheiden, waren damals und sind bis heute Hasardeure. Es war und ist vollkommen unberechenbar, ob es fleißige und innovative Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bis zu einer unbefristeten Professur schaffen. Aus diesem Grund werden diese Promovierten oder Habilitierten immer noch als Nachwuchs bezeichnet, und das, obwohl sie in der Regel 30 oder sogar 40 Jahre alt sind und oft schon älter, obwohl sie oft innovative Forschungsergebnisse vorweisen können und den Hauptteil der Lehre in unseren Universitäten leisten. Diese Leistungsträger „Nachwuchs“ zu nennen, wird ihrer Bedeutung für unsere Wissenschaftseinrichtungen nicht einmal annähernd gerecht.

[Beifall bei der LINKEN, von Dr. Ina Maria Czyborra (SPD) und von Sabine Bangert (GRÜNE)]

Dass eine wissenschaftliche Laufbahn heute wie vor 100 Jahren immer noch einem Glücksspiel gleicht, hat viel mit überkommenen, nur auf die Professur orientierten Strukturen, aber auch mit versäumter Personalentwicklung an unseren Hochschulen zu tun.