Entgegen der landläufigen Meinung ist für uns Opposition kein Mist, sondern eine wichtige und ehrenhafte Aufgabe in unserer Demokratie. Wir erwarten deshalb von der CDU auch keine Gegenleistung für unseren Vorschlag, bis auf eine – dass die CDU ihre Verantwortung gegenüber allen Berlinerinnen und Berlinern genauso ernst nimmt wie die möglichen Regierungsparteien. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Senat und der Koalitionsmehrheit im Parlament ist in jeder Hinsicht legitim. Populismus, Destruktion und menschenfeindliche Hetze sind es nicht. Das werden wir Grünen in diesem Haus sehr genau beobachten und entsprechend reagieren.
Gestern ist bekannt geworden, dass es hinsichtlich unseres Antrags verfassungsrechtliche Vorbehalte gibt. Eine erste kursorische Prüfung des Wissenschaftlichen Par
lamentsdienstes hat diese Bedenken unterstrichen. Einer umfassenden Prüfung wollen wir Grünen uns natürlich nicht verschließen, und wir freuen uns deshalb auf weitere Beratungen im Rechtsausschuss. Herr Melzer! Das ist auch in Ihrem Interesse, denn gegenwärtig ist Die Linke die stärkste Oppositionsfraktion.
Im Rechtsausschuss werden wir der Frage der Verfassungsmäßigkeit auf den Grund gehen und gegebenenfalls die Möglichkeit einer Verfassungsänderung diskutieren. Wir sind in diesem Zusammenhang offen für die Debatte über eine weitere Stärkung der Rechte der Opposition.
Wir Grünen werben um die Zustimmung alle demokratischen Kräfte in diesem Haus zu dem vorliegenden Entwurf der neuen Geschäftsordnung. Wir werden dem Antrag geschlossen zustimmen. – Vielen Dank!
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch die AfD-Fraktion hat sich die neue Geschäftsordnung angesehen und insbesondere einen Blick auf die Neuregelungen geworfen. Uns ist § 21 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung ins Auge gefallen. Der klingt zunächst einmal gut, jedoch könnte er sich in der Praxis als extrem negativ erweisen. Die Neuregelung regelt die Berücksichtigung von Tagesordnungspunkten in den Ausschüssen. Bisher war dies gewohnheitsrechtlich nach den üblichen Abläufen in der parlamentarischen Arbeit geregelt und richtete sich vornehmlich nach § 21 Abs. 1 der Geschäftsordnung, wonach Ausschüsse die ihnen vom Plenum überwiesenen Vorlagen und Anträge für die Beschlussfassung im Abgeordnetenhaus vorzubereiten und über das Ergebnis ihrer Beratung, Empfehlungen und entsprechende Beschlüsse an das Abgeordnetenhaus zu berichten haben. Hierbei waren in der Vergangenheit alle Fraktionen gleich zu behandeln. Aufgabe der Ausschüsse war somit wertungsfrei die Bearbeitung sämtlicher vom Plenum überwiesener Anträge.
Nun soll ein vermeintliches Minderheitenrecht in die Geschäftsordnung eingefügt werden. Dies bedarf aus Sicht der AfD-Fraktion allerdings einer Korrektur. Parlamentsanträge können derzeit nach § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung vom Plenum entweder angenommen, abgelehnt oder in den Ausschuss überwiesen werden. Anträge können gemäß § 39 Abs. 1 der Geschäftsordnung entweder von einer Fraktion oder von einem Fünftel der
Mitglieder im Abgeordnetenhaus eingereicht werden und erscheinen dann im Plenum auf der Tagesordnung.
Dem Entwurfsvorschlag der neuen Geschäftsordnung zufolge sollen nun Anträge, welche an die Ausschüsse überwiesen werden, dort überhaupt erst bei Erreichen eines Quorums von einem Viertel der stimmberechtigten Mitglieder des Ausschusses auf die Tagesordnung gesetzt und berücksichtigt werden. Nach ständiger Rechtsprechung sollen die parlamentarischen Ausschüsse und ihre Mehrheitsverhältnisse die Mehrheitsverhältnisse im Plenum widerspiegeln. Es lässt sich somit sachlich nicht rechtfertigen, warum an das Einbringen und Auf-dieTagesordnung-Setzen von Anträgen im Plenum geringere Anforderungen gestellt werden als an die Anträge, die durch das Plenum in einen Ausschuss überwiesen werden und die nun ein Viertel erreichen müssen, um auf der Tagesordnung berücksichtigt zu werden. Es besteht hier eine Missbrauchsgefahr. Die Neuregelung könnte sich dahin gehend auswirken, dass bestimmte Fraktionen an einer effektiven Parlamentsarbeit gehindert werden. Schließlich könnte ein Automatismus einsetzen, Plenumsanträge einer bestimmten Fraktion grundsätzlich in die Ausschüsse zu überweisen, wo sie aufgrund der Mehrheitsverhältnisse schlicht und einfach nicht einmal auf die Tagesordnung gesetzt würden und keine Berücksichtigung fänden.
Die AfD-Fraktion beantragt daher, das Ausschussquorum an das erforderliche Plenumsquorum zur Einbringung von Anträgen spiegelbildlich anzupassen und damit die Minderheitenrechte auch in den Ausschüssen zu wahren. Es könnte dann entweder auf Antrag eines Fünftels der stimmberechtigten Ausschussmitglieder oder auf Antrag einer Fraktion ein Tagesordnungspunkt in den Ausschüssen nach vorne gesetzt werden, welcher von diesen als besonders wichtig angesehen wird.
In dieser Frage sollte kein Schnellschuss erfolgen, und die Abgeordneten hier im Hohen Haus sollten sich auch einig sein, dass die Mehrheitsverhältnisse der Fraktionen nicht dazu führen sollten, dass Anträge von Fraktionen – gleich welcher Couleur – gar nicht erst auf die Tagesordnung im Ausschuss gesetzt werden. Einer solchen Regelung dürften, auch wenn sie in der Praxis tatsächlich derart angewandt und ausgelegt wird – was durchaus möglich ist –, auch verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen. – Wir bitten daher, nicht nur ein Scheinminderheitenrecht einzuführen, sondern sich unseren Antrag anzuschließen. Ich bitte um Zustimmung für unseren Antrag! Wir machen unsere Zustimmung zur Geschäftsordnung davon abhängig. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir debattieren hier unsere zukünftige Geschäftsordnung und befassen uns vornehmlich mit zwei Regelungen darin. Zum Ersten stellt sich die Frage nach dem Vorsitz im Hauptausschuss dieses Parlaments. Der Hauptausschuss trägt diesen klangvollen Namen, weil er eines der vornehmsten Rechte parlamentarischer Kontrolle wahrnimmt, nämlich das Budgetrecht. In Berlin gibt es am Beginn fast jeder Wahlperiode schon fast traditionell Streit, inwieweit die parteipolitische Nähe im Vorsitz dieses Ausschusses zur jeweiligen Regierungsmehrheit zu einer Einschränkung der Kontrolleffizienz in diesem Ausschuss führen würde. Selbst wenn man diesen Streit einmal außen vor lässt, bleibt immer noch für uns die Notwendigkeit, dass der Vorsitz im Hauptausschuss von einer gesunden Distanz zum Handeln der jeweiligen Regierung getragen sein muss. Das beruht gar nicht so sehr auf gegenseitigem Misstrauen, sondern auf der notwenigen Sicht auf das budgetpolitische Ganze. Die Sicht auf das Ganze bekommt man nur mit einem gewissen Abstand – ich will nicht einmal sagen „aus der Ferne“ –, aber man muss sich diese Sicht auf das Ganze bewahren, und zwar fernab von Koalitionsrunden, vorab getroffenen mehrheitlichen Verabredungen und ähnlichen Veranstaltungen, die innerhalb der Abgeordneten einer Regierungsmehrheit zum parlamentarischen Alltag gehören. Der oder die Vorsitzende des Hauptausschusses sollte dazu die persönliche Distanz wahren. Die FDP-Fraktion wird daher dem Änderungsantrag zustimmen, den Vorsitz im Hauptausschuss mit einem Abgeordneten der parlamentarischen Opposition zu besetzten.
Die FDP-Fraktion wird aber nicht die Forderung unterstützen, dass eine einzelne Fraktion die Behandlung bestimmter Sachanträge in den Fachausschüssen erzwingen bzw. durchsetzen können soll. Es stellt für uns in der Tat einen gewissen Fortschritt dar, dass man ab dieser Wahlperiode nicht mehr durch Mehrheitsbeschluss, sondern über ein Minderheitenquorum von 25 Prozent die Behandlung eines Antrages erreichen kann. In den Ausschüssen sollte nämlich die Sacharbeit im Vordergrund stehen. Es ist daher jeder Fraktion zuzumuten, bei sechs Fraktionen hier im Haus wenigstens eine weitere zu überzeugen, wenn ein Antrag in einer Ausschusssitzung vordringlich behandelt werden sollte. Dadurch kann das 25prozentige Quorum bereits erreicht werden. Dieser Antrag würde also nur für eine Fraktion Sinn machen, die von Anfang an eine reine Konfrontationsstrategie verfolgt.
Und da wir doch sicher alle für dieses Parlament kandidiert haben, um etwas für Berlin und die Berliner zu verbessern, lehnt die FDP diese Forderung ab. – Vielen Dank!
Danke sehr! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Fraktion der CDU und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben mitgeteilt, dass ihre Änderungsanträge als eigenständige Anträge auf Änderung der Geschäftsordnung gelten sollen, sodass ich nicht sofort darüber abstimmen lasse.
Daher ist nun über den Änderungsantrag der AfDFraktion Drucksache 18/0001-2 abzustimmen. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der AfD. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen der SPD, der CDU, der Linken, der Grünen und der FDP. Der fraktionslose Kollege schließt sich der AfD an. – Herzlichen Dank! – Somit ist der Änderungsantrag abgelehnt.
Wer dem Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Die Linke, der Fraktion Bündnis90/Die Grünen und der Fraktion der FDP Drucksache 18/0001 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Linken, die Grünen, die SPDFraktion, die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist dagegen? – Das sind die AfD-Fraktion und der fraktionslose Kollege. – Herzlichen Dank! Dann ist die Geschäftsordnung der 18. Wahlperiode so beschlossen und tritt sofort in Kraft.
Die bisherigen Änderungsanträge der Fraktion der CDU und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen werden somit zu eigenständigen Anträgen und an den künftig für Geschäftsordnung zuständigen Ausschuss überwiesen. Höre ich dazu Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.
Vorschlagsberechtigt für die Wahl ist die stärkste Fraktion. Von der Fraktion der SPD wird für die Wahl zum Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin der 18. Wahlperiode Herr Abgeordneter Ralf Wieland vorgeschlagen.
Gemäß § 11 der Geschäftsordnung wird der Präsident mit der Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Abgeordnetenhauses gewählt. Das sind mindestens 81 Ja-Stimmen. – Habe ich eine Wortmeldung übersehen?
Nein! Gut! – Interfraktionell hat man sich darauf verständigt, die Wahl mit verdeckten Stimmzetteln – also geheim – durchzuführen. Ich möchte Ihnen das Wahlverfahren erläutern, insbesondere deshalb, weil wir neue Kolleginnen und Kollegen unter uns haben, die das Verfahren hier noch nicht kennen.
Für die von mir aus gesehen rechten Kabinen erfolgt der Namensaufruf für die Buchstaben A bis K. Für die Buchstaben L bis Z stehen die linken Kabinen zur Verfügung. Jedem Abgeordneten wird erst nach Namensaufruf und vor Eintritt in die Wahlkabine der Stimmzettel ausgehändigt. Nach Ausfüllen des Stimmzettels in der Kabine ist dieser noch in der Wahlkabine zu falten und in den Umschlag zu legen. Der Umschlag ist anschließend in die entsprechende Wahlurne zu werfen.
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass Abgeordnete nach § 74 Absatz 2 der Geschäftsordnung zurückgewiesen werden müssen, die außerhalb der Wahlkabine ihren Stimmzettel kennzeichnen oder in den Umschlag legen.
Wer dem Wahlvorschlag der SPD – Ralf Wieland – zustimmen will, der muss unter dem Namen ein Kreuz in das Kästchen mit „Ja“ setzen. Sie haben weiterhin die Möglichkeit, mit Nein zu stimmen oder sich der Stimme zu enthalten. Ein leerer, nicht mit einem Kreuz versehener Stimmzettel gilt als ungültiger Stimmzettel genauso wie anders gekennzeichnete Stimmzettel oder Stimmzettel mit zusätzlichen Vermerken.
Nun bitte ich die vier jüngsten Mitglieder des Hauses, sich jeweils zu zweit an den Wahlkabinen bzw. Wahlurnen zu platzieren, um die Ausgabe der Stimmzettel vorzunehmen und deren Abgabe zu kontrollieren.
Meine Damen und Herren! Ich appelliere ausdrücklich an Sie alle, den Wahlvorgang diszipliniert und geduldig durchzuführen, um einen geordneten und einwandfreien Ablauf zu gewährleisten. Insbesondere beim Einwurf der Umschläge bitte ich um Rücksichtnahme auf die jungen Beisitzer und – das ist mir sehr wichtig – um Angabe Ihres Namens, damit dieser auf der Liste ausgetragen werden kann.
Herrn Abgeordneten Marc Vallendar bitte ich als nächstjüngsten Abgeordneten, die Namen der Abgeordneten zu verlesen. Ich weise darauf hin, dass die seitlichen Fernsehkameras nicht auf die Wahlkabinen ausgerichtet werden dürfen. Alle Plätze direkt hinter den Wahlkabinen und um die Wahlkabinen herum bitte ich freizuhalten.
Haben alle ihre Stimme abgegeben? – Ich gehe davon aus, dass jeder aufgerufen wurde und seine Stimme abgegeben hat. Der Wahlgang wird dann geschlossen. Ich bitte um Auszählung. Die Sitzung wird unterbrochen.
Die Sitzung ist wieder eröffnet. Ich möchte das Wahlergebnis bekannt geben: Wahl des Präsidenten, Vorschlag der Fraktion der SPD, Herr Ralf Wieland: